Die Ursprünge
Bereits 1914 hatten zwei Geschäftsleute aus dem amerikanischen Detroit die Idee, die Fahrzeugwäsche zu vereinfachen: Das Ganze nannten sie „Merry-Go-Round“ (deutsch: Karussell). Das Fahrzeug durchlief, von Hand geschoben, Stationen, an denen die einzelnen Waschvorgänge durchgeführt wurden. Erst 1928 erfolgte eine gewisse Automatisierung in Form eines „Conveyor“. Dahinter verbarg sich ein einfaches Förderband, welches den Wagen zog. Nach Ende des 2. Weltkrieges entstanden 1946 in den USA die ersten Waschanlagen mit sogenannten Abrufförderbändern: Sprinkleranlage oberhalb des Autos, drei manuell bediente Bürsten und als Höhepunkt ein mit 50 PS angetriebener „Airblower“ – nichts anderes als ein überdimensionaler Fön zum Trocknen.
- Deutschland in den 1950er-Jahren
- Wirtschaftswunder 1960er-Jahre
- Team Sulzberger und Weigele
- Alois Nickl und Franz Christ
- Würdigung vom Marktführer
- Rose Royce und „Car Wash“
Deutschland in den 1950er-Jahren
Hier spielte unsere heutige Bundeshauptstadt mal wieder eine Vorreiterrolle. Die Automobil Revue – Herausgeber der Automobilclub von Deutschland (AvD) – berichtete 1950: „Berlin ist um eine Sehenswürdigkeit reicher, die zu Nutz und Frommen für den Kraftfahrer kürzlich eröffnet wurde. Das ist die modernst eingerichtete Tankstelle der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft „Esso am Zoo“ … Die Waschhalle ist ausgerüstet mit einer sogenannten Schlauchkarussell-Waschvorrichtung … Als besonders erwähnenswert sei erwähnt, dass die Wagenwäsche im Winter mit Warmwasser erfolgen kann, wobei der gewünschte Wärmegrad nach Belieben einzustellen ist …“. Wohlgemerkt, alles manuell, also nach wie vor per Hand.
Wirtschaftswunder 1960er-Jahre
1962 wurden in der damaligen Bundesrepublik Deutschland 2.356.612 Pkw, Lkw und Busse produziert. Exportbereinigt wurden 1.217.440 Fahrzeuge neu zugelassen. Der Autobestand in Deutschland erhöhte sich damit auf rund 6.335 Millionen Automobile. Gegenüber 1952 eine Versiebenfachung: eben Wirtschaftswunderzeiten. Logischerweise stieg damit auch der Bedarf von Fahrzeugwäschen. Damals noch von Hand und einem Zeitaufwand von etwa 30 Minuten. Wie so oft hatten die USA Vorbildcharakter: halbautomatische Waschanlagen veranlassten einige deutsche Tüftler zur Suche nach entsprechenden Lösungen.
Team Sulzberger und Weigele
Anfang der 1960er-Jahre waren vielen Autofahrern die langen Waschzeiten ein Dorn im Auge. Zudem war kaum Personal zu bekommen, da es mehr Arbeit als Arbeiter gab. Folgerichtig begannen 1961 die Augsburger Gerhard Weigele und Johann Sulzberger mit der Entwicklung einer automatischen Pkw-Waschanlage.
Ersterer studierter Bauingenieur, der zweite Kaufmann, erwiesen sich als ideale Ergänzung. Sulzberger damals: „Uns wurde es einfach zu dumm: Fuhr man von den überfüllten Autowäschereien zum nächsten Bach, um die Kiste selber zu schrubben, kam garantiert ein Polizist und kassierte fünf Mark. Zu Hause aber schimpften die Frauen über den vielen Dreck, wenn die Autowäsche im Garten stattfand“.
In der nun folgenden Experimentierphase kamen die unterschiedlichsten Materialien zum Einsatz. Bei Waschversuchen mit Feuerlöschschläuchen wurde beispielsweise Sägemehl beigemengt. Weigele kommentierte dies wie folgt: „Die Wagen blitzten toll. Leider kam dann aber aus der Heizung plötzlich Sägemehl raus“. Auch Zusätze wie Schaumgummistöpsel oder Korkgrieß erwiesen sich als ungeeignet. Beide erinnerten sich dann an die amerikanischen Vorbilder, bei denen die Autos fließbandartig an Bürsten vorbei gezogen wurden.
Zum Einsatz kamen eine große, senkrecht arbeitende Bürste und für die Fahrzeugoberseite eine waagerecht arbeitende, die nur halb so groß war. Gebhard Weigele heute: „Wir haben in die Bürsten von Hand die Dorlon-Kunststofffasern eingefügt. Da dieses Material damals sehr teuer war beschränkten wir uns auf das notwendigste, eben anderthalb Bürsten“. Besonderer Clou war der Hochdruckventilator, der das Abledern auf ein Minimum beschränkte.
Doch damit nicht genug: 1964 erfolgte mit DE1294248 die Patentanmeldung für die „1. vollautomatische Waschstraße mit Münzautomat“. Vorteil für den Kunden war, dass er im Fahrzeug verbleiben konnte. Die rotierenden Waschbürsten funktionierten vom Prinzip her wie die heutigen mit dem Unterschied, dass der Waschpreis damals 50 Pfennig betrug.
Wer rastet, der rostet?
Am 21. Januar 1982 wurde eines der vielen weiteren Patente veröffentlicht. Hinter DE3024955 verbirgt sich eine „Verschiebevorrichtung für Kraftfahrzeuge in einer Waschanlage mit einem angetriebenen Portal“. Übersetzt: Eine Mulde zur Aufnahme des Rades zieht das Auto durch die Waschanlage.
Der eher zurückhaltende und – bezogen auf seine Ingenieurleistungen – bescheidene Weigele erhielt am 20. Dezember 1993 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker für eben diese Innovationen das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Alois Nickl und Franz Christ
Franz Christ entwickelte ebenfalls eine Waschanlage. Der Prototyp wurde interessanterweise auch im Jahre 1963 neben dem elterlichen Kfz-Betrieb in Memmingen aufgebaut. 1968 nahm die gleichnamige Firma aber dann erst die Serienfertigung von Waschstrassen auf.
Würdigung vom Marktführer
Thorsten Krüger, Vorstandssprecher der WashTec AG: „Als weltweiter Marktführer in Sachen Fahrzeugwaschtechnik sind wir natürlich besonders stolz, dass wir auf den Pionierleistungen der Erfinder Sulzberger und Weigele aufsetzen konnten und deren Patente durch zahlreiche zusätzliche Erfindungen weiterentwickeln durften. Gebhard Weigele hat es treffend formuliert: Augsburg ist die Hochburg der Autowaschindustrie. Und die WashTec AG steht dafür, dass dies auch heute noch so ist.“
Rose Royce und „Car Wash“
Stimmt, Sie haben den Ohrwurm in Erinnerung. Die Band, mit dem an die englische Auto-Nobelmarke angelehnten Namen, war mit ihrem Titelsong des gleichnamigen Films 1976 sehr erfolgreich. In Deutschland übrigens in den Kinos ausgestrahlt unter dem tollen Titel „Der ausgeflippte Waschsalon – Car Wash“.