Aus der Clubzeitung: Gut geschmiert an der Vorderachse?!

Radlagerfett an der Vorderachse eines 450SL von 1973

von Thomas Langer, MB R/C 107 SL-Club Deutschland e.V. RT 45

Hinweis des Sachverständigen Werner Ludzay: „Leute, schaut euch das Fett in den Radlagern der Vorderachse an.
Nach 30 bis 48 Jahren sollte man es mal erneuern, bei Bedarf auch die Radlager.“

Stille in der Versammlung! Es wurde bei manchem schon so einiges gewartet, aber das Fett der vorderen Radlager? Steht genau so wenig im Wartungsplan wie z.B. das Differenzialöl!

Also, zumindest mein Interesse war geweckt, sinnvolle Baustellen sind mir am SL sowieso mit der Zeit ausgegangen.

Links vorne hatte ich das Radlager vor fast zehn Jahren mal erneuert, also habe ich nach dem Zerlegen alles nur richtig gesäubert, neu gefettet und wieder zusammen gebaut. Über die rechte Seite kann ich dann doch mal einen kleinen bebilderten Bericht schreiben. Das Zerlegen der Radnabe, tauschen des Simmerings, der Radlager und deren Einstellung ist ausführlich im WIS unter 33-300, 33-310 und 33-320 beschrieben. Die hierin beschriebenen Arbeitsweisen führe ich hier nicht weiter aus, ich beschreibe hier lieber die Notwendigkeit, das Fett nicht unbeachtet zu lassen!

Der komplette benötigte Ersatzteilsatz für jeweils eine Seite ist unter der MB Teilenummer A115 330 00 51 zu finden. Auch bei Mercedes-Benz erhältlich ist das freigegebene Radlagerfett nach Betriebsvorschriften-Blatt 265 (aktuellen Revisionsstand beachten!) 

Vorgefunden habe ich bei meinen Arbeiten völlig verhärtetes Lagerfett, das seinen Namen kaum noch verdiente! 

Zur Schadenanalyse:

  1. Warum war das alte, in der rechten Radnabe befindliche Lagerfett tiefbraun und in einer Konsistenz wie Erdnussbutter?
  2. Warum sah der alte Simmering so vermackt aus?
  3. Was bedeuten die Flecken und Macken auf den alten Lagerrollen und den alten Lagerringen?

Zur besseren Sichtbarkeit der Schäden habe ich die ausgebauten Teile im Ultraschallbad gereinigt.

Zu 1. und 2.:

Das alte Fett war so braun, weil über die Jahrzehnte etwas Wasser eingedrungen ist. Es hat sich mit Rost und Wasser vermischt, war sehr hart und hat seine Funktion nicht mehr erfüllt.

Eingedrungen ist das Wasser über den Simmering. 

Dieser war sehr vermackt, die Beschädigungen sind nicht durch den Ausbau des Simmerings hervorgerufen worden. Sie waren bereits beim Abnehmen der Radnabe gut zu sehen.

Zu 3.:

Auf der Lauffläche des Außenrings sind an einer Stelle drei längliche, quer zur Drehrichtung verlaufende Macken zu sehen. Sie sind auch mit dem Fingernagel deutlich spürbar, wenn man darüberstreift. Siehe folgendes Bild

An einer anderen Stelle ist auf der Lauffläche ein großer Fleck zu sehen, auf der Außenseite sind mehrere, rund um den Ring verlaufende Macken mit Verfärbungen zu sehen.

Ein ähnliches Bild beim äußeren alten Radlager.

Wie kam es also zu diesem Schadensbild?

Von den beiden großen Lagerherstellern FAG und SKF gibt es exakte technische Ausarbeitungen zu verschiedenen Wälzlagerschäden und deren Ursachen.

Danach bekam das innere Radlager wahrscheinlich bereits bei der Montage einen kräftigen Hammerschlag, der das Kegelrollenlager in seinen äußeren Ring schlug.

Zu erkennen ist dies an den drei, eindeutig dem Rollenabstand zuzuordnenden, quer zur Drehrichtung verlaufenden Macken.

Dazu passt dann auch der Zustand des alten Simmerings, der anscheinend direkt mit einem Hammer eingetrieben wurde.

Durch den unsachgemäßen Einbau des Simmerings drang Wasser ein, an den Lagern ergab sich mit der Zeit ein Korrosionsschaden, auf den Laufflächen zudem noch erhöhter Verschleiß infolge von Mangelschmierung.

Die Fehler sind ganz klar beim Einbau des Radlagers passiert, bestimmt aber nicht bei der Herstellung des Fahrzeugs.

Da war wohl später mal ein grobmotorischer Holzhacker am Werk.

Obwohl beim Fahren oder bei aufgebocktem Fahrzeug beim Drehen der Räder keine Geräusche wahrnehmbar waren, war es an der Zeit, sich um die Lager bzw. deren Schmierfett zu kümmern.