Offener Brief von Maria Lehmann, 6. November 2013, an die Retro-Messen GmbH zum derzeit für die Retro Classics 2014 ausgerufenen Thema „Fahrkultur erfahren“:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Beweihräucherung des sogenannten Garagengoldes in der „Oldtimerszene“ verschreckt zunehmend die Leute, die das Restaurieren und Bewahren des alten Blechs als ihr Hobby auserkoren haben.
Die Szene rekrutiert sich aus Menschen, die in diesen heute alten Autos „aufgewachsen sind“. Wenn die Oldtimerszene außerhalb des derzeitige Geld-Hypes eine Zukunft haben soll, dann geht es um das Heranwachsen von Menschen, die sich keinen Neuwagen kaufen um zu imponieren, sondern mit liebevoller Hingabe das Auto der Eltern/Großeltern bewahren, restaurieren und fahren. Da ist Herzblut drin, da spielen keine kommerziellen Interessen eine Rolle.
Die Hingabe zu Humidoren und Hussen ist nichts mehr als ein Kommerzspiel, denn die Börsen gerantieren derzeit keine absolute Gewinnvermehrung auf Aktien, so dass die neue Währung Oldtimer sind. Ob Aktie oder Flügeltürer, der Besitzer freut sich am Gewinn, und es geht ihm auch um nicht anderes – außer vielleicht noch darum mit einem kulinarischen Genuss seinen Magen zu füllen.
Diesen Kommerz nun auf der ehemals – in Konkurrenz zur etablierten Techno Classica – Retro Classics etablieren zu wollen, wird sehr viele Herzblutschrauber sehr verschrecken. Die Retro war (!) bislang die Konkurrenz zu Essen, einfach weil man dort das andere Spektrum hat sehen und genießen können. Jetzt wird ausgerufen: Weg vom Hobby hin zum Millionenobjekt. Die Besucher, die früher zu den Clubshallen – wegen dem Hobby – geströmt sind, werden wegbleiben. Ein verschmerzbarer Verlust, beim Ausruf „Fahrkultur erfahren“ ? Das Garagengold wird ähnlich wie die Internetblase irgendwann ploppen, dann stehen die vermeintlichen Millionäre vor einem Haufen „altem Blech“ und werden dann die Regierung auffordern diese Verluste über Steuereinnahmen rückzufinanzieren. Zu Lasten der mit Herzschmerz schraubenden Altblech-Entusiasten, die das Hobby (!) am Leben erhalten werden, wenn die Garagengoldbesitzer sich längst anderen lukrativen Anlagegeschäften wie beispielsweise einer Koyzucht gewidmet haben werden.
Dass die Messe mehr Geld verdient an den Garagengoldbesitzern als an uns Oldtimerenthusiasten ist klar. Die Kurzsichtigkeit wundert allerdings schon. Denn, wenn es in ein paar Jahren noch Oldtimer geben wird, die auf der Straße gefahren werden, sind es ganz sicherlich die Enthusiasten und nicht die Besitzer der Millionenkaraossen. Ein Fahrzeug, das in einem Museum oder einer Messe steht, kann angeschaut werden (look, don’t touch) – ein Autos, das auf der Straße bewegt wird, begeistert die Menschen. Und genau das ist Oldtimerei und der Erhalt dieser Kultur!
Mir, Jörg Maschke, hat dieser Brief sehr gut gefallen, beschreibt er doch eine Beobachtung die mir in der letzten Zeit auch aufgefallen ist. Immer mehr neue Interessenten melden sich und bevor man über das Fahrgefühl eines Klassikers oder die schöne Linie gesprochen hat, kommt der Preis zur Sprache… und dann auch recht bald, wie wohl die zu erwartende Preisentwicklung bei diesem Fahrzeug aussehen wird.
Besinnen wir uns doch mal wieder auf die faszinierende Technik, das Fahren, das Pflegen, das Bewahren und das ermitteln der Geschichte unserer Fahrzeuge!