ACE veranstaltet Verkehrsrechtstag
Der ACE will vor der diesjährigen großen Reisesaison auf seinem 4. Verkehrsrechtstag (28. / 29. Juni 2013 in Düsseldorf-Kaarst / Hotel Park Inn) mit Anwälten und Verkehrsrechtsexperten darüber beraten, wie die Praxis der grenzenüberschreitenden Vollstreckung von Bußgeldern auf eine rechtsstaatliche Grundlage gestellt und verbessert werden kann.
Obwohl die grenzüberschreitende Vollstreckung von Bußgeldern innerhalb der EU (Ausnahmen: Italien, Griechenland, Irland) seit 28.10.2010 möglich ist, haben sich nach Einschätzung des ACE weder die Kraftfahrer noch die Anwaltschaft auf die neue Situation hinreichend eingestellt. „Dies liegt möglicherweise auch daran, dass die wenigsten Staaten die Bußgeldbescheide in deutscher Sprache zustellen“, sagte der Leiter Verkehrsrecht beim ACE, Volker Lempp. „Es ist außerdem häufig völlig unklar, ob beziehungsweise wann sich der bereits im ausländischen Erkenntnisverfahren befindende Mandant mit einem Einspruch zu Wort melden sollte.“
Club kritisiert unterschiedliche Methoden der Bußgeldeintreibung
Noch verwirrender wird das Ganze durch das unterschiedliche Recht der einzelnen EU-Staaten, insbesondere was die sogenannte Halterhaftung anbelangt. In einigen Staaten, etwa in Italien und in Niederlande, haftet der Halter für die mit seinem Fahrzeug begangenen Verstöße, es sei denn, er kann beweisen, dass er nicht gefahren ist. Eine gemäßigtere Form findet sich beispielsweise in Österreich in Form einer strafbewehrten Auskunftspflicht des Halters. Übrig bleiben die Staaten, die unter Federführung Deutschlands die Halterhaftung wegen entgegenstehender rechtsstaatlicher Grundsätze überhaupt ablehnen.
Hier liegen für den Betroffenen eines Bußgeldverfahrens im EU-Ausland Chancen, aber auch Fallen. Der ACE weist daher auf folgende Punkte hin:
- Wer allein aufgrund seiner Haltereigenschaft – die Information holt sich die Verfolgungsbehörde beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) – von einer ausländischen Stelle belangt wird, sollte sich im Einspruchsverfahren zu Wort melden und den Einwand fehlenden Verschuldens erheben, also vortragen, nicht gefahren zu sein. Dies muss dann als Argument gegen die Vollstreckung in Deutschland vor dem Bundesamt der Justiz wiederholt werden. Wer dagegen untätig bleibt und die Dinge auf sich zukommen lässt, wird vor Gericht mit dem Einwand der Halterhaftung nicht mehr gehört.
- Die Vollstreckung im ausländischen Staat bleibt aber nach dessen Recht weiterhin möglich, also etwa bei einer Wiedereinreise. Deshalb sollte immer der Versuch unternommen werden, bereits im Bußgeldverfahren die Sache aus der Welt zu schaffen. Die Bereitschaft der ausländischen Stellen, Akteneinsicht zu gewähren, ist dabei sehr unterschiedlich, genauso wie deren Bereitschaft, auf die Argumente eines deutschen Anwalts einzugehen.
- Die Halterhaftung in manchen EU-Staaten bereitet auch bei Verstößen mit Mietwagen oder privat genutzten Dienstwagen Probleme. Auch die jeweiligen Firmen werden als Halter ohne Nachsicht zur Kasse gebeten und halten sich dann im Zweifel an den Fahrer. Dieser kann noch nicht einmal auf seine Rechtsschutzversicherung zurückgreifen, solange sich das Verfahren nicht gegen ihn selbst richtet, und muss sich mit dem Halter arrangieren.
ACE fürchtet Bußgeldflut nach Ende der Sommerreisesaison
Regelbefolgung schützt vor Strafe
Vermutlich wird es zum Ende der Urlaubssaison einen weiteren Anstieg bei Bußgeldbescheiden aus dem Ausland geben. Um dem vorzubeugen, rät der Club, sich vor Reiseantritt mit den Verkehrsregeln des Urlaubslandes vertraut zu machen und dort die einschlägigen Vorschriften strikt zu befolgen.
Sanktionsverfahren reformbedürftig
Der ACE hält die derzeitige Patchwork-Regelung bei der Strafvollstreckung für dringend reformbedürftig. Eine rechtsstaatlich abgesicherte und dem Betroffenen auch zumutbare Interessenwahrnehmung ist in ausländischen Verfahren nicht sichergestellt, zumal die meisten Bescheide in fremder Sprache abgefasst sind (wer kommt schon mit finnischen Bußgeldbescheiden zurecht?). Außerdem ist das Recht des Verteidigers auf Akteneinsicht nicht zufriedenstellend geregelt. Nach Umsetzung des einheitlichen Vollstreckungsverfahrens muss in einem zweiten Schritt die Rechtsstaatlichkeit des gesamten Verfahrens auf den Prüfstand, beginnend bei der Selbstverständlichkeit übersetzter Dokumente.
Für die Anwaltschaft muss die Möglichkeit geschaffen werden, den Mandanten genauso effektiv zu beraten und zu verteidigen wie in einem inländischen Verfahren, notfalls unter Hinzuziehung eines ausländischen Kollegen, fordert der ACE.