Aus der Clubzeitung: Motoröl, ein unterschätztes Konstruktionselement

aus der "Pagode" - Clubzeitung des Mercedes-Benz SL-Club Pagode e.V.
Ausgabe 3/2022 - Autor: Norbert Schorn, Aachen

Wir danken für die Überlassung dieses umfangreichen Artikels!!!

Motoröl, ein unterschätztes Konstruktionselement

Beispiele – mehr Infos im Artikel!

Wäre ich regelmäßig an einem Oldtimer-Stammtisch vertreten, hätte ich mit Sicherheit schon einiges über die richtige Ölwahl für diesen oder jenen Oldtimer gehört, vermutlich bei acht Teilnehmern ca. 14 Meinungen, eventuell mit Untermauerung durch nicht bekannte oder nicht überprüfbare Spezifikationen, aber gefiltert von meinem Verständnis für logische Argumentationsketten. Es geht beim Stammtisch nicht darum, das »Richtige zu wissen«, sondern vielmehr darum, »daran zu glauben«, denn ein berichteter Motorschaden mit der Erkenntnis »das Öl war schuld« ist mir noch nicht untergekommen, vielleicht auch, weil ein »Fachmann«, der dies beurteilen
könnte, nicht bei der Besichtigung des Schadens zugegen war.

Als Käfer-Fahrer ohne Geld wusste ich noch: Ölfilter gab‘s bei den Motoren damals noch nicht, somit galt es, gelegentlich das Öl zu wechseln, wenn‘s was Billiges gab. Inzwischen bin ich 50 Jahre weiter, wieder kein Geld, habe aber dennoch einen anderen Blick auf die Sache, denn der Erhalt der Pagode erfordert Augenmaß. Ich habe seit 2000 einige Oldtimeröltests in Oldtimerzeitungen gelesen und den Bewertungen einigen Glauben geschenkt, obwohl sie nicht immer nachvollziehbar waren.

Also machte ich es wie früher im Berufsleben: Über ein Thema, von dem ich keine Ahnung habe, melde ich einen Vortrag auf irgendeiner Konferenz an. Dann muss man ja was machen, denn ohne Druck geht ja kaum was, wie man selber weiß (35 Jahre Berufserfahrung). Bei der Vorbereitung dessen, was Sie hier lesen, war ich dann doch erstaunt, wieviel Fachliteratur, Dokumentationen, Dissertationen und sehr detaillierte Test- und Prüfmethoden es zu diesem Thema gibt, neben speziellen Tagungen und Konferenzen. Ich wusste also so ungefähr, was ich alles nicht weiß.

Aber fangen wir doch einfach mal an, wobei ich mich nur auf mineralische Öle für unsere Pagodenmotoren fokussiere. Mineralische Öle haben ein besseres Anhaftvermögen auf Oberflächen als synthetische Motoröle, z.B. an Ventiltriebs-Komponenten, wenn diese nicht gezielt vom Motoröl versorgt werden. Das Risiko einer bauteilabhängigen Mangelschmierung ist somit bei synthetischen Ölen höher, da unsere Motoren dafür nicht konstruiert wurden. Dennoch will ich auf das erste synthetische Öl der IG-Farben in den 30iger Jahren hinweisen, das SS906, welches für die Einsätze an der Ostfront entwickelt wurde: Sie kennen ja das Ergebnis.

Mineralische Schmieröle für Verbrennungsmotoren werden überwiegend aus Mineralöl hergestellt. Die Weltrohölförderung begann 1859 mit Col. Drakes erster Bohrung in den USA. Mineralöle bestehen aus flüssigen Kohlenstoffverbindungen, die in einer Raffinerie voneinander getrennt werden. Nach der atmosphärischen Destillation des Rohöls liegen noch Moleküle mit vorwiegend 25 – 35 C-Atomen pro Molekül vor. Die Vakuum Destillation, bei ca. 0.1 bar, erhöht die Ausbeute an »Diesel = Gasöl = Heizöl« und einige nachfolgende Schritte
erlauben dann die Trennung der Öle von dünnflüssig bis zäh, also hinsichtlich ihrer Viskosität. (Abb. 1).

Öl war von Anfang an ein »Konstruktionselement« für die zuverlässige Funktion des Verbrennungsmotors und beeinflusste die Konstruktion. Die Kolben(-ring)abdichtung, die Beherrschung der Kolbenseitenkräfte (bei normalen/konventionellen Pleueln) und die Schmierungsaufgabe führten zunächst zu Kreuzkopfführungen, Abb. 2, bei denen der Kolben keine nennenswerten Seitenkräfte aufnehmen muss. Damit konnten die Verbrennung  und die gleichzeitige/räumliche Schmierung auf einen kleinen Bereich begrenzt werden. Auch waren die ersten Motoren noch mit Verlustschmierung ausgestattet, welche für die Achsen und das Kupplungslager noch bis in
die 50iger Jahre, z. B. bei meinem Mercedes 170 S, Bj. 1950, üblich waren. D.h. nach dem Schmieren tropfte das Öl in die Umwelt, ähnlich wie beim ersten Viertaktmotor der Gasmotorenfabrik Deutz, Abb. 2 (der rote Riemen treibt einen Ölschöpfer an, bei dem ein Metallstift Öl aus dem Behälter aufnimmt und dies an der zu sehenden Leitungsöffnung abstreift, und damit einige Schmierstellen versorgt). Die Ölwanne war in ihrer heutigen Funktion noch nicht erfunden.

Die zunächst verfügbaren »Grundöle« hatten unterschiedliche Fließeigenschaften, also Viskositäten/Zähigkeiten, die Anforderungen an darüberhinausgehende Eigenschaften nahmen schon bald zu und wurden durch Beimischungen (Additive) erfüllt.

Z.B. gab Charles Wakefield im Jahr 1899 seine Arbeitsstelle bei Vacuum Oil in den USA auf, um sich mit dem Verkauf von Schmierstoffen für die Eisenbahn und für schwere Maschinen selbständig zu machen. Diese Öle mussten dünnflüssig genug sein für den Kaltstart und gleichzeitig dickflüssig genug, um bei hohen Temperaturen zu funktionieren. Die Forscher des Unternehmens fanden Anfang des 20. Jahrhunderts heraus, dass das Problem durch die Beigabe von Rizinusöl (engl. castor oil) gelöst werden konnte, eines Pflanzenöls aus Rizinussamen. Sie
nannten das neue Produkt »Castrol«.

Noch viele Jahre später wurde bei Rennmotoren Rizinusöl dem Motoröl beigemischt wegen der guten Schmiereigenschaften (Haftvermögen). Bei mechanisch problematischen Motoren kann dadurch kurzfristig die Schmiersicherheit erhöht werden. Manche lieben auch den Ölgeruch.

Die Motorentechnik entwickelte sich weiter, und damit änderten und erweiterten sich die Anforderungen an das Öl: schmieren, kühlen, Säuren neutralisieren, abdichten (z.B. Kolben/ > Kolbenringe) und Schmutz aus den Verbrennungsrückständen sammeln und transportieren. Es stiegen auch die Anforderungen an die Ölwechselintervalle. Mein Mercedes 170 S verlangt noch alle 3.000 km nach neuem Öl, die 230er Pagode von
1963 nach 6.000 km, der 280SL nach 10.000 km und heutige Motoren erlauben/fordern bis zu 40.000 km und mehr.

Die Forderungen nach längeren Ölwechselintervallen und die sich ändernden Kraftstoffqualitäten  (Schwefelgehalt) führten auch zu angepassten Additivmengen, die im Betrieb verbraucht werden. Somit müssen Begriffe wie »mild legiert« immer in Bezug zu ihrer Freigabezeit gesehen werden.

In den 60iger Jahren hatte Ottokraftstoff bis zu 0,15%, d.h. 1.500 ppm (parts per million) Schwefel (DIN 51600). Dieser Anteil fiel von 1995: 500 ppm, 2000: 150 ppm, 2005: 50 ppm in 2009 auf 10 ppm. Schwefel ist einerseits schädlich für die Katalysatoren und trägt wesentlich zum Säuregehalt des Motorenöls bei, welcher durch Detergenten neutralisiert wird. Der abnehmende Schwefelgehalt erlaubte also prinzipiell eine niedrigere, die ansteigenden Ölwechselintervalle forderten jedoch eine höhere Dosierung der Detergenten. Die Schwefelanteile
der Grundöle sind abhängig vom Fördergebiet, z.B. USA-West Texas 0,24 Massen %, Saudi-Arabien 0,3 Massen % = 3000 mg/kg über russisches Öl 0,755 Massen % bis zu den »sauren« Ölen aus Maya-Mexiko und Ural-Russland mit über 6 Massen %. Die Entschwefelungskosten haben großen Einfluss auf den Preis.

Schwefelverbindungen greifen z.B. Messing (Legierung aus Kupfer und Zink) an, indem z.B. die Oberfläche entzinkt wird und nachfolgend Verschleiß und Reibung zunehmen. Die Pagodenmotoren haben Messingbuchsen im Bereich der Kettenelemente-Lagerung und des Einspritzpumpenantriebs.

Aber auch bei den Materialien, d.h. Reiboberflächen, gab es konstruktive, materielle Verbesserungen wie auch bei Beschichtungen und z.B. dem Härten der Oberflächen.

Nachfolgende Abb. 3 veranschaulicht die zunächst zunehmende Additivierung der Motorenöle, eine weitergehende Erläuterung der einzelnen Additivgruppen erfolgt später. Die Additive werden vorgemischt in Trägerölen geliefert, die dann dem Grundöl zugemischt werden.

  • Detergentien: Hohe Temperaturen führen zu Ablagerungen auf Motorenteile, z.B. Kolben (Lack und Ölkohle). Detergenten sind waschaktive Substanzen, welche Ablagerungen verhindern und auch lösen. Sie bilden auch die alkalischen Reserven.
  • Dispersanten: Sie umhüllen feste und flüssige Verschmutzungen und tragen diese bis zum Ölfilter. Insbesondere bei niedrigen Betriebstemperaturen konnte Schlammbildung und Schlammablagerung eintreten.
  • Viskositätsindex(VI)-verbesserer: Die Viskosität soll weniger stark von der Temperatur abhängen. Zugesetzte Polymere, langkettige Atome, sind im kalten Öl stark verknäult und entknäueln sich bei höheren Temperaturen, und nehmen dabei ein größeres Volumen ein → relative Eindickung des Öls.
  • Verschleissminderer: ZDDP’s (ZDDP=Zinkdialkyldithiphosphat), chemische Verbindungen basierend auf Zink, Phosphor und Schwefel, erzeugen durch chemische Reaktion Schutzschichten auf metallischen Reibpartnern (Schmierstellen).

Für die Besonderheiten des »Öldesigns« und der »Ölfreigabetests« habe ich Kontakt aufgenommen zum »nach Eigenaussage: kleinsten Ölmischer Deutschlands«, der »von Anfang an« dabei war, der Firma Rektol. Ich war auf diese Firma aufmerksam geworden, da in vielen Oldtimeröl-Testberichten deren Öle immer vorne dabei waren, und Rektol über eine breite Palette verschiedener Oldtimerprodukte verfügt, anzusehen im Internet unter »Rektol-Klassik«. (Tests in Oldtimer Markt, Auto Bild Classic und Classic Cars). Die Firma Rektol hat schöne und
praktische Blechkanister, ein sehr gutes Preis-Leistung Verhältnis und ist für mich seit zehn Jahren das Öl der Wahl für beide Oldtimer (das war der Werbeblock).

Die Firma wurde 1892 gegründet, und nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Herstellung von Motorölen aufgenommen. Der steigende Motorisierungsgrad in den 1920er Jahren bot der Firma gute Absatzmöglichkeiten. Die damalige Reichspost war ein bedeutender Großabnehmer der Motorenöle. 1924 wurde beim Reichspatentamt der Firmenname »REKTOL« angemeldet, wörtlich übersetzt »das richtig gute Öl«.

In den 1930er Jahren wurde ein größeres Labor für Entwicklung und Qualitätssicherung eingerichtet. Bis zum  Ende des Zweiten Weltkrieges lieferte die Firma Schmierstoffe für Kleinfahrzeuge und für Flugzeuge an die Wehrmacht.

In der Nachkriegszeit konnte die Firma bereits ab 1948 wieder produzieren. In den 1950er und 1960er Jahren profitierte die Firma vom Aufschwung der Nachkriegszeit und richtete sich neu aus.

Herr Pohlmann hat Zugriff auf das selbst »erarbeitete, d.h. zusammengetragene« Archiv und erklärt, dass es nahezu unmöglich war und ist, aufgrund von Laboruntersuchungen und theoretischen Erkenntnissen die Eignung eines Motorenöles für verschiedene Motorenkonstruktionen zu garantieren. Ob ein Öl den Anforderungen der Leistungsgruppe und den diesbezüglichen Spezifikationen tatsächlich entspricht, konnte nur durch Bewährung im praktischen Motorentest erwiesen werden.

Aus diesem Grunde wurden/werden die betreffenden Öle und Additive zusätzlich in hierfür besonders geeigneten bzw. auffälligen Motoren getestet. Während in den 1920er und 1930er Jahren ein Einzellauf in einem Diesel- oder Otto-Motor als ausreichend für die universelle Beurteilung der Ölqualität angesehen wurde, hat sich im Laufe der Nachkriegsjahre eine erhebliche Ausweitung der Prüflaufprogramme ergeben.

Die bekannten Öl- Spezifikationen basieren also immer auf mehreren derartigen Motor-Prüfläufen, die der Qualifizierung und Freigabe der Öle dienen. Dabei schrieb z.B. Mercedes-Benz detailliert vor, welche Lagerwerkstoffe und Dichtungselemente im Motor vorhanden sind und somit das Öl eine entsprechende
»Verträglichkeit« aufweisen musste. Aus diesen Gründen vertritt Rektol die Philosophie, nur Ölqualitäten einzusetzen, die den heutigen Kraftstoffqualitäten angepasst sind und seinerzeit auch für die entsprechenden Maschinen und Fahrzeuge vorgeschlagen wurden. Die Bedienungsanleitung der Pagode weist ebenso darauf hin, siehe z.B. Abb. 14 – 16.

HIER EIN KURZER GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK ZUR ÖLENTWICKLUNG MIT ZUSÄTZLICHEN INFORMATIONEN AUS DEM REKTOL ARCHIV:

Schon 1911 hatte die SAE, Society of Automotive Engineers, eine Klassifikation der Motorenöle nach der Viskosität entworfen. Diese Klassifikation blieb in Kraft, bis 1947 das API, American Petroleum Institute, drei Klassen von Motorenöl vorsah: Regular, Premium und HD → Heavy Duty Öle.

Die USA waren zu Beginn des letzten Jahrhunderts das Land der Massenmotorisierung und somit wurden dort die meisten Spezifikationen entworfen. 1935 betrug der Weltbestand an Kraftfahrzeugen 35 Mio., davon 25 Mio. in den USA. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die USA-Motoren damals hubraumstärker und somit spezifisch geringer belastet waren.

In den ersten deutschen »Richtlinien für technische Öle«, die bei Rektol aus 1928 vorliegen, wurden technische Vorgaben für unterschiedliche Öl-Typen (Motorenöl, Getriebeöl, Achsenöl, Hydrauliköl usw.) festgelegt.

1931 gab es vergleichbare Ölvorschriften in USA, Österreich, Italien, Rumänien und Deutschland. In diesen Ölvorschriften wurden schon die ersten Ölzusätze (»Additive«) für Mineralöle berücksichtigt, die größtenteils auf pflanzlichen und tierischen Ölen/Fetten basierten. Hierzu seien bei Motoren- und Getriebeölen die Zusätze »Floricin« und »Dericin« genannt, die auf mineralöllöslichem Rizinusöl oder Voltolöl basierten. Diese Zusätze verbessern die Haftung auf Metalloberflächen (polare Eigenschaft) und bewirken damit eine höhere  Belastbarkeit des Schmierfilms. Rektol hat zu diesem Zwecke seinerzeit »Aethericin« der Chemischen Fabrik Flörsheim AG
eingesetzt.

In den Folgejahren etablierte sich in Deutschland die Öl-Normierung: Die DIN 6547 (Vorläufer DIN 6551) für Motorenöle, welche im grundsätzlichen Aufbau und Inhalt entsprechend den Richtlinien aus 1928 strukturiert war.

Größere Industrie- und Staatsbetriebe, wie z.B. die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Post, haben sich in ihren technischen Liefervorschriften für Öle an den vorab genannten DIN-Normen orientiert. Bezüglich dieser Qualitätsvorgaben hat Rektol 1930 und 1932 die Motorenöl Qualitäten mittels Laboranalysen nachweisen müssen, um diverse Lieferaufträge der Post und Reichsbahn zu erhalten.

Dabei wurden auch weiterführende, individuelle Anforderungen und Testverfahren zu Grunde gelegt, wie z.B. die zusätzlichen Anforderungen der deutschen Reichsbahn an Sommer-Motorenöle, die eine Verdampfbarkeit von 15% nach dem Noack Verfahren nicht überschreiten durften (entspricht z.B. heute noch der Vorgabe für Motorenöle nach API SL. > in den Jahren 1938 bis Kriegsende hat Rektol für die Wehrmacht sogenannte  »Einheitsöle« produziert. Dabei wurden Öle für Flugmotoren und leichte Radfahrzeuge qualifiziert und geliefert (Radfahrzeuge z.B. Wehrmachtsgespann BMW R75/Zündapp KS 750). Die zu erfüllenden Öl- Spezifikationen enthielten im Wesentlichen die Kenndaten der vorab genannten »Richtlinie 1928« und der gültigen DIN-Normen, wobei zusätzlich die Verkokungsneigung nach Conradsen mit max. zulässigen 0,35% ein wesentliches Qualitätsmerkmal darstellte.

Bei einer Öl-Qualifizierung musste seinerzeit ein Schmierölhersteller selbst die Ölrezeptur entwickeln und die qualitätsrelevanten Ölprüfungen (Labor- u. Motortest) durchführen. Oder es wurde einem Motorenhersteller das Öl zur Verfügung gestellt, das unter Übernahme der Kosten entsprechenden Zulassungsverfahren unterzogen wurde. Daneben entwickelten die »Ölverbände« und die militärischen Anwender verschiedenste Test- und Zulassungskriterien für Öle, die in den Folgejahren in diversen allgemeingültigen Ölspezifikationen umgesetzt wurden.

Seit 1941 entstanden in den USA Motoröl-Spezifikationen für das Militär, wie z.B. MIL-L (Military-L), die bis in die 90er Jahre auch Vorgaben für den zivilen Fahrzeugbereich lieferten.

Wie schon erwähnt, wurden 1947 die API-Motorölklassen Regular, Premium und HD (Heavy Duty) eingeführt. Regular Öle waren reine Mineralöle, Premium Öle enthielten Oxidationsverhinderer und HD-Öle waren für Diesel Motoren definiert und enthielten neben den Oxidationsverhinderern auch Detergenten und Dispersanten. Hier sollte der geneigte Leser beachten, dass der amerikanische Sprachgebrauch dominierend Superlativen beinhaltet, die Bewertung »good Job« ist zu übersetzen mit »dat war nix«, ein zufriedenstellendes Ergebnis ist meistens »outstanding«.

In den späten 1940er Jahren wurde die »Ölentwicklung« immer häufiger von den Öl-Additiv-Herstellern in Zusammenarbeit mit den Motoren-Herstellern durchgeführt. Entsprechend der außergewöhnlichen Qualitätsverbesserung der Ölrezepturen Ende der 1940er Jahre entwickelten einige Fahrzeughersteller erste eigene Ölspezifikationen (Ford, Chrysler, GMC).

Man konnte 1950 schon Additive als Mischung (Paket) kaufen, die einem Grundöl zugemischt werden konnten und die dann spezielle Spezifikationen garantierten. Z. B. Paranox-62. Bei 3 % Dosierung erhielt man ein »Premium Motor Oil« und ab 4 % ein »HD-Motor Oil«. Dies ist auch heute noch möglich, die Firmen Lubrizol, Infineum, Afton u. a. liefern solche Additivpakete.

1952 erfolgte die Einführung der API-Motorenöl Spezifikationen für Benzinmotoren: ML, MM und 1964 MS für die Ottomotoren, die bis 1969 galten.

1954 wurden in Deutschland die SAE Viskositätsklassen nach DIN 51511 und .512 eingeführt (Abb. 11).

1970: Einführung der »Engine Oil Classification SAE J183«, die in einer Zusammenarbeit des API, der ASTM und der SAE entstanden ist und heute noch weitergeführt wird. Hierbei wird die Performance von Benzinmotoren mit dem Kürzel S (Spark ignition) und von Dieselmotoren mit dem Kürzel C (Compression ignition) gekennzeichnet.  Z.B. SE, wobei aufsteigende Buchstaben ein neueres Entwicklungsdatum darstellen.

Diese Klassifizierung wurde dann 1971 definiert. Die Klassen SB (vorher MM), SC (vorher MS) für Motoren ab 1964 und SD (vorher MS) für Motoren ab 1968, also rückwirkend, API-SE galt für Motoren ab 1972, nachzulesen im API Bulletin 1509, sixth Edition, January 1971. Also nicht wundern, wenn in den Daimler Betriebsanleitungen darauf nicht Bezug genommen wird, sondern die noch gültige API Klasse HD-Öl benutzt wird. Die Veröffentlichung der API Klassen hinkte also einige Jahre den Erfordernissen der Praxis und der Industrie (Ford) und Militärspezifikationen hinterher.

Bis Anfang der 80iger Jahre dienten fast ausschließlich die API-Klassifikationen, die Ford M2C-101A/B und die
MIL-L-Spezifikationen als Qualitätsmaßstab bzw. -einstufung für Motorenöle. Nachdem diese hauptsächlich auf die Anforderungen der amerikanischen Motoren und Fahrbedingungen abgestimmt waren, wurden für die anspruchsvolleren europäischen Motoren und Fahrbedingungen ergänzende Spezifikationen geschaffen. D.h. also, dass unsere Pagodenmotoren entwickelt wurden, als es im Wesentlichen die API (American Petrol Institute) und MIL (Military) Spezifikationen gab.

WEGEN DER BESONDEREN BEDEUTUNG DER VISKOSITÄT HIER ETWAS ZU DEM BEGRIFF UND DEN GRUNDLAGEN, D.H. SIE SITZEN PRAKTISCH IN EINER MÄSSIGEN VORLESUNG:

Im Krisenjahr 1914 waren auch die Anforderungen an das Öl nicht einfach zu interpretieren:

  • Es muss auch bei Kälte bequem aus der Kanne fließen
  • Es muss einen hohen Schlüpfrigkeitsgrad haben

Damit sollte der Leser nun klar im Bilde sein. Isaac Newton hatte aber schon 1687 in »Philosophiae Naturalis
Principia Mathematica» formuliert, dass z.B. Öl einer Verformung einen Widerstand entgegensetzt. Er hat diese innere Reibung eines Fluides als deren Viskosität bezeichnet. Sie finden auch Beschreibungen wie Fließwiderstand, Fließfähigkeit und Zähigkeit.

Isaac Newton nutzte für seine Formulierungen die nachfolgende Abb. 4. Lagerungen z.B. mit Öl (oder … bis zur Luft (Brennstoffzellen)) als Medium haben die Aufgabe, Kräfte zwischen zwei relativ zueinander bewegten Flächen zu übertragen. Das Öl haftet an beiden Flächen, die Ölgeschwindigkeit reicht somit von »U=0« bis zur Geschwindigkeit der bewegten Fläche (U=Umax). Nach dem Newtonschen Gesetz ist die Reibkraft= τ * Fläche und ist direkt proportional der Viskosität und des Geschwindigkeitsgradienten (du/dy), hier auch als Schergeschwindigkeit bezeichnet.

Auch zeigen die Formeln, dass bei gleicher Geschwindigkeit und bei einem dünnen Ölfilm der Geschwindigkeitsgradient und damit die Reibung höher sind, als bei einem dicken Ölfilm.

Sehr vereinfachend sieht das Bild auch aus, als ob Öl zwischen zwei Mühlsteinen zermahlen wird, dazu und zur Scherbelastung werden Sie später noch etwas lesen.

Da Sie das ja nicht zum Vergnügen lesen, nun einige Formeln zu Erläuterungen der Dimensionen:

Durch einfache Vergleiche, z.B. Wasser mit Quecksilber, erkannte man auch, dass die dynamische Viskosität abhängig von der Dichte (p) des Fluids ist, sodass die kinematische Viskosität eingeführt wurde.

Die Viskosität hängt sowohl von der Temperatur als auch vom Druck ab, wobei die Druckabhängigkeit erst bei deutlich erhöhten Drücken merkbar ist (Vorgriff auf Abb. 8).

Seit 1929 wurde das Viskosität-Temperatur-Verhalten der Öle untersucht, weil man erkannt hatte, dass sich Öle über der Temperatur unterschiedlich verhalten, also auch schon vor der Erfindung des Mehrbereichsöls. Für ein SAE30 Sommeröl sind in Abb. 5 die temperaturabhängige Viskosität über der Temperatur dargestellt, im rechten Diagramm doppelt logarithmisch; bitte beachten: Das ist »ein 30iger« ÖL eines Herstellers und keine Kurve mit Allgemeingültigkeit. (Abb. 5)

Der Viskositätsindex (M-Wert) beschreibt dieses Temperaturverhalten im Vergleich zu Referenzölen und basiert auf Viskositätsmessungen bei 40°C und 100°C. Paraffinische Mineralöle weisen einen Viskositätsindex von 95 – 100 auf, während die Mehrbereichsöle durch höhere Werte gekennzeichnet sind, d.h. die Kurven im doppelt logarithmischen Diagramm verlaufen flacher, d.h. die Viskosität hängt weniger stark von der Temperatur ab.

Für die doppelt logarithmische Darstellung gibt es verschiedene Approximationsformeln, z.B. nach Prof. Zerbe 1952 mit »log log (Viskosität + Konstante)« oder DIN 51563 mit log und arc sin ln(…). Ein Aachener Rentner hat diese Formeln dann >mal bemüht und als Folge hinreichenden Zeitbudgets auch verschiedene Viskositätsklassen ausgewertet, um die hoffentlich anschauliche Abb. 6 zu erstellen. Wenn der erfahrene Konstrukteur für ausreichende Schmierung und Schmierfilmdicke eine Mindestviskosität von z.B. 6cST wünscht, kann er für die
verschiedenen Öle folgende Öltemperaturen, d.h. ca. Oberflächentemperaturen der Lagerstellen, zulassen. Der Vorteil hoher Viskositäten für höhere Temperaturen Belastungen ist offensichtlich. Betragen die Temperaturen bei einem SAE 30 Öl z.B. mehr als 128°C, führt das zu niedrigeren Viskositäten als die gezeigten 6 cSt. Untersuchungen zeigten, dass Gleitlager gerade noch funktionieren bis hinab zu einer Viskosität von 2.0 – 2.5 cSt (gemessen bei 150°C), das wären beim SAE30 Öl dann mehr als 200°C.

Zur Information: Lagertemperaturen der Kurbelwelle und der Pleuel sollten die 160 °C nicht überschreiten.  Hierbei wird auch deutlich, dass Öl eine Kühlaufgabe hat, denn es wird nach dem Ölkühler mit 80 °C bis 90 °C den Lagerstellen zugeführt, wobei die Aufheizung des Öles eine Überlagerung aus der auftretenden Reibleistung und Kühlung der Bauteile ist. Bei Abgasturboladern habe ich das früher mal gemessen: Die Kühlleistung ist um Faktoren größer als die Reibleistung, allerdings sind die Bauteiltemperaturen auch höher als im Motorblock. Die höchsten Temperaturen treten am Kolben, den Kolbenringen und im oberen Teil des Zylinderrohres auf. Hier werden z.B. bis zu 300°C gemessen, bei luftgekühlten Motoren noch mehr. Am oberen Teil des Kolbens, oberhalb der Kolbenringen verdampfen Ölkomponenten und auch Lackbildung/Rückstandsbildung ist immer erkennbar. Ab ca. 400°C zersetzt sich das Öl.

Maschinenbauer werden oft fälschlich als »konservativ« angesehen, oft in Verbindung mit Elektromobilität oder Chemie. Ähnlich wie ich als »Turbolader Spezialist« die Aussage »Hubraum ist durch nichts zu ersetzen außer durch Hubraum mit Aufladung« gerne tätige, sagen mir die Tribologen und Konstrukteure der  Motorenentwicklung: Viskosität ist durch nichts zu ersetzen, auch nicht durch Chemie, und raten bei Oldtimern
und Umgebungstemperaturen über 0°C zu den »Original-« oder zu »höheren« Viskositäten. Übertragen wir Abb. 4 auf das Hauptlager der Kurbelwelle, Abb. 7, so werden z.B. die Verbrennungskräfte umgeleitet über das Pleuel auf die Welle, die dann »weggedrückt=Normalbewegung« → F wird. Die Drehung der Welle bewirkt in Folge der Reibkraft aus Abb. 4 eine Tangentialbewegung.

Das Öl wird über die Haftbedingungen an der drehenden Welle in den sich verengenden Spalt gefördert und baut dabei einen Druck auf. Abb. 7 zeigt die beiden Druckkomponenten und die Überlagerung. Zugeführt wird das Öl sinnvollerweise in der unbelasteten Zone, kurz hinter der größten Ölfilmstärke. Aufgrund des dort herrschenden Druckes kann das Öl auch angesaugt werden. Der maximale Druck im Öl pSumme liegt für viele
Hauptlager im Bereich 400 – 600bar, für die Pleuellager bei 600 – 800bar. Er kann bei Hochleistungsmotoren bis zu/über 1.000 bar betragen, wobei dann in diesem Druckbereich Sputter-Lager eingesetzt werden. Sie sehen also, nicht der Öldruck am Manometer ist entscheidend, der muss nur die »Öllieferung« garantieren, und da sagen die Werkstatthandbücher: mindestens 0,5bar sollten es schon sein. Aus Abb. 2 ist auch erkennbar, dass Nikolaus August Otto dazu alleine die Schwerkraft nutzte. Sie sehen in der rechten Ansicht von Abb. 7, dass bei  gegebenem Lager und niedriger Viskosität das Öl seitlich leichter aus dem Lager läuft, das ist auch so bei verschlissenen Lagern mit höherem Spiel, d.h. bei hoher Laufleistung, weswegen man dann im Leerlauf und heißem Öl einen niedrigen Öldruck abliest (kurzfristige Abhilfe: höher viskoses Öl).

Zur Veranschaulichung nicht nur der Scherwirkung: Kurbelwellenradialspiel: 230SL und 250SL → 0.045 bis 0.06 mm, 280SL bis 0.065 mm, unteres Pleuellager: 0.045 bis 0.06mm, 280SL: 0.035 bis 0.055 mm. Ich habe mal die Druckabhängigkeit der Viskosität basierend auf existierenden e-Funktions-Gleichungen versucht abzuschätzen, Abb. 8. Erkennbar ist, dass bei den 1000bar die Viskosität um den Faktor 2.5 zunimmt, das hilft zumindest bei den
Gleitlagern. Gemessen werden diese Viskositäten am Institut für Maschinenelemente und Systementwicklung der RWTH-Aachen, die Prüfapparatur ermöglicht Viskositätsmessungen bis hoch zu 8.000 bar, ein Vergleich einer Messung mit meiner Berechnung zeigt: Ich bin schon gut (ich will ja ehrlich bleiben!). (Abb. 8)

Wenn Sie sich in Abb. 7 den enger werdenden Spalt ansehen, könnte das mit etwas Phantasie auch ein Teil einer
Nockenwelle sein, der auf einem Flachstössel dreht (d. h. der Lagerschalendurchmesser ist unendlich), oder ein ballig ausgeführter Kolbenring (Notfalls bemühen Sie zur Verdeutlichung eine Flasche Merlot … wegen der Krümmung!). Erst 1965 konnte man für Nocken mit Flachstössel nach theoretischen Überlegungen bei Deutz in Köln die Schmierverhältnisse berechnen, nachdem Nockenwellenverschleiß selbst durch Aufspritzen von Öl nicht beherrscht werden konnte, obwohl die Flächenpressungen unkritisch waren. Ich habe selbst noch in den 90er Jahren falsch ausgelegte Nockenprofile gesehen. Also manche Verschleiß-Phänomene an älteren Nockenkonstruktionen können nicht nur der Leistungssteigerung (Ventilbeschleunigungen, Ventilmassen, Motordrehzahlen höher), Schmierölviskosität und -qualität oder -versorgung, sondern auch der ungünstigen Nocken-Geometrie zugeschrieben werden. Die geänderte Geometrie lieferte bei höheren Pressungen (Kräften) ohne Ölaufspritzen verschleißfreie Nocken!

Nun noch etwas zum Verschleiß bei Gleitlagern: Die möglichen Reibungszustände im Gleitlager zeigt Abb. 9, in dem die Reibungszahl über der Gleitgeschwindigkeit, d.h. Drehzahl, aufgetragen ist. Beginnend bei Drehzahl »0«, d.h. hoher Reibzahl mit »kontakt« und somit Verschleiß, beginnt der Bereich der Mischreibung, bis sich ab der »Übergangsdrehzahl« die Flächen voneinander abheben und die Flüssigkeitsreibung verschleißfrei arbeitet. Mit
steigender Drehzahl steigt dennoch die Reibleistung (Reibkoeffizient) an, erinnern an Abb. 4, der  Geschwindigkeitsgradient wird höher und damit steigt die Reibung. Abb. 9 zeigt auch, dass dünnere Öle höhere Drehzahlen der Welle erfordern, bevor sie verschleißfrei arbeiten, ebenso steigt diese Drehzahl mit der Belastung (F) an.

Motorstarts an sich führen je nach Konstruktion zu hoher Reibung, da außer dem vielleicht noch haftenden Öl das Öl erst zu den Lagerstellen gepumpt werden muss. Das ist bei jedem Warmstart auch so, also heute bei den Start-Stopp Funktionen. Ein Kaltstart ist da nochmals mehr fordernd, da das Öl zähflüssiger ist und somit verzögert und in geringerer Menge zu den Schmierstellen gelangt. Die kritischsten Gleitlager sind die unteren Lagerschalen des Pleuels, auch wegen der schon vorher genannten Drücke, aber auch, weil das Öl erst über die Hauptlager und die nachfolgenden Bohrungen in der Kurbelwelle vom Hauptlager zum Pleuellager gefördert werden muss. > Neue Reibpartner habe mehr »Spitzen« (Abb. 9 oben links), die sich aber schnell »abschleifen« wie Messungen in Versuchsapparaturen mit anschließender Vermessung der Lager zeigen. Öl und Additive werden in den Rauhigkeitstälern gespeichert. Versuche im Rahmen der Start-Stopp Technologie zeigen auch,
dass nach diesem Einlaufen die Reibkoeffizienten stabil oder leicht fallend sind, der Verschleiß kommt zum Stehen oder nimmt nur noch minimal zu.

Ich habe mal für die 280SL Hauptlager die Übergangsdrehzahl (mit Sicherheitsfaktor) im Stribeck Diagramm für verschiedene Viskositäten bei 115°C Öltemperatur als Funktion des max. Brennraumdruckes (15–50bar) ausgerechnet (Abb. 10). Der Pagodenkollege (280SL mit Ölkühler) hat einen Öltemperturmesser in der Ölablassschraube und meint, dass 105°C eine »normale« Temperatur und 115°C der Maximalwert ist. Das 30iger Öl und die Mehrbereichsöle sind unkritisch, beim 10er Öl und Passfahrten sollte man schalten und nicht mit niedriger Drehzahl aus der Kehre Vollgas geben. Überhöhte Kühlwasser- und Öltemperaturen sind nochmals ungünstiger.

Nur zum »Gefühl« der Schmierfilmdicken am Zylinderrohr: bei FEV gemessen und gerechnetes Minimum 2 µm bis 10 µm, d.h. 1/10 der Dicke eines Haares. Optische Versuche zeigten, dass das Öl hauptsächlich auf dem Kolbenhemd und nicht auf dem Zylinderrohr haftet. Die geringsten Schmierfilmdicken treten während der Verbrennungsphase, d.h. der Abwärtsbewegung des Kolbens, auf, wo der hohe Brennraumdruck in Verbindung
mit dem schrägstehenden Pleuel zu hohen Kolbenseitenkräften führt (das wusste schon Nikolaus August Otto, Abb. 2 → deshalb die Kreuzkopfführung). Volllast ist hier logischerweise mehr fordernd. Die Stribeck Kurve kann man auch schematisch für die Kolbenringe und Ventiltriebskomponenten darstellen, dann gibt es dort einen Schwankungsbereich (Gleitgeschwindigkeit von … bis …) mit einer Frequenz proportional zur Drehzahl, von der Grenzreibung bis hin zur Vollschmierung, das ist dann die Gümbel-Hersey-Zahl. Aber da die Pagoden-Bauteile
meistens halten, sollten wir hier einfach auf Lücke setzen.

Auch kann man erahnen, dass die neuen Ultraleichtlauföle, z.B. 0W-8, betreffs Mischreibung ein Verschleißrisiko bei Volllast haben können (s. auch Abb. 6). Bei niedrigen Drehzahlen und hohen Lasten steigt die Reibung leicht an, es wird aber der WLTC Zyklusbereich (Worldwide Light Vehicle Test Cycle) von ungünstigen Randbedingungen ausgespart. Die Verschleißschutz-Additive müssen jedoch ebenso wie die Gleitlager selber hinsichtlich der Geometrie auch z.B. durch mikrostrukturierte Oberflächen weiterentwickelt werden.

Später gehe ich noch etwas auf die EP (= Extreme Pressure) Verschleißschutz-Additive ein. Die Lehrbücher verkünden unter Berücksichtigung der Startvorgänge folgendes:

  • Zu geringe Konzentration → mechanischer Verschleiß
  • Optimale Konzentration → Sicher bei normaler Fahrweise
  • Zu hohe Konzentration → chemischer Verschleiß

Zurück zur Viskosität: In 1911 hatte die SAE die erste Viskositätsklassifikation vorgelegt, welche in der heutigen gültigen Fassung in Abb. 11 gezeigt ist. Die blauen Felder zeigen > die »Neuausgabe von 4|1967«, welche in Summe nur sieben Viskositätsklassen umfasste. Es gibt die »W=Winter« Öle mit Angaben bei niedrigen Temperaturen und die Sommeröle mit Angaben bei hohen Temperaturen.

Die Viskosität wird in verschiedenen Viskosimetern gemessen: Auslauf, Rotation. Sie ist abhängig von der Temperatur und vom Druck. Bei Mehrbereichsölen auch vom Schergefälle (bitte erinnern an Abb. 4), gemessen bei 150°C.

Wichtig ist z.B. der Begriff der »CCS« Tieftemperatur Viskosität, z.B. 20W → -15°C. D.h. bei -15°C kann der Motor bei einer Mindestspannung der Batterie vom Anlasser noch gedreht werden und eine Drehzahl erreichen, die den Motorstart ermöglicht. Die »Maximale Tieftemperatur Pump Viskosität«, gemessen mit dem Mini Rotary Viskosimeter, beschreibt, wann die Ölpumpe das kalte Öl noch »ansaugen« kann. Diese Öltemperatur muss ca. 10°C unter der CCS Temperatur liegen. Ein 15W Öl verschiebt die Temperatur um 5°C auf -20°C, ist nicht so »zähflüssig« und erreicht somit die Lagerstellen bei vergleichbaren niedrigen Temperaturen »schneller«. Die CCS Messungen sind zeit-und kostengünstig durchzuführen und sind somit Teil der Standardmessungen.

Die »empirisch« ermittelten Grenzwerte (CCS-Viskosität) wurden auch mehrfach angepasst, als die Motoren reibungsärmer konstruiert wurden, und die Befürchtung aufkam, dass die Motoren auch bei tieferen Temperaturen noch gestartet werden konnten, dabei das Öl zwar angesaugt werden konnte, aber die
einwandfreie schnelle Versorgung der Schmierstellen fraglich wurde. Sie sehen also, dass die »Durchölungszeit« bei Kaltstart immer im Focus war.

Behalten Sie bitte auch, dass »Maximalwert« bei der Niedrigtemperatur Viskosität eben auch »Maximal«  bedeutet. Später werden Sie sehen, dass es bei den Viskositäten, z.B. den 20W-XX Ölen, erhebliche Schwankungen gibt, also dass ein »dünnflüssiges 20W ÖL« eine niedrigere Viskosität als ein »dickes 15W ÖL« haben kann. Das macht es für uns als Kunde nicht zwingend einfacher. Eine der Gründe für diese Schwankungen wird die Viskosität des gerade verwendeten Grundöles oder deren Mischung sein.

Da fällt mir Forrest Gump ein: Eine Öldose mit aufgedruckter Viskositätsklasse ist wie eine Pralinenschachtel: Du weißt nie, was Du (genau) bekommst.

Abb. 11: Beim Vergleich der Viskositätsvorgaben sollten Sie beachten: In 1967 (blau unterlegt) wurden Viskositäten bei -17,8°C vorgegeben, welche für die verschiedenen Klassen (5W, 10W, 20W) »Bereiche« angeben, die aneinander anschließen. Die gültige Form schreibt nur einen »Maximalwert« vor, welcher leicht über dem Wert von 1967 liegt (Dieses wird noch später bei Abb. 21 diskutiert).

Die Europäer stellten Anfang der 70er Jahre fest, dass der Sprung von SAE10W zu SAE20W viel zu groß war und eine Zwischenklasse, SAE15W, benötigt wird. Diese wurde dann im Herbst 1975 in die SAE  Viskositätsklassifikation aufgenommen.

Abb. 3 zeigte, dass ab Beginn der 50er Viskositätsindex(VI)-Verbesserer eingeführt wurden. Damit wurde erreicht, dass bei einer niedrigen Grundviskosität des Öles dieses bei höheren Temperaturen eine höhere Viskosität erreicht, also die Kurven in Abb. 5 eine geringere Abhängigkeit von der Temperatur aufweisen. Das Öl hatte also nicht mehr eine SAE Klasse, sondern überdeckte weitere Klassen → Mehrbereichsöl. Das Ziel war es, den jahreszeitlich bedingten Ölwechsel zu vermeiden und ein Öl bereitzustellen, welches den Kaltstart und die hohen Leistungen beide mit einer richtigen Viskosität verdiente. Hierzu mehr bei den »Mehrbereichsölen«. Mit den Mehrbereichsölen wurde Abb. 11 erweitert um die Viskositätsvorgaben im HTHS (High Temperature High Shear) Test, später dazu mehr.

In Deutschland fanden die Mehrbereichsöle erst in den 50er Jahren einen zaghaften Einsatz, z.B. in 1954 mit dem SAE20W-30, welches bei den Pagoden-Bedienungsanleitungen noch überall gelistet ist. Es wurde mit einem 15W-30 Öl eine Verschleißsenkung um 50% und eine Kraftstoffverbrauchsminderung (im reinen Stadtverkehr)  von 18% angegeben. Die Fachwelt staunte damals, ich noch heute.

Der Trend zu »dünneren« Ölen und somit Mehrbereichsölen wurde beginnend mit der Energiekrise in den 70er Jahren forciert, da der Kraftstoffverbrauch und damit die Reduzierung der Reibung stark in den Vordergrund rückten, etwas später dann vor allem wegen der CO2 Vorgaben.

So ist z.B. bei Ottomotoren der Emissions- und Verbrauchstest stark vom Kaltstart geprägt. Emissionsmäßig muss die Abgasnachbehandlung nach ca. 15 Sekunden aktiv sein, sonst kann man den Test nicht bestehen. Alle Bauteile wurden in Hinblick auf Reibleistung optimiert, z.B. haben Rollenstößel weniger als die Hälfte der Reibung von »alten« Flachstößeln, aber auch andere, manchmal höhere Flächenpressungen und somit andere  Anforderungen an die Haftbedingungen und Druckfähigkeit (EP) des Öles. >

ZU DEN MEHRBEREICHSÖLEN:

Rektol hat die ersten Polymere »Santodex« 1949 von Monsanto Chemicals-Plastics aus St. Louis bezogen, also lange bevor der Marktrenner Glyphosat auf den Markt kam und das Portfolio von Bayer bereicherte.

Der Mehrbereichscharakter eines Öles wird durch die Zugabe von Kunststoff-Polymeren (VI Verbesserer) erreicht, deren Wirkung schon vorher »Knäuel« erwähnt  wurde. So wird dann aus einem SAE20 Öl durch einen Polymeranteil von 1,5% ein  20W-40. Je höher die Spreizung, umso höher der Polymeranteil, z.B. bei einem 10W-50 ca. 3,5%. Diese %-Zahlen beschreiben die tatsächlichen »Kunststoffmengen«. Wie in Abb. 3 angemerkt gibt es eine Polymer-Öl Lösung, die als flüssiges Additiv dem Grundöl zugegeben wird, dann sind die %-Zahlen höher.

Bei Motoren mit höherem Ölverbrauch verbrennen also mehr Polymere (Kunststoffe) und bilden dabei Rückstände, z.B. auf Kolben und an den Kolbenringen.

Der Polymeranteil verdickt das Öl wie gewünscht bei hohen Temperaturen, die langen Polymerketten werden aber im Motorbetrieb auch durch Schereinflüsse »zerhackt bzw. brechen«, d.h. das Öl verliert die höhere Viskosität, so kann z.B. aus einem 10W-50 ein 10W-40 werden. Schereinflüsse sind vereinfachend beschrieben der Geschwindigkeitsgradient in Abb. 4 (Mühlstein); das wird im Mercedes Blatt 222 ausführlicher erläutert. Damit verhält sich das Öl nicht mehr so, wie es in Abb. 4 von Isaac Newton beschrieben wurde, weswegen die
Mehrbereichsöle auch »nicht Newtonsche Flüssigkeiten« genannt werden. Sie sehen: Sie lernen fürs Leben.

Es gibt verschiedene Polymere mit unterschiedlichen Viskositätsverlusten  (Scherstabilitätsindex) zu unterschiedlichen Kosten. Bei einem 15W-40 Öl kann der Anteil der Polymerkosten zwischen 15 % bis 30 % des Gesamtpreises betragen. »You get what you pay for«, nur leider können wir das der Öldose nicht ansehen. Rektol verwendet hier u. a. Premium Polymere von Infineum.

Mitte/Ende der 50er Jahre fanden dann vorzugsweise in den USA Mehrbereichsöle Verwendung, wobei die Scherstabilität der Öle noch mangelhaft war. Es gelangten zu Beginn auch minderwertige Öle mit dem Zauberzusatz »Polymere« auf den Markt. Erst Mitte der 60iger Jahre waren diese Probleme behoben, und die Ölhersteller warben nun mit »scherstabilen Ölen«, Ford in den USA forcierte diese Entwicklung. Gängige  Mehrbereichsöle Mitte der 60iger Jahre waren das 5W-20 und 10W-30 Öl, sowohl bei Ford als auch bei Mercedes-Benz. Für das dünne Öl 5W-10W-20 (Bezeichnung in USA), empfohlen unterhalb von -10 °F (= -23°C) gab es folgende Ford Anweisung beim Ford Mustang 1965: Darf nicht genutzt werden, wenn ein längerer Betrieb oberhalb 120km/h erwartet wird.

Ab 1985 wurden additive Öltests für Mehrbereichsöle bei 150°C eingeführt, mit einem besonderen Prüfverfahren bei hoher Scherbelastung, dem Rotationsviskosimeter. 150°C liegt im Bereich der wichtigen Öltemperaturen an der Kurbelwelle, der unteren Pleuellager und der Kolbenringe bei Volllastbetrieb. Diese Tests werden als HTHS = High Tempersture-High Shear Test bezeichnet. Die dort im Frischöl gemessene Viskosität unterliegt jedoch noch keinem Schereinfluss, dieser findet eher kontinuierlich über die gesamte Nutzungszeit des Öles statt, d.h. je nach Qualität der Polymere verliert das Öl an Viskosität, im schlimmsten Fall hin zum Grundöl, z.B. 15W. Bei den Rektol Klassik-Mehrbereichsölen und unter Einhaltung der Ölwechselintervalle ist dieser Einfluss unkritisch.

In Abb. 11 (J300) ist zu erkennen, dass bei den fünf Mehrbereichsölen nur drei minimale dynamische Viskositäten vorgegeben werden. Die 40er, 50er und 60er Öle müssen  mindesten 3.7 cP bei 150°C erreichen.

Der Scherstabilitätstest erfolgt hingegen in einem anderen Testverfahren: Bosch-Pumpe-Test, DIN 51382 bei 98,9°C, heute 100°C. Die DIN-Norm erwähnt Viskositätsverluste bis über 25% (je nach Güte des verwendeten Polymers).

Wenn Sie es aber genau wissen wollen, kann Ihnen eine Analyse des Altöls bei Oelcheck diese Daten liefern, gegebenenfalls auch mit Hinweisen auf Verschleisseffekte (Metalleinträge) und ihren Kraftstoffeintrag ins Öl (in %). Falls Sie dann nach genauer Betrachtung mit ihrem gewählten Öl zufrieden sein sollten, empfehle ich allerdings bei Wechsel des Finanzvorstandes und damit einhergehender »cost reduction opportunities« den Test gelegentlich zu wiederholen.

Veröffentlichungen zeigen, das HTHS-Werte von ca. 2,7 die geringste Reibung aufweisen, oberhalb ca. 2.8 ist der Verschleiß am geringsten, besonders bei den kritischen Kolbenringen.

Es ist aber natürlich so, dass die Polymere das Öl abhängig von der Temperatur überall verdicken, somit also auch z.B. bei 10°C oder 40°C. Dazu habe ich Öldaten von verschiedenen 20er Mehrbereichsölen doppelt logarithmisch dargestellt (Abb. 12).

Abb. 10 zeigte ja, dass die Mehrbereichsöle bei drei Temperaturen Viskositätswerte einhalten müssen (-15°C, 100°C, 150°C), die in Abb. 12 gekennzeichnet sind. Die Öltests umfassen Viskositätswerte bei 40°C (keine Vorgaben) und 100°C, zwischen denen mit dem M-Wert die Approximation erfolgen kann. Mit ansteigendem zweiten Wert (20, 40, 50) müssen die Viskositäten bei 100°C und 150°C ansteigen (Kippen der ganzen Kurve, Details aus Abb. 11), bei -15°C ist nur ein Maximalwert für 20W vorgegeben. Das Bild zeigt anschaulich, dass ein 20W-40 bei Temperaturen unter 40°C (das ist der Bereich links neben den Punkten) dünnflüssiger ist als ein 20W-50 Öl. Also behalten: Je höher die Spreizung der Viskosität umso höher die Viskosität bei einer betrachteten Temperatur.

Abb. 13 zeigt ein Temperaturfenster von 5°C bis 40°C, also den Kaltstartbereich, um ein 15W-50 Öl ergänzt.

Das 15W-50 ist natürlich dünnflüssiger als ein 20W-50, aber dennoch dicker als ein 20W-40 oder 20W-20 (=20er Einbereichsöl). Also immer nach dem niedrigeren 1. Wert und/oder höchsten 2. Wert zu schielen, macht wegen der dann ansteigenden Spreizung und dem höheren Polymeranteil und dem damit unter Umständen ansteigenden Viskositätsniveau bei niedrigen (s. Abb. 13) Temperaturen nicht zwingend Sinn. Das 20W-40 ist ein sehr interessantes Öl für Pagodenmotoren, die auch bei Umgebungstemperaturen oberhalb von 30°C gefahren werden.

Bei dünnen Grundölen und hohen Polymeranteilen können die Verdampfungsverluste zunehmen, wodurch das Öl eindickt. Es kann also aus einem 10W-50 auch ein 15W-50 entstehen.

Auch können die Polymere oxidationsempfindlich sein, sodass sich als Folge Ablagerungen im Motor bilden.

Hiermit wollen wir deutlich machen, dass viel »know how« und Sorgfalt dazugehört, ein gutes Mehrbereichsöl für einen Oldtimer mit mineralischem Öl herzustellen, da auch die anderen Additive mit den VI-Verbesserern abgestimmt und verträglich sein sollten. Aus diesen Gründen sind Mineralöle mit sehr hohen Spreizungen am Markt nur noch selten zu finden. Volkswagen sperrte z.B. 1975 das 10W-50 Öl als Folge starker Rückstände und
Schäden an Ventilen, die man dem sehr dünnflüssigen Grundöl oder den stark wirkenden VI Verbesserern zur Last legte. Für unsere älteren Pagodenmotoren sollte die Spreizung moderat gehandhabt werden.

Hohe Spreizungen werden heute vorzugsweise aus diesem Grund mit Syntheseölen hergestellt, die von Hause aus eine höheren Viskositätsindex, d.h. Spreizung haben, die bei synthetischen Ölen besser und einfacher zu erreichen sind.

So … beim nächsten Techniktag: Hefte raus, Klassenarbeit! >

WENDEN WIR UNS NUN MAL DEN ADDITIVEN ZU:

Wie schon erläutert, wird die Qualität eines Öles bestimmt aus der des Grundöles und denen der Additive.

• Die Viskositätsklasse ist kein Qualitätskriterium

Es gibt auch API-Grundöl-Klassifikationen, die den Viskositäts-Index, den Schwefelgehalt und den Sättigungsgrad beinhalten. Der Sättigungsgrad zeigt an, wieviel reaktionsfähige Restprodukte (z.B. Aromate) im Basisöl vorhanden sind. Aromate fördern die Mischbarkeit und Wirkung der Additive. Ein geringer Sättigungsgrad macht das Öl oxidationsanfällig und das Öl altert z.B. schneller. Vollsyntheseöle können 100% Sättigung erreichen, d. h. sie sind dauerhaft oxidationsstabil.

In einschlägigen Fachbüchern kann die lange Liste der vorhandenen Additive nachgelesen werden, so dass wir uns zunächst einmal die Anforderungen ansehen wollen und uns dann nur auf die wichtigsten Additive fokussieren werden.

Die Betriebsstoffvorschrift auf die MB-220 von 1969 verweist auf hochlegierte Motoröle und dann auf MB-221. Hier ist wieder mal festzuhalten, dass die Begriffe »hoch« oder »mild« legiert immer in Bezug zu ihrem »Einführungszeitraum« zu sehen sind, denn heute empfiehlt das Mercedes-Benz Classic Center mineralisches 20W-50, mild legiert. Die MB-221 beginnt mit dem Statement: »Ein hoher technischer Qualitätsstand der Motoren verlangt also eine hohe Motorenölqualität«. Danach werden die Anforderungen aufgeführt:

1. Reibungsminderung
2. Kraftstoffverbrauch → Viskosität während des Warmlaufes
3. Verschleißschutz, vor allem bei den Gleitlagern
4. Ölfilmzerreißtest, z.B. bei hohen Temperaturen zwischen
Kolbenring und Laufbuchse
5. Keine Oberflächenschäden, z.B. Pittings an Stößel
6. Erhalten des Honbildes der Zylinderlauffläche
7. Abgestimmte Reaktionstemperaturen der Zusätze (es reicht nicht nur die Anwesenheit, sondern die Reaktionstemperatur der Zusätze muss stimmen)
8. Neutralisationsvermögen, z.B. von Schwefelsäure (Schwefel war/ist im Kraftstoff und im  Grundöl enthalten und bildet mit dem Verbrennungswasser und Kondenswasser Schwefelsäure)
9. Haftvermögen, wichtig für den Motorstart
10. Thermische Stabilität
11. Oxidationsbeständigkeit
12. Hochtemperaturviskosität, d. h. ausreichende Viskosität bei hohen Temperaturen
13. Tieftemperatur-Viskosität: d.h. Starten und Warmlaufen. Die Ölpumpe muss ansaugen und fördern können. Die Pumpe darf sich nicht »freigraben«, d.h. das Öl muss aus der
Wanne durch das Sieb zur Pumpe nachfließen.
14. Geringe temperaturabhängige Viskositätsänderung
15. Scherstabilität, d.h. im Wesentlichen, dass die SAE-Viskositätsklasse über der Laufzeit erhalten bleibt, obwohl die Viskosität abfällt.
16. Dispergievermögen, d.h. Rückstände müssen bis zum Ölfilter in Schwebe gehalten werden.
17. Detergentwirkung, d.h. Ablagerungen sollen abgewaschen werden
18. Kein Ringreiten/kein Ringstecken z.B. durch Ölrückstände
19. Verhinderung von Heißschlamm
20. Verhinderung von Kaltschlamm durch Kondenswasser und/oder Kraftstoffrückstände bei zu niedriger Öltemperatur
21. Verhinderung von Lack bei hohen Temperaturen
22. Beständigkeit gegenüber Wasser/Kühlmittel
23. Keine Ablagerungen auf Einlassventilen
24. Keine Rückstandbildung im Brennraum, u. a. zur Vermeidung von Ventil-Kolben  Berührungen
25. Keine Glühzündungen durch Rückstände
26. Korrosionsschutz aller metallischer Motorbauteile
27. Verträglichkeit mit Metallen und Lacken, z.B. bei innen lackierten Motorbauteilen
28. Verträglichkeit mit Elastomeren (Dichtungen). Die Motoren müssen dicht bleiben. Dichtungen dürfen nicht schrumpfen oder spröde und rissig werden, eine leichte Quellung wird meistens akzeptiert. Wenn ein neues Motorenöl auf den Markt kommt, muss es mit allen Dichtungen, die in Motoren eingebaut sind, verträglich sein.
29. Schaumverhinderung. Schaum führt zu Verschleißbildung, da der Schmierfilm nicht trägt.
30. Luftabgabevermögen, um Schaumbildung zu verringern
31. Wärmeleitfähigkeit/Kühlwirkung durch abgestimmte Oberflächen und Öltemperaturen
32. Abdichtvermögen an den Kolbenringen
33. Geringe Flüchtigkeit, d.h. minimaler Ölverbrauch durch Verdampfung
34. Mischbarkeit/Verträglichkeit muss gewährleitet sein (Hersteller und SAE-Bereiche)
35. Einlaufverhalten (nur für besondere Einlauföle bei Erstbefüllung anwendbar)
36. Große Wechselabstände
37. Verwendbarkeit in verschiedenen Motortypen
38. Gleichbleibende Qualität, nicht nur bei Labormengen, sondern auch in großtechnisch hergestellten Menge

39. Kostengünstig
40. Verfügbarkeit, überall dort wo sie gebraucht werden.
41. Lagerbeständigkeit bei sachgemäßer Lagerung (keine Oxidation, kein Wasser)
42. Keine Geruchsbelästigung, vor allem bei hohen Temperaturen
43. Keine negativen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt

Dazu gehören: Chemisch-physikalische Analysen im Labor, Prüfmaschinen für einfache Bauteile, Einzylindermotoren auf dem Prüfstand, Mehrzylindermotoren auf dem Prüfstand und im Fahrzeug.

Die Dosierung der gewählten Additive ist zeitabhängig (s. Abb.3), weil auch die Anforderungen an das Öl einem Wandel unterlagen, z.B. Ölwechselintervalle, oder alle Additive, die wegen der motorischen Maßnahmen zur Senkung der Abgasemissionen (Katalysatoren und Partikelfilter) eingeführt oder reduziert werden mussten. Wie so oft sind positive Wirkungen in einem Bereich mit Nachteilen in anderen Bereichen verknüpft, müssen also sorgfältig dosiert und abgestimmt werden.

Organische Additive verbrennen »aschefrei«, metallische hingegen »aschebildend« und bedingen somit andere Maßnahmen, wie z.B. Filtration.

Die meisten Additive werden während des Einsatzes verbraucht, definieren somit auch das Ölwechselintervall. Verbraucht heißt hier auch »Verändert«, z.B. werden langatomige Molekülketten zerrieben, Motoren mit Ölverbrauch haben diesbezüglich einen »Vorteil« aufgrund des nachgefüllten Frischöles. Das Service Manual 10/67 benennt für den Ölverbrauch der 230SL und 250SL Motoren 1.5 bis 3 Liter auf 1000 km, vor allem bei
schneller Autobahnfahrt.

Hier nun die beiden wichtigsten Additive, um o.g. Forderungen zu erfüllen:
• Verschleissschutz ZDDP (verfügbar seit Ende der 30er Jahre). ZDDP ist eine chemische Verbindung aus Phosphor, Zink und Schwefel. ZDDP=Zinkdialkyldithiphosphat.
Als Indikator für den ZDDP Anteil werden üblicherweise die Phosphor- und/oder Zinkgehalte gemessen.
Bei den ZDDP’S bildet Phosphor eine Phosphatglasschicht, d.h. er bedeckt die Metalloberfläche und bildet Schutzschichten, die besonders bei Mischreibung eine verschleißmindernde Wirkung haben (also z.B. beim Motorstart). Zur Ausbildung dieser Schicht ist jedoch Druck und eine Temperatur von mindestens 50°C – 120°C erforderlich. Diese Schutzschicht erneuert sich ständig im Betrieb. ZDDP’s werden ausgesucht nach den auftretenden Flächenpressungen und Temperaturen.
Schwefel ist dabei ein EP Additiv (Extrem Pressure) ebenso wie Phosphor. Bei extrem hohen Drücken und Lasten zwischen zwei Reibpartnern kann ein Verschweißen der beiden Werkstoffe auftreten (wird genutzt als Reibschweissverfahren z.B. zwischen Turboladerwelle und Turbinenrad). Bei einem zwischengeschalteten Schmierstoff entstehen in diesem Schmierstoff sehr hohe Temperaturen. Dabei wird aus dem EP-Additiv Schwefel ein Phosphorsäuredrivat oder Chlorwasserstoff freigesetzt, das mit der Metalloberfläche zu Metallsulfiden, -phosphaten oder -chloriden reagiert. Diese bilden dann auf den Metalloberflächen Schichten, die unter hohem Druck abgeschert werden. Hochbelastete Bauteile mit EP Additiv-Bedarf sind der Kolbenbolzen, Zahnräder, Ventil-Nocken Kontakte.
Typische Phosphor-Mengen waren zu Beginn mindestens 0,08%. Einige Motoren mit Flachstößel-Ventiltrieb zeigten jedoch Verschleiß, der mit höheren Mengen oberhalb 0,11% besser beherrschbar wurde. Bei weitergehenden Versuchen stellte man jedoch auch fest, dass es ab 0,18 – 0,20% zu Verschleiß, z.B. durch Angriff auf die Korngrenzen, und somit Oberflächenschäden kam. Mit Einführung der Abgaskatalysatoren wurde der Phosphorgehalt wieder reduziert, da Phosphor als eines der Katalysatorgifte gilt.

• Detergenten/Dispersanten auf Basis von Kalzium- und Magnesiumsulfonaten. Hohe Temperaturen führen zu Ablagerungen (Lack, Ölkohle) auf Motorteilen, besonders im Kolben- und Kolbenringbereich. Detergenten haben die Aufgabe, den Motor zu reinigen und entstandene Säuren zu neutralisieren. Die Dispersanten umhüllen kleine Schmutzteilchen, wie z.B. Ruß aber auch Wasser, und halten sie im Öl in Schwebe, bis sie im Ölfilter dem Ölstrom entzogen werden. Auch entsteht bei niedrigen Betriebstemperaturen Schlammbildung mit nachfolgender Schlammablagerung. Die Additivmenge ist definiert über das Ölwechselintervall, da sie während des Betriebs verbraucht wird.
Hier gilt wieder einmal, wie Fritz B. Busch in seinem einzigartigen Oldtimergeschichten gerne anmerkte: Genug ist besser als zu viel. Z.B. API/SF (ab 1980) ist für höhere  Laufleistungen und Additivanteile spezifiziert mit o. g. Wirkungen. Bei SC galten noch oft 5.000 km, SE meist 10.000 km und SF Öle ca. 15.000 km Ölwechselvorgaben. >

WAS HEISST DAS FÜR UNSERE MOTOREN?

Nicht nur die Motorstarts im Gebiet der Mischreibung, sondern auch die Extremlagen des Kolbens (oben und unten, wo die Relativgeschwindigkeit wegen der Richtungsumkehr auch mal »Null« ist) sind mit der ursprünglich gewählten ZDDP Additivierung zu beherrschen. Das selbst nach längeren Winterpausen noch haftende Öl reicht aus. Die neueren Motoren haben durch die »Start-Stopp-Funktion« nicht übermäßige Schäden erkennen lassen, außer wenn der »Hybrid-Antriebsriemen« und dessen Vorspannung das erste Hauptlager überforderten.

Und denken Sie stets daran, dass ein Pferd früher vielleicht mal bewegt werden wollte, das Auto lassen sie im Winter am besten stehen (nicht mal eben um den Block fahren), denn Kaltstarts und niedrige Öltemperaturen führen zu Kraftstoffeinträgen ins Öl, die definitiv schädlich sind. Und Kondenswasser kann zu Ölschlammbildung führen.

Führen Sie also im Herbst den Öl- und Ölfilterwechsel durch, starten den Motor wie von Karl Kittel in der Pagode 4|18 beschrieben: Zündkerzen raus (Kerzenbild prüfen und evtl. Kerzen später erneuern), Kabel an der Zündspule raus und mit dem Starter solange drehen lassen, bis der Öldruck aufgebaut ist (ohne Kerzen → ohne Kompressionsdruck). Das mit dem Öl oder »Super Lube« Einspritzen durch die Zündkerzenbohrung muss beim Ölwechsel nicht sein.

Karl Kittel startet nach diesem Prozedere auch den Motor nach der langen Winterpause, dann aber mit dem »Super Lube«. Dieses Vorgehen ist für die 4 – 5 Monate Pause nicht zwingend erforderlich, eher für saisonal genutzte Motoren mit Pausen von bis zu einem Jahr, da bei uns nach der Winterpause noch Öl an den Lagerstellen haftet. Aber auch das volle Programm würde nicht schaden.

Die von Mercedes-Benz freigegebenen Öle, wenn Sie im richtigen Temperaturfenster genutzt werden, also auch ein 20W-50 für den 130er (280er) Motor bei über 0°C, sind betriebs- und verschleißsicher! Bei VW waren in den 70er Jahren die 20W-40 und 20W-50 Öle oberhalb -10°C empfohlen. Ab 1997 sogar ab -15°C. Mercedes gab das 20W-50 später ab -5°C frei.

UND WIE SAHEN DIE MERCEDES-BENZ VORGABEN AUS?

Für eine Mercedes-Benz Freigabe Anfang der 60er Jahre mussten die Additivhersteller die Erfüllung der API-Klasse MS (nach 1971 SC) bzw. der Ford-Spezifikation M2C191A und einen Motortest am OM326 (OM ist ein Mercedes-Benz Diesel-(Oil)-Motor) nachweisen. Z.B. prüfte Mercedes-Benz zusammen mit dem Additivhersteller das Motorenöl und das Additiv-Paket, wobei der Additivhersteller die Kosten tragen musste. Der Additivhersteller konnte dann sein Paket an andere Ölhersteller verkaufen, die dann kostenpflichtig bei Mercedes-Benz eine
Freigabe beantragen konnten.

Die MB Blätter 225 und 226 wurden nach jetzigem Kenntnisstand ca. 1967 eingeführt. Davor, ca. ab 1961, gab es die DBL (DB-Liefervorschriften). Die Bedienungsanleitung des 230SL von Mai 1963 (Abb. 14) schreibt HD-Motoröl vor, und in der Bedienungsanleitung sind einige Seiten beigefügt, auf denen die freigegebenen Motorölhersteller teils mit weitergehender Ölbezeichnung gelistet sind, auch HD-Rektol. Kurz später wird dann die mehrseitige Liste ersetzt durch Verweis auf MB-Blatt 226, wo weitere Spezifikationen wie MIL-L und API genannt werden.

Die API Klassifikation SC schrieb (rückwirkend) für 1964 vor: Oils designed for this service provide control of high and low temperature deposits, wear, rust and corrosion in gasoline engines. Über SC ging es zur SD Klasse in 1968 (rückwirkend) zu der SE Klasse von 1972. Während SD nur von »more protection« spricht, wird es bei SE etwas umfänglicher: neben »more protection« wird nun auch »oil oxidation« angesprochen. Es gibt keine spezifischen Additiv-Vorgaben, wie die Forderungen erfüllt werden müssen.

Die Mercedes Spezifikation MB Blatt 226 Anfang der 70er Jahre lautet für das Blatt226.1 (Mehrbereichsöle): Motorenöle müssen mindestens der Spezifikation MIL-L-46152 bzw. APISE/CC entsprechen. Darüber hinaus müssen sie den Prüflauf im OM616-Kombitest nach CEC L 17-A-78 bestanden haben (das ist ein 206 Stunden-Test; Details erspare ich Ihnen, aber er bewertet Zylinder- und Nockenverschleiß, Befunde von Kolben, Kolbenringen, Nockenwellen, Schwinghebel, alle Lager, sowie Verschmutzungen in Ölwanne und Zylinderkopfhaube).

Bezüglich der vorab beschriebenen Philosophie »das Öl muss zur damaligen Zeit passen« nutzt Rektol sein umfangreiches Archiv, in dem relevante Ölrezepturen, Öl-Prüfungen, Öl- Spezifikationen und dazugehörige Fahrzeugempfehlungen seit 1930 teilweise und ab 1950 nahezu komplett vorhanden sind; es gibt also verschiedene Viskositätsklassen mit Spezifikationen von API/SA bis API/SF.

Wir haben Unterlagen die zeigen, das Mercedes-Benz über die Anforderungen, z.B. API/SE, hinausgeht, was wohl auch an den höheren spezifischen Leistungen gegenüber den zugrundeliegenden USA Motoren-Spezifikationen lag. Diese betrafen vor allem den Verschleißschutz und Additive zur Ölalterung. Aus dem Grund ist es wichtig, dass der Oldtimer-Ölbehälter auf MB-225.1 oder MB-226 verweist. Eine Ölformulierung nur nach
API/SE wäre hier nicht optimal.

Die Additive wurden/werden von »reinen« Additivherstellern meistens als »Additiv Pakete« verkauft, das sind dann die verschiedenen chemischen Komponenten, gelöst in Mineralöl. Es gibt auch einzelne Komponenten, also »Single-Additives«, um zu »Boostern«. Sie sehen schon, wenn man genau weiß, was man will, kann man sich aus dem Chemiebaukasten bedienen und die alte MB-Spezifikation versuchen nachzubauen, man muss es aber wissen! Und auch wollen.

Die Dosierungsanleitungen eines Additivpaketes von z.B. Afton zeigen für API/SC 3,1%, für API/SD 3,5%, für API/SE 3,8% und für API/SF 4.0 bis 4,4% Beimischung des Additv-Paketes zum Grundöl, welches auch aus einer Mischung verschiedener Grundöle bestehen kann. Das zeigt den Anstieg der Additivmengen, die aber vor allem den ansteigenden  Ölwechselintervallen Rechnung trägt, da sich Additive im Betrieb verbrauchen. Das damals angebotene Lubrizol Additiv 7888B verweist im »Leistungsprofil« auf: API/SE und »Mercedes Benz Blatt 226.0/226.1«, also auch deren verbesserte/erweiterte Zusammensetzung. Mit diesem zusätzlichen Hinweis auf MB Blatt 226 sind höhere Additivierungen betreffs Detergentien (Schmutzlösen), Verschleißschutz, Ölalterung, Korrosionsschutz und Schmutztragevermögen verbunden. Z.B sind Phosphor und Schwefel +35%, Zink + 30% (alle 3: ZDDP), Stickstoff+85% (Schmutztragevermögen), u. a. erhöht. Somit sollte deutlich werden, dass z.B. API/SE alleine kein Hinweis auf eine ausreichende Additivierung darstellt, es ist also sowas wie eine Grundadditivierung für den amerikanischen Markt ohne »Boostern«. Aber auch Ford wies z.B. 1975 bei den Pickups (F250 u. ä.) darauf hin, dass die Ford-Öl Spezifikation einzuhalten ist und eine API-SE Spezifikation nur erlaubt ist, wenn der Ölhersteller darauf hinweist, dass mindestens 0,1 Gewichtsprozente Phosphor als ZDDP dem Öl beigemischt sind.

Auch bitte beachten, diese API-Spezifikationen gelten heute alle nicht mehr, werden somit auch nicht überprüft. Ist also wie bei Ihrem Joghurt: Kann Spuren von Erdbeeren enthalten.

Die alten Additiv-Pakete sind inzwischen mangels Nachfrage nicht mehr verfügbar, aber die Rektol-Unterlagen des Lubrizol Additiv Paketes (Lubrizol ist einer der größten  Additivhersteller und Mitglied im API) und die historischen Unterlagen erlauben es, das optimale Pagodenöl mit Additiv-Paketen und Boostern nachzubauen und mit den heutigen Kenntnissen sogar noch zu verbessern. Die Dosierungen sind für einen Ölwechselintervall
von 10.000 km ausgelegt, z.B. beim Rektol SE.

Wir raten davon ab, im Zubehörhandel angebotene »zusätzliche« Additive zu nutzen, da auch negative Effekte, wie z.B. beim Phosphorgehalt beschrieben, auftreten können. Diese Pakete nutzen meistens nur dem Verkäufer, und denken Sie bitte an Fritz B. Busch.

Eines der ältesten und sehr beliebten Additive ist MoS2, Molybdändisulfid, welches von der US-Airforce während des 2. Weltkrieges aufgrund seiner Notlaufeigenschaften bei Ölverlust genutzt wurde, wobei Molybdän Pulver in den 40er Jahren von Dow Corning als Molykote auf den Markt kam. Die 1957 gegründete Firma Liqui Moly (LM) wurde mit diesem MoS2 Zusatz erfolgreich, in einem Liqui Moly Prospekt von 1960 lese ich: »Aus dem Automobil-Land Nr. 1 kommt Liqui-Moly. Amerikanische Techniker haben dieses brillante Schmiermittel entwickelt. Millionen haben es »drüben« erprobt und für gut befunden. Seit LM in Deutschland erhältlich ist, fahren auch bei uns Zehntausende von Wagenbesitzern sicherer, angenehmer, schneller und billiger.«

Unzählige Influencer berichten über erstaunliche Wirkungen von MoS2, welches bei fast allen neueren Ölen in einer moderaten Dosierung zu finden ist. Molybdän wirkt als Festschmierstoff mit reibungsmindernden Eigenschaften. Molydänzusätze neigen zum Sedimentieren, d.h. bilden Ablagerungen (von Agglomeraten) und können somit bei zu hoher Dosierung zu ungünstigen Nebenwirkungen führen.

Die Gewinnmargen übertreffen die Restaurant-üblichen Kostenstrukturen zwischen Essen und Getränken und somit Öl und Additivdosen um ein Vielfaches.

Wenn Sie sich dabei besser fühlen, können Sie es nutzen, gibt’s bei fast jedem Ölhersteller als Zusatz, auch bei Rektol als Rektol-Gleitzusatz erhältlich.

WAS ZEIGEN UNSERE BEDIENUNGSANLEITUNGEN?

Daimler Werksnormen DBL 6603, 6604 usw. listen die HD-Öle mit erlaubten Viskositäten auf, die Spezifikationen DB 225.1 und DB 226 gab es noch nicht. >

20W-20 (DBL 6604) ist ein Einbereichsöl (= SAE20 = SAE 20W), und 10W (DBL 6603) ist gleichzusetzen mit SAE10. Bitte beachten, das 20W-20 für den Temperaturbereich +10 °C bis +30 °C empfohlen wird.

In der 1963er Bedienungsanleitung des 230SL wird Rektol HD als zugelassenes Motorenöl gelistet.

Auch sehen Sie in der 230SL Bedienungsanleitung, dass Mehrbereichsöle vorgeschlagen werden, 10W-30 (DBL 6615) bei Temperaturen ab -25°C bis oberhalb +30°C.
Dies wurde später korrigiert und das Temperaturfenster auf +10°C begrenzt, Abb. 17. Die für den Kaltstart sehr gut geeigneten Einbereichsöle SAE10W bzw. SAE20W-20 sind für den Einsatz bei hohen Außentemperaturen nicht geeignet.

Diese niedrigviskosen Öle können den notwendigen Verschleißschutz nicht sicherstellen. Also hier spricht Mercedes-Benz von Verschleiß, MB-Blatt 222.

Bitte behalten, das 20W20 nun (250SL) im Temperaturbereich 0°C bis 30°C empfohlen wird.

Hier wird zum ersten Mal HD-Motorenöl der S1 Qualität gefordert. S1 bedeutet hierbei »Supplement=Zusatz 1«, ein HD-Öl, welches die Spezifikation Mil-L-2104B Supplement 1, also eine höhere Qualität für höher beanspruchte Motoren, erfüllt. Hierbei war ein Test mit spezifiziertem Kraftstoff in einem sogenannten Petter-AV-1 Versuchsmotor/Test  vorgeschrieben. Petter stellte damals in England diesen Motor her. Sie sehen – es ist alles ganz einfach!

Das Einbereichsöl 20W20 ist durch das Einbereichsöl SAE 30 (DBL 6605) ersetzt worden, oberhalb 0°C. Das Mehrbereichsöl 10W-30 wird nicht mehr explizit genannt, sondern man empfiehlt »entsprechende Mehrbereichsöle«.

Die Betriebsstoffe werden im MB-Blatt 042, z. B. aus 1969 für den 250 SL und 280 SL, gemäß MB-Blatt 225.1 und 226 und die SAE-Klassen nach MB-Blatt 224 vorgeschrieben. Rektol Motoröl ist auch hier in der Freigabeliste, MB-Blatt 225.1 gelistet.

Das MB-Blatt 224 von 1968 gibt folgende SAE-Klassen-Informationen:

1. Außenlufttemperatur: Für einen Zeitraum von wenigstens einigen Tagen. Im Frühjahr oder Herbst könnte sich bei genauer Beachtung obiger Vorschrift ein häufiger Wechsel der SAE-Klassen ergeben. Deshalb ist für gemäßigte Zonen ab April SAE30 und ab Oktober 10W zu verwenden.
2. Bei anhaltenden Außenlufttemperaturen über 30°C kann SAE40 verwendet werden.

Mercedes-Benz schreibt, MB-Blatt 222: Die für die hohen thermischen Belastungen der Motoren besonders geeigneten Einbereichsöle SAE30 oder SAE40 erschweren oder verhindern bei niedrigen Außentemperaturen den sicheren Kaltstart und führen in der Kaltstartphase zu unerwünschten hohen viskositätsbedingten Reibungsverlusten! Mercedes-Benz spricht von Reibung → Verbrauch, nicht von Verschleiß! >

Das MB-Blatt 224 von 1985, aber auch das Wartungshandbuch von Juli 1980, erhalten Informationen über die inzwischen vermehrt verfügbaren Mehrbereichsöle. Auch das ab ca. 1970/71 verfügbare Mehrbereichsöl 20W-50, welches mit der Baureihe R107 in die  Vorschriften aufgenommen wurde, findet nun Einzug und galt rückwirkend für den »130«er Motortyp, also den 280 SE und 280 SL. Sie sehen, nicht nur API sondern auch Daimler kann etwas rückwirkend definieren. (Abb. 17)

Die in Abb. 13 aufgeführten 15W-50 und 10W-50 Öle sollten mit dem heutigen Wissen um die Wirkung der VI Verbesserer=Polymere für unsere mineralischen Öle nicht bevorzugt verwendet werden. Interessant ist auch, das 10W-30 nun auf Temperaturen unter 10°C begrenzt wird, also ähnlich wie Ford 1965 beim Mustang mit den 120 km/h anmerkte. Es ist mir hoffentlich gestattet, als ehemaliger Mitarbeiter der Ford Forschung anzumerken: Ford ist besser als sein Ruf.

Von besonderer Bedeutung ist ein möglicher Viskositätsabfall des Motoröls. Gründe für einen Abfall der Viskosität liegen in der Verdünnung durch Einkondensation von Kraftstoff und Kondensaten aus der Verbrennung und durch die Scherung der langkettigen Viskositätsverbesserer in kleinere Moleküle, wobei der Kraftstoffeintrag als kritischer angesehen werden kann. Ein Viskositätsabfall kann ein Kollabieren des Schmierfilms unter hohen Lasten bewirken, die Funktion der Gleitlager stören und folglich die Wirkungsweise der Additive beeinträchtigen

Kurze Fahrstrecken mit häufigen Kaltstarts, d. h. kältere Luft und somit schlechterer Gemischaufbereitung/-verdampfung, kombiniert mit der Gemischanreicherung (fetter), führen zu hohen Kraftstoffanreicherungen (Einkondensation) im Öl, da die Leckströme an den Kolbenringen (Blow By) zunehmen.

Das Blow-By-Gas enthält während der Kaltphase auch vermehrt Wasser und Öl, wobei das Wasser bei einer Motortemperatur zwischen 30 und 40 °C in flüssiger Phase, zwischen 40 und 50 °C als Wasser/Öl-Emulsion und oberhalb von 50 °C als Wasserdampf vorliegt. Durch das Auftreten von Wasser in flüssiger Phase und durch die Emulsionsbildung werden verstärkt hochkorrosive Säuren (Schwefelsäure und Salpetersäure) in den Schmierstoff eingetragen und greifen auch direkt Oberflächen an.

Bei Versuchen mit häufigen Kaltstarts konnte bereits nach 1.000 km ein Kraftstoffanteil von 10 % gemessen werden, maximale Messwerte zeigten bis zu 25 % Kraftstoffanteil im Öl, also negativem Ölverbrauch am Peilstab (Peilstab zeigt ansteigende Ölmenge).

Die Schmierfähigkeit und Viskosität nimmt mit höherem Kraftstoffanteil im Öl ab und führt zu höherem Verschleiß, 1% Kraftstoffanteil reduziert die Viskosität um ca. 9%, 5% um ca. 35% und 10% Kraftstoffanteil um ca. 55%.

Unter diesen tribologisch ungünstigen Bedingungen sind die Verschleißschutzmechanismen gestört und es steigt der Anteil der Festkörperreibung, was nach einer Inkubationszeit zu Verschleißprogression führt. Messungen zeigten bei hohem Kraftstoffanteilen nach 10.000 km einen signifikanten Verschleiß. Ein Ölwechsel wäre hier bei ca. 50% der üblichen Laufleistung vorzunehmen, das ist auch so in den Betriebsanleitungen von 230 SL bis 280 SL vermerkt. Der Kraftstoffanteil im Motoröl wird durch Autobahnfahrten, d.h. der deutlichen Erhöhung der Öltemperatur, wieder etwas abgesenkt, üblicherweise auf ca. 1+%. Gebrauchtölanalysen weisen oft Kraftstoffanteile von 1 – 3 % auf.

DAS ÖLSYSTEM IST MIT RELATIV HOHEM AUFWAND FÜR OPTIMALE RANDBEDINGUNGEN ANGEPASST.

Nach Rückfragen im Mercedes-Benz Archiv gibt es leider keine Schautafel des Ölkreislaufes, welches hier gezeigt werden könnte, deshalb sehen Sie in den nachfolgenden Abb. 18 das Ölfiltermodul und in Abb. 19 einen selbsterstellten erweiterten Ausschnitt für den 280SL. Abb. 18 zeigt, dass die separat zu kaufende Dichtung »6« beim Ölfilterwechsel zu prüfen und zu erneuern ist, fehlt die Dichtung, wird das Filter umgangen und ist somit weitestgehend wirkungslos.

Die Ölpumpe erzeugt einen Öldruck, welcher durch das Druckregelventil in der Pumpe auf 12–13 bar begrenzt wird, nur 280SL (PAGODE 4|2017; Öldruck). Das Öl wird dann innerhalb des Motorblocks zum Öl Modul geleitet. Von dort geht das Öl z.B. über die langen Leitungen zum Ölkühler (250SL neben dem Motorblock, 280SL neben dem Wasserkühler, d.h. > 2 m Leitungslänge) und dann wieder zurück zum Modul und in das Papierfilter (von außen nach innen). Beim 280SL gibt es einen Bypass, der bei einer Druckdifferenz ab 1,5 bar öffnet und den Ölkühler umgeht. Dann gibt es einen zweiten Bypass, der ab einer Druckdifferenz von 3,5 bar das Papierfilter umgeht. Dann wird der Öldruck gemessen und das Öl geht in die Hauptgalerie des Motorblocks, wo vorne an der Stirnseite des Motorblocks dann ein zweites Öldruckregelventil den Druck auf 4,5–5,5 bar begrenzt. Der 230SL ohne Ölkühler hat nur das Öldruckventil mit ca. 5 bar. Erfahrungsgemäß arbeiten die Beipässe bis zu Öltemperaturen von ca. 40–60°C (bei SAE 30 Öl). >

D.h., dass im Kaltstart mit ca. 12 bar die interne Ölleitung befüllt und Kühler und Filter umgangen werden können und dann die Lagerstellen mit ca. 5 bar versorgt werden. Da es sich um eine Reihenschaltung von »Druckverlusterzeugern« handelt, definiert das Regelventil von ca. 5 bar den »Enddruck« in der Leitung. Alle lokalen Zwischendrücke sind Ergebnis der lokalen Druckverluste. Dennoch erfolgt der Öldruckaufbau mit zunehmender Kälte und bei Ölen mit höherer Viskosität verzögert. Für diese Anforderungen wurde die Ölrezeptur so eingestellt, dass die Verschleissschutzadditive die Motorbauteile vor übermäßigem Verschleiß schützen. Heute werden die Ölkühler bevorzugt direkt ohne Leitungen am Motorblock angeordnet und aus Kostengründen wird nur ein Ventil verwendet.

Wenn der Öldruck in der Pagode die 3 bar unserer Anzeige erreicht, sollte Öl zeitnah an allen Lagerstellen vorhanden sein. Ich habe Simulationen bei FEV eingesehen, welche den  Ölkreislauf abbilden und verschiedene Viskositäten hinsichtlich ihres »Erreichen der Lagerstellen« bei sehr niedrigen Temperaturen bewerten. Focus lag dabei vor allem auf der Ölversorgung des Turboladers, der mit langen, dünnen Leitungen etwas weiter vom Motorblock entfernt angeordnet war. Bedenken Sie bitte auch, dass der Öldruck oft nur ein »Versorgungsdruck« ist, die Gleitlager von Kurbelwelle und unterem Pleuelauge bauen Ihren »Arbeitsdruck=tragfähiger Öldruck« selber auf, wie schon bei Abb. 7 erläutert.

ÖLANALYSEN

Unser gemeinsames Interesse am Thema »Oldtimeröl« führte Herrn Pohlmann in die Ölkammer von Rektol, wo wegen der kontinuierlichen Beobachtung des Wettbewerbs auch noch viele »alte« Öldosen lagern. Es wurden elf Fabrikate aus der Zeit von 1951 bis 1979 ausgewählt, welche hinsichtlich Viskosität, aber vor allem hinsichtlich der Spezifikation und Mercedes-Benz Freigaben interessant waren. Das wurde dann ergänzt durch die beiden Mercedes-Benz Klassik Öle von 2010, die inzwischen nicht mehr erhältlich sind, und neun aktuelle Öle mit dominierender Bezeichnung »Classic«, und natürlich insgesamt sechs Rektol Produkten. Von den neueren Ölen (17) hatten neun die Spezifikation SE oder SF. Um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, werden wir die Ergebnisse »anonym« darstellen, obwohl alle Analysen bei einem externen Dienstleister durchgeführt wurden.

Die CCS Messungen führte Rektol selber durch, für die anderen Analysen der Viskositäten, HTHS-Viskosität und Additivzusammensetzung, wurde das externe Labor von Ölcheck beauftragt. Die Öldosenübersicht ist in Abb. 20 zu sehen. Wir werden einige Testergebnisse allerdings, um die guten Beziehungen zu allen Wettbewerbern zu erhalten, nur als Kurven/Streubänder zeigen.

►Zunächst haben wir die dynamische Kälteviskosität CCS im Cold Cranking Simulator gemessen (Abb. 21).

Das CCS-Gerät enthält eine temperaturgesteuerte Prüfzelle (Stator). Dort wird das Öl auf die geforderte Minustemperatur abgekühlt. Über einen rotierenden Rotor in der Prüfzelle, der mit konstanter Kraft betrieben wird, wird der »Widerstand« des Öles bestimmt und in die Viskosität mPa * s (cP) umgerechnet. >

Wir möchten hier nur eine Auswertung für die 20W-Öle zeigen, die Rektol 20W-xx Öle sind hervorgehoben.

Wir können festhalten, dass alle 20er Mehrbereichsöle den oberen Viskositätsgrenzwert bei 15 °C wie gefordert unterschreiten.

In Abb. 21 sind in »Grau und braun« die Viskositätsbereiche für 20W (-15°C) und 10W bei der Temperatur von -17,8°C (J300 aus 1967) eingetragen (vertikale Linien). Sie sehen, das ARAL 10W30 von 1969 liegt knapp im definierten unteren »Fenster« für 10W Öle. Wenn Sie den oberen Endpunkt der 1967 Kurve qualitativ auf -15°C übertragen, können Sie eine vergleichbare Viskosität von ca. 7.100 Pas abschätzen (heutiger Grenzwert 9.500 Pas). Also, wie schon erwähnt, die neueren Werte erlauben wegen der »reibungsärmer« konstruierten Motoren höhere Maximalwerte.

Auch bitte behalten, die bei -15°C getesteten Öle (also die 20W-xx) liegen zwischen 2762 Pas bis 9770 Pas und erfüllen die Vorgaben < 9500 Pas (+5%), aber auch »locker« Faktor drei zwischen minimal und maximal Wert, das ist jetzt wieder die Forrest Gump Erkenntnis.

Die drei getesteten Rektol Öle weisen niedrige Viskositäten bei -15°C auf (dickere Linien), also gut für den Kaltstart und die Ölversorgung.

►HTHS, High Temperature High Share (150°C)

Die HTHS-Viskosität (Hochtemperatur-Scherviskosität) ist ein Maß für das Verhalten von Schmierölen bei hohen Temperaturen (+150°C) unter Scherung. Zur Messung wird ein zylindrischer Rotationskörper (Ø = 18mm) bei +150°C und einer Drehzahl von n = 3.200 1/min in einen ruhenden Stator so eingebracht, dass ein definierter Schmierspalt (ca. 3 µm) entsteht, Abb. 22. Bei definierter Scherrate (10+6 s-1) ist das entstehende Drehmoment ein Maß für die HTHS-Viskosität: HTHS-Viskosität=f (n, T, Spaltbreite). Die Maßeinheit für die HTHS-Viskosität ist mPas=cP. Heute verwendete Motorenöle haben üblicherweise eine HTHS-Viskosität > 3,5 mPas. Einige Hersteller empfehlen für bestimmte Motoren auch Öle mit einer HTHS von 2,6 bis 2,9mPas. Abb. 23 zeigt die Messergebnisse. Die  Motorenhersteller geben hier Werte für das Frischöl an.

►Kinematische Viskosität (40°C, 100°C)

Die kinematische Viskosität beschreibt das »Viskositäts-Dichte-Verhältnis« und wird in der Einheit (cSt) angegeben. Die Messung basiert auf der Zeit, die ein Öl benötigt, um bei einer gewählten Temperatur (mittels Gravitation) durch eine definierte Länge einer Kapillare zu fließen. Anhand der Kapillarkonstante wird mit der Durchflusszeit die kinematische Viskosität berechnet (Abb. 24).

Die Multiplikation der kinematischen Viskosität mit der Dichte ergibt die dynamische Viskosität. Dabei ist erforderlich, dass zuvor die Dichte, die für Motorenöle bei 15°C angegeben wird, auf die Dichte bei 40°C bzw. 100°C nach der Formel dxx = d15 – (xx -15 )* 0,00067 umgerechnet wird.

Bewertung: Alle 28 Öle lagen innerhalb der vorgegebenen min- und max-Werte der Viskositäten, welche nur bei 100°C vorgegeben ist. Also ist somit die Spezifikation trotz hoher Unterschiede gewährleistet, sie wurde aber bei »Frischölen« gemessen. Die Schereffekte der Mehrbereichsöle führt aber im Betrieb zu einer Abnahme der Viskosität, abhängig von der Güte und der vorhandenen Inhaltsmenge des Polymers und der aktuellen Laufleistung. D.h. die »Rest-Qualität« des Öles, z.B. vor dem nächsten Ölwechsel, wäre nur mit einem Öltest zu bestimmen. Um dies zu verdeutlichen, haben wir einen Sicherheitsabstand von 10% über der SAE Mindestviskositäts definiert und die scherkritischen Öle rot markiert, die in einem Scher-Boschpumpe-Test unzureichende Ergebnisse liefern könnten.

Es kann festgehalten werden, dass bei den 50er Ölen knappe 50% diese »Qualität« vermutlich nicht haben.

ADDITIVE

Das günstigste und schnellste Verfahren zur Elementbestimmung ist die Infrarot-Spektroskopie. Hierbei wird ein Öl mit infraroter Strahlung bestrahlt. Die  elektromagnetischen Wellen werden von bestimmten Elementen mehr oder weniger absorbiert. Diese Absorption bewirkt eine Schwingungsanregung der Elementbindungen, die aufgezeichnet wird und Aufschluss über die Zusammensetzung des Öles liefert.

Bei den alten Ölen ist eine stark unterschiedliche Wahl der Haupt-Additivelemente erkennbar. In den 1950er und 1960er Jahren war Amoco (gehört heute zur BP Gruppe) ein Additiv Lieferant, z.B. bei Esso und Rektol und nutzte Barium. Typische Werte für Barium-Anteile waren 2500–3000 mg/kg. Allerdings trägt Barium nicht zum Neutralisationsvermögen von Säuren bei, was aber akzeptabel war, da die Ölwechselintervalle bei ca. 5.000 km lagen, ebenso konnte man somit die BN-Zahl (Neutralisationsvermögen von Säuren) moderat wählen.

In den 60ern wurden, wie auch bei der Pagode zu sehen, längere Ölwechselintervalle gefordert. Das führte dazu, dass Barium aus dem Additiv-Portfolio komplett verschwand (heute 0 mg/kg). Ersetzt wurde Barium dann durch Kalzium und Magnesium Anteile, die bevorzugt z.B. bei den Lubrizol Additivpaketen verwendet wurden.

Wie schon vorher erwähnt, haben die gewählten Grundöle unterschiedliche Schwefelanteile und erfordern damit unterschiedliche BN Zahlen unter Berücksichtigung der Ölwechselintervalle. Schwefel bzw. Schwefelträger (Schwefelverbindungen) sind aber auch Bestandteile, die zum Verschleißschutz und zu den Detergenzien zählen, d. h. es wird auch gezielt zugesetzt.

Um den amerikanischen Sprachgebrauch für das Grundöl zu missbrauchen: Premium liegt bei ca. 4000 mg/kg Schwefel, Heavy Duty (also höherwertiges Grundöl) bei ca. 3000 mg/kg, Regular ist dann eher bis zu 8000 mg/kg. Regular ist natürlich preiswerter, sollte aber eine höhere BN Zahl haben, um ein »zuviel« an Schwefelsäure zu neutralisieren.

Wir haben hier auch Öle mit höheren BN Zahlen gesehen (z. B. 4000 mg/kg Schwefel). Das können dann Export-Öle sein, z.B. für Nordafrika, da dort der Kraftstoff noch deutliche höhere Schwefelanteile hat. Wegen des Kraftstoffeintrags in das Motoröl, die mit den BlowBy Gasen in das Kurbelgehäuse geleitet werden und das Öl mit Schwefel und Säuren anreichern, sind dann diese höheren BN Zahlen erforderlich.

Aufgrund der heutigen schwefelarmen Kraftstoffe benötigen Oldtimeröle weniger Reinigungsmittel und damit ein geringeres Säure-Neutralisationsverhalten (BN). Ebenso sind mit den heutigen, höherwertigen Mineralölen geringere Schwefelanteile im Motorenöl realisierbar. Geringere Schwefelanteile reduzieren das Risiko von Säurebildungen. Wir halten einen maximalen Schwefelwert im Oldtimer Motorenöl von <5.000 mg/kg für erstrebenswert. >

Je nach Fahrzeug und Öl-Wechselintervall reicht eine BN im Bereich von 5/6 mgKOH/g aus, um die damaligen MB Öl-Wechselintervalle von bis zu 10.000 km zu erfüllen.

Moderne Motorenöle und sogenannte »mild legierte« Oldtimeröle sind für Mercedes Oldtimer der 1960er und 1970er Jahre nicht zu empfehlen, da u.a. wichtige Anteile an Verschleißschutz-Additiven fehlen, die aufgrund der seinerzeit eingesetzten Materialien und Oberflächengüten erforderlich waren. Der Verschleißschutz-Anteil (hier ZDDP) sollte im Oldtimeröl gemäß den damaligen Mercedes-Motorenölfreigaben im Bereich von >1.000 mg/kg für den Phosphorwert bzw. >1.150 mg/kg für den Zinkwert liegen.

Neben den Rektol Ölen weist nur ein »neues« Öl eine ähnliche Additivierung wie die »original Rezeptur« auf, allerdings bei einer hohen BN Zahlen.

Rektol ist hoch dosiert beim Verschleissschutz und angemessen bei den  Detergenten/Dispersant, d. h. auf 10.000 km abgestimmt, was im Übrigen auch der maximal Wert der jährlichen Fahrleistung für H-Fahrzeuge ist. Bei niedrigeren Schwefelgehalten des Öls und des Kraftstoffes können die Detergenten reduziert werden. Die Schwefelanteile der neuen Öle lagen zwischen 1600 bis 9200, Rektol im Bereich 3900 mg/kg.

Die meisten Classic Öle haben Additivierungen die den damaligen Mercedes Anforderungen nicht genügen, z.B. bei den Verschließadditiven nur die Hälfte der von damaligen Ölen erreichten und von Mercedes geforderten Werte.

Als Ersatzstoffe für die ZDDP’s wurden verschiedene Reibwertvermindernde Additive entwickelt, z.B. wird Molybdän genutzt (darauf wurde schon vorher eingegangen). Diese Reibwertverminderer erzeugen jedoch nicht die besonderen chemischen »Schutzschichte« auf Metalloberflächen wie die ZDDP’s, die alte Motorenkonstruktionen benötigen.

ZUSAMMENFASSUNG:

Wir empfehlen mineralische Öle originaler Rezeptur, wobei die selbst vorgenommene Additivierung den früheren Vorgaben entspricht und somit nach MB Vorgaben die API-Klassen aufwertet. Wir haben Vorschläge zum Ölwechselintervall, zum Procedere, d.h. Motorinbetriebnahme gemacht.

Wenn man sich an die Temperaturbereiche der SAE Viskositäts-Klassen hält, ist der Kaltstartverschleiß durch die ZDDP Additive, wenn die der original Rezeptur entsprechen, im normalen Fahrbetrieb als unkritisch zu bewerten.

Sie sollten also darauf achten, dass der Ölbehälter oder das zugehörige Datenblatt auf die Daimler Nr. 225, 226 oder die DBL Nummern 6603 – 6615 hinweist.

Die Bedeutung der Viskosität wurde erläutert, und die Wahl eines höher Viskosen Öls (innerhalb der MB-Vorgaben) erhöht nicht nur bei älteren Motoren mit höherer Laufleistung die Betriebssicherheit, vor allem bei hohen Belastungen und höheren Laufleistungen.

Mercedes-Benz hat in der Pagodenzeit zuerst für den Sommer ab 10°C bis 30°C SAE20 vorgeschlagen, dann ab 0°C bis 30°C und dies beim 280SL durch SAE30 oberhalb von 0°C ersetzt.

Auch haben wir gezeigt, welche »Variationsbreite« die Viskositäten haben können, die auf den Behältern nicht dokumentiert ist, da sie nicht zwingend genau so bleibt, weil der Grundöllieferant andere Chargen liefern kann und/oder das Grundöl aus anderen Fördergebieten bezogen werden kann.

Es ist festzuhalten, dass die damals geltenden API-Klassen keine Vorgaben über die Additivmengen machten, sondern verlangten, dass die Forderungen durch die damals gültigen Tests und Versuche erfüllt wurden. Mercedes-Benz verlangte damals schon mehr als die API-Spezifikation.

Wir empfehlen: Die Verschleißschutz Additive (ZDDP) sollten über 1000mg/kg liegen für den Phosphorwert, und > 1150mg/kg für den Zinkwert. Der Schwefelgehalt des Öls sollte die 5000 mg/kg nicht überschreiten, und die Basenzahl BN sollte im Bereich 5 –6 mgKOG/g gewählt werden. Das können Sie den Behältern nicht ansehen, somit habe ich gelernt: Ölkauf ist auch Vertrauenssache.

Wir können sagen, dass die Rektol Öle 20W-40 und 20W-50 als niedrigviskos beschrieben werden können und somit die Anforderungen bezüglich Kaltstart, Kühlung der Lager und Schmiersicherheit bei hohen Belastungen erfüllen und auch Reserven bei  Kühlungsproblemen aufweisen. »Viskosität« ist selbst innerhalb der Vorgaben eine Vertrauenssache, wie gezeigt für die niedrigviskosen Rektol Öle (für Kaltstart), gemessen bei -15 °C für SAE 20W-Öle. Das kann natürlich auch bei Wettbewerbern der Fall sein … oder eben nicht so ausgeprägt … oder …?

Für Motoren mit höherer Laufleistung oder bei sehr hohen Außentemperaturen (Südeuropa) ist das 20W-50 eine gute Wahl.

Für meine Pagode mit Saisonkennzeichen und ohne »Brötchen-hol«-Lastkollektiv wähle ich die SAE 20W-40 SC oder 20W-50 SE von Rektol, je nach Urlaubsplan.

Für die 230er und 250er Motoren würden wir 20W-40 SC wählen, deren Viskosität zumindest bei Rektol auch als »hohes« 15W-40 durchgehen könnte. Wir begründen das mit der Evolution der Vorgaben der Betriebsanleitungen. Wenn Sie jedoch auch im Winter fahren möchten und das ohne Ölwechsel, dann wäre es 15W-40.

Wir haben versucht, das in einer Tabelle zu verdichten; unter wohlwollender Berücksichtigung der Heisenberg- und Einstein-Theorien zur Unschärfe kamen wir zu diesem vorläufigen Ergebnis: siehe Abb. 25.

Ihre Entscheidung, wie immer, machen Sie was Sie wollen, aber das Richtige!

Und wie war das in der Feuerzangenbowle: Und jetzt wisst ihr (nahezu) wie ’ne Dampfmaschin funktioniert, oder auch nicht.

Ich danke Jochen Pohlmann von Rektol sehr für die Überlassung vieler Informationen und Dokumente und für die erhebliche Zeit, die er für »uns« investiert hat, damit ich diesen  Artikel hier schreiben konnte. Die gescannten Informationen umfassen inzwischen drei vollständig gefüllte Ordner. Ich bin von seinem Fachwissen und seiner Begeisterung für den richtigen Schmierstoff sehr beeindruckt. Der Öllieferant meiner Wahl, klein, aber sehr fein, wie der Erweiterungsbau in abschließender Abb. 26 zeigt.

Norbert Schorn, Aachen