AvD befürchtet Ausdünnung des Oldtimer-Nachwuchses

Die Oldtimer-Experten des Automobilclub von Deutschland (AvD) bangen um den „Nachwuchs“. Seit Einführung der Abwrackprämie droht vielen Autoklassikern in Spe das Aus. Währte ein Autodasein bis vor kurzem durchschnittlich 17 Jahre, wandern mittlerweile sogar mechanisch und optisch einwandfreie Neunjährige auf den Schrott. Somit sinken die Chancen, mit 20 oder 30 Jahren in den rettenden Hafen eines Young- oder Oldtimer-Liebhabers einzulaufen, dramatisch.

„Viele Fahrzeuge, die jetzt in die Presse wandern, besitzen eine gute Substanz“, erläutert AvD-Oldtimerexperte Dieter Ritter. „Ihr einziger Makel: Sie bringen auf dem Gebrauchtwagenmarkt weniger als die vom Staat gebotenen 2.500 Euro Abwrackprämie.“ Rentnergepflegte C-Klassen teilen sich momentan die Autofriedhöfe mit gut erhaltenen Golf III, vollverzinkten und damit rostfreien Audi 80 oder 5er BMWs der frühen 90er Jahre. Um einen Porsche 911 oder einen Mercedes SL muss man sich zwar keine Sorgen machen – die sind selbst in schlechtem Zustand deutlich mehr wert -, aber bei den Alltagsfahrzeugen dürfte bald ein deutlicher Bestandsschwund erreicht sein. „Diese Autos hatten es bisher schon nicht leicht, da sie von ihren Besitzern in vielen Fällen lieber aufgerieben als aufgehoben wurden“, so Dieter Ritter.  Aussterben wird wohl keines der gängigen Fahrzeugmodelle, doch immerhin dürfte die Massen-Verschrottung dazu führen, dass Young- und Oldtimerfans in zehn oder 20 Jahren aus einem deutlich geschrumpften Pool wählen müssen.

Ein Opfer, das unter Umständen sogar noch zu rechtfertigen wäre – wenn der offiziell „Umweltprämie“ genannte Staatsbonus seinem Namen wenigstens gerecht werden würde. „Alte Fahrzeuge, die viel Kraftstoff verbrauchen, gegen saubere und sparsame Neuwagen auszutauschen, klingt zunächst durchaus logisch“, meint AvD-Experte Ritter. „Wer sich jedoch die Gesamtenergiebilanz eines Fahrzeugs anschaut, wird schnell feststellen, dass sich die Aktion als Bumerang erweisen könnte.“ Das renommierte ifo Institut für Wirtschaftsforschung hat berechnet, dass die Produktion eines neuen VW Golf 10.790 Kilogramm Kohlendioxid freisetzt. Das entspricht dem Verbrennungs-Äquivalent von 4.650 Litern Benzin. Wer ein altes, aber funktionstüchtiges Auto verschrottet und durch ein neues ersetzt, müsste also genau diese Menge über den Verbrauch einsparen – damit er eine günstigere CO2-Bilanz erzielt.

Ein Beispiel: Ein aktueller Golf VI mit 1,4-Liter-Ottomotor verbraucht im Schnitt 6,4 Liter Benzin je 100 km. Das ergibt bei einer Jahresfahrleistung von 12.000 Kilometern einen Gesamtverbrauch von 768 Litern Benzin. Der Herausforderer aus den 80er Jahren ist ein Golf II, 1,3 Liter-Benziner. Dieser konsumiert im Drittelmix 7,3 Liter, was sich bei gleicher zurückgelegter Distanz auf 876 Liter Treibstoff per anno summiert.

Die Differenz beträgt demnach alle zwölf Monate 108 Liter – zugunsten des Golf VI. Das scheint eine ganze Menge. Rechnet man jedoch die Herstellung mit ein, kippt das Bild: Erst nach 43 Jahren Betrieb hat das moderne Auto durch seinen Minderverbrauch den Urahn in der CO2-Gesamtbilanz eingeholt. Noch günstiger fällt der Vergleich für den sparsameren Golf III aus oder für Oberklassewagen, deren Produktion besonders energieintensiv abläuft. Blieben noch die übrigen Schadstoffe, bei denen moderne Fahrzeuge dank besserer Abgasreinigung natürlich deutlich günstiger abschneiden. Doch auch hier sollte man bedenken, dass bei der Autoproduktion ebenfalls erhebliche Abgase und chemische Rückstände entstehen.