13 Pannen in 14 Tagen – Teil 2

von Gert Meyer-Jüres und Carlo Freischem

Rotary-Rallye „TERZO RADUNO D’ABRUZZO” 17.-20.09.2020

Die Rallye:

18.09.:

Der erste Rallye-Tag verlief ohne Probleme. Unser 220er war von den ca. 80 Fahrzeugen sicherlich das Außergewöhnlichste! Zunächst leitete uns der Augenarzt Luigi Olivieri mit einem Mini Cooper S, dessen Erstbesitzer John Cooper damit die Mille Miglia gefahren hatte. Danach hat Luigi das Auto gekauft, musste aber lange warten, bis er sein Wunschkennzeichen „CC OOOPR“ bekam!

Durch kleine Gässchen und über herrliche Gebirgsstrecken der dünn besiedelten Abruzzen ging es von Sulmona über Bugnala, Anversa und Castrovolva nach Scanno. Wir hatten sogar eine Oldtimer-Polizei-Eskorte aus dem Polizei-Museum in Rom: ein alter Polizei-Lancia-Flaminia bereitete uns mit Sirene und Tatü-Tata den Weg, und ein Polizei-Alfa Romeo Giulia Super 1.3 sicherte uns von hinten ab. Im kleinen Gebirgsstädtchen Scanno machten wir Pause, und auch die örtliche Polizei interessierte sich sehr für Auto und Besatzung.

Weiter gings über einen 1.500 m üdM liegenden Pass, den der 220er mit links nahm. Sogar ein kurzer Foto-Stopp auf der Passhöhe ließ ihn kalt, wobei es an diesem Tag auch nicht mehr so heiß wie am Vortag (30 Grad) war. Statt des Besuches in einem Bärenpark im „Museo Naturalistico“ wollten wir „schnell etwas trinken“. Wir mussten lange warten, bevor wir überhaupt einen Tisch bekamen. Die Bestellung beinhaltete dann doch noch einen Teller Nudeln, der gerade kam, als die anderen Rallye-Teilnehmer wieder aus dem Park kamen. Leider fanden wir den Weg zum Restaurant trotz Roadbook nicht, weil wir keinen Internet-Empfang hatten und die Adresse nicht suchen konnten, so dass wir den Anschluss an die Truppe verloren. Wir fuhren selbständig nach Sulmona zurück, sahen uns die Stadt an und genossen auf dem Marktplatz einen Espresso.

Super- Wetter mit nur einem Schauer, so dass wir zum ersten Mal seit einer Woche das Dach schließen mussten. Dank unseren neuen Freunden bei der Polizei, die uns in Sulmona wieder aufspürten, kamen wir auch wieder gut ins Hotel zurück. Toller Tag!

19.09.:

Auch am zweiten Rallye-Tag machte uns das Auto nur Freude. Die Strecke zum Passo San Leonardo (1.300 m üdM) ging wieder durch kleine Bergdörfer, diesmal zeigten uns Polizisten in Zivil auf Motorrädern den Weg. Oben auf dem Pass machten wir kurz Pause, beim nächsten Stopp gab‘s dann auch Espresso und Wein. Der Mittagsstopp war in Pestoconstanzo, das ca. 1.350 n.Chr. entstanden ist. Hier musste unser Auto nur wegen der neugierigen Passanten die Schnauze öffnen.

Der Panoramablick aus 1.400 m üdM war herrlich, das von der Polizei behütete Mittagessen im Restaurant „Terrasse“ ebenfalls. Und alles begleitet von den Vorfahren der Dudelsackspieler aus Rom. Dann ging’s wieder heimwärts zur Siegerehrung, wo wir immerhin den zweiten Platz in unserer Kategorie bekamen.

Die Rückfahrt

20.09.:

Da wir die Altstadt von Sulmona ja vor 2 Tagen schon kennengelernt hatten, verzichteten wir auf Stadtführung und Museumsbesuch, verabschiedeten uns von den Anderen und machten uns auf nach Rom. Das Auto muckte zuerst etwas, und Carlo rüstete die Benzinpumpe wieder 6 Volt um. Danach lief der Wagen besser, aber leider immer noch nicht 100 %ig zufriedenstellend.

Wir schafften es trotzdem gut in den Vatikan und fotografierten unser Auto vor dem Petersdom, der Piazza Navona und einigen anderen Stellen wie dem „Il Caffé Sant Eustachio“.

Dann fuhren wir nach Fara in Sabina (Rieti), wohin ein Münsteraner Freund uns auf sein kürzlich erworbenes Anwesen eingeladen hatte. 1 Tag Auto-Pause!

21.09.:

„Dolce fare niente“, Swimmingpool, Liegestuhl, quatschen, Käse & Salat & Weißwein, wieder quatschen, Mittagsschlaf, Kaffee und weiter quatschen, abends mit quietschendem Auto (gibt sich, als er warm ist, feuchter Keilriemen?) zu einem „Bistecca a la fiorentina“ ins „La Fiorentina“ am Rand von Rom.

22.09.:

Gemeinsames Frühstück, Abfahrt Richtung Florenz auf Autobahn, Ziel: die Werkstatt in Mals. Die Benzinpumpe wurde wieder über 12 Volt gespeist. Bei Belastung auf der Autobahn stieg die Temperatur bei konstant Tempo 100 km/h von 85 auf 90 Grad. Freunde empfahlen uns, am Krümmer ein keramisches Wärmeschild als Hitzeschutz anzubringen, aber woher nehmen?

Nun trat das erste elektrische Problem auf: die Blinkerkontroll-Leuchte brannte ständig, ohne dass der Blinker an war. Bei Tempo 110 und Steigung fing der Motor an, zu stottern und zu knallen, obwohl sich die Temperatur konstant bei 85 Grad hielt. Es kam zur 8. Panne: an einer Tankstelle mussten wir vorsichtshalber rausfahren und warten, bis die Motor-Temperatur auf 100 Grad gesunken war, dann konnte es weiter gehen. Ob es vielleicht an den Zündkerzen lag?

Wir versuchten es wieder mit 6 Volt für die Benzinpumpe. Trotzdem zeigte sich Stottern bei leichter Steigung, die Temperatur stieg auf 90 Grad. Bei konstant gehaltenem Gas fiel die Geschwindigkeit ab. Vor Baldia blieben wir auf der Autobahn bei einer Steigung wieder liegen, die 9. Panne. Nach 10 Min. warten auf einem Autobahnparkplatz machten wir eine Proberunde. Nach Umstellung der Benzinpumpe auf 12 V fuhren wir an der nächsten Ausfahrt raus und machten Pause, damit der Wagen abkühlen konnte.

Bei der Weiterfahrt im Regen verhakte sich der Scheibenwischer unter dem Scheibenrand. Drei mal gelang es, ihn während der Fahrt von außen durchs Seitenfenster zu befreien, nach dem vierten Mal hatte er keine Funktion mehr. Und das im Regen! Wir hielten an, und als wir wieder losfuhren, starb der Motor sofort ab, 10. Panne. Wir warteten und ließen ihn abkühlen, danach sprang er wieder an. Dann nahmen die elektrischen Probleme zu: die Blinker fiehlen aus, die Warnblinkanlage ging aber noch. Wir versuchten, Warnlampen über den 12 Volt-Konverter anzuschließen. Sie glimmten aber nur, also hatte die Elektrik einen Schaden. Als gegen 17:30 Uhr auch die Warnblinkanlage und die Bremslichter keine Funktion mehr zeigten, unterbrachen wir die Fahrt (11. Panne) und übernachteten in Mantua.

23.09.:

In Mantua fanden wir eine BOSCH-Werkstatt. Diagnose: der 12-Volt Konverter sei defekt. Sicherungen wurden ausgetauscht, aber als wir das Handy-Lade-Kabel einsteckten, war die Sicherung sofort wieder kaputt. Beim Scheibenwischer seien angeblich das Relais und der Motor kaputt. Auch die elektrische 6-Volt Benzinpumpenversorgung wurde abgeschaltet. Die „Bemühungen“ von 2 Mann-Stunden wurden dann aber auch nicht berechnet, so dass wir nur Trinkgeld bezahlt haben.

Wir beschlossen wieder, bis in „unsere“ Werkstatt nach Mals zu fahren, die uns noch die größte Sachkenntnis zu haben schien. Durch die Ebene bis hinter Meran kamen wir ohne Probleme, aber auf der Steigung Richtung Reschenpass hinter Forst hatten wir schon im ersten Tunnel wieder Leistungsverlust. Der Motor war zu heiß und ging aus, wir blieben zwischen den beiden Tunnels liegen (12. Panne). Wenn wir im zweiten Tunnel liegen geblieben wären, hätte der Verkehr aus beiden Richtungen gestaut werden müssen, damit ein Abschleppwagen durchkommt, katastrophal! Nach etwas abkühlen lassen und warten schafften wir es über einen zum Glück vorhandenen Seitenweg bergab zurück bis zum Parkplatz der Forst-Brauerei. 1 Stunde Pause zum kalt werden lassen, danach klappte beim zweiten Versuch mit Herzklopfen auch die Fahrt durch beide Tunnels. Carlo meinte, er brauche für Belastungs-EKG kein Geld mehr auszugeben …

Wir schaffen es bis nach Mals in die Werkstatt Stocker. Bei der Übernachtung im Hirschen bekamen wir dieses Mal als „Stammgäste“ Zimmer mit Blick auf den wolkenverhangenen Ortler.

24.09.:

Diagnose der Werkstatt: der Scheibenwischermotor war nicht kaputt, er ging wieder. Die Warnblinkanlage und Bremslichter auch. Nur der Blinker ging noch nicht, weil ein 6 Volt Relais nicht zu bekommen war. Nach Rücksprache mit der Werkstatt in Stade, die den Motor eingebaut hatte, stellte sich heraus, dass die Zündung und Schließwinkel sich verstellt hatten (die hätten eigentlich ca. 1.000 km nach Ersteinstellung nachgesehen werden sollen). Dadurch wurden der Motor und das Benzin viel zu heiß. Zündung und Schließwinkel mussten neu eingestellt werden. Die 6-Volt Benzinpumpe funktionierte, mit 12-Volt nicht, weil Konverter tatsächlich kaputt war.

Nun waren wir wieder ziemlich guter Dinge und machten eine tolle Fahrt zurück über Meran und Bozen an den Kalterer See, wo wir uns mit Freunden aus Münster im Seehotel Ambach trafen. Dort stellten wir aber fest, dass Benzin tropft. Wir haben erst mal den Benzinhahn geschlossen und die Stromzufuhr von der Batterie unterbrochen.

25.09.:

Morgens war kein Benzinverlust mehr festzustellen, das Auto lief super! Also ab ins Hotel Zirmerhof in Südtirol auf 1.560 m üdM, selbst >13% Steigung waren kein Problem! Deshalb trauten wir uns weiter über Canazei zum Pordoi-Pass (2.239 m üdM!) und Sella Joch (2.240 m üdM). Aber in Wolkenstein stotterte der Motor bergab (!) wieder beim Gas geben. Der Motor klang, als liefe er nur auf 5 Töpfen, und in San Christina Val Gardena ging er aus (13. Panne). Die Dunkelheit brach herein, weshalb wir den ADAC anriefen. Der schickte uns den Abschleppwagen einer Werkstatt in San Christina. Der Fahrer meinte, vielleicht läge es nur an einem feucht gewordenen Zündverteiler, das könne er aber erst am nächsten Tag prüfen. Mit einem Leihwagen fuhren wir nach Brixen ins Hotel Elephant, wo wir schon Zimmer bestellt hatten. Wir trösteten uns mal wieder mit einem tollen Abendessen und trafen zufällig Verwandtschaft aus Emsdetten bei Münster. Wir hofften, dass der Wagen so rechtzeitig fertig werden würde, dass wir am nächsten Tag den Autozug in Innsbruck erreichen. Sorge machte uns auch die neu erlassene Reisewarnung für Tirol. Später erfuhren wir, dass Transitreisende keine Quarantäne befürchten müssen.

26.09.:

Zum Glück war nur eine Zündkerze defekt. Die Werkstatt setzte ein Provisorium ein, das in Brixen gegen den richtigen Typ ausgetauscht werden konnte. Der war aber von anderem Hersteller, was vielleicht der Grund war, dass der Motor immer noch ein bisschen ruckelte. Trotzdem hielt er auf der alten Brennerstraße durch. Oben am Pass begrüßte uns der erste Schnee dieses Jahres. Da wir noch Zeit hatten, machten wir einen Abstecher ins Interalpenhotel Tyrol. Dort lag der Schnee so hoch, dass wir nach einem Apfelstrudel nach Innsbruck weiterfuhren und pünktlich zur Autoverladung dort ankamen.

Wehrmutstropfen: als Carlo in Düsseldorf ankam, musste er feststellen, dass (vermutlich während der 1-stündigen Pause in Nürnberg, wo der Autozug geteilt und nach Zielen neu zusammengestellt wurde) das Rallye-Schild abgeschnitten und das rechte Blinkerglas vorne eingeschlagen wurde. Das sah sehr nach Vandalismus aus, traurig!

Fazit:

2.800 km fast immer offen auf eigener Achse zurückgelegt, Hitze und Schnee, mit Temperaturen zwischen minus 3 und plus 30 Grad Celsius Härtetest für Auto und Fahrer, nette Leute, Hotels, Restaurants und Natur kennengelernt, trotz der vielen Pannen viel dazu gelernt und vor allem: VIEL SPASS GEHABT!!!


Teil 1 dieser Reise finden Sie hier!