von Gerd Weißmann
In der letzten Clubzeitung des Mercedes-Benz Veteranen Club von Deutschland e.V. (genannt MVC-Depesche) ein Bericht über einen kapitalen Motorschaden am Mercedes 170 Da OTP. Daheim in der Garage dann das volle Programm nach vorherigem Informationsschock.
Ja, sie haben richtig gelesen! Nachdem wir in der Garage nach der Motorsezierung feststellten, dass sich ein Kugelstift in der Vorkammer des vierten Zylinders zerbröselt hatte, waren wir ratlos. Hatten wir doch vor dem Einbau des komplett überholten Motors alle Vorkammern genau geprüft. Das heißt, den Quersteg, den Kugelstift in der Vorkammer für gut befunden. Es ist beim Einbau gemäß Reparaturanleitung darauf zu achten, dass der Stift nicht in die Kammerwandung geschrumpft ist (siehe Abbildung). Daran hielten wir uns!
Wie konnte das passieren? Man macht sich schlau, fängt beim Motorenbauer seines Vertrauens in Buxtehude an, beim Bosch-Fachmann, Meister Kröger in Tostedt, beim ADAC – da gibt es ja auch so Halb- und Ganzweise – Und sucht natürlich im Internet.
Bisher hatte ich all den Weissagern vertraut, die dringend auf den neuen Diesel-Superkraftstoff von Shell schwörten. „Tanken sie nur noch Shell V-Power, mehr Leistung, weniger Kraftstoffverbrauch und ein Schonen des Motors sind angesagt.“
Lange Rede, kurzer Sinn – im wahrsten Sinne des Wortes. Nach 1.000 Kilometern Laufleistung war der erste Kugelstift „verbrannt“. Was könnte passiert sein? Bei Google nachlesbar: Franz Nitschner, ein erfahrener Motorschrauber, im Großen (Schifffahrt) wie im Kleinen (mit seinem MB 200D seit 1973) war Gleiches passiert. Er hatte den „Edeldiesel“ von Shell getankt und auch fast eine Kugelstift-Verbrennung erlebt. Wenn man so etwas liest – im Kopf dann: Kaum zu glauben, aber wahr! Nitschner hat Düsen und Vorkammern demontiert und Blauverfärbungen an diesen Teilen festgestellt. Dies geschieht durch überhöhte Temperaturen. Das Gleiche war bei uns der Fall. Nitschner hat dann den „harten“ Schriftstreit mit Shell „getanzt“ und 500 Euro Ersatz für defekte Teile erhalten. Wir verzichten darauf. Lieber Schrauben.
Nochmals zur Funktion des Kugelstiftes in der Vorkammer, Abschrift aus dem Text: „Wird Diesel eingespritzt, prallt er zunächst in der Vorkammer auf den „Kugelstift“, wo er verdampft und sich entzündet. Die aus der Vorkammer austretenden Brenngase erfassen die heiße, komprimierte Luft im Zylinder, wo es zur Hauptverbrennung kommt. (…) Die blau gebrannten Einspritzdüsen in den Vorkammern des Motors zeigen, dass sich der Diesel dort schon entzündete, bevor er auf den Kugelstift in der Vorkammer traf. Solche Frühzündungen bergen große Gefahren für den Motor. Schlimmstenfalls könnte der Kugelstift aus seinem Halter herausbrennen.“ Nachzulesen im Internet unter: „Edelsprit bringt alte Diesel in die Bredouille – ingenieur.de“, oder Suchbegriffe „diesel vorkammer kugelstift“.
Prost Mahlzeit, Herr Shell! Aber sie haben ja schon reagiert. Nach Nitschners Beobachtung wurde der teure Kraftstoff, gemäß ihrer Prospekte, seit Anfang Januar nur noch für „moderne“ Dieselmotoren offeriert! Leider für uns zu spät.
Wir hatten den teuren Dieselkraftstoff von Shell deshalb gewählt um ein probates Mittel gegen die Nachteile beim Biozusatz zu finden. Sprich wegen der zu geringen Schmierfähigkeit des mit Bio versetzten Dieselkraftstoffes. War nix. Wir suchen weiter!