von Michael Dietrich
Es ist Sonntag, 22. September 2019, Finaltag des Jubiläums-Jahrestreffens des R129 SL-Clubs, und es ist noch mitten in der Nacht. Da starten sieben SL-Freunde ihre Autos, Ziel ist das Mercedes-Benz Museum. Der sternklare Himmel bekommt langsam Farbe, der Tag verspricht Großes.
Die Autos wurden sorgfältig vorbereitet, befinden sich jetzt in Concours-Zustand. Bei der Auffahrt auf den Museumshügel steht die Tanknadel auf Reserve. Vor dem Großen Saal ein letztes Innehalten, dann werden die Autos in den Saal gerollt. Nun übernimmt Marcel Hänsch vom Museum die Choreografie: zentimetergenau werden die Fahrzeuge an ihre Plätze dirigiert. Der Gläserne SL wartet bereits auf seine Vorführung. Alles muss perfekt sein, um 11:00 Uhr wird es hier die offizielle Begrüßung geben. Jeder SL bekommt seine eigene Datenkarte. Die Stehtische und Bildschirme sind vorbereitet, und eigentlich könnte die Anspannung jetzt in Gelassenheit übergehen. Es kommt aber anders.
Lange vor Öffnung des Museums um 9:00 Uhr rollen bereits die ersten R129 an und werden von den Ordnern empfangen, eingewiesen und an ihre Plätze dirigiert. Da wird plötzlich der kultivierte Klang ihrer Sechs-, Acht- und Zwölfzylindermotoren übertönt. Der erste W198 steht zur Auffahrt auf den Museumshügel bereit. Die Fahrertüre wird hochgeklappt, der Motor brüllt auf und der Flügeltürer steuert seine vorgesehene Parkposition an.
Die SL-Familie wird rasch ergänzt durch den roten 300SL Roadster, den bereits Horst Buchholz fuhr. Dann kommt der 190SL mit stilgerechten Weißwandreifen, gefolgt von zwei speziellen Pagoden und einem R107, der sich im Auslieferungszustand präsentiert. Der 1995er „Mille Miglia“ mit EVO2 Rädern vertritt die Baureihe R129. Den Abschluss bildet der R230 von Michael Rapp, Präsident des 300SL-Clubs, der zusammen mit seinem Vize ebenso der Einladung gefolgt ist wie Manfred Luft als Ehrenpräsident der Pagodenfreunde und Günter Hoferer als Präsident vom R107-Club.
Ab 10:00 Uhr wird der Platz am Hügel knapp. Ist es das herrliche Roadsterwetter, ist es der Mythos SL oder sind es die Emotionen, die hier am Mercedes-Benz Museum aufkommen? Die SL-Armada reicht weit in die Mercedesstraße zurück. Jetzt sind selbst die Museumsprofis überfordert. Der Hügel wird geradezu überrollt von über 220 SL der Baureihe R129 und von rund 50 SL aller Vorgängerbaureihen, davon allein sechs W198, zwei Flügel und vier Roadster. Zwei dieser „Jahrhundertautos“ werden abgeschrankt am Eingang zum Museum aufgestellt. Sie leiten den staunenden Besucher ins Foyer.
Direkt nach den Drehtüren steht das spektakuläre „Mille Miglia“ Sondermodell aus dem Jahr 2001. Es basiert auf dem SL 600 der „Silver Arrow Edition“, also auch mit Panoramaglasdach, weist aber zahlreiche weitere Specials auf. Von ihm wurden nur 13 Stück gebaut, wir präsentieren hier die Nummer 5.
Und dann ist man angekommen, im Zentrum des Museumstempels. Weit öffnet sich der Große Saal und gibt den Blick frei auf die sechs ausgewählten SL der Baureihe R129. Zwei Fahrzeuge tragen bereits das H-Kennzeichen.
Der Besucher vergleicht und bewundert. Er entdeckt die feinen Unterschiede an den modellgepflegten Autos. Aber auch die zwei Sondermodelle haben es ihm angetan. Da beginnt die Vorführung des Gläsernen R129. Die fünfte SL-Generation überraschte mit einer Vielzahl an technischen Neuerungen, bahnbrechenden Innovationen und setzte damit die einmalige, revolutionäre Rolle ihrer Vorgänger-SL fort.
Um 11:00 Uhr findet die Begrüßung statt. Anschließend folgen die Vorträge von Johann Tomforde über die Entwicklung des Designs, und von Karl-Heinz Baumann über die passive Sicherheit und den Überrollbügel. Ergänzend dazu laufen an den Großbildschirmen die entsprechenden Filme und vermitteln dem Museumspublikum so einen umfassenden Gesamteindruck über diese Baureihe. Wer noch mehr will – kein Problem: Günter Engelen ist da und signiert das Buch zur Baureihe R129, und zur Stärkung steht der Caterer am Museumshügel bereit. Man tauscht sich aus, fotografiert und staunt über die Vielzahl der hier versammelten Autos. Dabei vereint sie alle doch das Gleiche, es sind die einzigartigen, unverwechselbaren Gene, die in jedem dieser Autos stecken.
Dieses clubübergreifende SL-Treffen am Mercedes-Benz Museum bildete den Abschluss des Jahrestreffens 2019 „30 Jahre SL R129“.
Fotos: Michael Pulfer, Wolfgang Reinhold, Hans Dotzauer - MB-Museum