Und obgleich ich mir aus Altersgründen – man denkt da mit 80 nicht mehr so sehr an Aufbau, eher an Abbau – kein neues Modell anschaffe, habe ich mich doch erweichen lassen, und hatte binnen kurzer Zeit eins auf meinem
Schreibtisch stehen. Bei der Betrachtung des hübschen lindgrünen Modells bekam ich es allerdings sofort mit einem Gewissenskonflikt zu tun: soll ich oder soll ich nicht? Sollte ich einfach „drüberstehen“ und darüber hinwegsehen, oder doch nicht? Das erklärt, warum ich erst jetzt, wo das Modell doch keine absolute Neuheit mehr ist, zur Feder greife.
Lange von meinem schlechten Gewissen geplagt, musste ich schließlich einsehen, dass ich es den Lesern meiner Beiträge und allen anderen Mercedes-Benz Modellauto-Sammlern, die ich erreichen konnte, schuldig war, auf den, milde gesagt, unzumutbaren Fehler hinzuweisen, und zu erklären, wie es dazu kommen konnte.
Da hat doch tatsächlich ein Ahnungsloser entschieden, dass der glänzende „Flecken“, der auf Aufnahmen am unteren Ende der A-Säule zu sehen ist, ein Vierkantschlüssel sein muss. Wie sonst wäre das Endresultat am Modell denn zustande gekommen?
keinerlei Nachprüfung der Dokumente, bzw. eines Vorserien-Modells vorgenommen. Es ist anzunehmen, dass der eigentliche Hersteller des Modells zumindest Fotos für die Umsetzung in 1:43 zur Verfügung gehabt haben muss. Davon gibt es reichlich im Internet und in Fachbüchern; und selbst wenn es in den 1930er Jahren keine hochauflösenden Bilder gab, sollte klar sein, dass man einfach mal nachfragen kann, wenn ein Detail entweder nicht klar erkennbar ist oder eine genauere Interpretation erfordert.
Denn: der eigentliche Herstellungsbetrieb in Fern-Ost legt dem Auftraggeber einfach ein Modell vor, das er für produktionsreif hält, ziert sich aber, wenn er sich nicht glatt weigert, etwa anfallende Korrekturen vorzunehmen, abgesehen bei kleineren Details. Oft wird dann behauptet, dass solche Änderungen eine Unterbrechung des
Produktionsprozesses bedeuten, oder dass das Modell von Grund auf neu erstellt werden muss, mit neuen Formen usw. Das bedeutet natürlich erhebliche neue Kosten für den Auftragsgeber und einen weiteren Zeitverlust, der die Planung des Auftragsgebers völlig durcheinanderbringt.
Und so wird bei manchen Fehlern, sofern sie nicht extrem grob sind, zwangsweise oftmals einfach ein Auge zugedrückt, in der Hoffnung, dass der Käufer bzw. Sammler es entweder nicht bemerkt, oder sich zumindest nicht bei seinem Händler, (oder gar in Stuttgart beim MBMC ) beschwert… Das nebenbei ist auch der Grund, weshalb die Sammler oftmals die Ankündigung eines neuen Modells lesen können, dann aber doch noch mehrere
Wochen, Monate oder gar ein Jahr auf die Herausgabe des betroffenen hoffentlich etwas korrigierten Modells warten müssen. Wahre Sammler sind auch etwas ungeduldig, wenn ein neues Modell angekündigt wird, und können die lange Wartezeit nur schwer ertragen, für die dann schnell oder uninformiert der Modelllieferant verantwortlich gemacht wird.
Beim Kess-Modell des Mercedes 320 Combinations-Coupe sieht man, was bei mangelnder Qualitätskontrolle – trotz des ach so gepriesenen „QC-Control“ Aufkleber vieler chinesischen Produkte – herauskommen kann. Dann sind gleich alle Varianten, egal ob geschlossen, oder mit abgenommenen Coupe-Dach, egal ob grün oder zweifarbig in rot und schwarz, mit dem gleichen unsinnigen Fehler behaftet.
Und um was handelt es sich bei dem glänzenden Flecken an der A-Säule tatsächlich?? Ganz einfach um die „Sindelfinger Karosserie“- Plakette!!
Wie aus einer flachen Plakette plötzlich ein dreidimensionaler Vierkant-Schlüsselgriff werden konnte, wird mir allerdings für immer ein Rätsel bleiben Wenn es um winzige Details geht, die nicht bestätigt werden können, lautet meine Empfehlung an jeden Modellbauer: „Im Zweifelsfall: Enthaltung“.