Am Samstag, den 17.März 2012 wurde in Stuttgart die Nacht zum Tage gemacht. Die Lange Nacht der Museen rief und Tausende sind dem Ruf der Kultur gefolgt. 88 Einrichtungen der Landeshauptstadt öffneten von 19 bis 2 Uhr ihre Pforten, bis auf eine Ausnahme: Das Mercedes-Benz-Museum! Dessen gläserne Pforten schlossen sich hinter den ausgelassenen Gästen erst um 4 Uhr.
Die Museumsnacht im einmaligen Tempel automobiler Lust stand heuer ganz im Zeichen des „Super-Leicht“, besser bekannt unter dem Kürzel „SL“. Dies bewiesen nicht nur die zahlreich auf dem Museumshügel in exponierter Lage ausgestellten Roadster von Mercedes-Benz-Clubmitgliedern, eingeladen vom Club-Management, ihre blechgewordenen Träume an diesem angenehmen März-Abend den Museumsbesuchern zu zeigen. Auch die herrlich nostalgischen Filme, nicht nur über die Entwicklungsgeschichte der Mercedes-Sportwagenikone, in der Freitreppe auf Ebene 1 des Museums durften sich einen Weg ins Auge des Betrachters bahnen, auch andere zeitgenössischen Filme aus dem Bestand des Classic-Archivs erfreuten die Besucher oder die 15-minütigen Führungen alle halbe Stunde durch die aktuelle Ausstellung „Zeitlos – 60 Jahre Mercedes-Benz SL“ begeisterte ob der lückenlos präsentierten SL-Historie. Kleiner Auszug aus der Präsentation des Collection-Raums 5 gefällig? Der 300 SL Rennsportwagen (W 194), das Siegerauto der Carrera Panamericana des Jahres 1952, der 190 SL (W 121) von US-Astronaut David R. Scott aus dem Jahr 1958, der 1963 auf der Rallye Lüttich–Sofia–Lüttich von Eugen Böhringer pilotierte 230 SL (W 113), ein SL 55 AMG (R 230) als Safety Car der Formel-1-Saison 2001 und auch der neueste SL (R 231) hatten ihre ganz eigenen faszinierenden Geschichten zu erzählen.
Doch nicht nur Automobile standen an diesem Abend Pate für die Lange Nacht der Museen. Die Museums-Verantwortlichen hatten sich für das Abendprogramm etwas Besonderes ausgedacht. Um 19:45 Uhr nämlich traten die Tänzer der New York City Dance School (NYCDS), entgegen des exotischen Hauchs Neue Welt durch den Big Apple im Namen aus Stuttgart stammend, aus dem Schatten des „Kleinen Saales“ direkt ins Atrium und boten zehn Minuten lang eine Performance vom Feinsten, die zunächst mit einem rhythmischen und dynamischen Gruppentanz, neudeutsch Body-Percussion genannt, gänzlich ohne musikalische Begleitung begann, um dann das Tempo spürbar zu drosseln. Ein gemäßigter aber akrobatisch atemberaubender Paartanz zum 3-Doors-Down-Klassiker „Here without you“ brachte nicht nur die große Menge an Zuschauern zum Staunen sondern auch so manche Gänsehaut hervor. Ebenfalls absolut gelungen der dritte und letzte Teil der Darbietung, bestehend aus einem furiosen musikalischen Jazz-/Funk-Finale und schweißtreibender Tanzeinlage. Niemandem im Publikum wäre je aufgefallen, daß es sich um Schüler der von der Tanzschule angebotenen Professional Dance Academy handelt; einer 18-monatigen hochwertigen Ausbildung zum Berufstänzer. Wer die Vorstellung versäumt hatte musste sich nicht grämen sondern konnte sich trösten. Bis 22:45 Uhr fand jede Stunde eine Darbietung statt. Wie gut die NYCDS beim Publikum ankam, bewies die konstant hohe Zahl an Zuschauern an allen vier Vorstellungen sowie der periodisch aufbrandende, tosende und verdiente Applaus. Die Tänzer quittierten diese Anerkennung mit einer stimmigen und einzigartigen Choreographie, die sie von der eigens für diesen einen Auftritt engagierten professionellen französischen Choreographin Julia Poulet einstudiert bekamen sowie sichtlicher Freude an der Sache, wie die strahlenden Gesichter der Truppe verrieten.
Der letzte Auftritt des Abends leitete dann nahtlos über in die SWR3-Dance-Night. Die beiden sympathischen SWR3-DJs Jan Garcia und Jochen Graf, unter anderem durch die Moderation der SWR3-Sendung Pop-Shop bekannt, freuten sich darauf, den großen Saal des Museums, der kurzerhand zur Diskothek mit Bar umgebaut wurde, zum Kochen zu bringen. Aktuelle Hits, Songs der 90er oder auch ältere Klassiker in neuem Gewand, abgemischt durch die beiden talentierten „Plattenaufleger“ wechselten sich gekonnt ab und sorgten für eine stets volle Tanzfläche, die, eingehüllt in Trockeneis und beleuchtet durch eine meisterhaft bediente Lichtanlage, keine Wünsche offen ließ und auch den letzten Tanzmuffel in ihren Bann zog. Grelle Spots und eine sich unermüdlich drehende Diskokugel schafften eine heiße Atmosphäre. Bis 4 Uhr in der Früh’ ließen die DJs die „Puppen“ tanzen, bis diese erschöpft aber sichtlich zufrieden den Heimweg antreten mussten. So manche Nachteule hätte sicher auch noch länger durchgehalten und wird sich wohl auch noch ins Stuttgarter Nachtleben gestürzt haben.
Rund 8000 Besucher zählte das Mercedes-Benz-Museum innerhalb der neun Stunden, in welcher „Kultur-Junkies“ sich ihre „Überdosis“ Automobilhistorie abholen konnten. Daß das Konzept des Event-Museums voll aufging, bewies die stundenlang anhaltende Warteschlange Nachtschwärmer, die sich vom Museumseingang bis zur Bushaltestelle der Mercedes-Jellinek-Straße zog. Geduldig ertrugen die Wartenden die aufgrund des großen Andrangs nötig gewordene „Blockabfertigung“, wohl wissend, was sie im Innern des 125 Jahre Automobilgeschichte fassenden Mekkas aller Mercedesfreunde erwartet. Doch nicht nur draußen mussten die Besucher Stehvermögen beweisen. Wer es bis nach innen geschafft hatte, musste sich darauf einstellen, sich wieder an die Gesellschaft der an den pausenlos im Einsatz befindlichen Fahrstühle Wartender zu gewöhnen.
Es bleibt abschließend zu resümieren, daß die Mercedes-Benz-Museums-GmbH mit ihrer Kombination aus Kultur, Tanz- und Musik-Kunst sowie angemessener Bewirtung den Nerv der Teilnehmer der Museumsnacht getroffen hat und das nächste Jahr mit Sicherheit wieder als verlässlicher Publikumsmagnet innerhalb dieser wunderbaren Kulturveranstaltung fungieren wird.
Alle Fotos: Daimler AG