Motorpheus – Das Autler-Liederbuch – noch mehr Infos & Liedertexte !

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Das Ganze ist eigentlich – wie so oft im Leben – Kommissar(in) Zufall zu verdanken. Auslöser war eine 225seitige Dissertation im Taschenbuchformat aus dem Jahr 1998 mit dem spannenden Titel „Nervenkitzel und Freizeitvergnügen“. Weitaus aussagekräftiger ist der Subtitel „Automobilismus in Deutschland 1886-1914“. Der sogenannte Klappentext machte mich neugierig:

Der „Motorwagen“, der 1886 erfunden wurde, war schnell wie die Eisenbahn, aber wesentlich flexibler und individueller einsetzbar: Das Auto verkörperte das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Zunächst war es vor allem ein Statussymbol für wohlhabende „Automobilisten“. Die nichtmotorisierte Mehrheit der Bevölkerung freilich stand dem Auto abgehenden, sogar feindlich gegenüber. Barbara Haubner untersucht, wie das Auto zwischen 1886 und 1914 trotzdem zu einem gebräuchlichen und akzeptierten Verkehrsmittel werden konnte. Dabei wird deutlich, dass schon vor dem ersten Weltkrieg die Grundlagen für die automobile Gesellschaft des 20. Jahrhunderts geschaffen wurden.

Dies war dann auch Grund für den Erwerb. Unter anderem werden dort die Anfang 1900 existenten Automobilclubs gewürdigt: Mitteleuropäischer Motorwagen-Verein, Deutscher Automobil-Club, Allgemeiner Deutscher Automobil-Club und der Allgemeiner Schnauferl-Club.

Geradezu elektrisiert hat mich im Beitrag über den ASC ein einziger Satz: „Ein zweites Preisausschreiben widmete man der Dichtung von Schnauferl-Liedern, die 1902 im „Autler-Liederbuch“ erschienen.“ Davon hatte ich noch nie gehört. Doch wofür gibt es das Internet? Pustekuchen, nichts, aber auch gar nichts, weltumspannend. Tja, bis auf einen Eintrag, ein abgelaufenes Angebot in Ebay. Keine Gebote, nicht verkauft. Kontakt aufgenommen, ja, noch vorhanden und logischerweise sofort gekauft: Der Großvater der Verkäuferin war Mitglied im ASC.

Entstehungsgeschichte

In erster Linie war Vereinszweck des Allgemeiner Schnauferl Club (ASC) – so die Statuten – die Organisation geselliger Zusammenkünfte für seine Mitglieder. Darüber hinaus aber auch, das Automobil in der Öffentlichkeit populärer zu machen. Der ASC veranstaltete deshalb 1901 ein „Verdeutschungs-Preisausschreiben“ für das griechisch-lateinische Wort „Automobil“, an dem sich nicht nur Mitglieder beteiligen konnten.

Der Begriff„Kraftwagen“ fand im deutschen Sprachgebrauch keine Akzeptanz. Daher sollten bessere „volkstümlich geeignete“ Worte gefunden werden. Als Jury fungierten der Vorsitzende des Deutschen Sprachvereins, Geheimrat Sarrazin, die beiden Germanisten Geheimrat Behagel und Professor Heyne sowie Custav Becker und Hauptmann Kübel aus dem Bereich des Automobilsports.

Den mit 100 Mark dotierten ersten Preis gewann der Berliner Wilhelm Will für den einfachen, mundgerechten Namen „Aut“, von dem „Autler“ und „auteln“ abgeleitet wurden. Ausschlaggebendes Kriterium für das Jury-Urteil war, dass die Ableitungen „sich an die im Sportwesen schon gebräuchlichen Bildungen – Radler, das Radeln, radeln – anschließen“. Ein weiterer Vorzug des Wortes sei, dass „sich alle vorkommenden Zusammensetzungen einfach und höchst mundgerecht bilden lassen“, wie zum Beispiel „Autdroschke“ oder „Autsport“.

Die deutsche Übersetzung „Selbstfahrer“ für Automobil schied aus, weil dieser Begriff bereits für Pferdekutschen verwendet wurde, die von „Herrenfahrern“ gesteuert waren. Bei diesem Preisausschreiben gingen übrigens über 800 Vorschläge ein, so die „Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins“, Ausgabe 10 in 1901

Ein zweites Preisausschreiben widmete man der Dichtung von Schnauferl-Liedern, die 1902 im „Autler-Liederbuch“ erschienen. Die Lieder zeigen, dass bei den Schnauferl-Abenden nicht nur die Geselligkeit, sondern auch geistige Getränke geschätzt wurden: „Das Weißbier laßt uns an der Spree,/Den Grog in Hamburg kosten,/Wer aber Vorlieb hat für Tee,/Töfft einfach gegen Osten.“

In dem knapp 100 Seiten umfassenden Büchlein sind unter der Rubrik „Sportlieder“ 37 und unter „Allgemeine Lieder“ zehn Texte erfaßt. Mein persönlicher Favorit ist übrigens „Schnauferl, Schnauferl über Alles“, melodisch angelehnt an die heutige Nationalhymne. Interessanterweise im Inhaltsverzeichnis irrtümlich unter „Stimmet an die hehre Weise“ gelistet. Auch damals wurden schon Fehler gemacht.


Und hier das originale Vorwort aus dem Büchlein:

Vorwort

Sangesfreude ist seit allen Zeiten den Deutschen eigen. Wie der Turner, so haben sich später die Radler ihre Lieder geschaffen und damit nicht das Wenigste zur Ausbreitung ihres Sports gethan. Die Butler, als Anhänger des jüngsten Sports, haben wohl schon oft empfunden, daß auch ihrem frohen Zusammensein ein flottes Sportlied erst die rechte Weihe verleiht. Wo man kneipt oder Feste feiert, würzt ein frohes Lied die Unterhaltung, und so weit die deutsche Zunge klingt, ist kein Kreis so zurückhaltend, daß er das nicht erkannt hätte. Aus diesem Grund haben wir uns veranlaßt gesehen, unser bekanntes Lieder-Preisausschreiben zu erlassen. Sind auch nicht allzuviele Lieder eingelaufen – die Zahl der Schnauferlverehrer ist ja noch nicht sehr groß -, so brachte doch der Preisbewerb eine ganz beachtenswerte Zahl sangsicher Autel-Lieder. Weitere Lieder wurden uns von Freunden des Autel-Sports zur Verfügung gestellt. Allen Mitarbeitern sei bestens gedankt.

Hiermit übergeben wir die gesammelten Gesänge zu einem Welchen vereint der Öffentlichkeit. Damit glauben wir dem Sport und seiner Industrie zu nützen. Ein Geschäft mit diesem Verlagsentwurf machen zu wollen, liegt uns fern. Es ist uns lediglich darum zu thun, unsere Selbstkosten zu decken, wen wir M. 1,- pro Exemplar verlangen.

Möge unser Vorgehen freundlich beurteilt werden und unsere Liedersammlung gute Aufnahme finden!

Allen Autelfreunden sind wir dankbar, wenn sie uns auf etwaige Mängel dieser Erst-Ausgabe aufmerksam machen; ganz besonders aber werden wir es begrüßen, wenn man uns für fernere Auflagen weitere Lieder zum Abdruck überlassen werden.

München, August 1902 – Allg. Schnauferl-Club – Gustav Braunbeck, 1. Vorsitzender