- Anlagen zur Geschwindigkeitsüberwachung nutzen unterschiedliche Technologien
- Erste Ideen sind fast so alt wie das Automobil
- Die verbreitete Form stationärer Messanlagen führt zum Namen „Starenkasten“
- „33 Extras“: Exponate der Automobilkultur im Mercedes-Benz Museum
160 Fahrzeuge und insgesamt 1.500 Exponate präsentiert die vielfältige Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums. Ein besonderer Bestandteil sind die „33 Extras“: Sie lassen am Beispiel oft überraschender Details Mobilitätshistorie und Automobilkultur lebendig werden. Die Newsletter-Reihe Mercedes-Benz Museum Inside lenkt den Blick auf die „33 Extras“ und bringt ihre Geschichten auf den Punkt. In der heutigen Folge geht es um die Radarfalle.
28/33: Die Radarfalle
Blitz aus heiterem Himmel: Seit mehr als 60 Jahren werden in der Bundesrepublik Deutschland Autofahrer „geblitzt“, wenn sie mit zu hoher Geschwindigkeit eine Messstelle von Polizei oder Ordnungsamt passieren. Das zumeist rote Licht der kurz aufzuckenden Lampe dient der fotografischen Dokumentation von Kennzeichen und Fahrer. Die Geschwindigkeit wird zuvor mit verschiedenen Techniken gemessen – unter anderem mit Radar. Das hat den entsprechenden Anlagen auch den Namen „Radarfalle“ eingetragen.
Ortsfest: An einer fixen Stelle montierte Blitzer arbeiten häufig mit in die Fahrbahn eingelassenen Messstreifen. Sie registrieren ein darüberfahrendes Auto und berechnen daraus das Tempo. Wird dabei die an der Stelle geltende Höchstgeschwindigkeit überschritten, lösen Blitzlicht und Kamera aus. Sie befinden sich oft in einem Gehäuse mit runden Öffnungen (unten für den Blitz, oben für die Kamera), das auf einem Mast installiert ist. Diese an einen Nistkasten für Vögel erinnernde Form hat zur Bezeichnung „Starenkasten“ für solche Messgeräte geführt. Das Exponat aus der Reihe der „33 Extras“ im Mercedes-Benz Museum ist ein solcher Starenkasten des Herstellers Traffipax.
Science-Fiction: Ideen für die Überwachung der Geschwindigkeit des Straßenverkehrs mit technischen Hilfsmitteln sind fast so alt wie das Automobil selbst. In seinem Zukunftsroman „A Journey in Other Worlds“ beschreibt beispielsweise der beim Untergang der Titanic verstorbene, US-amerikanische Schriftsteller John Jacob Astor schon im Jahr 1894, wie die Verkehrspolizei künftig fotografische Serienaufnahmen einsetzen wird, um die Geschwindigkeit von Fahrzeugen im Stadtverkehr zu bestimmen: „Die Polizisten im Dienst haben auf Stativen montierte Sofortbildkameras, welche die Position jedes Fahrzeugs in Halb- und Viertelsekundenabständen zeigen, woraus sich leicht die exakte Geschwindigkeit ermitteln lässt.“ Heute gibt es Lösungen zur Geschwindigkeitsüberwachung nach einem zumindest ähnlichen Prinzip. Es registriert Fahrzeuge bei der Ein- und Ausfahrt einer Kontrollstrecke und errechnet dabei die Durchschnittsgeschwindigkeit.
Hin und Her: Die ersten in der Praxis eingesetzten technischen Anlagen zur Geschwindigkeitsmessung in der Bundesrepublik Deutschland sind jedoch mobil. Das Messgerät sendet Radarwellen aus, die von Fahrzeugen reflektiert und mit veränderter Frequenz zurückgesandt werden. Aus der Frequenzveränderung bei diesem Hin und Her lässt sich die Geschwindigkeit des jeweiligen Fahrzeugs berechnen. Im Februar 1959 setzt die Verkehrspolizei in der Nähe von Düsseldorf erstmals das „Verkehrsradargerät VRG 2“ des Herstellers Telefunken ein. Eine technisch exakte Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr war zuvor nicht möglich.
Verkehrssicherheit und Kommunalfinanzen: Die Geschwindigkeitsmessung soll vor allem der Sicherheit im Straßenverkehr dienen, indem die Einhaltung von Tempolimits kontrolliert wird. Das trifft insbesondere auf die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts zu, die in der Bundesrepublik Deutschland ab 1. September 1957 gilt. Bald entdecken jedoch die Kommunen, dass die bei Geschwindigkeitsübertretungen verhängten Bußgelder auch die Finanzen von Gemeinde oder Stadt aufbessern können. Seither gibt es immer wieder Auseinandersetzungen über die Positionierung von Messstellen: Sind es wirklich besonders kritische Punkte im Straßenverkehr? Oder werden sie eher deshalb ausgesucht, weil sie hohe Umsätze versprechen?
Technische Entwicklung: Seit der Premiere der Radarmessungen im Straßenverkehr vor mehr als 60 Jahren sind die entsprechenden Techniken weiterentwickelt worden. Es gibt ortsfeste Anlagen und mobile Messgeräte verschiedener Bauarten. Die Geschwindigkeiten werden unter anderem per Kontaktschleifen, Radar, Lidar und Lichtschranke gemessen. Gleichzeitig wird die Geschwindigkeitsregelung im Automobil selbst immer komfortabler. Das geschieht beispielsweise durch den Tempomaten, den Mercedes-Benz in der S-Klasse der Baureihe 116 und den SLC-Sportwagen der Baureihe C 107 erstmals 1975 präsentiert. Später wird er um die „Limiter“-Funktion ergänzt, bei der eine feste Höchstgeschwindigkeit gewählt werden kann.
Motorsport: Bei Rennen geht es auf der Strecke um Spitzengeschwindigkeiten. In der Boxengasse jedoch ist beispielsweise in der Königsklasse Formel 1 seit Mitte der 1990er-Jahre ein Tempolimit vorgeschrieben, es liegt derzeit bei 80 km/h. Schon bei geringfügigen Überschreitungen erhalten die Rennfahrer Zeit- und Geldstrafen. Das Gegenmittel: Moderne Rennwagen haben für gewöhnlich einen Limiter für die Boxengasse eingebaut, der vom Fahrer bedient wird.
Assistent des Fahrers: Das Automobil bekommt immer mehr Möglichkeiten, den Fahrer aktiv dabei zu unterstützen, die geltende Höchstgeschwindigkeit einzuhalten. Heute kann beispielsweise der Aktive Geschwindigkeitslimit-Assistent in Mercedes-Benz Automobilen über eine Kamera Verkehrsschilder erkennen und auch in unübersichtlichen Situationen die geltenden Geschwindigkeitslimits erfassen. Der Aktive Abstands-Assistent DISTRONIC übernimmt diese Angaben auf Wunsch automatisch und passt die Geschwindigkeit des Fahrzeugs entsprechend an.