Mit diesem Artikel übersendet die ADAC Klassik – Abteilung das Protokoll der Sitzung des Parlamentskreis Automobiles Kulturgut im Deutschen Bundestag (PAK) vom 10. November 2023 mit den Anhängen zu Ihrer Kenntnis. Gerne erhält man bei ADAC Klassik Feedback und Anregungen zu den Themen.
Hinweis: Die Protokolle und Anlagen der bisherigen Sitzungen finden Sie unter: https://www.adac-motorsport.de/parlamentskreis-automobiles-kulturgut
TOP2_Mahle Service Solutions_20231106
TOP4_ReStart Präsentation Berlin_202311010
TOP6 Präsentation H_Kennzeichen_20231110
TOP 1 Eröffnung der Sitzung & Begrüßung – Carsten Müller | MdB
Carsten Müller eröffnet die Sitzung und begrüßt die anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zu Beginn führt er zu den zahlreichen Interessensbekundungen und Wünschen zur Teilnahme am PAK aus, die ihn und den Vorstand regelmäßig erreichen. Das ist ein gutes Zeichen für die gut vernetzte und interessierte Szene, aber führt zu einem nicht lösbaren Problem, wenn die Teilnahmewünsche zahlreicher als die verfügbaren Saalplätze sind. Deutlich größere Räume für die Sitzungen sind im Haus kaum verfügbar. Daher muss weiter mit einer Nachrückerliste gearbeitet werden.
Vor dem Einstieg in die Tagesordnung verständigt sich der Parlamentskreis auf Freitag, 15. März 2024 um 12:00 Uhr, als den Termin für die nächste Sitzung des PAK. Erneut wird sie im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages durchgeführt werden.
TOP 2 Verbot von Ewigkeitschemikalien und Revision der End -of-Live-Vehicle-Directive – Alex Jan Erdmann | MAHLE Aftermarket GmbH; Hannes Christoph Bächle | MAHLE International GmbH
Hannes Christoph Bächle stellt kurz den Mahle Konzern und sein Betätigungsfeld im Automobilsektor vor. Alex Jan Erdmann hebt Mahles Engagement im Bereich der historischen Fahrzeuge über die Mahle Classic Line hervor, bevor er auf das europäische Verbot der Ewigkeitschemikalien sowie die Überarbeitung der Altfahrzeug-Verordnung dezidiert eingeht. Die verwendete Präsentation liegt dem Protokoll bei.
Das Verbot der Ewigkeitschemikalien betrifft mehr als 10.000 hochgiftige per- und polyfluoroalkyl Substanzen, die umfassend auch in Fahrzeugen verwendet wurden – vor allem im Kältemittel. Die Verwendung von alternativem, hoch entflammbarem Propan birgt neben der Herausforderung im Umweltschutz auch eine sicherheitstechnische Herausforderung für Fahrzeuge, Hersteller und Werkstätten.
Ein zweiter PAK-relevanter Punkt ist die Revision der europäischen End-of-life-Direktive. Ziel der Überarbeitung der Altfahrzeugverordnung ist die stärkere Berücksichtigung der E-Mobilität sowie das Verhindern, nicht mehr europäischen Standards entsprechende Fahrzeuge auf andere Kontinente zu Verschiffen und dort unsachgemäß zu betreiben oder zu entsorgen. Vorteil der Überarbeitung ist der erkennbare Schwerpunkt auf die Wiederverwertung und Aufarbeitung als Beitrag zur Ressourcenschonung. Kritisch zu bewerten sind die neuen bürokratischen Formalitäten, die der Vorschlag beinhaltet. Auch im Bereich der Ersatzteile steht derzeit zu befürchten, dass der Revisionsentwurf wertvolle Bauteile zu schnell und unnötig als Müll deklariert. In diesen Punkten besteht aus Referentensicht ein Nachbesserungsbedarf. Alex Jan Erdmann beanstandet die im Entwurf der Kommission verwendete Definition der klassischen Fahrzeuge. Diese ist unzureichend und zu eng gefasst, etwa mit den Maßgaben „nicht länger produziert, historisch erhalten und nicht in Hauptkomponenten modifiziert.“ Es sollte zwingend angestrebt werden, eine Überarbeitung im parlamentarischen Prozess zu erreichen.
Der Zeitplan: Gegenwärtig wird der Vorschlag der Kommission im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament (EP) diskutiert, wobei das Europäische Parlament einen Abschluss noch in dieser Legislaturperiode, aufgrund der Vielzahl offener Vorhaben, bereits ausgeschlossen hat. In der Folge werden die parlamentarischen Diskussionen zur Altfahrzeugverordnung nach der Europawahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 weitergeführt werden.
Alexander Gregor erkundigt sich nach Mahles Betätigung im Bereich Wasserstoffbetriebener Verbrennungsmotoren. Hannes Christoph Bächle berichtet von einer Neubefassung mit dem Thema seit ca. sechs Jahren, nachdem Initiativen früherer Jahre an Schwung verloren hatten. Mahle ist aktuell sehr intensiv befasst. Schwerpunkt bilden Nutzfahrzeugprojekte und stationäre Generatoren. Dr. Gundula Tutt greift die Kritik an der verwendeten Definition historischer Fahrzeuge auf. Die desolate Fehlkonstruktion widerspricht allem, was ein historisches Fahrzeug als Kulturgut definiert. Anhand von Beispielen werden Kriterien der Definition widerlegt, etwa der Ausschluss von Modifikationen. Dieses Kriterium würde dazu führen, dass ein Papamobil nie ein historisches Fahrzeug werden könnte, da die Fahrzeuge der Päpste allein aus Sicherheitsgründen deutlich und erkennbar modifiziert sind. Auch das Kriterium, ob ein Fahrzeug noch gebaut wird oder nicht, darf sich nicht auf die Bedeutung eines historischen Kulturgutes selbst auswirken. Ein historisch bedeutendes Fahrzeug ist auch dann kulturhistorisch bedeutend, wenn der Hersteller Modelle der Serie noch immer fertig. Sie betont, dass auf die Unzulänglichkeiten dieser Definition bereits an verschiedenen Stellen und wiederholt hingewiesen wurde. Leider wurde bislang kein Handlungsbedarf gesehen. Jetzt besteht relevanter Handlungsbedarf und die gesamte Szene sowie die Organisationen, etwa die Verbände und die FIVA, sind gefordert. Peter Diehl verweist in diesem
Zusammenhang auf Ausführungen zu weiteren, im Anhang II festgehaltenen Ausnahmen, die ebenfalls im Fokus bleiben müssten. Tiddo Bresters bekräftigt, dass sich die FIVA mit der Thematik befasst und bereits entsprechende Gespräche führt. Im Bewusstsein der gesammelten Erfahrungen im aufwendigen REACH-Prozess schlägt Carsten Müller eine intensive Befassung mit der laufenden Revision der Altfahrzeug-Verordnung vor. Es
bedarf einer möglichst breiten Einbindung aller Beteiligten. Der PAK wird mit der AG ECHA, den Gästen von Mahle, der FIVA und der Expertise aus der PAK-Runde das Gespräch mit Bernd Lange auf europäischer Ebene suchen. Die Zeit drängt und praktikable Lösungen im Sinne der Oldtimer sind notwendig. Mit Bernd Lange soll geklärt werden, ob das Thema in der nächsten Sitzung der European Parliament Historic Vehicle Group
behandelt wird bzw. werden kann. Es wird vorgeschlagen, dass jede und jeder, die oder der sich bei dieser Thematik inhaltlich oder organisatorisch einbringen will, im Berliner Büro von Carsten Müller meldet und von hier die koordinierte Ansprache der Mitglieder des Europäischen Parlaments erfolgt. Da die Auswirkungen einer unzureichenden europäischen Gesetzgebung nicht nur die Szene selbst treffen, sondern diese sich auch auf die Wirtschaft auswirken werden, sind Hersteller und Zulieferer einzubinden. Gezielt sollten Verbände, wie etwa der VDA, die europäischen Dachverbände ansprechen, um eine breite europäische Positionierung zu erreichen. Der Vorsitzende regt ein mögliches Treffen der Interessierten und Beteiligten am Rande der vom 31. Januar bis 4. Februar 2024 stattfindenden RetroMobile 2024 in Paris oder der Bremen Classic Motorshow vom 2. bis 4. Februar 2024 an.
TOP 3 Sachstandsbericht „Facharbeitsgruppe ECHA“ – Dr. Gundula Tutt | Omnia Restaurierung; Fritz Cirener | Fachbereich Historische Fahrzeuge VDA; Mario De Rosa | Initiative Kulturgut Mobilität e.V.; Peter Diehl | kfz -betrieb
Dr. Gundula Tutt berichtet über den Verfahrensstand und die Aktivitäten der Facharbeitsgruppe ECHA, die sich weiterhin intensiv mit dem Anhang XIV der REACH-Verordnung auseinandersetzt. Der Vorschlag der European Chemicals Agency (ECHA) vom Februar 2022 betrifft die Verwendung metallischen Bleis. Die Anwendung bleihaltiger Legierungen wird mit der Aufnahme in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe europaweit verboten. Nur auf Basis einer erteilten Sondergenehmigung und dem komplexen Nachweis, dass eine Verwendung von Ersatzmaterialien nicht möglich ist, könnte Blei überhaupt weiter verwendet, hergestellt und gelagert werden. Die 90-tägige Einspruchsfrist hat die AG genutzt. Die Arbeitsgruppe arbeitet mit zahlreichen kleineren Verbänden und Restauratoren zusammen, z.B. mit Fachleuten aus dem Orgelbau, den Dombauhütten, den Steinmetzen, den Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeugbau, Fachleute für Glasfenster usw., um die breite Notwendigkeit der Weiternutzung von Blei zum Erhalt des Kulturgutes aufzuzeigen. Die Staatsministerin für Kultur und Medien unterstützt in diesem Kontext ausdrücklich den Erhalt historischer Fahrzeuge als Kulturgut.
Der Ausschuss für Kulturfragen im Europarat wurde involviert. Das Büro des Vizepräsidenten des Petitionsausschusses im Europäischen Parlament bot Unterstützung an, die besonders wichtig war und ist, um die Verfahren und Prozesse auf europäischer Ebene besser verstehen und nutzen zu können. Es ist zudem gelungen, zunächst sehr skeptische Fachreferenten im Bundesumweltministerium durch einen intensiven
Meinungsaustausch, das Anliegen und die Wichtigkeit einer Ausnahmeregelung für Blei näher zu bringen und insgesamt mehr Verständnis für die Thematik zu wecken. Besonders hervorzuheben ist die gute Zusammenarbeit mit dem Vertreter der FIVA auf europäischer Ebene, die über das Thema Blei hinaus ging.
In der Summe ermöglichte es die verstärkte Zusammenarbeit der AG mit der betroffenen Gemeinschaft, eine große Menge an Informationen und Fakten zusammenzutragen. Auf dieser Basis hat die Arbeitsgruppe nicht nur viele Gespräche und Diskussionen auf allen Ebenen geführt, sondern eine Petition zur Einbringung in das Europäische Parlament erarbeitet. Diese wurde am 23. Mai 2023 und stellvertretend für alle Beteiligten vom
Vorsitzenden der Arbeitsgruppe zum Erhalt der Glasfenster, Dr. Ivo Rauch, eingereicht. Der vollständige Text der Petition wird dem Protokoll angehängt. Die enge Zusammenarbeit hat zudem ermöglicht, diesen Petitionstext in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch vorzulegen. Der Petitionsausschuss des EP wird über die Zulässigkeit der Eingabe am 30. November 2023 entscheiden 1.). Mit der Veröffentlichung kann die Petition von allen unterstützt und online unterzeichnet werden. Wichtig ist, dass die Petition über den PAK hinaus bekannt gemacht wird und breite Unterstützung erfährt. Daher der Aufruf, die Petition über die Netzwerke zu verteilen und breit zu streuen. Jede Mitzeichnung zählt!
1.) Während der Ausarbeitung des Protokolls hat der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments entschieden und die Petition mit der Nummer 0724/2023 zur Zeichnung freigegeben. Sie ist unter diesem Link abrufbar. Der PAK-Vorstand bittet, die Petition zu verbreiten und umfassend zu unterstützen!
Die ECHA hat in der Zwischenzeit die weit mehr als 1.000 Einsprüche allein aus dem Kulturbereich zum Vorschlag ausgewertet und dazu einen Kommentar verfasst. Darin wird eingeräumt, dass der eingeschlagene Weg einer absoluten Verbotsregelung mit eingeschränkter Sondergenehmigung zu Problemen im Kulturgutbereich führen kann. Diese seien nach Sicht der ECHA jedoch, analog zu der bereits bestehenden Lösung bei bleihaltigen Substanzen, lösbar. Diese Einschätzung teilt die AG ausdrücklich nicht und hat eine entsprechende Replik verfasst. Diese wurde der Kommission zugeleitet. Im Fall der bleihaltigen Substanzen sieht die bestehende Regelung für bleihaltige Substanzen eine Erteilung der Sondernutzungsgenehmigung im Einzelfall und projektbezogen über die Denkmalämter vor. Bei metallischem Blei wäre der Anwendungsbereich im Kontext des historischen und technischen Kulturguts deutlich zu groß, wie sich an der Bandbreite der hier zusammenarbeitenden Verbände und Handwerke ablesen lässt. Bislang sind die Denkmalämter bei unzähligen Anwendungen metallischen Bleis nicht eingebunden.
Sollten nun Denkmalämter Ausnahmen für jede Anwendung genehmigen müssen, könnten sie das schon allein personell nicht gewährleisten.
Zum weiteren Verfahren ergibt sich nach Kenntnis der AG folgender weiterer Ablauf:
- Wahrscheinlich wird es am Ende des Jahres eine Abstimmung zum Vorgehen auf europäischer Ebene geben. Es könnte dazu kommen, dass Blei auf den Anhang XVIII, und nicht auf Anhang XIV, gesetzt wird. Dort ist das Verbot einzelner Anwendungen geregelt.
- Explizit ausgenommen sind dort künstlerischen, kunsthandwerklichen, handwerklichen und restauratorischen Tätigkeiten. Damit wären die Herstellung, Anwendungen, Lagerung und der Transport metallischen Bleis für die Erhaltung des Kulturguts weiter möglich.
- Verboten wäre jedoch die Abgabe an Privatpersonen. Das wäre nachvollziehbar, da Blei unstrittig hoch toxisch ist.
- Eine Unsicherheit bestünde bei dieser Lösung über Anhang XVIII dennoch weiter. Schweden hat eine Initiative gestartet, die zulässigen Grenzwerte bei der Verarbeitung metallischen Bleis so weit absenken soll, dass eine handwerkliche Nutzung kaum mehr möglich wäre. Begründet wird das mit einigen wenigen Einzelfällen, bei denen Arbeitsschutzuntersuchungen hohe Bleiwerte in den Körpern von Handwerkern nachweisen konnten.
- Außer Acht gelassen wurde seitens der schwedischen Initiatoren, dass sich die Ursachen der hohen Belastung im Körper in jedem der wenigen Einzelfälle nachvollziehen ließen und auf unsachgemäßen Umgang zurückführbar waren. Hier muss ein Hauptaugenmerk auf weitere Aufklärung der Hintergründe gelegt, auf den professionellen Umgang einer ganz überwiegenden Mehrheit der Anwenderinnen und Anwender bei metallischem Blei verwiesen sowie nachhaltige Weiterbildungsmaßnahmen für Anwenderinnen und Anwender angeregt werden, so dass eine Umsetzung des schwedischen Vorschlags nicht erforderlich ist.
Grundsätzlich und über die REACH-Themen hinaus regt Dr. Gundula Tutt eine verbesserte Zusammenarbeit und Vernetzung der Szene mit den Profis auf den politischen Bühnen Europas und der Mitgliedsstaaten an. Darüber könnte ein Frühwarnsystem etabliert werden. Die Vorteile einer zeitnahen Information über relevante Entwicklungen sowie die Möglichkeiten einer frühzeitigen angemessenen Reaktion sind essenziell.
Ehrenamtliche können diese Radarfunktionen aufgrund der Vielzahl der europäischen Regelungen nicht allein bewältigen.
Abschließend unterstreicht der Vorgang aus Sicht der Arbeitsgruppe einmal mehr die Wichtigkeit und die Bedeutung des H-Kennzeichens. Das Kennzeichen klassifiziert historisches Kulturgut und schützt historische Fahrzeuge in besonderem Maße. Gleichzeitig muss das Bewusstsein in der Szene weiter gestärkt werden, um historischere Fahrzeuge mit H-Kennzeichen verantwortungsvoll und rücksichtsvoll einzusetzen. Es dürfen auch keine überbordenden Forderungen nach Ausnahmen und Sonderregelungen an die H-Kennzeichen verlautbart werden. Der maßvolle und besonnene Einsatz zum Erhalt erlebbaren Kulturguts auf unseren Straßen ist in und über die Szene hinaus sehr wichtig.
Carsten Müller dankt den Mitgliedern der Arbeitsgruppe ausdrücklich für die außergewöhnlich engagierte Arbeit, die all das gerade berichtete seit Monaten nebenbei und ehrenamtlich für den PAK und die gesamte Szene erledigen und freiwillig viel Zeit und Energie dafür aufbringen. Im Zusammenhang mit den H-Kennzeichen sind alle gut beraten, etablierte Dinge nicht vorzeitig oder überschnell zur Disposition zu stellen oder zu kritisieren, nur weil beispielsweise bei kleineren oder neueren Motoren vielleicht keine Steuerersparnis mehr gegeben ist.
Der Vorteil des H-Kennzeichen geht weit über die wenigen Euros hinaus. Die Diskussionen der jüngsten Vergangenheit, Stichworte Oldtimerschwemme oder Verbrennerverbot, belegen latente Gefahren für den Betrieb
historischer Fahrzeuge auf den Straßen. Maß und Mitte sind uns allen angeraten. Auch wenn nicht immer alles glänzt und es zweifelsohne Besserungsbedarf an einigen Stellen gibt, ist die deutsche Oldtimerszene im internationalen Vergleich doch sehr gut aufgestellt.
Alexander Gregor bittet um Auskunft, welchen Stellenwert der Umgang mit Blei in der aktuellen Debatte hat, denn die hauptsächliche Gefahrenquelle für den Körper scheint vor allem in der Verarbeitung des Metalls zu liegen. Dr. Gundula Tutt führt aus, dass die REACH-Debatten auf der europäischen Ebene dem grundsätzlichen Ziel eines schadstofffreien Europas dienen. Peter Diehl verweist in diesem Kontext auf ein weiteres sich abzeichnendes Themenfeld, dass die Oldtimerszene betreffen wird. Es handelt sich um die EU-Richtlinie 2004/37 zum Schutz von Arbeitnehmern vor der Gefährdung durch Karzinogene, Mutagene und Reproduktionstoxische Stoffe. Darin wird die Verwendung von Nickel aufgegriffen, dass als Vorstufe zur Verchromung und als Überzugsmaterial benötigt wird. Die Weiterentwicklung der Debatten muss beobachtet werden, um nicht überrascht zu werden. Mit dem Verweis der übermäßigen CO2-Erzeugung zeigt Dr. Gundula Tutt Folgen einer absoluten Verbotspolitik ohne bestimmte Ausnahmeregelungen auf: Wenn europäische Regelungen dazu führen, dass Verfahren, die in der Europäischen Union nicht mehr angewendet werden dürfen, auf anderen Kontinenten durchgeführt werden, führt ein absolutes Verbot zu deutlich höherem CO2-Ausstoß. Einzelne Bauteile und Produkte würden für Anwendungen im Bereich der verbotenen Materialien auf andere Kontinente transportiert, bearbeitet, zurückgeschickt und im Fall einer qualitativen Reklamation erneut versendet werden. Derartige Nebeneffekte sollten in den Debatten berücksichtigt werden. Christian Sauter erkundigt sich, ob es in der bisherigen Zusammenarbeit der Betroffenen auch einen Austausch zu bestimmten Brauchtumsvereinen, wie etwa Sportschützen, gegeben hat. Dr. Gundula Tutt bestätigt, dass es einen Austausch im Ansatz gab, aber die Argumentationsketten etwa mit Schützenvereinen, die auf Ersatzmaterialien zurückgreifen können, mit dem Kulturgut nicht deckungsgleich sind. Deshalb wurde dieser spezifische Austausch nicht weiter verfolgt. Carsten Müller schlägt vor, zum Thema Frühwarnsystem bis zur nächsten PAK-Sitzung Ideen zu sammeln, Erfahrungen auszutauschen und sich dieses Themas im März erneut zu widmen.
TOP 4 „Smart Repair“ der ReStart Bildungsakademie GmbH – Gerhard Veyhle | ReStart Bildungsakademie GmbH
Gerhard Veyhle stellt die ReStart Bildungsakademie GmbH und deren Schwerpunkt als Bildungsträger zur Weiterbildung von „Smart-Repair-Fachkräften“ vor. Die Präsentation liegt dem Protokoll bei. Der Arbeits- und Fachkräftemangel im Handwerk ist spürbar und die vorgestellte elfmonatige Bildungsmaßnahme führt Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Arbeitsmarkt heran. Sie richtet sich an Menschen ohne Schulabschluss,
mit abgebrochenen Ausbildungen, geflüchtete Menschen sowie Personen in schwierigen Situationen. Die Projekte laufen auch dank der umfassenden Betreuung und Begleitung, über die eigentliche Bildungsmaßnahme hinaus, sehr erfolgreich. Die Absolventinnen und Absolventen sowie künftige Ausbildungsbetriebe profitieren bei der anschließenden Ausbildung ganz wesentlich von den vermittelten Kenntnissen. Die Bilanz ist sehr erfolgreich und das Angebot überregional bekannt.
Winfried Seidel erkundigt sich nach der Kostenregelung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie nach der Abbruchquote der Kurse. Die Weiterbildung wird vorrangig durch Bildungsgutscheine finanziert, die die Betreffenden von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter erhalten, erläutert Gerhard Vehyle. Darüber hinaus gibt es neben der staatlichen Förderung auch Teilnehmer, bei denen Unternehmen die Weiterbildungskosten tragen. Die Abbruchquote ist nahezu Null. Das Unternehmen war bislang lediglich drei Mal gezwungen, eine Maßnahme wegen Alkohol bzw. Drogen bei Teilnehmern abzubrechen. Zum Schutz der anderen Beteiligten war bei diesen drei Teilnehmern leider keine andere Entscheidung möglich. Peter Steckel berichtet aus eigener
Erfahrung von Problemen bei der Gewinnung von Teilnehmern für derartige Weiterbildungsmaßnahmen, trotz aktiver Einbindung von Jobcentern und Arbeitsagenturen. Gerhard Veyhle bestätigt, dass derartige Probleme aus seiner Erfahrung nur durch permanenten, andauernden Kontakt mit den Agenturen und Jobcentern sowie
andauernder Präsenz auf Bildungsmessen zu beheben sind. Eine umfangreiche Information über das Weiterbildungsangebot ermöglicht es, einen breiten Teilnehmerkreis zu sichern. Carsten Müller dankt für das Engagement und weist auf den Ansatz hin, Menschen, die ansonsten möglicherweise für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft verloren sind, durch den entschlossenen und über die Maßnahme hinausreichenden Einsatz der Bildungsakademie für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Das ist ein wichtiger Beitrag, um den Fachkräftemangel zu begegnen und für den Fahrzeugsektor weiterhin Fachkräfte auszubilden.
TOP 5 Fahrverbote in französischen Umweltzonen – Dr. Jürgen Martens | Citroën Veteranen Club Deutschland e.V.
Dr. Jürgen Martens steigt über seine persönliche, jahrzehntelange Verbindung nach Frankreich und zu historischen Citroën-Fahrzeugen in das Thema ein. Aus aktuellem Anlass stellt er dem PAK die gesetzliche Grundlage zur Ausweisung der Klimazonen in Frankreich und deren Unterschiede zu den deutschen Umweltzonen dar. Auch in Frankreich gelten Einfahrbeschränkungen für Umweltzonen. Im Nachbarland sind jedoch nicht nur Innenstädte, sondern auch Randgemeinden betroffen. Für jedes Fahrzeug, mit dem eine französische Umweltzone befahren werden soll, wird eine Crit’Air-Vignette benötigt. Fahrzeuge, die vor dem 1. Januar 1997 erstmals zugelassen wurden, erhalten diese Vignetten nicht. Für historische Fahrzeuge besteht keine generelle Ausnahmeregelung, wie etwa für H-Kennzeichen-Fahrzeuge in Deutschland. Der nationale Gesetzgeber in Frankreich empfiehlt den Gebietskörperschaften lediglich eine Ausnahme für Fahrzeuge mit französischer Oldtimerzulassung, wobei deutschen H-Kennzeichen auch in den Empfehlungen nicht erwähnt werden. Überwacht wird die Einhaltung der Regelungen durch automatische Kennzeichenerfassung. Ist eine Vignette nicht ordnungsgemäß am Fahrzeug angebracht, werden je nach Fahrzeugart Bußgelder zwischen 68 und 375 Euro fällig – je Verstoß. Zudem ist Vorsicht geboten, denn nicht immer ist der Beginn der Zone sofort ersichtlich. Relevant ist das Thema, weil ab 2024 neben den großen Städten auch viele kleinere und mittlere Kommunen Umweltzonen ausbauen und angekündigt wird, es perspektivisch auf die ganze Fläche auszudehnen. Oldtimer dürfen in französischen Umweltzonen nur einfahren, sofern eine lokal geltende Ausnahmeregelung greift und eine spezifische Ausnahmegenehmigung erteilt wurde.
Daher müssen Fahrerinnen und Fahrer historischer Fahrzeuge, die die Zonen befahren wollen, Ausnahmeregelungen kennen und Vignetten bei jeder einzelnen Gebietskörperschaften im Vorfeld beantragen. Aufgrund dieses aufwendigen Prozesses zur Planung einer Fahrt nach bzw. durch Frankreich sollte es ein Ziel des PAK sein, sich weiter für die Gleichstellung des H-Kennzeichens mit der französischen Carte Grise de Collection bei französischen Behörden einzusetzen. Relevant ist in diesem Kontext, dass es auch in Belgien bereits eine uneinheitliche Umweltzonenregelung gibt, die mit der komplexen Situation in Frankreich vergleichbar ist. Martin Zabel ergänzt die Ausführungen mit bereits gesammelten Erfahrungen. Es ist wichtig, dass jede einzelne
Gebietskörperschaft angefragt werden muss, da sie jeweils eigene Vorgaben und Besonderheiten aufweisen. Viele verschicken auf Antrag und gegen eine Gebühr Vignetten und alle müssen sichtbar am Fahrzeug angebracht werden. Es wird beim DEUVET angestrebt, eine Übersicht zu französischen Umweltzonen und Ausnahmeregelungen zusammenzustellen.
Christoph Karle fragt nach, ob ein H-Kennzeichen für eine Ausnahmeregelung vorauszusetzen ist. Dr. Jürgen Martens verweist auf die Eigenständigkeit der Kommunen, die ebenso eigenständig den Antrag entscheiden. Bei jedem Antrag muss die Kopie des Fahrzeugschein gesendet werden. Ein Anspruch auf eine Ausnahmeregelung, egal ob H-Kennzeichen oder nicht, besteht nicht. Carsten Müller vermutet, dass der Hinweis auf eine deutsche H-Kennzeichen-Zulassung die Wahrscheinlichkeit auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erhöht. Tiddo Bresters regt an, die Mitgliedsstaaten der EU auf europäische Prinzipien hinzuweisen. Es sollte dabei betont werden, dass Ausnahmen, die die Staaten den eigenen Bürger zugestanden haben, auch Europäerinnen und Europäern entsprechend zu gewähren sind. Dr. Jürgen Martens unterstützt die Harmonisierung, verweist jedoch auf die aktuell bestehenden Unterschiede in den nationalstaatlichen Definitionen und Grundlagen für Ausnahmen. Als Beispiel bezieht er sich auf die unterschiedlichen Definitionen zu historischen Fahrzeugen. In der Folge könnten diese Unterschiede zu langandauernden Klärungsprozessen führen – auch vor Gerichten.
Wolfgang Presinger schildert, dass es auch in Italien schwierig ist, eine Veranstaltung zu planen und regelmäßig Polizeibegleitung der Fahrzeuge erforderlich ist. Seiner Ansicht nach ist hier besonders die FIVA mit ihrer internationalen Vernetzung gefordert, sich stärker im Sinne der Vereinheitlichung einzubringen. Dr. Jürgen Martens führt aus, dass Fahrzeuge mit einer regulären deutschen Zulassung auch in Italien fahren können. In
diesem Kontext wird die Bedeutung eines wertigen H-Kennzeichens greifbar, wenn es historische Fahrzeuge klar und eindeutig als Kulturgut klassifiziert und das als Grundlage für Sonderregelungen verwendet wird. Roland Kayser regt an, dass Deutschland positiv vorangeht und den französischen Carte Grise de Collection-Fahrzeugen eine generelle Ausnahmegenehmigung zur Einfahrt in deutsche Umweltzonen ermöglichen sollte. Johann König zitiert aus der deutschen Regelung zu Umweltzonen, in der festgelegt ist, dass ausländische Fahrzeuge, die die in Deutschland geltenden Ausnahmeregelungen für Umweltzonen erfüllen, ebenfalls ausgenommen sind. Demnach
können Fahrzeuge mit einer Zulassung als historisches Fahrzeug eines anderen Mitgliedstaates auch in die deutschen Umweltzonen einfahren. Der ADAC bietet europäischen Besuchern Hinweise und entsprechende ergänzende Etiketten zum Ausdruck an. Deutschland gelte in der europäischen Szene als Musterbeispiel.
Grundsätzlich finden auf der FIVA-Ebene und in der Oldtimerszene Gespräche statt, um diese Punkte zu diskutieren und homogene, anwendbare Lösungen zu finden. Bis dahin müssen Reisen vorher gut geplant werden. Johann König empfiehlt die Seite https://urbanaccessregulations.eu. Ulf Schulz verweist auf die gegenteiligen Entwicklungen in Deutschland und Frankreich, denn während in Frankreich die Umweltzonen ausgebaut werden, schaffen einige deutsche Kommunen bereits eingeführte Zonen mit Einfahrbeschränkungen wieder ab.
Carsten Müller fasst die Diskussion kurz zusammen und schlägt in Anknüpfung der Vorschläge von Dr. Jürgen Martens ein Gespräch des PAK-Vorstandes mit der Leitung des Bundesverkehrsministeriums vor, um das Haus zu sensibilisieren. Es sollte ein bilateraler Austausch mit der französischen Seite sowie anderen EU-Mitgliedsstaaten mit vergleichbaren Oldtimerkennzeichen zur gegenseitigen Anerkennung angeregt werden.
Gleichzeitig berichtet Carsten Müller aus einem früheren Gespräch mit dem Verkehrsministerium, in dem das Haus in diesem Zusammenhang auf die dafür notwendige Etablierung von Mindeststandards verwies. In Vorbereitung auf ein Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium wird gebeten, dass die FIVA den aktuellen Stand der Beratungen in der Legislation Commission übermittelt. Zielführend wäre dafür ein Papier, wie sich die Situation zu Umweltzonen und Ausnahmeregelungen in Frankreich derzeit darstellt. Wünschenswert wäre es, wenn auch Dr. Jürgen Martens, Martin Zabel und Stephan Joest ihre Erkenntnisse dem Büro von Carsten Müller zur Verfügung stellen könnten.
TOP 6 H-Kennzeichen für Fahrzeuge vor 1960 – Heinz Kindler | VFV
Hein Kindler führt zu Problemen bei der H-Kennzeichen Abnahme gemäß § 23 StVZO für original erhaltene Fahrzeuge der Baujahre vor 1960 aus. In Foren des Veteranen Fahrzeug Verband e.V., wird von Oldtimerabnahmen für ein H-Kennzeichen berichtet, die negativ beschieden wurden, weil Fahrzeuge im Originalzustand mit Erstlack vorgeführt wurden. Fotos und weiterführende Details zu drei Vorgängen sind in der Präsentation enthalten, die im PAK gezeigt wurde. Diese ist dem Protokoll beigefügt. In diesem Zusammenhang führt der Referenten aus, dass die Thematik der uneinheitlichen Begutachtungen durch Prüferinnen und Prüfer bereits Gegenstand im PAK war und die möglichen Kompetenzprobleme an Abnahmestandorten und die mannigfaltigen Schwierigkeiten für die Prüforganisationen durchaus bekannt sind.
Heinz Kindler schlägt analog zu Regelungen für Fahrzeuge vor 1960 in Großbritannien und Frankreich bzw. der „älter als 50 Jahre“-Regelung in den Niederlanden vor, die geltenden Bestimmungen neu zu regeln. Demnach könnten Fahrzeuge mit Erstzulassung vor 1960 oder alternativ 1970 generell als „historisches Fahrzeug“ eingestuft werden. Eine zwingende H-Abnahme wäre verzichtbar, wenn Fahrzeuge nicht wesentlich verändert
wurden.
Dr. Gundula Tutt verweist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die langanhaltende Diskussion im PAK zum Thema Zustandsnoten und den Vorschlag der damaligen Arbeitsgruppe, besondere Fahrzeuge mit einem „!“ zu kennzeichnen. Der PAK hatte ebenso eine Arbeitsgruppe AKE eingerichtet, der sich ganz speziell mit der Abnahme der Fahrzeuge durch die Prüforganisationen befasste und sehr konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Handreichung mit den entsprechenden Arbeitsanweisungen erarbeitet hatte. Nach ihrer Auffassung sind Fahrzeuge jedoch nicht als historisch zu betrachten, nur weil sie alt sind. Relevant sei ihr Zustand. Dieser müsse von kompetenten Expertinnen und Experten beschieden werden. Sebastian Hoffmann bekräftigt die Problembeschreibung zu den Schwierigkeiten bei den Prüforganisationen. Diese resultieren aus der Vielzahl der
vorführbaren Fahrzeuge und auch der Notwendigkeit, an allen Standorten eine Expertise bei den Prüferinnen und Prüfern zu schaffen. Dafür sind Schulungen und anwendbare, klare Handreichungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich. Die drei gezeigten Fallbeispiele hätten mit den hier dargelegten Begründungen die Abnahme nicht verwehrt werden dürfen. Carsten Müller rät in der momentanen Lage davon ab, das Thema automatische Einstufung als klassisches Fahrzeug allein aufgrund der Erstzulassung offensiv aufzugreifen. In den letzten Monaten wurde viel Einsatz auf die Gegenargumentation zu den Forderungen des Bundesrechnungshofes aufgewandt. Die formelle Auseinandersetzung in Form der Befassung des Rechnungsprüfungsausschusses steht noch aus. Das Thema AKE-Anreichung werden wir noch einmal aufgreifen. Als anwesender Vertreter des AKE-Arbeitskreises führt Markus Tappert zum Stand des Verfahrens aus. Die gemeinsam besprochenen Aspekte wurden in den Entwurf der Neufassung der Handreichung aufgenommen. Diese wurde an das Bundesverkehrsministerium weitergeleitet, dort wurde er dankend zur Kenntnis genommen. Seitdem hat sich das Ministerium ab er nicht mehr geäußert. Daher der Vorschlag, diesen Punkt und den Verfahrensstand der AKE-Überarbeitung im Gespräch des PAK-Vorstandes mit dem Bundesverkehrsministerium aufzugreifen.
Carsten Müller unterstützt den Vorschlag und wird das Thema mit auf den Sprechzettel für das Bundesverkehrsministerium aufnehmen.
Zu den geschilderten Einzelfällen steht Markus Tappert als Ansprechpartner zur gemeinsamen Lösungsfindung zur Verfügung. Die Erfahrungen zeigen, dass es trotz der Komplexität der Vorgänge eher Einzelfälle sind. Sollten die Motorräder bei Einrichtungen seine Prüforganisation gescheitert sein, unterstützt er die Lösungsfindung
selbstverständlich.
TOP 7 Verschiedenes
Jahresfahrleistung historischer Fahrzeuge – Frank B. Meyer | AUTO BILD KLASSIK
Frank B. Meyer greift das Thema reale Jahresfahrleistung von Oldtimern der letzten PAK-Sitzung im Juni auf. Während die BBE-Automotive-Studie eine durchschnittliche Fahrleistung von Fahrzeugen mit H-Kennzeichen von 1.600 km ermittelt hatte, werden andere Quellen werden regelmäßig mit Fahrleistungen zwischen 1.400 und 1.800 km pro Jahr zitiert. Auto Bild Klassik hat die seinerzeitigen Ausführungen von Norbert Schroeder aufgegriffen, der zu der von Markus Tappert initiierten, anonymisierte Datenauswertung der Kilometerstände der Hauptuntersuchungen im TÜV Süd ausführte und dabei eine durchschnittliche Fahrleistung von 993 Kilometern feststellte. Die Redaktion hat bei anderen Prüforganisationen nach vergleichbaren Auswertungen angefragt. Eine vergleichbare Untersuchung bei einer anderen Prüforganisation hat dabei 1.069 Kilometer pro Jahr Fahrleistung ergeben. Der Scan des Beitrags in der Ausgabe 9/2023 wird dem Protokoll beigefügt. Heinz Kindler berichtet, dass die Werte für historische Zweiräder sich in derselben Größenordnung bewegen und Carsten Müller vermutet, dass auch bei historischen Nutzfahrzeugen und Landfahrzeugen keine größeren, sondern eher geringere Fahrleistungen nachweisbar wären. Werden diese Fahrleistungen dann etwa in Relation
zu den Steuersätzen gesetzt, erkennt man schnell den Enthusiasmus der Liebhaberinnen und Liebhaber historischer Fahrzeuge. In Relation von Jahresfahrleistung und Steuerzahlung ist die Steuerlast eine H-Kennzeichen-Fahrzeugs je Kilometer sehr hoch. Entsprechende Erkenntnisse hat Carsten Müller einigen Finanzpolitikern im Zuge der Reaktion auf die Ausführungen des Bundesrechnungshofes an die Hand gegeben.
Carsten Müller greift die unter „Verschiedenes“ vorgeschlagene Befassung in einer der nächsten PAK-Sitzungen mit dem Thema „Abschaltung der UKW-Frequenzen“ auf. Er regt einen entsprechenden Tagesordnungspunkt auf der kommenden Sitzung des PAK am 15. März 2024 vor. Das Plenum unterstützt diesen Vorschlag.
Carsten Müller führt unter „Verschiedenes“ zu einem weiteren Thema aus. Die Ermittlungen bei einem Restaurierungsbetrieb aufgrund zweifelhafter Fahrzeuge des Typs Mercedes Benz W198 wurden in der Juni-Sitzung nur kurz angesprochen. Er schildert den Vorgang aus seiner Sicht und Kenntnis, da die ursprünglichen Ermittlungen auf einem Fahrzeug des anwesenden Ralph Grieser beruhen und nach Absprache mit Ralph Grieser durch Hinweis des Vorsitzenden an das Bundeskriminalamt mit ausgelöst wurden. Gegenwärtig laufen die Ermittlungen. Im Kreis des PAK gibt es einige außergewöhnliche Sachverständige zu diesem Fahrzeugtyp, wie etwa Wilfried Steer, es gibt Forensiker und tief in die Materie eingearbeitete Pressevertreter. Die Ermittlungen sollen umfangreich laufen und eine größere Anzahl von Fahrzeugpaaren betreffen, die bei Nachweis unter strafrechtlichen Gesichtspunkten teilweise verjährt sind, aber zivilrechtliche Ansprüche weiter geltend gemacht werden könnten. An einigen Fahrzeugen war nichts Altes festzustellen. Diese waren vollständig dem Original nachempfunden. Möglicherweise kann zur Zeit der nächsten geplanten Sitzung des PAK bereits die Anklageerhebung erfolgt sein. Im Kontext dieser aktuellen Ermittlungen und auf Grundlage der produktiven PAK-Erfahrungen mit Facharbeitsgruppen könnte der Parlamentskreis mit seiner Expertise das Thema „Authentizität“ aufgreifen und künftig zielführende Ergebnisse liefern. Der Vorschlag hat Ralph Grieser an den Vorsitzenden übermittelt. In der Szene und darüber hinaus könnte diese Expertise der Facharbeitsgruppe ein wichtiger Hinweisgeber sein, denn Erfahrungen zeigen, dass selbst bei Herstellern, Versicherungen und Händlern die Tragweite und die Folgen der nachgebauten Fahrzeuge nicht umfassend bekannt sind. Ein nagelneuer Nachbau ist nicht zulassungsfähig und darf nicht auf öffentlichen Straßen fahren. Das Fahrzeug stammt weder vom Hersteller, hat keine regulären Papiere, hat keine ABE, keinerlei Sicherheitstest absolviert usw. Die Szene sollte sich in diesem Punkt klar und eindeutig positionieren und keinerlei Angriffsfläche bieten. Lug und Trug schaden allen.
Ivo Konzag setzt sich für eine umfassende Aufklärung des Vorgangs ein. Er führt aus, dass die Thematik leider schon länger existiert. Ganz besonders im Geschäftsfeld hochpreisiger Fahrzeuge gab und gibt es Betrug. Der aktuelle Fall drängt das Thema nun in die Öffentlichkeit. Er plädiert dafür, dieses Thema aus der Öffentlichkeit zu halten, um den Eindruck zu vermeiden, dass Plagiate alltäglich sind. Der Eindruck würde der Vielzahl der seriösen Werkstätten, Gutachtern, Veranstalter und Händlern sowie der gesamten Szene und der Sympathie für Oldtimer schaden. Wolfgang Blaube spricht sich unmittelbar gegen diesen Ansatz aus und hat über diese Causa
mehrfach publiziert. Die Öffentlichkeit wird durch die journalistische Arbeit informiert und sensibilisiert. Die Resonanz auf die Veröffentlichungen ist enorm. Zu beobachten ist ein deutliches Interesse an Echtheitszertifizierungen für Fahrzeuge. Carsten Müller teilt die Position von Iyo Konzag ebenfalls nicht. Umfassende Aufarbeitung der Vorgänge ist dringend erforderlich und die Fälle müssen grundlegend aufgearbeitet werden.
Beispielsweise hat das nun betroffene Unternehmen noch kurz vor den offenen Ermittlungen noch mit der Authentizität der Fahrzeuge geworben. In der Vergangenheit gab es bereits eine Mehrzahl von zivilrechtlichen Auseinandersetzungen um Fahrzeuge und deren Authentizität und Originalität. Ein „Schweigegelübde“ und das „unter dem Radar der Öffentlichkeit-Halten“ hat eben nicht dazu geführt, dass die Anzahl der Betrugsfälle zurückgegangen ist, sondern nur dazu, dass potenzielle Betrugsopfer klar weniger informiert waren. Daher ist massive Transparenz der Vorgänge mit breiter Öffentlichkeit aus seiner Sicht der einzig richtige Weg. Die Behörden haben sich aus sachlichen und aus Kapazitätsgründen im Moment auf diesen einen Fahrzeugtyp
konzentriert. Ob sich anschließend weitere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden auch für ganz andere Modelle ergeben, scheint nach dem aktuellen Erkenntnisgewinn nicht unwahrscheinlich. Auch dem zunächst gescheiterte Porsche-Prozess in Aachen wird dadurch wahrscheinlich neuer Schwung verliehen. Ausdrücklich begrüßt er den Einsatz der Ermittlungsbehörden, die den Hinweisen detailliert und beeindruckend engagiert
nachgehen, auch wenn dieser Bereich im Gesamtkontext der gesamten Kriminalität in unserem Land nur ein randständiges Thema ist. Der Einsatz der Ermittler nötigt ihm höchsten Respekt ab und stärkt das Vertrauen in den Rechtsstaat.
Carsten Müller berichtet weiter über Entwicklungen der letzten Monate, dabei von Veröffentlichungen und Zuschriften, die die Szene, aber auch ihn, erreichten. Aussagen, die darin von „Zirkus“ oder einem „Shitstorm“ gegen das Unternehmen sprechen und den Schaden bedauern, den der Szene wegen der Ermittlungen entstehen, teilt er ausdrücklich nicht. Er betont noch einmal die Bedeutung des Vortrags über Fahrzeugidentitäten von
Helmut Horn, den er in der PAK-Sitzung am 10. März 2017 gehalten hat. Dieser hat ein Bewusstsein für die Thematik über den Parlamentskreis hinaus geschaffen. Anschließend war der Punkt Gegenstand von Gesprächen zwischen PAK-Mitgliedern, dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundeskriminalamt. Carsten Müller berichtet weiter von Gesprächen mit Generalstaatsanwälten. Dort hat sich ein Interesse für eine breitere Information zum Thema „Authentizität und Originalität“ im strafrechtlichen, zulassungsrechtlichen und versicherungsrechtlichen Sinne ergeben. Neben einem gemeinsamen Austausch wäre eventuell ein Handout zielführend und hilfreich. Er regt des weiteren Gespräche mit Herstellern an, deren Fachabteilungen über aktuelle Erkenntnisse und Folgen informiert werden sollten Ralph Grieser berichtet zum Fall kurz aus seiner Perspektive. Er hat ein paar Stichpunkte auf Folien zusammengetragen, die dem Protokoll beigefügt werden. Er schildert die beachtlichen Entwicklungen seit dem 31. Mai 2023, als die geschlossenen Ermittlungen zu offenen Ermittlungen wurden. Vermehrt werden Anfragen nicht nur von Eigentümerinnen und Eigentümer betroffener Fahrzeuge an ihn gerichtet, sondern auch von Finanzinstituten, Versicherungen Sachverständigen, Prüforganisationen, Werkstätten usw. Bei Fragen ist er jederzeit ansprechbar. Die Kontaktdaten finden sich in der Präsentation.
Ralph Grieser berichtet abschließend, dass das Ermittlerteam aktuell personell noch einmal verstärkt worden sei, weil die Anzahlt der Hinweise stetig wächst.
Helmut Horn begrüßt die aktuellen Ermittlungen ausdrücklich und verweist auf einige weitere, konkrete Verdachtsfälle, auch anderer Modelle und von Mitbewerbern des aktuell von Ermittlungen betroffenen Unternehmens. Ganz konkret berichtet er über einen blauen Porsche 911 RS, Baujahr 1972, der einerseits bei einem Restaurator zum Verkauf steht und andererseits mit der gleichen Fahrgestellnummer auch im Porschemuseum Gmünd ausgestellt sei. Mit Verweis auf geringes öffentliches Interesse und angespannter
Personaldecke würden Ermittlungsbehörden derartige Hinweise leider häufig abwehren. Er schildert auch Probleme, die durch den Einsatz der 07er-Kennzeichen in diesem Kontext entstehen. Wenn die Fahrzeuge teils über Jahrzehnte als nicht zugelassen gelten, verschwinden sie aus den Datenbanken, wie etwas EUCARIS. Ein intensiver Handel mit Fahrzeugpapieren von historischen Fahrzeugen verstärkt die Problematik und ermöglicht
dubiose Geschäfte mit Nachbauten, die auch in Nachbarstaaten zusammengebaut und verkauft würden. Die Thematik ist leider weit verbreitet und würde eine deutlich größere personelle Ausstattung entsprechender Ermittlungsbehörden verlangen, um Fahrzeuge, die nicht zulassungsberechtigt sind, wieder von den Straßen und aus dem öffentlichen Verkehr zu bekommen. Roland Kayser berichtet von seinem Eindruck, dass im Bereich der
Ermittlungsbehörden bereits ein neues Bewusstsein entstanden ist, denn er wurde von Ermittlern zu einem Citroën-Fahrzeug angerufen. Aufgrund einer umfassend angelegten Dokumentation eines jedes Fahrzeugs in seinem Betrieb konnte er konkrete Hinweise zum Originalfahrzeug geben und bei der Identifikation des Duplikats behilflich sein.
Dr. Gundula Tutt greift das Thema Öffentlichkeit noch einmal auf und unterstützt ausdrücklich die Einbindung. So würde ein gewisser Druck von außen einhergehen, der zur Reinigung notwendig ist. Denn scheinbar kennt fast jede und fast jeder eine vergleichbare Geschichte gefälschter Fahrzeuge. Auch wenn aktuell eine gewisse
Verunsicherung aus den Ermittlungen resultiert, muss jetzt ein jahrelanges Versäumnis beseitigt und reiner Tisch gemacht werden. Johannes Hübner verweist auf den historischen Sport und die resultierende Verantwortung der FIVA und FIA, die Replikas für Veranstaltungen zulassen. Die Duldung offensichtlicher Kopien trägt zur gegenwärtigen Lage bei. Tom Fischer berichtet von mehreren zivilrechtlichen Verfahren, die immer mit einer Einigung endeten und anschließend die Fahrzeuge weiter auf dem Markt blieben. Deshalb muss, ähnlich wie im Kunstbereich, eine klare Reinigung erfolgen.
Wolfgang Blaube betont, dass eine Replika immer eine Kopie seitens des Herstellers des Originals ist. Alles andere darf sich nicht als Replika bezeichnet werden. Er berichtet ebenfalls von mindestens einem Hersteller, der am Ende der 80er Jahre selbst vier Fahrzeuge hat nachbauen lassen. So etwas erschwert die Lage noch einmal erheblich. Heinz Kindler führt zu umfangreichen Nachbauten im Motorradsektor aus, viele seien wahrscheinlich bis heute unterwegs.
Christian Grundmann berichtet von angebotenen kompletten Bausätzen deutscher Unternehmen für Kübelwagen/Schwimmwagen. Ein belgischer Hersteller bietet Bausätze aller Modelle des VW T1 zum Nachbau an. Allein aus Sicherheitsgründen dürfte und darf ein selbst zusammen geschweißter Bausatz nie auf die Straße. Bei den zahlreichen im Netz angebotenen Fahrzeugbriefen, ist die Gefahr groß, dass kriminelle Energie
Eigenbauten als Originalfahrzeuge anbietet Deshalb ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit dringend geboten und es besteht Handlungsbedarf.
Christoph Karle begrüßt die gegenwärtigen Ermittlungen, verweist jedoch auf die Personalsituation der
Ermittlungsbehörden, die eine umgehende Bearbeitung aller Verdachtsfälle nicht erlauben wird. Dr. Gundula Tutt führt zu den sichergestellten Fahrzeugen und deren weitere Behandlung aus. Während der Mercedes Benz 300SL als eingetragenes Designschutz sehr gut geschützt ist, besteht für viele andere, nachgebaute Modelle dieser besondere Schutz nicht. Es ist zu klären, was mit diesen Fahrzeugen geschieht. Bis auf einen einzigen Fall,
dem Plastikflügeltürer, sind keine Präzedenzfälle einer Zerstörung duplizierter Fahrzeuge bekannt. Wilfried Steer betont, dass es sich beim aktuellen Vorgang, nachgebauter W198, nicht um ein paar Autos handelt, sondern insgesamt von einer dreistellige Anzahl nachgebauter Fahrzeuge auszugehen ist. Die Dimensionen sind kaum vorstellbar. Er selbst kennt 30 konkrete Fälle. Dabei gibt es auch um Doubletten, bei denen nicht ein Teil am Fahrzeug aus dem vorherigen Jahrtausend stammt. Als Reaktion auf die aktuellen Ermittlungen werden die Preise reagieren – nachweisliche Originale werden eine Wertsteigerung erleben. Das haben die Erfahrungen bei vergleichbaren Vorgängen um Nachbauten des Bugatti 35B oder des Jaguar D-Type gezeigt.
Ulf Schulz lenkt den Fokus auch auf die Gutachter, die für nicht authentische Fahrzeuge Gutachten verfasst haben und so eine Zulassung ermöglichten. Auch dieser Bereich der Szene muss geprüft und untersucht werden. Insgesamt teilt er die Einschätzung, dass der aktuelle Vorgang die große Chance für ein „reinigendes Gewitter“ mit positiven Effekten für die gesamte Szene in sich trägt. Thomas Wirth wirft die Frage auf, bis zu welchem Anteil an Originalteilen ein Fahrzeug als original zu bewerten ist und ab welchen Zeitpunkt wir von einem Nachbau sprechen. Diese Kriterien sind zu definieren.
In seinem Fazit betont Carsten Müller, dass bis zur rechtskräftigen Verurteilung durch die Gerichte die Unschuldsvermutung gilt. Im aktuellen Fall sind Vorermittlungen in Ermittlungen gemündet und wenn die Staatsanwaltschaft aufgrund der Kenntnislage sich dafür entscheidet, kommt es zur Anklageerhebung. Anschließend erfolgt die Verhandlung und das Gericht entscheidet. Was die Fahrzeuge selbst, die Flügeltürer, betrifft, gibt es eine klare Handhabe des Werkes, die durchgesetzt werden wird. Der aktuelle Fall wird sich
auswirken und die strafrechtliche, zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Dimension aufzeigen. Wichtig ist: beim Thema Authentizität, Nachbauten und Fälschungen nicht nachzulassen und bekannt gewordene Fälle konsequent verfolgen.
Zum Abschluss der Sitzung verabschiedet sich Winfried Seidel vom PAK. Als Teilnehmer der ersten Stunde im Jahr 2009 fordert das Alter etwas Tribut und eine Einschränkung seines Engagements. Er dankt allen für die gute Zusammenarbeit in den Jahren, in denen gemeinsam einiges erreicht werden konnte. In einer abschließenden Anekdote führt er zu seiner Idee und der Entstehung des Begriffs „Das rostigste Hobby der Welt“ aus. Diese Idee steht heute häufig als Synonym für sie Szene. Winfried Seidel betont, sich nicht nicht aus der Szene zurückzuziehen, sondern wird sich stärker seinem Museum, dem Automuseum Dr. Carl Benz, widmen. Sein abschließender Wunsch an den PAK: Nicht nachlassen im Einsatz für das Hobby, so dass Oldtimer auch mit Verbrennungsmotoren noch lange auf den Straßen sichtbar sein werden.
Carsten Müller dankt Winfried Seidel als einem der Urväter der Szene für seinen langen, engagierten Einsatz, seine Inspiration und seine wertvollen Beiträge. Er und der gesamte PAK freuen sich auf die weiteren Zusammentreffen auch außerhalb des Parlamentskreises.
Carsten Müller schließt die Sitzung.
Die nächste Sitzung des Parlamentskreises findet statt am Freitag, 15. März 2024 ab 12:00 Uhr Sitzungssaal E.400 im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages, Konrad-Adenauer-Straße 1, 10117 Berlin.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden hierzu rechtzeitig eingeladen