100 Jahre AVUS

Mercedes-Benz SSK Stromlinie mit Manfred von Brauchitsch vor dem AVUS Rennen 1933Am 23. Januar 1909 avancierte der Automobilclub von Deutschland (AvD) zum Geburtshelfer einer Legende – der AVUS, der Berliner „Automobil-Verkehrs-und UebungsStrecke“. Das Buch zur Avus erschien übrigens im Verlag DeliusKlasing und kostet lohnende 32 Euro.
In den Räumen des AvD, der damals noch „Kaiserlicher Automobil Club“ (K.A.C.)  hieß, am Leipziger Platz 16 wurde an diesem 23. Januar die Avus-GmbH gegründet. Die Automobilindustrie und einige Privatleute beteiligten sich. Denn um im internationalen Rennsport mithalten zu können, war der Ruf nach einer Straße, die ausschließlich Kraftfahrzeugen vorbehalten sein und als Teststrecke genutzt werden konnte, immer lauter geworden. Wo diese Strecke gebaut werden sollte, war in den Monaten zuvor jedoch heftig umstritten. Die Vorschläge reichten von Westfalen, der Eifel über Elsass-Lothringen bis zur Mark-Brandenburg und Schlesien. Zuletzt blieben Berlin und der Taunus als potentielle Standorte übrig. Die Pläne hätten unterschiedlicher nicht sein können: im Taunus sollte eine Rundstrecke gebaut werden, die mehrere Dörfer umschließt – in Berlin eine langgezogene Bahn, mit durch einen Mittelstreifen getrennten Fahrspuren für die Hin- und Rückfahrt. Der Berliner Vorschlag machte das Rennen auch, weil die Hauptstadt damals die höchste Autodichte hatte. Von den 1909 insgesamt 30.000 in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen, brausten 7000 durch Berlin.
Es dauerte dann jedoch noch zwölf Jahre, ehe die Avus eröffnet werden konnte. 1913 waren die Verträge für die parallel zur Eisenbahntrasse verlaufende Strecke von Charlottenburg Richtung Potsdam unter Dach und Fach und die Bauarbeiter legten im Grunewald los. Doch der erste Weltkrieg kam dazwischen uns so konnte das erste Rennen erst im September 1921 stattfinden. Der Rüsselsheimer Fritz von Opel, ein Enkel des Autobauers Adam Opel, ging als erster Avus-Sieger in die Geschichte ein – mit einem roten Rennwagen seiner Hausmarke Opel.
Am 11. Juli 1926 wurde auf der Avus der erstmals ausgeschriebene „Große Preis von Deutschland“ ausgetragen. Internationale Rennprominenz ging an den Start und Ausrichter war – natürlich – der AvD. Es wurde ein rabenschwarzes Wochenende mit 4 Toten und mehreren Verletzten. Bereits im Training kam einer der damals noch vom Reglement geforderten Beifahrer, ein Italiener, ums Leben. In der dritten Runde des Grand Prix rutschte Adolf Rosenberger auf regennasser Fahrbahn in eine Zeitnehmerbox. Drei Helfer starben, weitere witterungsbedingte Unfälle folgten. Dennoch gelang es dem bis dato nahezu unbekannten jungen Rudolf Caracciola einen neuen Rundenrekord aufzustellen. Er raste mit knapp 170 km/h über die Piste – das trug ihm den Beinamen „Regenmeister“ ein.
1939 wurde die Avus an das Deutsche Reich verkauft, 1940 mit dem Berliner Ring verbunden und in das Straßennetz integriert – als Teilstück der Reichsautobahn. Im zweiten Weltkrieg wurde die Avus von Bomben schwer beschädigt, Brücken wurden zerstört, die Tribünen brannten aus. Notdürftig hergerichtet konnte auf der Strecke 1951 das erste Nachkriegsrennen stattfinden, das vor 350.000 Zuschauern einmal mehr der AvD veranstaltete.
Zum zweiten Mal nach dem schwarzen 11. Juli 1926 konnte 1959 ein „Großer Preis von Deutschland“ auf der Avus ausgetragen werden – das Rennen des AvD. Tony Brooks im Ferrari fuhr als erster über die Ziellinie, vor Rennsportgrößen wie Stirling Moss, Graham Hill und Jack Brabham. Doch das Wochenende stand erneut unter keinem guten Stern. In einem Vorrennen kam der Franzose Jean Behra ums Leben. Er schoss in seinem Porsche über den äußeren Rand der nördlichen Steilwandkurve, kollidierte mit dem Sockel einer ehemaligen Flakstellung und schleuderte gegen einen Fahnenmast. Es war das Ende großer Grand-Prix-Rennen auf der Avus – der Schock saß so tief, dass drei Jahre lang überhaupt kein Wettkampf auf der Strecke ausgefahren wurde.
Ende der 60er Jahre wurde die Avus immer weiter ausgebaut – zur Hauptausfallstraße der Berliner – 1972 wurde sie sechsspurig und beleuchtet. Der Alltagsverkehr gewann die Oberhand, Rennen fanden immer seltener statt. Michael Schumacher schaffte es jedoch noch, sich in die Siegerlisten einzutragen. Er war 1989 Schnellster des Formel 3-Rennens auf der Avus, wechselte wenig später in die Königsklasse. Die Zeit „Good Bye“ zu sagen, kam für tausende Motorsportfans am 3. Mai 1998. Das allerletzte Rennen stand an. Der Rheinländer Stefan Kissling raste als erster über die Ziellinie – in einem roten Opel. Wie der allererste Avus-Sieger Fritz von Opel. Der Kreis war geschlossen.