Die in der Straßenverkehrsordnung enthaltene „Winterreifen-Regelung“ steht momentan auf dem Prüfstand. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat nämlich entschieden, dass der entsprechende Paragraf (§ 2 Absatz 3a StVO) zu unpräzise formuliert und somit verfassungswidrig ist. Ab heute werden sich die Verkehrsminister der Bundesländer bei ihrer Konferenz in Thüringen daher mit der Bestimmung auseinandersetzen. Nach Ansicht des Automobilclub von Deutschland (AvD) besteht dringend Handlungsbedarf, damit Autofahrer und Polizei noch vor Wintereinbruch Klarheit und Rechtssicherheit haben.
Seit 2006 ist in der StVO eine „den Wetterverhältnissen angepasste“ Bereifung vorgeschrieben. Die Ordnungsbehörden und Autofahrer hatten bisher also Spielraum; wann welcher Reifen besser geeignet ist, war nicht definiert. Verstöße gegen die Regelung konnten jedoch mit einem Verwarngeld von 20 Euro, beziehungsweise bei Verkehrsbehinderung oder im Falle eines Unfalls mit einem Bußgeld von 40 Euro und einem Punkt in Flensburg geahndet werden. Das durch die Entscheidung des OLG Oldenburg unter Zugzwang geratene Verkehrsministerium plant nun offenbar, an der unpräzisen Bestimmung festzuhalten, aber den Bußgeldtatbestand zu streichen. Dies hält der AvD jedoch für eine halbherzige Lösung. Konsequenter wäre, den „Gummiparagrafen“ 2 Absatz 3a zu streichen und statt dessen endlich genau zu definieren, was ein Winterreifen ist und eine einheitliche Kennzeichnung vorzuschreiben. Als Basis für die Kennzeichnung sollte das als Industriestandard eingeführte Schneeflockensymbol dienen. Mit diesem Schneeflockensymbol werden nur Reifen ausgezeichnet, die einen speziellen Traktionstest auf Schnee bestanden haben und somit besonders wintertauglich sind. Im Gegensatz dazu ist das oftmals verwende „M+S“-Zeichen (M+S für Matsch und Schnee) nicht genau definiert. Mit diesem Symbol markierte Reifen durchlaufen keine spezielle Prüfung und sind nicht unbedingt wintertauglich. Nichts desto trotz findet sich im Gesetz, in § 36 Absatz 1 der Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO), immer noch der Hinweis, dass M+S-Reifen Winterreifen seien.
Darüber hinaus regt der AvD an, auch die gesetzlich vorgegebene Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern anzuheben, da diese nicht ausreichend ist. Der AvD empfiehlt, von Oktober bis Ostern Winterreifen mit Schneeflockensymbol aufzuziehen, die mindestens 4 Millimeter Profil haben und appelliert an die Eigenverantwortung der Fahrer. Reifen sind DAS Bindeglied zur Straße. Auf deren Güte und Qualität zu achten, ist somit ein wesentlicher Sicherheitsfaktor. Je geringer die Profiltiefe umso schlechter haftet der Reifen und umso länger wird der Bremsweg.
Begrüßen würde der AvD, wenn im Zuge der Neuregelung eine Winterreifenpflicht im Bereich der gewerblichen Personenbeförderung, für Gefahrguttransporte und LKW eingeführt würde. Denn mit dem Führen solcher Fahrzeuge ist eine besondere Verantwortung und ein höheres Risiko verbunden. Auch könnten Fahrer und Halter solcher Kfz sich im eigenen Interesse als Vorbilder in Sachen Verkehrssicherheit präsentieren. Bus- oder LKW-Unfälle haben auf winterlichen Straßen nicht selten verheerende Folgen: Personen- oder hohe Sachschäden und oft stundenlanges Stauchaos, falls ein LKW oder Bus quer steht und mehrere Spuren blockiert.
Eine Übersicht, in welchen europäischen Ländern eine Winterreifenpflicht besteht, findet man hier
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