Vor 20 Jahren – AAVision präsentiert

AAVisionAuf der North American International Auto Show in Detroit, Michigan/USA präsentiert Mercedes-Benz mit „AAVision“ die Konzeptstudie eines allradgetriebenen Allzweckfahrzeugs. Dieses All Activity Vehicle (AAV) ist gleichermaßen als Freizeitautomobil, Familienwagen und Off-Roader nutzbar und markiert den Startschuß für die erfolgreiche ML-Geländewagenbaureihe.

Mehr zum AAVision und dem Start der ML-Baureihe:

Im Januar 1996 präsentierte Mercedes-Benz unter der Bezeichnung „AAVision“ auf der North American International Auto Show in Detroit die Konzept-Studie eines Freizeit-Automobils mit Allradantrieb. Dieser vielbeachtete Prototyp eines Sport-Utility-Fahrzeugs enthielt bereits Designelemente des Mercedes-Benz „All-Activity Vehicle“ (AAV), dessen Entwicklung seinerzeit intensiv betrieben wurde.

Die Europapremiere der AAVision Design-Studie fand zwei Monate später auf dem Genfer Automobil-Salon statt. Dort wurde auch erstmals die Bezeichnung „M-Klasse“ kommuniziert, unter der das neue Modell in die Mercedes-Benz Pkw-Familie aufgenommen werden sollte.

Ein Jahr nach der Weltpremiere der AAVision erhielt die Öffentlichkeit, wiederum auf der Auto Show in Detroit, einen ersten Einblick in die Technik der M-Klasse. Vorgestellt wurden das Chassis, der Triebstrang mit intelligentem Allradantrieb sowie der neu entwickelte 3,2-l-V6-Motor.

Das M-Klasse Chassis basierte auf einem separaten Rahmen aus geschlossenen Kastenprofilen. Die beiden gekröpften Längsträger waren mit drei Querträgern verschweißt, um höchste Stabilität und Verwindungssteifigkeit zu gewährleisten; im vorderen und hinteren Querträger befanden sich integrierte Deformationselemente, die bei einer Kollision mit geringer Geschwindigkeit die Aufprallenergie aufnehmen und die Längsträger vor Beschädigung schützen. Hilfsrahmen für die vordere und hintere Radaufhängung sowie zehn Gummilager dämpften die Übertragung von Straßenunebenheiten und Geräuschen auf die Karosserie.

Einzigartig war das Fahrwerk der M-Klasse, verfügte doch die neue Modellreihe als einzige ihrer Fahrzeuggattung über Einzelradaufhängung an Vorder- und Hinterachse. Dieses Konzept garantierte nicht nur ein hohes Maß an Fahrstabilität und -sicherheit, sondern ermöglichte darüber hinaus eine größere Bodenfreiheit unter den Aggregaten.

An der Vorderachse wurden die Räder von jeweils zwei Dreieckslenkern geführt, wobei die oberen Querlenker sowie die Stoßdämpfer direkt am Rahmen befestigt waren; der vordere Hilfsrahmen trug die unteren Querlenker und das Lenkgetriebe. Die Federung erfolgte durch Drehstäbe, die sich am mittleren Querträger abstützen, sowie einen Querstabilisator an den unteren Dreieckslenkern. Die Aufhängung der Hinterräder war ähnlich aufgebaut, für die Federung sorgte jedoch anstelle der Drehstäbe eine Kombination aus Schraubenfedern und Stoßdämpfern mit progressiver Federwirkung. Auch an der Hinterachse waren die oberen Querlenker sowie die Federungs- und Dämpfungselemente direkt am Rahmen montiert, während die unteren Dreieckslenker und der Querstabilisator wiederum von einem Hilfsrahmen getragen wurden.

Der Antriebsstrang der M-Klasse war für permanenten Allradantrieb konzipiert; vom Verteilergetriebe mit integriertem Zentraldifferential wird das Antriebsmoment über eine ein- bzw. zweiteilige Gelenkwelle in einem Verhältnis von 48 : 52 auf Vorder- und Hinterachse verteilt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Allradfahrzeugen verzichtete das Antriebssystem der M-Klasse auf Differentialsperren konventioneller Bauart. Ermöglicht wurde dies durch eine für den Allradantrieb modifizierte Variante des elektronischen Traktionssystems ETS. Kommt es auf glattem Untergrund zum Durchdrehen eines Rades, schaltet sich ETS automatisch ein und erhöht solange den Bremsdruck an diesem Rad, bis eine vorgegebene Geschwindigkeits-Differenz erreicht ist. Dadurch wird das Antriebsmoment an den Rädern mit guter Fahrbahnhaftung erhöht und ein Höchstmaß an Traktion erreicht. Der Einsatz von ETS anstelle herkömmlicher Sperrdifferentiale verbesserte die Manövrierfähigkeit des Fahrzeugs auf der Straße und im Gelände. Selbst bei schwierigen Fahrmanövern kam es nicht mehr zu einer Beeinträchtigung der Lenkfähigkeit und Kurvenstabilität.

Lenkung und Bremsanlage entsprachen ebenfalls höchsten Sicherheitsstandards. Die M-Klasse war mit einer Zahnstangen-Servolenkung ausgerüstet, und die Zweikreis-Bremsanlage umfaßte Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrädern, wobei die vorderen Scheiben innenbelüftet waren. Das für den Einsatz im Gelände modifizierte Anti-Blockier-System ABS, das zur Grundausstattung gehörte, verhinderte, unabhängig von der Straßenbeschaffenheit, ab einer Geschwindigkeit von 8 km/h das Blockieren der Räder. Bei eingelegter Geländeuntersetzung und Geschwindigkeiten bis maximal 30 km/h wird ein spezieller Gelände-Algorithmus aktiviert, der auf losem Untergrund den Bremsweg verkürzt.

Am 21. Mai_1997, gut vier Monate, nachdem in Detroit das innovative Fahrwerks- und Antriebskonzept präsentiert worden war, erlebte das neue Sport-Utility-Fahrzeug schließlich seine Premiere. Ort der Handlung war Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama, wo der Daimler-Benz Vorstand am gleichen Tag in Anwesenheit von mehr als 5.000 Gästen, darunter dem Gouverneur von Alabama, das Produktionswerk für die M-Klasse eröffnete.

Die Entscheidung für Tuscaloosa war am 30. September 1993 nach einem umfassenden Auswahlverfahren gefallen, und der erste Spatenstich am 4. Mai 1994 erfolgt. Bereits drei Monate später startete die Mercedes-Benz U. S. International, Inc. (MBUSI), die eigens für die Entwicklung, Planung und Produktion der M-Klasse gegründet worden war, eine breitangelegte Kampagne, um qualifizierte Mitarbeiter für das neue Werk zu gewinnen. Im Frühjahr 1995 wurden die ersten Mitarbeiter eingestellt und bei Mercedes-Benz in Deutschland, z. B. in Sindelfingen, intensiv auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Die Produktion der Fahrzeuge lief schließlich im Februar 1997 an.

Die MBUSI arbeitete bei der Produktion der ersten Generation M-Klasse mit 65 Systemlieferanten zusammen, die komplett vormontierte Module „just in time“ und „just in sequence“, d. h. zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Reihenfolge der benötigten Ausführung, an die Montagebänder lieferten. Die Fertigungstiefe des neuen Werks lag dadurch nur noch bei 20 %.

Die M-Klasse, intern W 163 genannt, dokumentiert nicht nur die Bestrebungen zur Globalisierung des Unternehmens, sondern stellte als dritte neue Modellreihe, die nach CLK und A-Klasse im Jahre 1997 vorgestellt wurde, einen weiteren Meilenstein der Produktoffensive dar. Sie wurde von Presse und Öffentlichkeit ausgesprochen positiv aufgenommen, und die Produktionskapazität kann die Nachfrage kaum befriedigen. Dieser Erfolg war neben dem konkurrenzfähigen Preis, dem hohen Sicherheits-Standard und dem ansprechenden Design sicherlich auch dem vielseitigen Konzept zu verdanken. Die M-Klasse der Baureihe 163 vereinte Komfort und Fahrsicherheit eines Mercedes-Benz Pkw mit der Geländetauglichkeit und Robustheit eines Geländewagens; darüber hinaus bot sie das Raumangebot und die Variabilität einer Großraumlimousine.

Die Rückenlehnen der Fondsitze waren dreifach geteilt und umklappbar; die im Verhältnis 1/3 : 2/3 unterteilten Sitzflächen ließen sich ebenfalls nach vorn klappen und erlaubten so zahlreiche Möglichkeiten für die Gestaltung des Innenraums. Eine zweite Fondsitzreihe, die zwei zusätzlichen Passagieren auf Einzelsitzen in Fahrtrichtung Platz bietet, war auf Wunsch lieferbar und konnte bei Nichtgebrauch leicht demontiert oder seitlich hochgeklappt werden.

Darüber hinaus war die M-Klasse mit zahlreichen technischen Innovationen ausgestattet, die Sicherheit, Komfort und Wirtschaftlichkeit weiter verbesserten. Dazu gehörte beispielsweise das Fahrberechtigungssystem ELCODE, das Diebstahlschutz und Komfort perfektionierte und über einen elektronischen Tür- und Zündschlüssel bedient wird; es war Bestandteil eines leistungsfähigen Daten-Netzwerks, das eine schnelle und zuverlässige Kommunikation der Steuergeräte im Motor- und Innenraum ermöglichte. Als weltweit erste Marke hat Mercedes-Benz die lokalen Teilnetze über eine Daten-Schnittstelle miteinander verbunden und dadurch ein umfassendes digitales Netzwerk geschaffen.

Eine weitere Neuerung, das Aktive Service-System ASSYST, verbesserte die Wirtschaftlichkeit, indem es die Ölqualität im Motor kontinuierlich analysiert. Auf diese Weise ermöglichte es bedarfsgerechte Wartungsintervalle, die den tatsächlichen Einsatzbedingungen entsprechen und sich so von konstant 15.000 km auf durchschnittlich 20.000 km verlängerten.

Auch die sicherheitsrelevanten Ausstattungsdetails entsprachen dem gewohnten Mercedes-Benz Standard: Höhenverstellbare Automatikgurte mit Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzern an den Vordersitzen gehörten ebenso zur Serienausstattung wie Airbags für Fahrer und Beifahrer sowie, erstmals in einem Geländewagen, Sidebags für die vorderen Türen.

Hinsichtlich der passiven Sicherheit erfüllte die M-Klasse die in der Europäischen Union ab 1998 geltenden Anforderungen ebenso wie die zukünftigen Bestimmungen in den USA; darüber hinaus genügte sie selbstverständlich auch den hochgesteckten Mercedes-Benz Standards. Der Fahrgestellrahmen wurde bereits in der Konzeptionsphase gezielt auf Frontal-, Heck- und Seitenkollision ausgelegt und optimiert. Die Vorgabe bestand darin, eine programmierte, maximale Deformation des Fahrzeugs bei gleichzeitig stabiler Fahrgastzelle zu erhalten, um den Insassen im Falle einer Kollision ein möglichst geringes Maß an Belastung und ausreichenden Überlebensraum zu garantieren. Berücksichtigt wurde auch der von Mercedes-Benz intensiv erforschte und durch verbesserte Kompatibilität in zunehmendem Maße realisierte Partnerschutz. Mit ihrer niedrig angeordneten, kontrolliert verformbaren Vorbaustruktur und dem tief angelegten Rahmen kann die M-Klasse auch die Stoßenergie eines Unfallgegners aufnehmen und dadurch für die Insassen kleinerer Autos, die ansonsten benachteiligt sind, die Belastung mildern.

Die Markteinführung in den USA und Kanada erfolgte im September 1997; verfügbar war zunächst der ML 320 mit dem aus E-Klasse und CLK bekannten 3,2-l-Motor, der in der M-Klasse 160 kW (218 PS) leistete und serienmäßig mit dem elektronisch gesteuerten 5-Gang-Automatikgetriebe kombiniert war. Das von Grund auf neu konstruierte V6-Triebwerk, das der Baureihe M 112 zugeordnet ist, zeichnete sich durch eine Reihe wegweisender Innovationen wie Dreiventiltechnik, Doppelzündung sowie reibungsarme Leichtmetall-Laufbuchsen aus. Produziert wurde es im hochmodernen Motorenwerk Bad Cannstatt, das am 9. April 1997, sechs Wochen vor dem Werk in Tuscaloosa, als „Fabrik der Zukunft“ offiziell eingeweiht wurde.

Für den europäischen Markt, der seit März 1998 beliefert wurde, stand neben dem ML 320 ein preisgünstigeres Einsteigermodell mit 2,3-l-Vierzylinder-Reihenmotor zur Verfügung. Auch dieses 110 kW (150 PS) starke Aggregat entstammte der regulären Mercedes-Benz Motorenpalette und hatte sich bereits in der C-Klasse und E-Klasse bewährt. Der ML 230 wurde serienmäßig mit 5-Gang-Schaltgetriebe angeboten; anders als bei seinem leistungsstärkeren Bruder, gehörte die Klimaanlage nicht zur Grundausstattung.

Im Januar 1998 wurde auf der North American International Auto Show in Detroit mit dem ML 430 eine weitere Variante der M-Klasse vorgestellt. Das neue Topmodell der Baureihe verfügte über einen 199 kW (270 PS) starken 4,3 l-V8-Motor mit Dreiventiltechnik und Doppelzündung, der ab September 1997 bereits in der E-Klasse zum Einsatz kam. Die Grundausstattung umfaßte neben einem elektronisch gesteuerten Fünfgang-Automatikgetriebe das Allradsystem 4-ETS, das beim ML 430, seit September 1998 auch beim ML 320, mit dem Fahrsicherheitssystem ESP und dem Bremsassistenten BAS kombiniert war. Lederausstattung, Klimaanlage und Sitzheizung vorn rundeten den serienmäßigen Lieferumfang ab. Seine Rolle als Topmodell der M-Klasse signalisierte der ML 430 durch in Wagenfarbe lackierte Stoßfänger, Seitenschweller und Seitenschutzleisten sowie durch neu gestylte 17 Zoll-Räder mit Reifen der Dimension 275/55 R 17. Die Markteinführung in Deutschland erfolgte im Mai 1999.

Im Herbst 1999 begann mit dem ML 270 CDI auch bei der M-Klasse das Dieselzeitalter. Der kurz zuvor in der E-Klasse eingeführte Fünfzylinder-CDI-Motor mit 170 PS ermöglichte souveräne Fahrleistungen bei sparsamem Kraftstoffverbrauch. Er löste den ML 230 als Einsteigermodell der M-Klasse ab.

Im Herbst 2001 kam die erste Generation der M-Klasse in modellgepflegter Form auf den Markt. Mehr Sicherheit, mehr Dynamik und noch mehr Fahrspaß – so hatten die wichtigsten Ziele bei der Weiterentwicklung gelautet. Design, Innenraum, Technik und Serienausstattung des attraktiven und sehr erfolgreichen Allradautomobils hatte man deutlich aufgewertet und auf die Wünsche der Kunden noch besser abgestimmt. Insgesamt wurden im Rahmen der umfassenden Modellpflege über 1100 Bauteile neu entwickelt oder modifiziert.