Ohne ihn zu fahren? Heute undenkbar, seinerzeit war er Sonderausstattung!
Die Ära des Tachos beginnt erst einige Jahre nach der Erfindung des Autos, denn in den Gründertagen des automobilen Verkehrs ist eine Geschwindigkeitsmessung nicht erforderlich: Alle Fahrzeuge sind noch so langsam, dass die natürlichen Sinne des Menschen zur Einschätzung des Tempos ausreichen. Die Geschwindigkeit und die damit möglicherweise verbundenen Gefahren werden buchstäblich gefühlt. Erst mit steigender Leistung kommen die frühen Motorwagen schneller voran, als das Gehirn sicher erfassen und einordnen kann. Denn mit seinen fünf Sinnen registriert der Fahrer zwar Beschleunigung und Bewegung, für das Tempo allerdings fehlt ihm ein genaues Maß, das fortan der Tacho liefert. Dank dieser Anzeige kann der Autofahrer die Geschwindigkeit seines Wagens präzise und zuverlässig kontrollieren, einen sicheren Fahrstil wählen und nicht zuletzt sein noch immer anfälliges Gefährt vor Überlastung schützen. Für eine schnelle Verbreitung des Instrumentes sorgen auch die Behörden: Sie nehmen die wachsende Verkehrsdichte, die steigende Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge und die ersten schweren Unfälle zum Anlass für Geschwindigkeitsbegrenzungen und -messungen. Autofahrer waren schon damals gut beraten, Grenzwerte nicht zu überschreiten und deshalb auf genaue Informationen angewiesen.
Die ersten Entwürfe für ein Instrument zur Geschwindigkeitsmessung hat bereits das Universalgenie Leonardo da Vinci um etwa 1500 gezeichnet, doch wachsendes Interesse am Tempo der Fortbewegung gibt es erst ab etwa 1835 mit dem Aufkommen der Eisenbahn. Schon damals werden zahlreiche Tachometer entwickelt, die allerdings für den automobilen Einsatz weitgehend unbrauchbar sind. Erst dem Straßburger Erfinder Otto Schulze gelingt mit dem Wirbelstrom-Tachometer eine Konstruktion für Straßenfahrzeuge. Dabei setzt Schulze auf eine flexible Welle, mit der die Drehzahl des Rades oder des Getriebes zum Tacho übertragen wird und dort einen Permanentmagneten in eine Rotationsbewegung versetzt. Über dem Magneten befindet sich – ohne direkte Berührung – eine ebenfalls drehbar gelagerte Metallscheibe oder Metallglocke mit einem Zeiger. Der drehende Magnet induziert in der Metallhaube so genannte Wirbelströme, denen die Metallscheibe folgen möchte. Weil sie durch eine spezielle Feder gebremst wird, gibt es aber statt der Rotation nur eine leichte Drehbewegung. Mit steigender Drehzahl des Magneten wächst die Kraft der Wirbelströme, so dass der Zeiger auf der proportionalen Skala eine höhere Geschwindigkeit anzeigt.
Den ersten großen Technologiesprung erlebt die automobile Geschwindigkeitsmessung allerdings erst Mitte der fünfziger Jahre mit der Einführung des elektrischen Tachos für Omnibusse. Statt die Radumdrehungen dort auf große Distanzen mit einer Welle zu übertragen, wird die Drehzahl an Rad oder Getriebe mit einem Dynamo in ein elektrisches Signal umgesetzt.
Nachdem die Elektrik in den fünfziger Jahren die Mechanik verdrängt hat, beginnt in den achtziger Jahren der Siegeszug der Elektronik. Rollenzähler werden durch LCD-Anzeigen ersetzt, Sensoren im gesamten Fahrzeugnetzwerk übernehmen die Rolle von Wellen, Dynamos und rotierenden Magneten, und Messwerke oder Schrittmotoren setzen mit elektronischer Steuerung elektrische Impulse wieder in Zeigerausschläge um. Dabei rücken alle Komponenten so weit zusammen, dass im Blickfeld des Fahrers hochkomplexe Informationszentralen mit klassischen Rundinstrumenten, vielfältige Anzeigen, Dutzende von Kontrollleuchten und großflächigen Bildschirmen oder LCD-Displays für Navigation und Kommunikation Platz finden. Außerdem ermöglicht die Erfindung der LEDs vollkommen neue Wege in der Beleuchtung der Instrumententafel.