100 Jahre Schuco: Die Legende lebt

Die Gründerzeit

Zusammen mit dem Kaufmann Heinrich Schreyer gründete Heinrich Müller am 16. November 1912 die Spielzeugfirma „Schreyer & Co“. Zehn Mitarbeiter produzierten in Nürnberg zunächst auf nur 150 Quadratmetern mechanisches Blechspielzeug in Form von beweglichen Filz- und Plüschwaren.

Triebfeder des Unternehmens war Heinrich Müller, der schon mit 17 Jahren Spielzeugideen entwickelte. 1909 begann er seine berufliche Karriere im Alter von 22 Jahren als sogenannter Mustermacher bei der Firma Bing. Vorher hatte er zusammen mit dem Bruder erste Eigenentwicklungen am Wohnzimmertisch gefertigt. Das Nürnberger Unternehmen Bing war zu dieser Zeit Europas größter Spielzeughersteller.

Das Kriegsende

Nach einer ungewollten Verschnaufpause, Müller und Schreyer wurden zum Militärdienst eingezogen, brachte das Kriegsende einiges an Veränderungen mit sich. Schreyer verließ die Firma: Er sah in der Spielzeugherstellung keine Perspektive. Mit Adolf Kahn fand Müller 1919 einen neuen Kaufmann und kapitalstarken Finanzier.

Erster Verkaufsschlager „Pick pick“

Zum absoluten Verkaufsschlager entwickelte sich in den 1920er-Jahren der „Pick Pick“. Der wahlweise mit Filz überzogene Blechvogel fand im Laufe der Zeit in unterschiedlichsten Ausführungen über 20 Millionen Abnehmer. Mitverantwortlich dafür waren rund 300 Arbeiter und rund 100 Heimarbeiter. 1921 entstand die Marke Schuco, ein Buchstabenkonglomerat aus SCHreyer Und CO. Eine Konsequenz aus dem Umstand, dass die Spielzeuge im Volksmund als Schuco bezeichnet wurden, obwohl Schreyer ausgeschieden war.

Eine Legende entsteht

Mit Beginn der 1930er-Jahre startete das Unternehmen die Produktion von Blechspielautos. Zwischenzeitig arbeiteten rund 1.000 Mitarbeiter für Schuco. 1935 entstand dann die Idee zu den sogenannten Funktionsautos. Legendär bis heute das 1936 erschienene Patent-Wendeauto 1001 mit Uhrwerkantrieb. Der Clou bei diesem Modell war, dass es nie vom Tisch fallen konnte. Erreichte es eine Tischkante, so ermöglichte ein zusätzlich quer angeordnetes Rad bei Überstand der Vorderräder das nun seitliche Weiterfahren. Als Baukastenauto zum Selbstbau kam im gleichen Jahr das Studio Schuco 1050 in den Handel. Vom Design her eine Kopie der damals so erfolgreichen Mercedes-Silberpfeile. Zwei Jahre später, 1938, stellte Schuco das Fernlenk-Auto 3000 vor. Werbeslogan: “Kein Knierutschen mehr bei allen Auto-Spielen”. Im selben Jahr kam der Examico 4001 auf den Markt. Herausragendste Eigenschaften waren Rückwärtsgang, Leerlauf, Kupplung, Handbremse und Lenkradsteuerung. Bis heute Weltruf erlangten darüber hinaus Schuco-Acustico 2002, das Garagen-Auto 1750, das Kommando-Auto und natürlich das Schuco-Radio-Auto 5000.

Teddybären

Gerade in den 1920er- und 30er-Jahren gab es die berühmten Bären, die als Puderdose oder Parfumfläschchen heute gesuchte Sammlerstücke sind. Natürlich sind auch die mechanischen Tanz- bzw. Akrobatbären gesuchte und begehrt. Schuco stellte aber auch normale Bären in verschiedenen Größen her. Ein Highlight ist sicherlich der anlässlich des Jubiläums herausgebrachte Teddybär. Aber Vorsicht: Auflage limitiert auf 500 Stück weltweit.

Die Goldenen 1950er-Jahre

Nach dem zweiten Weltkrieg kamen Schuco Spielwaren – anfangs nur für Amerika produziert – wieder auf den Markt. Sicherlich auch ein Verdienst von Adolf Kahn, der auf Grund seiner jüdischen Herkunft 1939 in die USA auswanderte.

In den goldenen 1950er-Jahren war die Firma äußerst erfolgreich. Knapp zehn Neuheiten kamen jährlich auf den Markt. Schuco war zwischenzeitlich mit 800 Mitarbeitern zum größten Spielwarenproduzenten Europas gewachsen. Folgerichtig wurde die erfolgreiche Serie der Funktionsmodelle erweitert: Grand-Prix-Racer 1070, Sonny 2005, Mirako-Car 1001 oder Combinato 4003 – alles heute extrem gesuchte Sammlermodelle. Hier zeigte sich ganz deutlich, dass technisches und innovatives Blechspielzeug wie Flugzeuge, Autos und Schiffe Garanten für den Erfolg waren. Ausschlaggebend war aber auch die extrem hohe Produktqualität.

Das Ende des Blechspielzeugs

Billige Fernost-Kopien setzten den Blechspielzeugherstellern in Franken schon bald zu. Und: Zinkdruckguss und Kunststoff liefen in den 1960er-Jahren dem Werkstoff Blech den Rang ab. Das preisgünstigere und fertigungstechnisch einfachere Material kam der zunehmenden Tendenz zu billigerem Spielzeug entgegen. Auf die Massenproduktion von Druckgussautos von Matchbox oder Dinky Toys konnten die Nürnberger erst spät mit ihrer 1:66-Serie und ihren 1:43-Modellen reagieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Namen schafften sie aber noch die Umstellung auf die neuen Materialien. Die großen Investitionen griffen aber die finanzielle Substanz des Unternehmens stark an. Als Folge wurde bis auf wenige Ausnahmen die Herstellung von Blechspielzeug Ende der 1960er-Jahre eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass auch damit der Niedergang des Unternehmens eingeläutet war.

Konkurs

Nach unterschiedlichsten Versuchen, Schuco doch noch zu retten, musste das Unternehmen 1976 Konkurs anmelden. Der englische Spielwarenkonzern DCM übernahm die Restbestände. Doch der neue Eigentümer musste 1980 ebenfalls Konkurs anmelden. Viele Werkzeuge und Formen wurden in aller Welt verstreut und teilweise sogar verschrottet.

Übernahmefieber

1980 wurde der Markenname Schuco vom einstigen Konkurrenten, der Gama-Mangold Gruppe, erworben. 1981 kamen dann Repliken unter der Bezeichnung „Schuco-Spielzeug“ als Neuauflagen auf den Markt. 1993 fusionierte der neue Markeninhaber mit Trix.1996/97 die nächste Übernahme: Märklin übernimmt von Gama-Mangold die Markenrechte von Trix und Gama. Schuco wird dadurch wieder eigenständig.

Schuco heute

Als sich die Inhaberfamilie Mangold aus der Spielwarenbranche zurück zog, wurde die Marke 1999 an die Familie Sieber verkauft. Schuco wurde ein Unternehmen der Simba-Dickie-Group, die heute zu den größten der Branche zählt. Dank einer innovativen und kreativen Produktpolitik konnten in den letzten Jahren in punkto Detaillierung und Qualität neue Maßstäbe gesetzt und so die Position im Sammlermarkt wieder ausgebaut werden.

Das Buch zum Jubiläum

Vom Pick-Pick zum Modellauto: „Die Schuco Saga – 100 Jahre voller Wunderwerke“ blickt zurück auf 100 erfolgreiche wie wechselhafte Jahre und zeigt unzählige Wunderwerke en miniature. Die mit vielen unveröffentlichten Bildern ausgestattete Geschichte wird dabei immer wieder durch ein Kaleidoskop der schönsten Produkte aus der Schuco Historie illustriert. Angefangen bei prominenten Blechfiguren wie Donald Duck über die klassische piccolo-Serie bis zu den legendären Plastikbombern wie dem Mercedes-Benz C111. Alle Schuco Sammlerstücke sind dabei so detailgetreu und ästhetisch in Szene gesetzt, dass nicht nur Sammlern und Fans das Herz aufgeht. Herausgeber ist der Delius-Klasing-Verlag, Preis 29,90 Euro.