Die Preise mancher Mercedes – Klassiker dringen teilweise in Bereiche vor, die mancher/m Eigentümer/in ein artgerechtes Bewegen vermiesen. Gerade der Sportwagen des Jahrhunderts, der 300 SL W198, gehört sicherlich zu dieser Gattung…
Was aber nun tun?
Den Wagen in Watte packen, für die Nachwelt konservieren und somit nicht mehr auf die Straße lassen – bei dem faszinierenden dieses Wagens bestimmt nicht die schönste Entscheidung.
Unser Stammleser Alois Hoppen ( Sie erinnern sich an seinen tollen Bericht über seine 170 S Cabriolet A – Restauration ? ) hat da seine eigene, nicht uninteressante, Lösung gefunden:
Er hat mit einem extremen Aufwand für sich etwas geschaffen, welches das Wort Repika eigentlich nur unzureichend beschreibt. Natürlich weiß er und auch wir, dass es unter den sogenannten Repliken auch sehr fürchterliche Kreaturen gibt….
Doch schauen Sie sich die Fotos in der Galerie unten einmal GROSS auf Ihrem PC-Bildschirm an und machen Sie sich Ihr eigenes Bild. Die Fotos zeigen es, außen pastellgrünmetallic (Mercedes nannte das lightgreen), innen dunkelgrünes (racinggreen) Leder und das Dach auch in dunkelgrün. Der Boucle-Teppich ist ein passender Mix aus hellgrünen und dunkelgrünen Fasern.
Das Fahrzeug entstand in Mischbauweise: Epoxid mit Glasfaser (kein Schwund), außen mit Aluminiumzwischenschicht, Alublech, normales Blech, garniert mit Originalteilen. Das Fahrwerk, die Bremsen und der Antriebsstrang größtenteils aus Mercedes W124er Technik, die Vorderachse vom 129er, Hinterachse vom 124er, eigener Gitterrohrrahmen ähnlich dem Originalen. Ein 3 Liter-6 Zyl.-Motor vom Type M103 mit Kat und als Getriebe eine 6-Gangschaltbox mit Zwischenflansch vom W211, dazu ABS, Servo und Klimaanlage. Alles absolut unsichtbar verbaut. Sämtliche Maße der Karosserie hat er bis auf vielleicht wenige Millimetern exakt dem Original nachgebaut und vor der Lackierung derart korrigiert, dass auch sämtliche Originalzierleisten, Scheiben, Lampen, Scheibenrahmen und sonstige Anbauteile als Originalteile eingesetzt werden konnten.
Natürlich ist so ein Nachbau nicht jedermanns Sache. Aber selbst beim Blick auf die Details, erkennt man wieviel handwerkliche Arbeit er sich damit gemacht hat. Nur alleine am Handschuhkastendeckel (aus Blech) hat er zwei Wochen gearbeitet, am Armaturenbrett mehrere Monate. Eine Originalkarosse wäre erheblich einfacher zusammenzubauen gewesen. Die Scharniervorbereitungen und letztendlich die 100%tig passgenaue Montage von Türen, Motorhaube, Kofferdeckel und selbst die Tankklappe für einwandfreie Spaltmaße erforderten viel Geduld und Ausdauer.
Das „richtige“ Ausrichten der Fahrzeughöhe zum Radausschnitt musste mehrere Male nachkorrigiert werden, weil das Fahrzeuggewicht ja während der Bauphase zunahm. Auch das der Motor mit dem angeflanschten Getriebe mit Knüppelschaltung an der exakt richtigen Stelle im Interieur sitzt, musste in der Rohbauphase immer wieder angepasst werden, insbesondere unter Berücksichtigung des Drehmoments während scharfem Anfahren. Hierbei verdreht sich die Antriebseinheit samt Auspuff innerhalb der Motorlagerung ganz leicht. Also immer wieder Probe fahren und testen, ob die Einheit nicht an Lenkstange, Achsen, Kardantunnel, Schaltgestänge oder Motorhaube aneckt oder Vibrationen verursacht…. Bis das dann alles im Detail zusammenpasst, optisch wie technisch, und auch in der Funktion so ist wie angedacht das war oft wirklich nicht einfach. Der Fensterrahmen im Zusammenspiel mit Seitentüren/Oberteile und Verdeck, Chromzierrat, die richtige Neigung der Seitenscheibe in Passung des Dachgestells, des Verdeckkastendeckels, und alle Funktionen und vor allem die Dichtigkeit, alles mit Originalgummis und -Chrombeschlägen, war eindeutig die schwierigste Angelegenheit….
Kurz und gut, man sieht hier ein großartiges Stück an Handwerkskunst welches nur mit einigem gehörigen Anteil an Enthusiasmus zu schaffen war. Es ist und wird niemals ein Original sein, braucht es ja auch nicht. Es ist ein eigenständiges Auto, kein Oldtimer, aber schon ein Youngtimer aus den 80er Jahren. Und kann heute für sportliches Fahren UND problemlos auch weite Reisen genutzt werden.