Alles wird irgendwann einmal alt. Das gilt auch für das Auto und seine Bestandteile. Bei Verschleißteilen ist klar, dass sie regelmäßig zu erneuern sind. Rund um ein wichtiges Sicherheits-Extra herrscht allerdings recht große Verwirrung. Sicher ist, dass auch Airbags in die Jahre kommen – doch wie mit den alten Säcken zu verfahren ist und wie sicher sie noch sind, da gibt es ganz unterschiedliche Ansichten. Die Palette reicht vom Rat zum Airbag-Tausch bis zu der Meinung, dass es das Beste sei, sich gar nicht darum zu kümmern. Immer noch gelten Airbags als relativ neue Errungenschaft in Sachen Sicherheit. Tatsächlich hat der schützende Sack bereits vor immerhin 24 Jahren seinen Einzug in die Welt der Serienfertigung gehalten. Im Jahr 1981 bot Mercedes-Benz die erste S-Klasse mit Airbag an. In großem Stil setzte sich die Sicherheitstechnologie in Europa nach Angaben des ADAC in München dann zu Beginn der neunziger Jahre durch – auch das ist mittlerweile mehr als zehn Jahre her. Ob der Airbag prinzipiell in Ordnung ist, wird laut ADAC im Fahrzeug durch eine Selbstdiagnose bei jedem Start kontrolliert – und dann über eine Kontrolllampe angezeigt. Allerdings überprüft die Elektronik nicht alle Einzelheiten. Laut dem Airbag-Hersteller Autoliv in Dachau kann die Diagnose den pyrotechnischen Treibsatz sowie den Luftsack an sich und die Abdeckkappe nicht kontrollieren. Das mögliche Problem liegt nach ADAC-Angaben vor allem in der Aktivierung des Airbags mittels Pyrotechnik. «Es gibt da verschiedene Systeme», erklärt Thomas Wienand, Sachbearbeiter Airbagsysteme beim TÜV Rheinland in Köln. «Bei einigen Systemen wird ein Festbrennstoff abgebrannt, der das Gas zum Füllen des Airbags erzeugt. Andere Systeme arbeiten mit einem Festbrennstoff sowie einer Gasladung.» Gerade der pyrotechnische Treibstoff unterliegt laut ADAC aber einem Alterungsprozess, weil er Feuchtigkeit aufnehmen kann. Die Folge ist dann unter Umständen eine geringere Füllmenge des Airbags. Viele Autohersteller weisen daher in den Bedienungsanleitungen darauf hin, die Airbags in bestimmten Intervallen zu erneuern. In der Regel geht es dabei um Zeitspannen von 10 bis 15 Jahren. Aus heutiger Sicht also um Fahrzeuge der Baujahre 1989 bis 1994. «Hintergrund ist, dass die zeitliche Beschränkung für die Hersteller vorteilhaft war, um Haftungsrisiken auszuschließen», so ADAC-Techniker Manfred Groß in München. Denn wenn ein Airbag bei einem Unfall nicht auslöst, könnte der Hersteller sonst vor Gericht Probleme bekommen. Im Vergleich zum Wert eines Autos in dem entsprechenden Alter ist der Airbag-Tausch aber recht teuer: Laut ADAC ist mit 500 bis 2000 Euro zu rechnen. «Bei uns gilt, dass ein Airbag nach spätestens 14 Jahren erneuert werden soll», sagt Josef Schlossmacher, Sprecher von Audi in Ingolstadt. «Hintergrund ist eben die Alterung des Materials und der Pyrotechnik vor dem Hintergrund der Frage, ob die absolute Betriebssicherheit gewährleistet werden kann.» Derzeit werde geprüft, ob die zeitliche Beschränkung künftig aufgehoben werden kann. Dieser Prüfprozess werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Einige Hersteller fordern bereits heute, die Airbags nicht zu wechseln. Die Experten sind sich in Sachen Airbag eben nicht einig, ob ein alter Airbag ein Risiko darstellt oder nicht. Für die Autobesitzer besteht die Schwierigkeit darin, dass sich die Funktionstüchtigkeit des Airbags nur dadurch hundertprozentig feststellen lässt, indem er ausgelöst wird. Das Problem: Löst er aus, war der Airbag in Ordnung – muss dann aber ausgetauscht werden. Löst er nicht aus, war er nicht in Ordnung – und muss ebenfalls ausgetauscht werden. Auch von Seiten der Airbag-Hersteller ist keine absolute Klarheit in Sachen Dauerhaltbarkeit von Airbags zu gewinnen. Bei Autoliv weist man darauf hin, dass nur der Autohersteller eine verbindliche Auskunft über die Lebensdauer eines Airbagsystems geben kann. «Wir sind nur ein Dienstleister», sagt Autoliv-Sprecher Bernhard Sturm. «Man kann dem Autofahrer nur raten, sich mit der Werkstatt oder dem Hersteller in Verbindung zu setzen.» «Wir garantieren 15 Jahre einwandfreie Funktionalität», sagt wiederum Jakob Lux, Sprecher des Airbag-Herstellers Takata-Petri in Aschaffenburg. Auch für ältere Airbags sieht Lux kein Problem: «Man kann davon ausgehen, dass sie funktionieren.» Nur: Garantieren will man das eben lediglich für 15 Jahre. Grundsätzlich ist nach Ansicht der Fachleute bei alten Airbags nicht mit Massen an Auslösefehlern zu rechnen. «Fehlauslösungen passieren extrem selten», sagt ADAC-Mann Groß. Aber sie passieren. Und niemand weiß, ob nicht gerade das eigene Auto jener Einzelfall ist, dessen Airbag bei einem Unfall nicht richtig funktioniert. Wer auf Nummer sicher gehen will, kommt daher wohl um einen teuren Airbag-Tausch nicht herum.