Bei der ADAC Württemberg Historic gibt es einen etwas anderen Schönheitswettbewerb
Der Concours d’Elegance ist kein gewöhnlicher Wettbewerb. Vielmehr geht es darum, die Historie der Fahrzeuge in den Fokus zu rücken. So mancher Oldtimer, der bei der ADAC Württemberg Historic am 19. und 20. Mai in und um Heilbronn tourt, hat Automobil-Geschichte geschrieben.
Auf den ersten Blick sind Ronald Ihrig und Engelbert Rozijn zu beneiden. Die beiden fungieren als Juroren beim Concours d’Elegance, dem etwas anderen Schönheits-Wettbewerb im Rahmen der ADAC Württemberg Historic. Sie dürfen die schönsten Fahrzeuge rausfiltern, begutachten, bewerten. Aber das ist eine recht umfangreiche Aufgabe, schließlich sind rund 100 Oldtimer bei der Ausfahrt des ADAC Württemberg am Start.
Hinzu kommt die Besonderheit, dass es vorrangig nicht nur ums Aussehen geht, sondern auch um andere Werte wie die Authentizität der Oldtimer und ihre Bedeutung zur Zeit der Herstellung. Der wichtigste Faktor aber ist, die ganz eigene Geschichte, die jedes historische Fahrzeug hat. Das lässt sich am besten an einem aktuellen Beispiel erklären: Bei der Rallye, die dieses Jahr am 19. und 20. Mai in und um Heilbronn tourt, ist eine Corvette C1 aus dem Jahr 1958 mit dabei. Das Besondere an ihr: Hersteller GM wollte in den USA ein kleineres Sportwagen-Segment begründen und günstigere Modelle anbieten. Das ging aber nur mit einem neuen Werkstoff. Und so kam es, dass Glasfaser verstärkte Kunststoffe (GfK) Einzug in die Automobilbranche hielten.
Um einen weiteren Vorgeschmack zu geben, hier die Auswahl interessanter Fahrzeuge von Ihrig und Rozijn:
Karmann-Ghia (1967 und 1970) „Dass es dieses Fahrzeug überhaupt gibt, haben wir zwei mutigen und visionären Männern zu verdanken“, erklärt Juror Ihrig. Wilhelm Karmann baute seit 1949 viersitzige Käfer-Cabriolets für Volkswagen. Seine Idee, auch noch einen sportlicheren Zweisitzer anzubieten, stieß bei VW auf Ablehnung. Er verwirklichte das Auto dann zusammen mit seinem Freund Luigi Segre, dem Inhaber von Carrozzeria Ghia in Turin. Als die beiden das Auto als fertigen Entwurf dem VW-Vorstand präsentierten, bekamen sie doch noch grünes Licht.
Alfa Romeo 2000 Touring Spider Tipo 102 (1959 und 1960) „Der Alfa war ein sehr exklusives Fahrzeug zu seiner Zeit“, bilanziert Ihrig. Der Neupreis lag in den 1950er-Jahren bei 21.560 D-Mark. Zum Vergleich: der Mercedes-Benz 300 SL kostete 29.000 D-Mark. Der Entwurf stammte von Federico Formenti von Carrozzeria Touring in Mailand, wo die Fahrzeuge auch gefertigt wurden. In den Jahren 1958 bis 1962 wurden nur etwa 3500 Stück gebaut. Der ab 1962 hergestellte Alfa Romeo 2600 Touring Spider verfügte über einen Sechszylindermotor, um konkurrenzfähiger zu sein.
Chevrolet Corvette C1 (1958) Harley Earl von GM beobachtete das Phänomen, dass US-Soldaten, die nach ihrer Besatzungszeit aus Europa in die USA zurückkehrten, oft europäische Sportwagen von Alfa Romeo, Jaguar oder Triumph mitbrachten. In den USA gab es dieses kleine Sportwagen-Segment noch nicht. Earl und GM erkannten das Potenzial und so kam es, dass 1953 die Corvette vorgestellt wurde. „Vorgabe waren eben die europäischen Werte: sportlich, leicht und günstig“ erklärt Ihrig. Die Folge: ein günstigerer Werkstoff musste her. Glasfaser verstärkte Kunststoffe (GfK) hielten Einzug in die Automobilbranche.
Citroën DS 19 (1967) Flaminio Bertoni war Architekt, Künstler, Bildhauer und Autodesigner. „Sein Wunsch war es, den DS als eine vom Fisch inspirierte in Blech geformte Skulptur zu gestalten“, sagt Juror Rozijn. Aber der erste Prototyp geriet aufgrund des weit vorne liegenden, wuchtigen Motors derart plump, dass die Entwickler dem Fahrzeug den Spitznamen „Nilpferd“ verpassten. „Erst als der Motor kleiner wurde und das Reserverad flachliegend davor Platz fand, gelang Bertoni durch fließende Linien und glatte Oberflächen das heute noch avantgardistische Design.“
Über die ADAC Württemberg Historic
Mit der 22. ADAC Württemberg Historic begeben sich Oldtimer-Fans am 19. und 20. Mai auf Entdeckungstour durch Nordschwaben. Dreh- und Angelpunkt ist die Stadt Heilbronn. Zwei unterschiedliche Wettbewerbe stehen für die Teilnehmenden zur Auswahl. Die Teams in der Gleichmäßigkeitswertung müssen eine vorgegebene durchschnittliche Geschwindigkeit präzise einhalten. Wer sich für die Touristik-Ausfahrt entscheidet, steht vor der Aufgabe, unterwegs Fragen zu Land und Leuten zu beantworten und Bildersuchfahrten zu bewältigen. An den Start gehen klassische Automobile, die 1993 oder früher vom Band liefen, 2023 also mindestens 30 Jahre alt sind. Mehr Infos unter: www.wuerttemberg-historic.de