1000 Miglia 2024: Mercedes-Classic Werksteam startet mit zehn Fahrzeugen

Acht 300 SL, ein 220a und ein „Super-Sport“ am Start

  • 300 SL Coupés (W 198) erinnern an großen Erfolg von 1955
  • Im „Super-Sport“ (W 06) des Maharadschas von Kaschmir auf Caracciolas Spuren
  • 220 „Ponton“ (W 180) in der Tradition des Klassensiegs von 1956
  • Auch für Kundenfahrzeuge: technische und organisatorische Betreuung auf Spitzenniveau durch die Experten des Mercedes-Benz Classic Centers
  • 1000 Miglia vom 11. bis 15. Juni 2024

300 SL Coupé mit der historischen Startnummer 417. Foto von 2023

Mit zehn Fahrzeugen nimmt das Werksteam von Mercedes-Benz Classic an der 1000 Miglia 2024 in Italien teil. Die Gleichmäßigkeitsfahrt für historische Automobile findet auf der Strecke des legendären Straßenrennens von Brescia nach Rom und zurück statt. Ein Highlight ist der Start von acht Mercedes-Benz 300 SL „Flügeltürern“ (W 198) im Werksteam. Sechs private Kunden nehmen dabei mit ihrem Supersportwagen aus den 1950er-Jahren ein ganz besonderes Kundenpaket von Mercedes-Benz Classic in Anspruch. Darüber hinaus werden die teilnehmenden Kundenfahrzeuge von den Experten des Mercedes-Benz Classic Centers vorbereitet und während der Veranstaltung technisch betreut. Außerdem startet ein 1930 gebauter Mercedes-Benz „Super-Sport“ Sport-Viersitzer (W 06) aus der Fahrzeugsammlung von Mercedes-Benz Classic. Das Fahrzeug wurde ursprünglich an den Maharadscha von Kaschmir ausgeliefert. Der Kompressor-Sportwagen der berühmten S-Reihe erinnert an den Sieg von Rudolf Caracciola in der Mille Miglia 1931 mit einem Mercedes-Benz SSKL. Für den von einem Fahrzeug dieses Typs erzielten Klassensieg in der Mille Miglia 1956 steht eine Mercedes-Benz 220 „Ponton“-Limousine (W 180) aus der Tradition der S-Klasse, die ebenfalls in der Werksmannschaft startet.

220 „Ponton“ (W 180). Titelblatt des Verkaufsprospekts von 1954.

„Mit ihrer Geschichte, ihrer Streckenführung und ihrem Starterfeld ist die 1000 Miglia eine der faszinierendsten Veranstaltungen der automobilen Klassik. Wir freuen uns, in diesem Jahr mit einem so starken Werksteam dabei zu sein. Private Kunden profitieren von der einzigartigen Kompetenz und der großen Erfahrung des Teams unseres Classic Centers. So werden sie Teil der legendären Geschichte der Mille Miglia, an der unsere Marke mit großen Momenten mitgeschrieben hat.“ Marcus Breitschwerdt, CEO Mercedes-Benz Heritage

Legendäre tausend Meilen durch Italien

Die 1000 Miglia findet in diesem Jahr vom 11. bis 15. Juni statt. Ihr Rundkurs führt gegen den Uhrzeigersinn in fünf Etappen von Brescia nach Rom und zurück. Zum Start zugelassen sind ausschließlich klassische Automobile, deren Typen an dem originalen Straßenrennen Mille Miglia zwischen 1927 und 1957 teilgenommen haben. Nach dem Start in Brescia am ersten Tag führt die Route durch Bergamo, Novara und Vercelli nach Turin. Auf der Strecke der zweiten Etappe liegen Acqui Terme und erstmals auch Genua. Die tyrrhenische Küste entlang geht es nach Viareggio. Der dritte Tag steht im Zeichen von Rom: Über Lucca, Castiglione della Pescaia, Marta, Viterbo und Ronciglione fährt das Feld in die italienische Hauptstadt ein und kommt in der Via Veneto ans Ziel.

Foto von der Mille Miglia im Jahr 1955. John Cooper Fitch und Kurt Gessl gewinnen die Klassenwertung und kommen auf Platz 5 des Gesamtklassements.

Die vierte Etappe geht zurück nach Norden über Orvieto, Solomeo, Siena und Prato sowie die Pässe Futa und Raticosa bis nach San Lazzaro di Savena bei Bologna. Am letzten Tag führt die Route durch Ferrara, Bovolone und Villafranca, den Gardasee entlang mit Valtenesi und Salò bis zum Ziel in der Viale Venezia in Brescia.

SSKL Renntourenwagen (W 06). Eingesetzt von Rudolf Caracciola in der Mille Miglia 1931.

Mercedes-Benz und die Mille Miglia

Zu den Höhepunkten in 130 Jahren Motorsportgeschichte von Mercedes-Benz gehört die Mille Miglia in den Jahren 1931 und 1955. Bei der fünften Mille Miglia am 12. und 13. April 1931 erzielt Rudolf Caracciola im Mercedes-Benz SSKL mit Beifahrer Wilhelm Sebastian einen Überraschungssieg. Er wird in dem mächtigen Kompressor-Renntourenwagen zum ersten Sieger des Straßenrennens, der nicht aus Italien stammt.

300 SLR „722“ gefahren von Sir Stirling Moss beim Goodwood Festival of Speed 2015

1955 gewinnt Stirling Moss mit seinem Beifahrer Denis Jenkinson in einem Mercedes-Benz 300 SLR Rennsportwagen (W 196 S) die Mille Miglia vom 30. April bis 1. Mai 1955 in 10:07:48 Stunden. Das ist die schnellste jemals in dem Rennen erzielte Zeit und damit ein Rekord für die Ewigkeit. Auf den zweiten Platz des Gesamtklassements kommt sein Teamkollege Juan Manuel Fangio ebenfalls in einem 300 SLR. Für eine Sensation sorgen damals auch die serienmäßigen, für den Renneinsatz optimierten Mercedes-Benz 300 SL Coupés (W 198): Die „Flügeltürer“ erzielen einen Dreifachklassensieg, angeführt von John Cooper Fitch und seinem Beifahrer Kurt Gessl im 300 SL mit der Startnummer 417. Die Zahl steht für die Startzeit um 4:17 Uhr früh am Morgen. Das graue 300 SL Coupé mit der legendären Ziffernfolge gehört heute zu den Publikumslieblingen bei der 1000 Miglia. Mit einem Mercedes-Benz 220 „Ponton“ (W 180) gewinnen Erwin Bauer und Erwin Grupp im Jahr 1956 die Klasse der Spezialtourenwagen über zwei Liter Hubraum.

Die Fahrzeuge im Werksteam von Mercedes-Benz Classic bei der 1000 Miglia 2024

Mercedes-Benz Typ „Super-Sport“ Sport-Viersitzer (W 06), 1930

Der leistungsstarke Mercedes-Benz „Super-Sport“ (SS) ist vor allem als „Gran Turismo“ gedacht, als sportlich-exklusiver Reisewagen. Sein Reihensechszylindermotor leistet ab 1930 aus 7,1 Litern Hubraum 118 kW (160 PS) und bis zu 147 kW (200 PS) mit Kompressor. Der Typ SS folgt in der Baureihe W 06 auf den Typ S („Sport“). Später kommen SSK („Super-Sport-Kurz“) sowie 1931 der dem Rennsport vorbehaltene SSKL („Super-Sport-Kurz-Leicht“) dazu. Seine Premiere als bis zu 184 kW (250 PS) starkes Rennfahrzeug erlebt der Typ SS im Juni 1928 mit Rudolf Caracciola beim Gewinn des Bergrennens auf die Bühler Höhe anlässlich des Autoturniers Baden-Baden vom 27. Juni bis 1. Juli 1927. Der Mercedes-Benz SS wird von 1928 bis 1933 in insgesamt 111 Exemplaren gebaut. Dieser Mercedes-Benz SS Sport-Viersitzer wird im Jahr 1930 für den Maharadscha von Kaschmir mit einer hocheleganten und sehr detaillierten Karosserie ausgestattet.

Technische Daten Mercedes-Benz Typ „Super-Sport“ (W 06)
Produktionszeitraum: 1928 bis 1933
Zylinder: 6/Reihe
Hubraum: 7.065 cm3
Leistung (ab 1930): 118 kW (160 PS), mit Kompressor 147 kW (200 PS) bei 3.300/min
Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h

Mercedes-Benz 300 SL Coupé (W 198)

Im Februar 1954 hat der 300 SL Seriensportwagen (W 198) auf der International Motor Sports Show in New York Weltpremiere. Das Coupé wird wegen seiner charakteristischen, am Dach angeschlagenen Türen auch „Flügeltürer“, „Gullwing“ (Möwenschwinge) oder „Papillon“ (Schmetterling) genannt. Die Türkonstruktion ist aber kein ästhetischer Selbstzweck, sondern technisch notwendig. Denn der Gitterrohrrahmen baut seitlich so hoch, dass sich übliche Lösungen nicht verwirklichen lassen. Der Hochleistungssportwagen basiert auf dem legendären 300 SL Rennsportwagen (W 194) der Saison 1952. Der weiterentwickelte W 198 ist weltweit der erste Serienpersonenwagen mit Viertaktmotor und Benzindirekteinspritzung. Mit einer Motorleistung von 158 kW (215 PS) – gut 25 Prozent mehr als bei der vergaserbestückten Rennsportausführung von 1952 – und einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 250 km/h liegt der W 198 im Spitzenbereich der Seriensportwagen seiner Zeit. Dies prädestiniert ihn auch für Sporteinsätze. Legendär ist der Dreifachklassensieg des 300 SL „Gullwing“ bei der Mille Miglia 1955. Von 1954 bis 1957 werden insgesamt 1.400 Fahrzeuge des 300 SL Coupé gebaut, davon 29 mit Aluminiumkarosserie.

Technische Daten Mercedes-Benz 300 SL Coupé (W 198), Serienausführung
Produktionszeitraum: 1954 bis 1957
Zylinder: 6/Reihe
Hubraum: 2.996 cm3
Leistung: 158 kW (215 PS) bei 5.800/min
Höchstgeschwindigkeit: bis zu 250 km/h

Mercedes-Benz 220 „Ponton“ (W 180), 1955

Der im Frühjahr 1954 eingeführte Typ 220 (W 180), intern auch 220 a genannt, ist das erste Mercedes-Benz Sechszylindermodell in selbsttragender Bauweise. Seine moderne und geräumige „Ponton“-Karosserie, die Mercedes-Benz ein halbes Jahr zuvor im Mittelklassemodell 180 (W 120) präsentiert hat, bietet einen bislang nicht gekannten Raumkomfort. Für sichere Fahreigenschaften bürgt die Eingelenk-Pendelachse, die mit dem Typ 220 in den Serienautomobilbau eingeführt wird. Bei der Mille Miglia 1956 starten mehrere Mercedes-Benz 220 in der Klasse der serienmäßigen Spezialtourenwagen. In dieser Klasse können Fahrwerk und Motoren der Fahrzeuge modifiziert werden. Das Fahrerteam Erwin Bauer und Erwin Grupp gewinnt seine Klasse bei dem legendären italienischen Straßenrennen mit einem besonderen 220er: In der von Karl Kling geleiteten Sportabteilung sind eigens für den Einsatz bei der Mille Miglia drei Fahrzeuge vorbereitet worden. Sie haben bereits die Zweivergaseranlage des Nachfolgetyps 220 S, mit welcher der Motor circa 85 kW (115 PS) leistet. Für die sportliche Fahrt sind kürzere und härtere Federn sowie modifizierte Stoßdämpfer montiert. Zudem können die Fahrer die Gänge per Mittelschaltung wie im 190 SL wechseln – anstatt der sonst verbauten Lenkradschaltung.

Technische Daten Mercedes-Benz 220 (W 180), Serienversion
Produktionszeitraum: 1954 bis 1956
Zylinder: 6/Reihe
Hubraum: 2.195 cm3
Leistung: 63 kW (85 PS)
Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h