Hermann Göring’s gepanzerter Mercedes-Benz 540K Spezial-Roadster
Das Jahr 1937 war das Jahr des 50. Jubiläums der IAMA Automobilausstellung in Berlin. Zu den Eröffnungsfeierlichkeiten am 20. Februar erschienen Reichsmarschall Hermann Göring und sein Chef (Name, und Titel bekannt). Am Stand von Daimler-Benz bestellte Göring bei Dr. Kissel einen 540K Spezial Roadster in seiner Lieblingsfarbe Luftwaffenblau-metallic, mit aufgemaltem Familienwappen an beiden Türen. Türen und Glasflächen sollten gepanzert sein (was bedeutete, dass die Fenster fest standen) Ein paar andere Änderungen mussten im Inneren auch vorgenommen werden, u.a. wegen des Reichsmarschalls Bauchumfangs. Von Göring in diesem Wagen gibt es zahlreiche Aufnahmen.
Am 4. Mai 1945 nahmen Teile der 101. Luftlandedivision der US-Streitkräfte Berchtesgaden ein, und beschlagnahmten den Wagen (nebst einem 770). Die Nachricht, wessen Wagen da ins Netz geraten war, ging „nach oben“ und Generalmajor Major Maxwell Taylor befahl den in der Zwischenzeit von den US-Soldaten mit dem Spitznamen „Blaue Gans“ versehenen Wagen zu sich. Ganz legal und offiziell benutzte dann der General den mit all den notwendigen Papieren versehenen 540K als seinen persönlichen Dienstwagen. Der Spezial Roadster war also keine Kriegsbeute, sondern nun ein Militärfahrzeug, mit Kennzeichen der US-Army und den zwei Generalssternen versehen.
In der Zwischenzeit aber gelangte die Nachricht über Göring’s Wagen immer weiter nach oben, und aus Washington kam der Befehl, den 540K in die USA zu verschiffen, wo er, nebst anderen Wagen „hoher Tiere“ des III. Reichs, als Ausstellungsstück bei Verkaufsaktionen von Kriegsanleihen benutzt wurde.
Im Jahre 1956 wurde der mittlerweile als überschüssiges Material betrachtete Wagen bei einer auf dem Aberdeener Übungsgelände der US-Army in Maryland stattfindenden Auktion für US$ 2.167 an einen Jacques Tunick aus Greenwich, Connecticut, verkauft. Laut dem „CPI Inflations Rechner“ der US-Regierung entspräche dies heutzutage der Summe von US $ 17.803,42! Immerhin auch kein schlechter Preis für solch einen 540K…
1958 verkaufte Jacques Tunick Göring’s Wagen an den Tierarzt und Sammler Dr. George Bitgood Jr., der den Wagen schwarz lackieren, und die Chromteile neu plattieren liess. Das Publikum bekam den Wagen nur noch ein einziges Mal zu sehen, und das war während des Jahrmarkts, 1973, in Durham, Connecticut.
Nach Dr. Bitgood’s Tod wurde von seiner Familie die „Blaue Gans“ im Juni 2002 in Fort Campbell (Kentucky) ausgestellt, anlässlich eines Treffens der 101. Division der US-Luftlandetruppen.
Dann wurde der Wagen von den Erben an die Carnlough International, in Guernsey, verkauft, unter der Bedingung, dass der Wagen restauriert würde, und zwar genau so, wie er 1945 in Berchtesgaden vorgefunden wurde, und so original wie möglich. Es wurde also mehr eine „Erhaltung“ als eine Restaurierung, da alle Teile, die noch in einigermassen gutem Zustand schienen, beibehalten werden mussten. Es war keine Restaurierung, bei der der Wagen auseinandergenommen wurde, folglich ist dieser 540K möglicherweise der „authentischste“ Spezial Roadster, den es noch gibt. Angesichts seiner Geschichte und der heutigen Preise dürfte er zwischen sechs und zehn Millionen Dollar wert sein.
Das Modell im Maßstab 1:43 der „Blauen Gans“ wurde von einem Moskauer Hobby-Geschäft, das all unseren Russischen MBMC-Mitgliedern bekannt ist, bei EMC/Pivtorak in Auftrag gegeben. Der Ukrainische Modellautohersteller hat uns bereits in der Vergangenheit feine 1:43 Modelle klassischer Mercedes-Benz Wagen gebracht, die zum Teil auch im Mercedes-Benz Museumshop erhältlich waren.
Wenn ich die mir zur Verfügung stehenden Aufnahmen anschaue, so sieht das in der typischen EMC/Pivtorak-Qualität hergestellte Resine-Modell der „Blauen Gans“ nach einer akkuraten Wiedergabe des 540K aus , so wie er von General Maxwell Taylor seinerzeit benutzt wurde – allerdings ohne dem Einschussloch im Kofferraum. (Ein US-Soldat hatte am 4. Mai 1945 in den Wagen geschossen, aus Angst vor einer Sprengladungsfalle). Das Modell wird in einer limitierten Stückzahl hergestellt, der Preis soll ziemlich hoch sein.
Text: Bernd D. Loosen – Bilder: Bundesarchiv,verschiedene Quellen.