155 Jahre TÜV

von von Matthias A. Viegas TÜV Süd

TÜV SÜD feiert das 155-jährige Jubiläum des Unternehmens – und als ältester TÜV auch den 155. Geburtstag der Idee der technischen Sicherheit in Deutschland.

1866 Präsenzliste bei Gründung

Am 6. Januar 1866 gründeten 22 badische Unternehmer die „Gesellschaft zur Ueberwachung und Versicherung
von Dampfkesseln mit dem Sitze in Mannheim“. Anlass war ein Unglück, das sich rund ein Jahr zuvor in der Mannheimer Aktienbrauerei ereignet hatte. Ziel der neuen Gesellschaft war es, durch regelmäßige Überprüfungen der Dampfkessel künftig Unfälle zu verhindern. Das Modell machte Schule, die Mannheimer Gründung wurde zum Ausgangspunkt der technischen Überwachung in Deutschland.

Die Idee der unabhängigen, technischen Überprüfung setzte sich schnell durch. Technischer Fortschritt und der Wunsch nach Sicherheit und Schutz – diese beiden Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen wurde zu einem gesellschaftlichen Bedürfnis. Bald wurden nach 1866 weitere sogenannte Dampfkesselrevisionsvereine zum Beispiel 1870 in München, 1873 in Frankfurt und Offenbach, 1875 in Stuttgart und 1878 in Chemnitz ins Leben gerufen. Diese regionalen Organisationen bilden das Fundament für den aktuell weltweit tätigen TÜV SÜD-Konzern, der seine heutige Stellung zahlreichen Fusionen und Übernahmen in den letzten beiden Jahrzehnten verdankt.

Chronologie TÜV SÜD bis 1969

1866: Gründung >> Am 6. Januar 1866 gründen 22 badische Unternehmer die „Gesellschaft zur Ueberwachung und Versicherung von Dampfkesseln mit dem Sitze in Mannheim“. Erster Vorsitzender wird der Fabrikant Carl Selbach. Die Unternehmer reagieren damit auf ein Unglück, das sich rund ein Jahr zuvor in der Brauerei zum „Großen Mayerhof“ ereignet hat. Ein Riss in der Hülle des in der Brauerei eingesetzten Dampfkessels hat dabei zu einer Explosion geführt. Ein Toter und mehrere Verletzte sind zu beklagen. Ein geschulter Techniker hätte den Mangel leicht entdecken und die Katastrophe verhindern können. Doch regelmäßige Inspektionen haben nicht stattgefunden. Das Bedienpersonal ist mit den Gefahren des Kesselbetriebs kaum vertraut. Das Unglück ist kein Einzelfall und die Anzahl der Dampfkesselbetreiber steigt schnell. Sowohl die Regierung im Großherzogtum Baden als auch die potenziell betroffenen Industriellen unterstützen daher die Gründung eines Revisionsvereins. Durch regelmäßige Überprüfungen der Kessel sollen künftige Unglücksfälle verhindert werden. Das Modell macht Schule und die Mannheimer Gründung wird zum Ausgangspunkt der technischen Überwachung in Deutschland.

Droschkenrevision in Berlin 1894

1868: Erster Sachverständiger >> Am 13. Oktober 1868 tritt in Mannheim der soeben 29 Jahre alt gewordene Ingenieur Carl Isambert seinen Dienst an. Er ist der erste hauptamtlich tätige Sachverständige eines technischen Überwachungsvereins in Deutschland. Bereits wenige Tage später unternimmt Isambert eine erste Inspektionsreise.

Carl Isambert, Prüfingenieur von 1868-1899

Das Ergebnis ist ernüchternd: Etliche Kessel weisen gefährliche Mängel auf. Besitzer und Kesselwärter verstehen vielerorts nicht einmal die Grundlagen von Anlagensicherheit. Isambert hilft, wo er kann. Ein Jahr später zieht er auf der Mitgliederversammlung des Mannheimer Vereins Bilanz: Akute Explosionsgefahr bestehe bei keinem der geprüften Kessel mehr.

1870: Revisionsverein in Bayern >> Am Nikolaustag des Jahres 1869 tritt der Kupferfabrikant Abraham Lismann ans Rednerpult des Polytechnischen Vereins in München. Lismann hat seine Bühne gut gewählt, denn zu seinen Zuhörern zählen viele der angesehensten Naturwissenschaftler und Techniker im Königreich Bayern. Lismann, der in seinem Unternehmen selbst drei Dampfkessel betreibt, regt die Gründung eines „Vereins zur Prüfung und Überwachung der Dampfkessel für das diesrheinische Bayern“ an. Die Anwesenden, unter ihnen der Konstrukteur Carl Linde und der Brauereibesitzer Gabriel Sedlmayr, setzen umgehend einen Ausschuss ein, um den Plan umzusetzen. Dieser Kreis erarbeitet eine gedruckte Broschüre samt Statutenentwurf für den zu gründenden Verein, die allen Kesselbetreibern im geplanten Einzugsgebiet zugestellt wird. Auch in Augsburg, Bayreuth, Nürnberg und Würzburg findet die Idee Zustimmung. Am 23. April 1870 wird der Bayerische Dampfkessel-Revisionsverein (BDRV) bei einer Versammlung im Pavillon des Englischen Caféhauses in München aus der Taufe gehoben. Erster Vorsitzender wird der Lokomotivfabrikant Georg Krauss.

1877: Der Erfolg spricht für sich >> Walther Gyssling, Chefingenieur des Bayerischen Dampfkessel-Revisionsvereins, kann stolz sein, als er den Mitgliedern über das Geschäftsjahr 1877 Bericht erstattet. Seit fünf Jahren ist keiner der mehr als 1.000 Dampfkessel, die vom Verein überwacht wurden, explodiert. Von solchen Erfolgsquoten sind die staatlichen Prüfer, die parallel zu den Prüfern des BDRV agieren, weit entfernt: An von  ihnen begutachteten Anlagen kommt es allein im Jahr 1878 in Bayern zu zwei Explosionen.
Auch in Württemberg, wo ein Dampfkessel-Revisionsverein 1875 entsteht, verzeichnet die selbstverantwortliche
technische Überwachung beeindruckende Erfolge: In seinem ersten Jahresbericht 1877 berichtet der Stuttgarter
Vereinsingenieur Heinrich Bellmer, dass er in den vergangenen zwölf Monaten nicht weniger als 172 mit unmittelbarer Explosionsgefahr verbundene Mängel behoben habe.

1881: Einheitliche Standards >> Inzwischen gibt es fast überall in Deutschland Dampfkessel-Revisionsvereine. Doch noch kann jeder Sachverständige weitgehend selbst entscheiden, was er unter einer ordnungsgemäßen Funktion versteht. Obwohl bereits seit 1873 der deutsche Verband von DampfkesselÜberwachungsvereinen
existiert, gibt es keine verbindlichen Standards für die Sicherheit von Dampfkesseln. Doch zwischen Mai und Juni 1881 einigt sich der Verband mit dem Verein deutscher Eisenhüttenleute auf Grundsätze zur Materialprüfung beim Bau von Dampfkesseln. Mit diesen sogenannten Würzburger Normen setzt die technische Überwachung erstmals schon beim Bau der Kessel an, um die Wahrscheinlichkeit von Unfällen im Voraus zu minimieren. In dieselbe Richtung weisen die 1884 verabschiedeten Hamburger Normen, die Richtlinien für die Berechnung
der Kesselkörper aufstellen.

Württembergischer Revisionsverein von 1898

1888: Grenzüberschreitende Kooperationen >> Auch jenseits der deutschen Grenzen findet die Idee der
technischen Überwachungsvereine immer mehr Anhänger. Einige ausländische Vereine sind inzwischen sogar
dem in Hannover beheimateten Verband von Dampfkessel-Überwachungsvereinen beigetreten. Deshalb benennt
sich die deutsche Dachorganisation 1888 in Internationaler Verband von Dampfkessel-Überwachungsvereinen um. Während die Politik noch fast ausschließlich in nationalen Kategorien denkt, steht für die Pioniere der technischen Überwachung außer Frage, dass Sicherheit nicht vor Ländergrenzen haltmachen darf.

1903: Dampf und Strom >> Am Anfang der industriellen Revolution steht die Dampfmaschine, doch inzwischen werden immer mehr Maschinen elektrisch angetrieben. Bereits seit 1900 existiert in Bayern ein Revisionsverein für elektrische Anlagen. Viele der Mitglieder gehören zugleich dem Dampfkessel-Revisionsverein an, da sie in ihren Unternehmen beide Technologien einsetzen. So ist es nur konsequent, dass sich die beiden Vereine in Bayern 1903 zum Bayerischen Revisionsverein zusammenschließen. Im selben Jahr richtet der Badische Dampfkessel-Revisionsverein eine elektrotechnische Abteilung ein.

1906: Wegbereiter des Automobils >> Im September 1906 erlässt die badische Regierung eine Verordnung, welche die Überprüfung von Kraftfahrern und Automobilen im Großherzogtum vorschreibt: „Wenn ein Kraftfahrzeug in Betrieb genommen werden soll, hat der Eigentümer hiervon dem Bezirksamt seines Wohnorts
eine schriftliche Anzeige zu erstatten. […] Der Anzeige ist das Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen beizufügen.“ Mit der Durchführung der Prüfungen wird der Badische Dampfkessel-Revisionsverein beauftragt. Um der neuen Aufgabe gewachsen zu sein, arbeitet der Verein mit der Firma zusammen, deren Name untrennbar mit der Erfolgsgeschichte des Automobils verknüpft ist: Bei Benz & Cie. werden zwölf Kessel-Ingenieure zu Kfz-Sachverständigen ausgebildet. Jetzt, im Jahr 1906, nimmt in Mannheim, der Geburtsstadt des Autoverkehrs, auch die technische Überprüfung von Kraftfahrzeugen ihren Anfang.

Historischer Pruefstand um 1920

1913: Aufzugsprüfung wird Standard >> Elektrische Aufzüge werden von den Revisionsvereinen seit 1907 (Baden) und 1908 (Bayern) überwacht. Doch wie oft und ob überhaupt Prüfungen stattfinden, liegt anfangs im Ermessen der Betreiber. Dies ändert sich in Baden mit einer Verordnung der Landesregierung vom Sommer 1912, welche für Personenaufzüge alle zwei Jahre, für Lastenaufzüge alle vier Jahre Untersuchungen vorschreibt. Sämtliche Ingenieure des Badischen Revisionsvereins werden per Ministerialerlass zu Sachverständigen für Fördertechnik erklärt. Daraufhin finden 1913 erstmals flächendeckende Aufzugsprüfungen in Baden statt. Ein
neues Geschäftsfeld ist erschlossen.

1914: Rückschläge im Krieg >> Die Kriegserklärungen Deutschlands gegenüber Russland und Frankreich im August 1914 werden von großen Teilen der deutschen Öffentlichkeit begeistert aufgenommen. Doch bald schon zeigen sich die verheerenden Folgen des entfachten Kriegs, auch mit Blick auf die Revisionsvereine: Die Arbeit im seit 1888 existierenden Internationalen Verband kommt zum Erliegen. Auch die Normenkommission stellt ihre Arbeit ein. Zahlreiche Sachverständige werden bereits kurz nach Kriegsausbruch zum Wehrdienst eingezogen oder melden sich freiwillig. Gleiches trifft auf das Fachpersonal in den Mitgliedsunternehmen zu. Das anlagentechnische Know-how sinkt, während gleichzeitig immer weniger Prüfungen stattfinden. Unglücksfälle sind die Folge, etwa im Dezember 1916 in Nürnberg: Dort platzt durch eine Fehlbedienung der Wasserkessel eines Großkraftwerks, drei Menschen sterben. Fast einen Tag lang bleibt die gesamte Stadt ohne Strom. Erst 1921 wird die Dachorganisation – nun als deutscher Verband – neu gegründet.

1921: Erste Schritte im Umweltschutz >> Emissionsschutz ist keine Erfindung der 1980er-Jahre. Der Bayerische Revisionsverein widmet sich dem Thema vielmehr schon kurz nach seiner Gründung. Bereits 1879 berät der Verein den Magistrat der Stadt München zum Thema Rauchgasverhütung bei Dampfkesselfeuerungen. Im Jahresbericht 1912 machen die bayerischen Sachverständigen gegen den Trend zu immer niedrigeren Schornsteinen mobil: Diese seien, so die fortschrittliche Position des Vereins, „wegen der schädlichen Rauchgasbestandteile […] mit Rücksicht auf die in der Nachbarschaft befindlichen Menschen, Tiere und Pflanzen […] nicht zulässig“. 1921 erstellt der Bayerische Revisionsverein ein Gutachten über die Staubbelastung durch Feuerungsanlagen. Auch hier fordert er, beim Bau der Schornsteine Mindesthöhen einzuhalten.

1923: Hyperinflation >> Mitgliedsbeiträge und Prüfgebühren bilden seit jeher die finanzielle Basis für die Revisionsvereine. Diese Basis zerfällt, als der Wert der Reichsmark ins Bodenlose sinkt. Um dem drohenden Bankrott zu entgehen, erhöht etwa der badische Verein seine Mitgliedsbeiträge im Jahr 1923 zunächst auf das 500-fache, dann auf das 1.000-fache und schließlich auf das 3.000-fache. Doch die Geldentwertung schreitet weit schneller voran: „Eine längere Dienstreise, mit voraussichtlich genügenden Geldmitteln angetreten, musste des Öfteren unterbrochen werden, da das mitgenommene Geld im Handumdrehen verschwunden war, und Nachsendungen durch die Post das gleiche Schicksal erfuhren, ehe sie den Empfänger erreichten.“ Erst mit Einführung der Rentenmark im November 1923 können die Revisionsvereine zu einer soliden Wirtschaftsweise
zurückkehren.

Bremstest in den 1920ern

1930: Fliegende Bauten >> Das Münchener Oktoberfest hat sich Ende der 1920er-Jahre längst als größtes Volksfest Bayerns etabliert. Auch Fahrgeschäfte gibt es dort seit Ende des 19. Jahrhunderts, doch bis dato werden diese nicht systematisch überwacht. Da die Konstruktionen immer wagemutiger und gefährlicher werden, geben die Bayerischen Staatsministerien des Äußeren, des Inneren und für Landwirtschaft und Arbeit im Sommer 1929 eine Verordnung heraus: Der Bayerische Revisionsverein soll regelmäßig die „Fliegenden Bauten” im südlichen Bayern prüfen. 1930 werden erstmals drei Vereins-Ingenieure auf der „Wiesn” eingesetzt, um drei Achterbahnen, drei Toboggan-Rutschen und eine „Autobahn” auf Schwachstellen zu untersuchen. Durch die wiederkehrende Tätigkeit auf dem größten Volksfest der Welt entwickeln die Münchener Ingenieure eine führende und einzigartige Kompetenz im Bereich „Fliegende Bauten“, die bis heute weltweit gefragt ist.

Prüfstelle des Bayerischen Revisionsvereins in 1930

1938: Neuordnung und Gleichschaltung >> Direkt nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 beginnen die Nationalsozialisten, den demokratischen Rechtsstaat zu zerschlagen. Unabhängige Vereine und Institutionen werden „gleichgeschaltet“, Schlüsselpositionen mit Anhängern der NSIdeologie
besetzt. Dieses Schicksal ereilt auch die Revisionsvereine. Zudem findet eine „Selbstgleichschaltung“ statt. Der Bayerische Revisionsverein ordnet bereits frühzeitig die Verwendung des Hitlergrußes an, jüdische und politisch andersdenkende Mitarbeiter werden aus dem Verein gedrängt. Im März 1938 kommt es zu einer grundlegenden
Umgestaltung der technischen Überwachung in Deutschland: Aus den bisher 37 Institutionen im Reichsgebiet werden 14 regionale Überwachungsvereine, die erstmals einheitlich als TÜV (Technische Überwachungsvereine)
bezeichnet werden. An die Stelle der individuellen Statuten tritt eine Einheitssatzung. Für Unternehmen mit überwachungspflichtigen Anlagen wird die Mitgliedschaft im jeweils zuständigen TÜV verpflichtend. Damit wird das System der technischen Überwachung modernisiert und national vereinheitlicht. Der Preis dafür ist hoch: Die Vereine verlieren ihre Unabhängigkeit und damit einen ihrer wichtigsten Werte.

Lichttest 1938

1943: Im Bombenhagel >> Der von Hitler entfesselte Zweite Weltkrieg kehrt ab 1943 nach Deutschland zurück. Die immer häufiger werdenden Angriffe alliierter Bomberverbände treffen neben zahlreichen Industrieanlagen vor allem die Zivilbevölkerung in den deutschen Großstädten. Unter den Bedingungen des „totalen Kriegs“ ist eine geordnete technische Überwachung praktisch unmöglich. Nicht nur die Mitgliedsunternehmen, auch die Vereine selbst sind von den Zerstörungen betroffen. In Mannheim erleidet die Hauptverwaltung des für Baden und Württemberg zuständigen Überwachungsvereins bereits 1943 mehrere Bombentreffer. Bis Kriegsende werden auch die Vereinsgebäude in Augsburg, München, Nürnberg, Stuttgart, Ulm und Würzburg schwer beschädigt. Regional kommt die Tätigkeit der TÜV damit völlig zum Erliegen.

1948: Neugründung im Westen >> Während technische Sicherheit in der sowjetischen Besatzungszone Sache des Staates wird, können sich die Überwachungsvereine im Westen wieder etablieren. Zunächst arbeiten sie bei weitgehend unklarer Rechtslage ohne offizielle Anerkennung, aber doch mit Duldung der alliierten Besatzungsbehörden weiter. Noch vor Gründung der Bundesrepublik werden in den Jahren 1948 und 1949 die meisten regionalen Organisationen wieder in die Vereinsregister eingetragen. Auf Basis neuer Satzungen kehren die westdeutschen TÜV-Gesellschaften zur Selbstverwaltung zurück. Anstelle der 1938 eingeführten Zwangsmitgliedschaft tritt erneut das Prinzip der Freiwilligkeit.

Hauptuntersuchung in den 1950er-Jahren

1951: Verkehrssicherheit bekommt Priorität >> Das eigene Auto steht für viele Westdeutsche in der Wirtschaftswunderzeit ganz oben auf der Wunschliste. Der zunehmende Individualverkehr wird jedoch zum Sicherheitsproblem. Bereits 1951 reagiert der Gesetzgeber, indem er für alle zulassungspflichtigen Kraftfahrzeuge regelmäßige Hauptuntersuchungen vorschreibt. Mit der Durchführung werden fast überall die Technischen Überwachungsvereine beauftragt. Darüber hinaus kommt den Vereinen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr zu. Vorreiter ist hierbei der TÜV Stuttgart, der im März 1952 ein medizinisch-psychologisches Institut für Verkehrssicherheit ins Leben ruft. Unter dem Dach dieses MPI soll die Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen bei Fahrern mit häufigen Unfällen oder solchen mit speziellen gesundheitlichen Beschwerden überprüft werden. Im November 1954 wird auch in Bayern die erste Medizinisch-Psychologische Untersuchungsstelle (MPU) eröffnet.

MPU in der Nachkriegszeit

1957: Die Anfänge der Kernenergie >> Ende der 1950er-Jahre gilt die Atomkraft weltweit als Technologie der Zukunft. Über politische Parteigrenzen hinweg herrscht Einigkeit, dass die Bundesrepublik bei der Nutzung schier unbegrenzter nuklearer Energieressourcen eine Vorreiterrolle spielen sollte. Im Herbst 1957 richtet der TÜV Bayern eine Arbeitsgruppe Kernenergie und Strahlenschutz ein und erstellt ein Sicherheitsgutachten für den Forschungsreaktor München, der am 31. Oktober des Jahres in Betrieb geht. Auch beim Aufbau des ersten
Atomversuchskraftwerkes in Kahl bei Aschaffenburg (1958–1960) und bei der Errichtung des ersten deutschen
Leistungskraftwerkes in Gundremmingen (1963–1966) sind die Münchener TÜV-Sachverständigen als Gutachter
gefragt.

Die Einführung der Hebebühne erleichtert die Arbeit

1964: Auslandsgeschäft >> Schon in den 1960er-Jahren gibt es erste Ansätze für eine Ausweitung des Geschäftes über die deutschen und europäischen Grenzen hinaus. Regelmäßig werden TÜVSachverständige
ins Ausland gerufen, um bei der Aufklärung technischer Defekte zu helfen – besonders dann, wenn die betroffenen Anlagen von deutschen Unternehmen geliefert wurden. So brechen Mitarbeiter des TÜV Bayern 1964 nach Südafrika auf, um einen Unfall an einer Personen-Seilschwebebahn zu untersuchen. Die Sachverständigen
des TÜV Baden reisen in dieser Zeit regelmäßig nach Frankreich, um dort Mustergutachten für Fahrzeuge zu erstellen, die zum Import in die Bundesrepublik vorgesehen sind.

Prüfstelle in München 1957

1969: Erste Tochtergesellschaft >> Während die TÜV mit staatsentlastenden Tätigkeiten wie der Kfz-Prüfung und der gutachterlichen Betreuung von Industrieanlagen im Fokus der Öffentlichkeit stehen, bleiben sie als Akteure in der Privatwirtschaft häufig noch unsichtbar. Dennoch stellt TÜV Bayern Ende der 1960er-Jahre erstmals die Weichen für Geschäftsmodelle im freien Wettbewerb, was heute typisch ist für TÜV SÜD: 1969
kauft der Verein die Elektroberatung Bayern GmbH (EBB), die als Beratungsstelle für die Elektrifizierung der
bayerischen Landwirtschaft bereits 1926 entstanden ist. Mit der Akquisition wird erstmals ein deutscher TÜV über
eine Tochtergesellschaft im freien Wettbewerb tätig.

Prüfung nach der Wende

Fotos TÜV Süd

QUELLE: MVC Depesche 3/2016