ADAC – Ortsclub-Mitteilung Nr. 03/2019

An die ADAC – Ortsclubmitglieder,

der Winter und damit auch die Fragen zur passenden Bereifung kommen näher. Wir befassen uns daher mit den rechtlichen Vorgaben rund um den Winterreifen.

Und dann ein ganz aktuelles Thema, die Elektrokleinstfahrzeuge. Man kann sie mögen oder ablehnen, für jeden dürfte es aber informativ sein, die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben zu diesen neuen Fahrzeugen zu kennen.

I. Winterreifen für Pkws, die wichtigsten Fragen zu den Regelungen in Deutschland

Durch alle Härten: Wintererprobung des smart im Jahr 1997.

1. In welchem Zeitraum gilt die Winterreifenpflicht?

Eine Winterreifenpflicht, die an ein bestimmtes Datum anknüpft, gibt es in Deutschland nicht. Stattdessen gibt es eine „situative“ Winterreifenpflicht. Somit müssen bei winterlichen Straßenverhältnissen Winterreifen aufgezogen sein, also bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis oder Reifglätte.
Die situative Winterreifenpflicht gilt nur dann als erfüllt, wenn beim Pkw auf allen Radpositionen Winterreifen montiert sind.

2. Woran erkennt man einen Winterreifen?

Aktuelle Winterreifen erkennt man am Alpine-Symbol, einem Bergpiktogramm mit Schneeflocke auf der Reifenflanke. Zusätzlich gelten bis zum 30. September 2024 Reifen mit M+S Kennzeichnung als wintertauglich, wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.

3. Welches Bußgeld gibt es, wenn keine Winterreifen aufgezogen sind?

Der einfache Verstoß wird mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro geahndet. Außerdem wird ein Punkt im Fahrerlaubnisregister in Flensburg eingetragen. Werden zusätzlich Dritte behindert, erhöht sich das Bußgeld auf 80 Euro.
Neben dem Fahrer haftet auch der Halter, der die Inbetriebnahme ohne die erforderliche Bereifung anordnet oder zulässt: Hier werden 75 Euro fällig, dazu gibt es ebenfalls einen Punkt in Flensburg.

4. Gilt die Winterreifenpflicht für alle Fahrzeuge?

Für folgende Fahrzeuge gilt die Winterreifenpflicht nicht:

  • einspurige Kraftfahrzeuge (zum Beispiel Motorräder)
  • Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft
  • Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)
  • motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 FZV
  • Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 StVO genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen
  • Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind

Diese Fahrzeuge dürfen allerdings nur unter diesen Voraussetzungen ohne Winterreifen fahren:

  • vor jeder Fahrt muss geprüft werden, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist
  • während der Fahrt ist ein Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten, der in Metern mindestens der Hälfte der Geschwindigkeit in km/h entspricht („halber Tacho“)
  • es darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, sofern nicht ohnehin eine geringere Geschwindigkeit geboten ist

5. Wieviel Profil müssen Winterreifen haben und gibt es eine Altersbeschränkung?

Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt auch für Winterreifen 1,6 Millimeter. Der ADAC empfiehlt aus Sicherheitsgründen jedoch mindestens vier Millimeter. Auch das Reifenalter spielt eine Rolle. Nach spätestens sechs Jahren ist die Gummimischung so hart geworden, dass der „Grip“ bei tiefen Temperaturen nachlässt.

6. Reichen Ganzjahresreifen?

Ganzjahresreifen sind im rechtlichen Sinn Winterreifen, wenn sie das „Alpine“-Symbol oder (in der oben genannten Übergangsfrist) die M+S-Kennzeichnung haben. Diese darf man auch bei winterlichen Straßenverhältnissen fahren. Ist keines der beiden Kennzeichnungen vorhanden, handelt es sich nicht um einen Ganzjahres- sondern um einen Sommerreifen.

7. Wie ist es mit der Haftung und Versicherung ohne Winterreifen?

Kommt es wegen der Benutzung der Sommerreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen zu einem Unfall, kann dies zur erheblichen Leistungskürzung der Kaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit (§ 81 VVG) führen. Auch in der Haftpflichtversicherung hat die Benutzung von Sommerreifen auf Schnee erhebliche Auswirkungen, da es hier ebenfalls zu einer Mithaftung des Geschädigten kommen kann.

8. Müssen auch ausländische Fahrzeuge in Deutschland mit Winterreifen fahren?

Die Vorschrift gilt auch für Kraftfahrzeuge mit ausländischer Zulassung.

9. Darf ich ein Auto mit Sommerreifen im Winter auf öffentlichen Flächen parken?

Ja. Nur, wenn das Fahrzeug bei winterlichen Straßenverhältnissen auch gefahren wird, drohen die entsprechenden Sanktionen. Das Parken ist hingegen erlaubt.

10. Was gilt bei einer Reifenpanne im Winter?

Wer nach einer Panne den Autoreifen wechselt und nur einen Sommerreifen dabei hat, muss keine Strafe befürchten. Mit diesem Notbehelf darf die Fahrt zunächst vorsichtig fortgesetzt werden; bei nächster Gelegenheit muss aber ein Winterreifen montiert werden.

II. Winterreifenpflicht im Ausland

Im Ausland gelten andere Regeln für die Benutzung von Winterreifen und Schneeketten. Diese Regelungen ändern sich auch öfters kurzfristig.

Was im jeweiligen Reiseland gilt, sollten Sie vor der Reise sicherheitshalber nochmals aktuell abklären. Sie finden hierzu u.a. Informationen unter www.adac.de.

Die momentanen Winterreifen-Vorschriften für die wichtigsten, „Winter-Reiseländer“ sehen wie folgt aus:

1. Österreich

In Österreich besteht keine generelle Winterreifen-Ausrüstungspflicht in den Wintermonaten. Autofahrer müssen aber bei tatsächlich winterlichen Straßenverhältnissen, also bei Schneematsch, auf schneebedeckten oder vereisten Fahrbahnen Winterreifen oder Schneeketten montiert haben. Die Winterreifen müssen im Bedarfsfall an allen Rädern angebracht sein; an Stelle von Winterreifen können auch Schneeketten an den Antriebsrädern verwendet werden, wenn die Straße durchgängig oder fast durchgängig mit Schnee oder Eis bedeckt ist.

Reifen, die für die Verwendung als Schnee- und Matschreifen oder als Schnee-, Matsch- und Eisreifen bestimmt sind, müssen mindestens eine Profiltiefe von 5 mm bei Diagonalbauart oder mindestens 4 mm bei Reifen bei Radialbauart aufweisen, sonst gelten sie nicht als Winterreifen.

„Ganzjahresreifen“ oder „Allwetterreifen“ gelten als Winterreifen, sofern sie eine „M und S“ Kennzeichnung aufweisen. Diese Verpflichtung gilt vom 01. November bis 15. April des Folgejahres.

Wer in Österreich bei winterlichen Straßenverhältnissen im Zeitraum von 01. November bis 15. April ohne Winterreifen fährt, dem droht eine Geldbuße in Höhe von 35 Euro, bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer können bis zu 5.000 Euro fällig werden.

Anhänger fallen nicht unter die Winterreifen-Ausrüstungspflicht.

2. Schweiz

Auch hier gibt es keine generelle Winterreifenpflicht. Allerdings können Geldbußen verhängt werden, wenn es wegen ungeeigneter Bereifung zu Verkehrsbehinderungen kommt. Bei Unfällen mit Sommerreifen auf winterlichen Straßen droht dem Fahrer eine erhebliche Mithaftung.

3. Italien

In Italien gilt aber auf vielen Strecken die Pflicht, Winterreifen zu benutzen – leider aber keine einheitlichen Regelungen. Die jeweiligen Provinzen können durch Rechtsverordnung eigenständige Regelungen hinsichtlich der Winterreifenpflicht treffen.

Unter anderem können die Provinzen den Zeitrahmen und die Strecken, für die die Winterreifenpflicht gilt, frei bestimmen. Auch die Entscheidung, ob die Winterreifenpflicht generell oder situativ nach der Wetterlage angeordnet wird, obliegt den lokalen Verordnungsgebern. Auf die Regelungen wird an den jeweiligen Straßen durch entsprechende Beschilderung hingewiesen.

In Südtirol gilt für Kraftfahrzeuge auf den Straßen im Stadtgebiet Bozen und auch auf der Brennerautobahn A 22 bis Affi vom 15. November 2016 bis 15. April 2017 eine allgemeine, witterungsunabhängige Winterreifenpflicht. Auf den übrigen Straßen der Provinz Bozen besteht lediglich eine situative (witterungsabhängige) Winterreifenpflicht.

Verstöße gegen die angeordnete Winterreifenpflicht werden mit Bußgeldern von 84 bis 338 Euro geahndet.

4. Frankreich

Die Benutzung von Winterreifen („Pneus neige“) kann bei entsprechenden Witterungsverhältnissen kurzfristig vorgeschrieben werden (Mindestprofiltiefe 3,5 mm). Diese Strecken sind dann durch Schilder gekennzeichnet.

Bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht droht eine Geldbuße von 135 EUR. Zudem wird die Weiterfahrt untersagt.

5. Slowenien

Winterreifenpflicht besteht zwischen dem 15. November und 15. März des Folgejahres sowie bei winterlichen Straßenverhältnissen. Winterreifen müssen eine Mindestprofiltiefe von 3 mm aufweisen.

Anstelle von Winterreifen können auch Ganzjahresreifen mit einer Mindestprofiltiefe von 3 mm verwendet werden.

Anstelle von Winterreifen können auch Schneeketten auf Sommerreifen mit mindestens 3 mm Profiltiefe aufgezogen werden.

Bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht droht eine Geldbuße von 120 EUR.

III. Elektrokleinstfahrzeuge

Der „E-Scooter-Boom“ in den Großstädten hat jetzt auch den Gesetzgeber gezwungen zu reagieren. Mit der Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge gibt es nun eine gesetzliche Grundlage für die Verwendung dieser Elektroroller.

Diese Verordnung gilt für Fahrzeuge mit Lenk- oder Haltestange und bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit
von bis zu 20 km/h und einer Betriebserlaubnis. Sie betrifft also E-Scooter und Segways, nicht aber Airwheels, Hoverboards oder E-Skateboards, denn diese Fahrzeuge haben keine Stange.

E-Scooter mit einer Betriebserlaubnis verfügen insbesondere über funktionstüchtige Bremsen und Beleuchtungsanlage.

1. Wo darf man mit Elektroroller fahren?

E-Scooter sind auf Radwegen, Radfahrstreifen und in Fahrradstraßen erlaubt. Nur wenn diese fehlen, darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden.

Auf dem Gehweg, in der Fußgängerzone und in Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung sind für die kleinen E-Roller verboten – außer das Befahren wird durch das Zusatzzeichen „E-Scooter frei“ erlaubt. Wichtig: Das Zusatzschild „Radfahrer frei“ (Zeichen 1022-10) gilt hier nicht für die Fahrer von Elektrotretrollern.

2. Welche Ampeln gelten für Elektroroller?

Ist eine Fahrradampel vorhanden, gilt diese. Gibt es keine Fahrradampel, ist die Ampel für den fließenden Verkehr zu beachten.

3. Braucht man für E-Scooter einen Führerschein und gibt es ein Mindestalter?

Der Fahrer benötigt weder eine Mofa-Prüfbescheinigung, noch einen Führerschein. Das Mindestalter für das Fahren mit einem Elektro-Tretroller liegt bei 14 Jahren.

4. Ist ein Helm erforderlich?

Eine gesetzliche Helmpflicht besteht für Elektro-Tretroller nicht. Es wird jedoch empfohlen, einen Helm freiwillig zu benutzen. Damit kann es dann auch im Falle eines fremdverschuldeten Unfalls keine Diskussion um ein Mitverschulden wegen Fahrens ohne Helm geben.

5. Gilt eine Alkohol-Promillegrenze bei Elektro-Tretrollern?

Ja, für Elektroroller-Fahrer gelten dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. Wer mit 0,5 bis 1,09 Promille fährt und keine alkoholbedingte Auffälligkeit zeigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und erhält einen Bußgeldbescheid: in aller Regel sind das 500 Euro, 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte in Flensburg.

Eine Straftat liegt vor, wenn der Fahrer trotz einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille mit dem E-Scooter unterwegs ist. Von einer Straftat kann aber auch schon ab 0,3 Promille die Rede sein, wenn der Fahrer alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigt.

Für Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge in der Probezeit gelten allerdings 0,0 Promille – sie dürfen also unter Alkoholeinfluss überhaupt nicht hinter den Roller-Lenker.

6. Darf man zu zweit auf einem E-Scooter fahren?

Elektroroller sind nur für eine Person zugelassen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man zu zweit das zulässige Gesamtgewicht nicht überschreiten würde.

7. Besteht eine Versicherungspflicht für Elektroroller?

Ja, eine Haftpflichtversicherung ist zwingend vorgeschrieben. Diese wird mit einer aufgeklebten Versicherungsplakette am Roller nachgewiesen. Die Haftpflichtversicherung haftet für Schäden, die Dritten durch den E-Scooter zugefügt werden. Zudem bieten manche Versicherung die Möglichkeit zusätzlich eine freiwillige Teilkasko-Versicherung abzuschließen.

Die Jahresprämien für E-Scooter liegen in der Haftpflichtversicherung zumeist auf dem Niveau für Kleinkrafträder und beginnen bei etwa 40,- pro Jahr.

Eine, freiwillige Kaskoversicherung bzw. deren Prämie bemisst sich insbesondere nach dem Fahrzeugwert und kann sogar höher sein, als die Prämie in der Haftpflichtversicherung.