von Eicke Schüürmann - Freier Journalist
Am Oldtimerhimmel leuchtete Anfang Juli ein sehr spezielles Nordlicht: Mit „The Aurora“ (benannt nach aurora borealis, den Polarlichtern) ging die Erstausgabe eines schwedischen Concours d’Elegance an den Start. Stilsicher wurde als Austragungsort eine wunderschöne Gartenanlage rund um ein altehrwürdiges Herrenhaus hoch über dem Skagerak-Gestade gewählt. So weit, so Concours as usual. Aber: Das Konzept unterscheidet sich deutlich von den bekannten Concours an der Villa d’Este in Italien, in Chantilly in Frankreich oder Pebble Beach in USA. Der Schönheitswettbewerb stellt nämlich außergewöhnlichen Oldtimern moderne Hypercars gegenüber. Das macht durchaus Sinn, weil die ausgestellten Veteranenfahrzeuge zu ihrer Zeit oft sowohl exorbitant teuer wie extrem leistungsfähig und in nur handverlesener Stückzahl verfügbar waren und damit den Supercars der heutigen Zeit entsprechen. Zum zweiten resultiert aus dieser Anordnung ein großes Interesse jüngerer Besucher, elf Prozent der rund 10.000 zahlenden Gäste waren zwischen zwölf und 17 Jahre alt und sind damit die Autoenthusiasten von morgen.
69 sorgfältig kuratierte Fahrzeuge im Concours wurden ergänzt durch das sogenannte Showfield, zu dem private Besitzer ihre rollenden Schätze – ebenso moderne Supercars wie interessante Oldtimer – zur Vorab-Prüfung durch eine Zulassungs-Jury anmelden konnten. Da hier Tagestickets vergeben wurden, ergab sich an allen drei Tagen ein neu gemischtes, buntes Showfield. Abgerundet wurde The Aurora von Ausstellungsbereichen der für eine derartige Veranstaltung unerlässlichen Sponsoren. Hier spannte sich der Bogen weit von Männerkosmetik, Mode über Home-Entertainment bis zum niederländischen Flugauto PAL-V, das zwar vorführbereit, aber bis heute ohne Straßenzulassung ist.
Einziger Sponsor mit Stern-Affinität war HWA, der am Ort einen originalen Mercedes 190 2.3 16 Evo seiner Neuinterpretation des legendären Tourenwagens gegenüberstellte. Besser standen die Sterne in Showfield und Concours da: Den Dekaden-Preis für die 1930er Jahre sammelte der 540 K mit schwedischer Norrmalm-Karosserie ein, ein Concours-Auszeichnungen durchaus gewohntes Einzelstück, auf dessen Kühler statt des Sterns eine in den Himmel zielende bogenspannende Diana glänzt. Und den „Northern Lights Award“ – vergeben für die weiteste Anreise auf eigener Achse – nahm Erich Oswald mit nach Nordschweden. Sein 1954er 300 SL Flügeltürer hat die 1.400 Kilometer klaglos abgespult.
Moderiert wurde die Veranstaltung höchst sachkundig und unterhaltsam von Johan Pärson, Öffentlichkeitsarbeiter bei Koenigsegg und Jan Philip Rathgen, Classic Driver aus Passion. Beide führten Aurora-Talks mit interessante Gäste auf der Bühne und präsentierten die Fahrzeuge einzeln nach Vorfahrt auf die Rampe. Die Jury für die Hypercars wurde angeführt von Schwedens Formel-1-Legende Stefan Johansson, assistiert von You-Tuberin Supercar Blondie aus Australien. Die Klassiker-Juroren vertrauten auf den langjährigen Chefdesigner von Zagato, Norihiko Harada, und den italiensichen Sammler Corrado Lopresto.
Schonen ist als südlichste Provinz Schwedens leicht zu erreichen. Der Ort Båstad zeigt sich gleichzeitig als gemütliche Astrid-Lindgren-Kleinstadt wie mondänes Urlaubszentrum an der schwedischen Riviera. Mit den Nordea Open beherbergt Båstad eines der wichtigsten Events im Tenniskalender und hat deshalb ausreichend gute Hotels, überdies liegen auch sieben Campingplätze in der direkten Umgebung, die schwedentypisch nette Holzhäuschen vermieten. Norrvikens Trädgårder als Ort des Aurora-Concours ist eine Bilderbuchlocation, die ihresgleichen sucht. Das Umland nennt sich „Schwedische Toskana“ und besticht mit kleinen, kurvigen Straßen vor traumhafter Hügel-und-Meer-Kulisse – wie gemacht für die stilechte Oldtimer-Ausfahrt zwischendurch. Einzig die Bodenschwellen in den Orten, die allesamt 30- oder 40-km/h-Zonen sind, stellen für Tiefergelegtes ernste Verletzungsgefahr dar. Sie heißen auf Schwedisch Farthinder – und hindern am Fahren sehr effizient! Die zweite Aurora-Auflage ist schon beschlossen: 27. bis 29. Juni 2025.
Text und Fotos: Eicke Schüürmann