Im Jahre der Jubiläen wäre uns doch beinahe der „große“ Heckmotorwagen durchgerutscht… zum Glück hat uns unser Mann für das Spezielle, Hartmut Falkenbach – Typreferent im MVC für die Heckmotorwagen, auf unser Versäumen freundlich hingewiesen. Vor etwas mehr als 75! Jahren, im Februar 1936, wurde der 170 H zusammen mit dem 170 V (H für Heckmotor, V für Motor vorn) erstmals der Öffenlichkeit vorgestellt. Nachdem wir die Glückwünsche nachgeholt haben, wollen wir allen Eigentümern eines 170 H besonders zu Ihrem besonderen Fahrzeug gratulieren und freuen uns bei verschiedenen Veranstaltungen immer mal wieder einen H zu sehen.
Schon Mitte 1933 wird neben dem Mercedes-Benz 130 eine hubraumstärkere Variante mit 1,5 bis 1,6 Litern in Erwägung gezogen. Sie wird ein halbes Jahr später zur Gewissheit, als man sich entschließt, dem 1,3-Liter-Wagen bald eine 1,6-Liter-Serie folgen zu lassen. Im Februar 1936 debütiert dann auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin der Mercedes-Benz 170 H (W 28), der den Typ 130 ablöst, zusammen mit dem Parallelmodell Typ 170 V (W 136). Offiziell wird nun das „H“ für „Heckmotor“
Klärend vorangestellt sei ein Sachverhalt, der für diese beiden 170er gilt. Auslöser ist die Tatsache, dass die beiden Baureihen bis kurz vor ihrer Vorstellung noch als 1,6-Liter-Wagen entwickelt worden sind und erst kurz vor Serienanlauf noch eine Hubraumerhöhung erhalten haben. So werden noch im März 1935 anlässlich einer Besprechung des Vorstands und zuständiger Direktoren über das Typenprogramm und die Fahrzeug-Dispositionen für die Ausstellungen in London und Paris 1935 sowie in Berlin im März 1936 die Fahrzeuge der Baureihe W 136 für Berlin als solche mit 1,6-Liter-Motor bezeichnet. Das führt dazu, dass in den Wagenbüchern zahlreiche Nummerngruppen, für die Fahrgestelle bereits vorsorglich reserviert sind, mit einem roten Stempel „1,6 Ltr.“ versehen sind. Auf diesen Seiten werden dann, nach der kurzfristig erfolgten Hubraumerweiterung von 1598 Kubikzentimeter auf 1697 Kubikzentimeter, die ersten Serien der neuen Fahrzeuge eingetragen, ohne allerdings den bereits vorhandenen Stempelaufdruck zu korrigieren. Beim Typ 170 H betrifft dies die Fahrgestellnummern 118771 bis 118780 und 136776 bis 137775.
Der Vierzylindermotor des Typ 170 H entwickelt eine Leistung von 28 kW bei 3400/min und bringt das Auto auf eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h. Hierzu trägt neben der Karosseriegestaltung auch das geringere Fahrzeuggewicht aufgrund des kompakten Antriebsblocks und der nicht benötigten Kardanwelle bei, zugleich verbunden mit geringeren Kraftübertragunsverlusten. Das Fahrzeug hat im Unterschied zum Typ 170 V mit seinem Viergang-Getriebe ein Dreigang-Getriebe mit zuschaltbarem Schnellgang, genau wie der Typ 130, das aber nun als Viergang-Getriebe bezeichnet wird. Das wirkt sich auf die Gangreichweiten im Vergleich mit dem Typ 170 V nicht aus, da die Abstufung der Getriebe- und Achsübersetzungen so abgestimmt ist, dass die Gangreichweiten, trotz unterschiedlicher Getriebekonstruktionen mit denen des Typ 170 V fast identisch sind.
Das Design polarisiert – Der Typ 170 H hat gegenüber dem Typ 130 eine deutlich gefälligere Karosserieform, diesmal jedoch mit einem aufgelegten Mercedes-Stern, und zwar ohne Umrandung. Als das Fahrzeug auf der IAMA der Öffentlichkeit vorgestellt wird, ist das Aussehen nach wie vor ein Diskussionsthema. So schreibt „Motor und Sport“ in seiner Messeberichterstattung: „Hat sich nun das Publikum an die Form des Heckmotorwagens gewöhnt oder nicht? Wir jedenfalls finden an ihr nichts auszusetzen.
Diesem Eindruck kann man auch heute noch zustimmen. Der Typ 170 H gefällt, übrigens weit mehr als der Typ 130, durch ein rundes in sich harmonisch abgeschlossenes Design, das auch nach Jahrzehnten durchaus noch betrachtenswert und überzeugend ist. Stellt man die Typen 170 V und 170 H nebeneinander, dann wirkt der Frontmotorwagen in heutiger Betrachtung plötzlich wesentlich antiquierter als der immer noch erstaunlich frisch erscheinende Heckmotorwagen. Hier ist dem Karosseriekonstrukteur Walter Häcker ein großer Wurf gelungen, der ohne weiteres neben jedem Nachkriegsfahrzeug mit Heckmotor glänzend bestehen kann. Sehr überzeugend sind auch die verbindenden Stilelemente im Bereich der Fenster, der B-Säule und der Längssicken, die eine Verbindung zu den anderen Limousinenkarosserien schaffen und den Typ 170 H als Mitglied der großen Mercedes-Benz-Familie erkennen lassen.
Überzeugender Federungs- und Geräuschkomfort – Überzeugen kann der Typ 170 H selbst heutige Fahrer und Mitfahrer immer noch mit seinem beachtlichen Federungs- und Geräuschkomfort sowie einer serienmäßigen Warmluftheizung. Zu dieser bemerkt der Test der „Allgemeinen Automobil-Zeitung“ (AAZ): „Zur Geräumigkeit kommt als wirklich sehr erfreuliche Seite die verstellbare Wagenheizung hinzu. Leider gibt es nur wenige und dann zumeist ausländische Wagen, die neben dem 170 H diese erfreuliche Einrichtung aufweisen.“
Schneller als der vielgeliebte Bruder mit dem Frontmotor ist der Typ 170 H auch. Die Fachpresse ist von ihm durchaus begeistert. „Motor und Sport“ berichtet von der IAMA fast euphorisch: „Obgleich der Wagen weit geräumiger als der 1,3 Liter Heckmotorwagen ist, hat er einen um nur 10 cm längeren Radstand und wiegt nur 30 kg mehr. Der Motor leistet 38 PS und somit erhalten wir jetzt ein Leistungsgewicht von 27,6 kg/PS, womit endlich Mercedes-Benz zu seiner unübertrefflichen Strassenlage nun auch noch eine Portion „Spruhtz“ bekommt, die viele sehr begrüßen werden.“
In dasselbe Horn stößt ein Jahr später der Kollege der „AAZ“ mit der Bemerkung: „Die Fahreigenschaften des 170 H werden unterstützt durch eine sehr ansehnliche Höchstgeschwindigkeit und ein durchaus befriedigendes Beschleunigungsvermögen. Die Höchstgeschwindigkeit über einen fliegenden Kilometer beläuft sich im Mittel von 4 Stoppungen auf 111,4 km/h, während der Kilometer mit stehendem Start mit 70,6 km/h zurückgelegt wurde.“
Auch der Typ 170 H bekommt eine Modellpflege: Von 1938 an sind doppelt wirkende Stoßdämpfer montiert, und die Armaturentafel enthält jetzt zusätzlich je ein Rundinstrument für die Wasser- und Öltemperatur.
Doch der Typ 170 H kann sich gegenüber dem Typ 170 V nicht durchsetzen. Dafür gibt es mehrere Gründe. So gibt es den Typ 170 V beispielsweise in deutlich mehr Karosserievarianten, der Kunde hat somit eine größere Auswahl. Ein weiterer Umstand, der den Erfolg des Typ 170 H nicht fördert, ist der um 600 RM höhere Preis gegenüber dem Typ 170 V (4350 zu 3750 RM). Und das, obwohl der Typ 170 H sogar 50 Kilogramm leichter ist als der Typ 170 V. Zwischen 1935 und 1939 werden vom Typ 170 H gerade mal 1507 Fahrzeuge gebaut, vom Frontmotortyp 170 V laufen 67 579 Fahrzeuge vom Band, einschließlich der Kübelwagen für den militärischen Einsatz.
Mercedes-Benz 170 H (Baureihe W 28) - Zylinder: 4 (Reihe)
- Hubraum: 1697 cm³
- Leistung: 28 kW bei 3400/min
- Höchstgeschwindigkeit: 110 km/h
- Produktionszeitraum: 1936 bis 1939
(QUELLE: DaimlerAG)