- 1926 vergibt der Bayerische Dampfkessel-Revisionsverein erstmals Prüfstempel für amtliche Hauptuntersuchungen von Kraftfahrzeugen
- Prüfung für Verkehrssicherheit und Umweltschutz
- „33 Extras“: Exponate der Automobilkultur im Mercedes-Benz Museum
160 Fahrzeuge und insgesamt 1.500 Exponate präsentiert die vielfältige Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums. Ein besonderer Bestandteil sind die „33 Extras“: Sie lassen am Beispiel oft überraschender Details Mobilitätshistorie und Automobilkultur lebendig werden. Die Newsletter-Reihe Mercedes-Benz Museum Inside lenkt den Blick auf die „33 Extras“ und bringt ihre Geschichten auf den Punkt. In der heutigen Folge geht es um den TÜV.
16/33: Der TÜV
1 – Vor 94 Jahren: Schon bevor 1938 die heutigen Technischen Überwachungsvereine (TÜV) entstehen, führen deren Vorgängerorganisationen Hauptuntersuchungen von Kraftfahrzeugen durch. In Baden beispielsweise werden bereits ab 1906 Automobile überprüft, die im Großherzogtum in Betrieb genommen werden sollen. Ab 1926 übernimmt dann der Bayerische Dampfkessel-Revisionsverein mit seiner neu gegründeten „Maschinentechnischen Beratungs- und Revisionsstelle für Kraftfahrzeuge“ die amtliche Prüfung in Bayern und vergibt dabei erstmals auch amtliche Prüfstempel in den Zulassungspapieren. Die HU-Plakette auf dem hinteren Kennzeichen hingegen gibt es erst seit 1961 in der Bundesrepublik Deutschland, 1963 folgt das entsprechende Prüfsiegel auf Nummernschildern in der DDR.
2 – Polypol: Schon lange nehmen auch andere technische Prüfstellen und amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen wie zum Beispiel DEKRA (entstanden aus dem Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein), GTÜ (Gesellschaft für Technische Überwachung) oder KÜS (Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger) die amtliche Hauptuntersuchung (HU) vor. Dennoch hält sich der einstige Monopolist hartnäckig im allgemeinen Sprachgebrauch, wenn es um die HU geht. Da heißt es dann „mein Auto muss zum TÜV“ oder „der TÜV ist fällig“.
3 – Statistik: Klingt überraschend, ist aber wahr: Je älter Fahrzeuge werden, desto besser schneiden sie irgendwann in der Mängelstatistik ab. Zumindest dann, wenn das Automobil den Klassikerstatus erreicht hat und von seinem Besitzer gehegt und gepflegt wird. Denn er will es ja funktionsfähig auf der Straße halten und kümmert sich um alle notwendigen Wartungs- und Reparaturarbeiten. Mehrere klassische Modelle von Mercedes-Benz stehen übrigens in der Oldtimerzulassungsstatistik ganz oben.
4 – Hauptuntersuchung: Mit einer „zerlegungsfreien Sicht-, Funktions- und Wirkungsprüfung bestimmter Bauteile“ beurteilen die Prüfingenieure, ob das Fahrzeug den Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung entspricht und im Sinne der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes betrieben werden kann. Sie schauen beispielsweise auf Fahrwerk, Bremsen und Lichtausrüstung, aber auch auf das Abgasreinigungssystem. Stimmt alles, erhält das Fahrzeug am hinteren Kennzeichen eine neue Prüfplakette und der Fahrer zudem einen schriftlichen Prüfbericht.
5 – Besiegelt: Die gültige HU-Prüfplakette ist seit 1961 neben dem entsprechenden Eintrag in den Zulassungspapieren das begehrte Ergebnis der Hauptuntersuchung. Sie wird auf das hintere Kennzeichen geklebt. Früher – seit der Einführung 1926 in Bayern – setzt der Prüfer seinen Stempel in das zum Fahrzeug gehörende Zulassungsdokument. Einen solchen historischen Stempel der „Amtlichen Prüfstelle für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ zeigt das Exponat der Reihe „33 Extras“ des Mercedes-Benz Museums.
6 – Turnus: Ein privater Personenwagen muss in Deutschland zum ersten Mal 36 Monate nach seiner Erstzulassung zur HU vorgeführt werden. Danach gilt der Zweijahresrhythmus. Für andere Fahrzeuge gibt es abweichende Fristen, so müssen etwa Taxis oder Mietwagen jedes Jahr zur HU.
7 – Bitte vorfahren: Bei einem erheblichen oder gefährlichen Mangel muss das Fahrzeug innerhalb eines Monats erneut zur Nachprüfung vorgeführt werden. Lässt der Fahrzeughalter diese Frist verstreichen, muss er eine vollständige neue HU machen lassen. Sollte das Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher sein, wird die Prüfplakette entfernt, und es darf nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen.
8 – Gesetzlich geregelt: Zu Beginn ist die HU freiwillig. Aber eine verbindliche Prüfung wird schon bald diskutiert. 1929 lässt der größte deutsche Automobilclub ADAC unter seinen Mitgliedern abstimmen ‒ 90 Prozent sind gegen eine Pflichtuntersuchung. Doch ab 1. Dezember 1951 wird sie dann in der Bundesrepublik Deutschland für alle zulassungspflichtigen Kraftfahrzeuge und Anhänger eingeführt. Seitdem müssen Fahrzeuge in regelmäßigen Abständen inspiziert werden. In der damaligen DDR ist ab dem Jahr 1963 die „Technische Überprüfung“ von Kraftfahrzeugen verpflichtend. Bei bestandener Prüfung gibt es eine farbige Plakette (ab 1980 einen Aufkleber) auf dem hinteren Kennzeichen. Ausgeführt werden die technischen Überprüfungen von Kraftfahrzeugwerkstätten, „Verkehrssicherheitsaktiven“ (VSA) in Unternehmen sowie der Polizei. Diese informiert auch darüber, wann der neue Prüftermin ansteht – spätestens mit der Ausgabe einer neuen Generation des Prüfsiegels.
9 – Nervensache: Je älter das Fahrzeug wird und je näher der Termin für die nächste HU rückt, desto größer wird bei manchem Fahrzeugbesitzer die Sorge: Wird das Auto problemlos „durch den TÜV“ kommen? Oder drohen teure Reparaturen? Und wenn sich diese nicht mehr lohnen, bedeutet dies das wirtschaftliche Aus?
10 – Internationalität: In ähnlicher Form existiert die Hauptuntersuchung beispielsweise auch in Frankreich, Österreich, der Schweiz und den USA. Auch dort müssen Fahrzeuge regelmäßig zu einer technischen Prüfung.