ADAC: Neue Rechtshinweise – Winterreifenpflicht – Versicherungswechsel

Mit dem folgenden Artikel möchten der ADAC Klassik – Bereich über aktuelle Themen, die jahreszeitlich und/oder kalendermäßig in den nächsten Wochen relevant werden informieren. Konkret möchten wir Ihnen die aktuelle Rechtslage bei der Winterreifenpflicht – nicht nur für Pkw’s, sondern auch für „Exoten“ – zeigen. Der Wechsel des Kfz-Versicherers und die Frage, wie lange eine Schadensfreiheitsklasse ruhen kann, sind ebenfalls wichtige Themen, welche die meisten Fahrzeughalter zum Jahresende beschäftigen.

I. Die aktuelle Rechtslage bei der Winterreifenpflicht

280 S / 280 SE W 108, Winteraufnahme aus dem Jahr 1969.

Dass wir in Deutschland eine „situative Winterreifenpflicht“ für Pkw haben ist allgemein bekannt. Vereinfacht ausgedrückt, braucht man auf allen Rädern des Pkw Winterreifen, wenn man bei winterlichen Straßenverhältnissen fahren möchte. Das ist der „Grundsatz des § 2 Absatz 3a StVO“. Schwieriger wird es schon bei allen Fahrzeugen, die nicht Pkw sind. Und genau mit diesen befassen wir uns nun, weil § 2 Absatz 3a StVO eben auch Ausnahmen kennt.

1. Winterreifenpflicht bei Motorrädern

Als die Winterreifenpflicht eingeführt wurde, hatten wir tatsächlich auch für einspurige Kraftfahrzeuge, also insbesondere Motorräder und Roller eine situative Winterreifenpflicht. Es gibt zwar eine Anzahl von Reifen, insbesondere für Enduros, die mit M+S-Symbol markiert sind. Die Voraussetzungen für die demnächst verpflichtende Schneeflocke auf Winterreifen dürfte für Motorradreifen schwer zu erreichen sein. Somit hätte es faktisch ein Fahrverbot für Zweiräder bei winterlichen Straßenverhältnissen gegeben.

Mit der aktuellen StVO werden einspurige Kraftfahrzeuge (Motorräder, E-Bikes etc.) von der situativen
Winterreifenpflicht ausgenommen. Dies gilt auch für Gespanne und Krafträder mit einem Doppelrad.

Argumente des Gesetzgebers zur Begründung der Ausnahmeregelung waren: Schlechte Straßen- und Witterungsverhältnisse halten Zweiradfahrer ohnehin von den Straßen fern. Zudem sei eine erhöhte Unfallhäufigkeit von Motorradfahrern auf winterlichen Straßen nicht zu erkennen. Auch sind keine Verkehrsbehinderung durch wetterbedingt ‘liegengebliebene‘ Motorräder erkennbar.

Auch wenn wir aus Sicherheitsgründen empfehlen, freiwillig Winterreifen zu verwenden, sofern es solche auf dem Markt gibt, bleibt festzustellen: Es gibt keine Winterreifenpflicht für Zweiräder.

2. Winterreifenpflicht für ATVs

Früher gab es häufig Diskussionen darüber, ob ATVs der situativen Winterreifenpflicht unterfallen. Dies begründet sich unter anderem auch darauf, dass solche Reifen häufig im Handel gar nicht erhältlich waren. Die aktuelle Fassung der StVO ist da eindeutig. Von der Winterreifenpflicht ausgenommen sind nur die Fahrzeuge, die ausdrücklich als Ausnahme in § 2 Absatz 3a StVO genannt werden. Und da sind ATVs nicht aufgeführt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für ATVs eine Winterreifenpflicht besteht.

3. Winterreifenpflicht für Anhänger

Der Gesetzestext schreibt vor, dass ein Kraftfahrzeug bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- und Reifglätte nur mit Reifen gefahren werden darf, welche die in Anhang II Nr. 2.2 der Richtlinie 92/23/EWG beschriebenen Eigenschaften erfüllen. Dort ist festgelegt, dass das Laufflächenprofil und die Struktur von M+S-Reifen so konzipiert sind, dass sie vor allem auf Matsch sowie frischem oder schmelzendem Schnee bessere Fahreigenschaften gewährleisten als normale Reifen.

Die vom Fachhandel früher verkauften Winter- und Ganzjahresreifen mit M+S-Kennzeichnung bzw. die Winterreifen der neuen Generation mit dem „Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke)“ erfüllen die beschriebenen Voraussetzungen.

Die Regel betrifft aber nur Kraftfahrzeuge (Autos, Laster usw.), nicht jedoch Anhänger. Daher gilt: Es gibt keine Winterreifenpflicht für Anhänger.

Aus Sicherheitsgründen empfiehlt der ADAC jedoch dringend, auch Anhänger mit Winterreifen auszurüsten.

4. Winterreifenpflicht für Lkws bis 3,5 t zulässige Gesamtmasse

Für Lkws bis 3,5 t, also die, die mit der Führerscheinklasse B gefahren werden können, gelten die Regelungen für Pkws und somit auch allgemein die Winterreifenpflicht für alle Räder bzw. Achsen.

5. Winterreifenpflicht für Lkws über 3,5 t zulässige Gesamtmasse

Für größere Lkw gelten relativ komplexe Regelungen, für die wir der Vollständigkeit halber die gesetzliche Formulierung wie folgt aufzeigen möchten:

Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder

  • der permanent angetriebenen Achsen und
  • der vorderen Lenkachsen

mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus

  • vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
  • während der Fahrt einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser in km/h angezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
  • nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.

6. Was gilt als Winterreifen?

Die Anforderungen an die Qualität eines Winterreifens sind gestiegen. Damit verbunden ist, dass die Reifen mit den niedrigeren technischen Qualitäten, die nur mit der Kennzeichnung „M+S“ gekennzeichnet sind, verschwinden werden. Der Gesetzgeber hat solchen Reifen unter bestimmten Voraussetzungen noch eine Übergangszeit bis zum Herbst 2024 zugebilligt.

Winterreifen der neuen Generation besitzen das „Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke)“. Man erkennt daran, dass es sich um Winterreifen handelt, die wesentlich strenger geprüft wurden.

Das Gesetz, § 36 StVZO regelt die Definition von Winterreifen und die Übergangsfristen für die Verwendung alter Winterreifen – nur mit M+S-Kennzeichnung – wie folgt:

4) Reifen für winterliche Wetterverhältnisse sind Luftreifen im Sinne des Absatzes 2,

1. durch deren Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Bauart vor allem die Fahreigenschaften bei Schnee gegenüber normalen Reifen hinsichtlich ihrer Eigenschaft beim Anfahren, bei der Stabilisierung der  Fahrzeugbewegung und beim Abbremsen des Fahrzeugs verbessert werden, und

2. die mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) nach der Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes (ABl. L 218 vom 12.8.2016, S. 1) gekennzeichnet sind.

(4a) 1Abweichend von § 36 Absatz 4 gelten bis zum Ablauf des 30. September 2024 als Reifen für winterliche Wetterverhältnisse auch Luftreifen im Sinne des Absatzes 2, die

1. die in Anhang II Nummer 2.2 der Richtlinie 92/23/EWG des Rates vom 31. März 1992 über Reifen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und über ihre Montage (ABl. L 129 vom 14.5.1992, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie 2005/11/EG (ABl. L 46 vom 17.2.2005, S. 42) geändert worden ist, beschriebenen
Eigenschaften erfüllen (M+S Reifen) und

2. nicht nach dem 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.

Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 maßgeblich ist das am Reifen angegebene Herstellungsdatum.

7. Fazit

Alte Winterreifen, die nur eine „M+S-Kennzeichnung“ haben, sollten möglichst bald, spätestens bis zum Herbst 2024 „aufgebraucht“ werden. Mit Winterreifen mit dem „Alpine-Symbol“ sind Sie in jedem Fall schon jetzt auf der sicheren Seite.


II. Die Kündigung der Kfz-Versicherung

Unimog Baureihe 411 im Einsatz als Bergungsfahrzeug im Winter

1. Die „normale“ Kündigung zum Ende des Versicherungsjahres

Viele Fahrzeughalter, die das Gefühl haben, dass ihre Kfz-Versicherung zu teuer ist, möchten zu einem anderen Versicherer wechseln. Das ist auch grundsätzlich möglich. Aber ganz so einfach ist es trotzdem nicht. Es gelten Spielregeln für den Wechsel. Welche, das zeigen wir Ihnen hier.

Die Kfz-Versicherung kann immer zum Ablauf des Versicherungsjahres mit Frist von einem Monat gekündigt werden. Wird nicht gekündigt, verlängert sich der Vertrag automatisch um ein weiteres Jahr.

Versicherungsverträge in der Kfz-Versicherung sind in der Regel Verträge, deren Laufzeit vom 01.01. bis zum 31.12. mit dem Kalenderjahr identisch ist.

Es kann aber auch eine völlig andere Laufzeit gelten, wenn der Vertrag während eines Kalenderjahres geschlossen wurde und die Laufzeit nicht später auf das Kalenderjahr umgestellt wurde.

So kann z.B. ein Versicherungsvertrag auch vom 12.03. bis zum 11.03. des Folgejahres laufen. Wenn Sie eine Kündigung beabsichtigen, sollten Sie zunächst prüfen, „von wann bis wann Ihr Versicherungsjahr läuft“.

Bei den nachfolgenden Erläuterungen gehen wir davon aus, dass das Versicherungsjahr mit dem Kalenderjahr identisch ist. Ist das nicht der Fall, müssen Sie die Erläuterungen auf Ihr Versicherungsjahr „umrechnen“.

Bis zum Stichtag 30. November muss die Versicherung die Kündigung erhalten haben. Der Poststempel ist hier nicht entscheidend. Eine Kündigung des Vertrags ist zwar auch per E-Mail möglich, doch sind dabei einige Besonderheiten zu beachten (der Kündigende muss für die Versicherung eindeutig identifizierbar sein) und im Streitfall ist es schwierig nachzuweisen, dass die E-Mail tatsächlich zugegangen ist.

2. Inhalt der Kündigung

Folgende Punkte sollte ein Kündigungsschreiben enthalten:

  • Anschrift des Absenders
  • Anschrift der Versicherung
  • Datum
  • Versicherungsscheinnummer
  • Kennzeichen des betreffenden Fahrzeugs
  • Kündigungsgrund, zum Beispiel „fristgerechte Kündigung zum Ablauf des Versicherungsjahres“,
    „Sonderkündigungsrecht wegen Beitragserhöhung“ oder „Sonderkündigungsrecht wegen Schadenfall“
  • Bei Kündigung in Schriftform: Unterschrift
  • Bei Kündigung per E-Mail: Die Betreff-Zeile sollte „Kündigung der Kfz-Versicherung“ lauten

3. Sonderkündigungsrechte bei der Kfz-Versicherung

Neben der regulären Kündigung zum Ablauf des Versicherungsjahres gibt es verschiedene Situationen, in denen ein Sonderkündigungsrecht des Versicherungsnehmers besteht. Dies sind folgende Fälle:

a) bei einer Beitragserhöhung:

Erhöhen sich die Beiträge für die Kfz-Versicherung, haben Sie das Recht zu kündigen – auch wenn die ordentliche Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist. Häufig steigen die Beiträge zum Beispiel, weil der Fahrzeugtyp aufgrund der Schadensstatistik in eine andere Typklasse gerutscht ist oder sich die Risiko-Einstufung Ihres Zulassungsbezirks geändert hat.

In jedem Fall muss die Versicherung Sie über eine Erhöhung der Beiträge schriftlich informieren. Das geschieht mit der jährlichen Beitragsrechnung. Es kann in der Beitragsrechnung auch zu einer verdeckten Beitragserhöhung kommen.

Die Beiträge wurden erhöht aber Sie müssen trotzdem weniger als im Vorjahr zahlen, weil sich Ihr Schadenfreiheitsrabatt erhöht hat. Sie haben in diesem Fall trotzdem das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags. Die Frist für die Kündigung beträgt mit Erhalt der Benachrichtigung einen Monat.

b) nach einem Schadensfall:

Nach jedem Schadensfall, den Sie der Versicherung melden, haben Sie das Recht zu kündigen und die Versicherung zu wechseln. Unabhängig davon, ob die Versicherung den Schaden übernimmt oder nicht.

Sie können jedoch erst dann kündigen, wenn die Versicherung die Leistungspflicht in der Haftpflicht anerkannt oder abgelehnt hat, bzw. die Verhandlungen über die Leistung abgeschlossen sind. Ab dann haben Sie einen Monat Zeit, den Vertrag zu kündigen.

c) beim Fahrzeugwechsel:

Wird ein Auto abgemeldet oder verkauft, bedarf es gar keiner Kündigung. Bei Abmeldung geht die Kfz-Versicherung in eine beitragsfreie Ruhephase über, nach 18 Monaten löst sich der Vertrag automatisch auf.

Wird der Wagen verkauft, geht die Versicherung beim Verkauf auf den Käufer über. Sobald dieser bei der Zulassungsstelle die Versicherungsbescheinigung eines anderen Versicherers vorlegt, gilt der alte Vertrag als gekündigt. Sie müssen den Verkauf trotzdem Ihrer bisherigen Versicherung mitteilen.


III. Wann verfällt der Schadenfreiheitsrabatt in der Kfz-Versicherung?

Wer bei seiner Kfz-Versicherung keine Schäden meldet, sammelt mit der Zeit schadenfreie Jahre. Dafür gewährt die Versicherung einen Rabatt auf die Versicherungsprämie, den sogenannten „Schadenfreiheitsrabatt“.

Doch was passiert mit den gesammelten schadenfreien Jahren, wenn man einige Zeit kein Auto angemeldet hat?Er bleibt erst mal einige Zeit erhalten, in der Regel müssen Sie in der Kfz-Versicherung nicht wieder bei null anfangen.

Wird wieder ein Fahrzeug auf den Versicherungsnehmer versichert, können die zuvor gesammelten schadenfreien Jahre wieder aktiviert werden. Wie lange das möglich ist, unterscheidet sich jedoch von Versicherer zu Versicherer. Eine einheitliche gesetzliche Regelung gibt es nicht.

Bei den meisten Versicherern liegt die Zeit, in der der erzielte Schadenfreiheitsrabatt „wiederbelebt“ werden kann, bei sieben Jahren. Manche Versicherer erkennen die Schadenfreiheitsklasse aber auch nach zehn Jahren Pause noch an.

Danach wird es schwierig, seine alte Rabattstufe zu erhalten. Manche Versicherer zeigen sich aber kulant. Es lohnt sich auf jeden Fall, Angebote zu vergleichen und zu verhandeln. Viele Anbieter kommen besonders Neukunden entgegen. Einige wenige Anbieter erkennen die SFKlasse sogar unbegrenzt lange an.

In welcher Form der Nachweis eines alten Schadensfreiheitsrabatts erbracht werden kann, kommt darauf an, wie lange Sie ohne selbstversichertes Auto waren. Der Versicherer ist verpflichtet, die Daten über Versicherungsverträge mindestens zehn Jahre vorzuhalten. Liegt die Versicherungszeit also kürzer zurück, wird kein Nachweis benötigt. Auch wenn ein anderer Anbieter als der Vorversicherer ausgewählt wird, kann dieser die Daten dort direkt abfragen.

Problematisch wird es allerdings, wenn die zehn Jahre verstrichen sind: Dann kann es vorkommen, dass die Daten gelöscht sind. Zur Sicherheit sollten Sie deswegen Ihre alten Unterlagen aufbewahren und bei Kündigung der Versicherung eine Bescheinigung der Schadenfreiheitsklasse anfordern, um gegebenenfalls ihre Vorversicherungszeit und die SF-Einstufung belegen zu können.

Um Ihre SF-Klasse zu retten, vergleichen Sie vorab, welche Versicherer sie noch anerkennen. Wer seinen SF-Rabatt wieder aktivieren will, muss gegebenenfalls zunächst einen teureren Anbieter wählen, wenn nur dieser die alte Einstufung anerkennt. Das kann sich aber später auszahlen, denn nach einem Jahr können Sie zu einem günstigeren Versicherer wechseln und Ihren SF-Rabatt mitnehmen.


QUELLE: Juristischen Zentrale des ADAC den Ortsclub-Brief Nr. 3/2020

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