Aus der Clubzeitung: Das Leiden der Beifahrer

Eine teilweise ernst gemeinte Betrachtung zu einem nie endenden Thema

Aus der MVC-Clubzeitung DEPESCHE 03/2013

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Kürzlich fuhr ich mit meiner Tochter zum Einkaufen. Ihre Frage, ob ich denn fahren wolle, verneinte ich. Schließlich ist es ja ihr Auto. Letztendlich auch kein Fehler, hatte ich doch die Möglichkeit, über mich als Beifahrer zu sinnieren. Hier trafen bezogen auf Menschen Baujahr 1957 auf 1983. Um es vorweg zu nehmen: Als Fahrer bin ich eher konservativ, nehme Rücksicht auf andere und fahre nach der Prämisse „Leben und leben lassen“. Meine Tochter ist da anders: Um es höflich zu umschreiben fährt sie ziemlich zügig und schimpft über andere Verkehrsteilnehmer wie ein Rohrspatz.

Und bei den Deutschen generell? Eine repräsentative Umfrage von AutoScout24 ergab erstaunliches. So können 77 Prozent der Deutschen auf mindestens eine Fahrsituation zurück blicken, in der sie sich als Beifahrer unwohl gefühlt haben. Dabei schätzen sie sich selber aber vom Grundsatz her als entspannte Beifahrer ein.

Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) meinen, sie seien als Kopilot entspannt. Sie vertrauen dem Fahrer voll und ganz. Vor allem Autofahrer über 40 Jahre (52 Prozent) achten dabei als Beifahrer nicht sonderlich auf das Verkehrsgeschehen. Da zähle ich dann wohl eher zu den anderen 48 Prozent. 35 Prozent der Befragten sehen es hingegen als ihre Aufgabe an, vorausschauend den Fahrer auf kommende Situationen hinzuweisen. Sie stufen sich deshalb als Beifahrer-Typ „Der Mitfahrer“ ein. Habe ich im Übrigen aus gegebenem Anlass aufgegeben. Zehn Prozent halten sich selbst für den Typ „Der bessere Autofahrer“ und weisen den Fahrer gerne auf Fehler hin, um Unfälle zu vermeiden. Da die junge Dame den mir von meinem Vater vererbten Dickkopf offensichtlich ebenfalls in die Wiege gelegt bekam, finde ich mich hier nicht wieder.

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Hier heißt es dann, rechte Hand an den Griff der Türverkleidung, beide Füße fest auf das Bodenblech und die Kurzstrecke ertragen. Jegliche Kommentierungen sind für das Stimmungsbild im Fahrzeug wenig förderlich. Dazu kommt beim Fahrer/in auch noch das Thema der Lernresistenz.

Doch weiter zu den nackten Zahlen. 76 Prozent fühlen sich unwohl, wenn der Fahrer zu schnell und zu dicht auffährt. Ich auch. Besonders weibliche Beifahrer (82 Prozent) sind darunter, beim männlichen Geschlecht sind es nur 69 Prozent. Ein Fahrer, der sich nicht richtig auf die Straße konzentriert, weil er mit dem Handy, dem Radio oder anderem elektronischem Firlefanz hantiert, bringt 53 Prozent in Rage. 31 Prozent stören sich daran, wenn der Fahrer sich ständig über andere Verkehrsteilnehmer aufregt und 21 Prozent fühlen sich bei rauchenden Fahrern unwohl, weil diese nur eine Hand am Steuer haben. Keine Rolle dagegen spielt das Geschlecht des Wagenführers: Für 81 Prozent der Befragten macht es keinen Unterschied, ob eine Frau oder ein Mann fährt.

Nun können Sie als Oldtimer-Fahrer einwenden, dass das Ganze für Sie nicht zutrifft. Da gebe ich Ihnen gerne recht. Letztendlich ist ja auch erwiesen, dass diese Spezies sehr vorausfahrend fährt. Aber besinnen Sie sich auf die Oldtimer freie Jahreszeit respektive auf die Fahrzeuge Ihrer Sprösslinge …

Angst als Beifahrer im Auto?

Vertrauen schaffen als Lösungsweg 

Auch heute noch gibt es viele “schlechte Beifahrer”. Dabei sind diese natürlich gar nicht schlecht, sie säßen halt nur lieber am Steuer oder mögen das Autofahren halt gar nicht. Da wird dann geklammert, da wird jede zu zügige Fahr- oder Lenkbewegung mit einem “Huch” kommentiert und der Haltegriff wird auch bei fast jeder Aktion herausgerissen. Den Blick starr nach vorne gerichtet, mit den Füßen quasi schon Dellen in das Bodenblech gedrückt, so sitzen sie da. Gerne maßregeln die “schlechten Beifahrer” auch die Fahrer durch Ansagen wie: “Nicht so schnell!” oder “Hier ist 50!”. Geschickter sind dann diejenigen, die es in kleine Geschichten verpacken: “Du, hier wird häufiger geblitzt”. Wenn der Fahrer erkennt, dass der Beifahrer Angst hat, sollte man Vertrauen schaffen. Das tut man nicht in dem man das Verhalten als “Angsthase oder Angsthäsin” abhandelt und anschließend zeigt, dass
man auch auf einem Rennkurs fahren könnte. Man sollte dem Beifahrer das Gefühl geben sicher, vorausschauend
zu fahren (was man ja auch tun sollte). Wer mögliche Gefahrensituationen schon im Vorfeld im Blick hat und entsprechend kommentiert, zeigt dem Beifahrer: “Bei mir bist du sicher aufgehoben, ich habe alles im Blick”.

Ein gutes Team aus Fahrer und Beifahrerin lächelt uns entgegen

Fazit des Autors

Lassen Sie uns mit einem Zitat aus einem Blog enden: „Ich gebe freiwillig meinen Führerschein ab und fahre nicht mehr zum einkaufen, wenn mein Schatz dafür unser Essen wieder nach guter, alter Manier selber erlegt und ich mich nur noch um die Feuerstelle in unserer kuscheligen Höhle kümmern muss. Back to the roots. Sich auf dem Boden wälzen vor Lachen Schmitt67 – die sehr wohl weiß, wo sich das Gaspedal befindet.

P.S.: Ich frage mich bloß, warum mein Liebster immer fragt: Sag mal Weib, warum rast Du so?“