von Horst-Dieter Görg aus Austro Classic
Automobile wurden in den letzten Jahrzehnten immer schneller und sparsamer im Benzinverbauch, ihr Design veränderte sich kontinuierlich. Schnelligkeit gilt als Sinnbild für Modernität und Fortschritt schlechthin. Diese wichtigen Errungenschaften im Fahrzeugbau gehen u.a. zurück auf die Entwicklung der Stromlinienform. Es war die Erfindung des Windkanals Ende des 19. Jahrhunderts, der diese Art der Optimierung erst ermöglichte. In Friedrichshafen wurden zur aerodynamischen Windkanalforschung wichtige Beiträge geleistet. Auslöser war der Bau der Zeppelinluftschiffe. Diese waren in den 30er Jahren das Symbol für Stromlinienform.
Die Aussteliung Strom-Linien-Form in Zeppelin-Museum Friedrichshafen (4.11.2016 bis 17.04.2017), kuratiert von Jürgen Bleiber (Leiter Abteilung Zeppelin), zeigt die technische Vielfalt, die historischen Brüche und Kontinuitäten ebenso wie die gesellschaftliche Bedeutung. Von der Luftschifftechnik spannt sich der Bogen bis zur aerodynamische Gestaltung von Automobilien, Eisenbahnfahrzeugen, Motorrädern und Flugzeugen. Im Sport werden nicht nur Bobschlitten oder Rennräder im Windkanal aerodynamischer weiter verfeinert sondern auch der menschliche Körper und seine Bewegungsabläufe. Die oprimierte Stromlinienform von Verkehrsmitteln stellt heute niemand mehr in Frage. Das gleiche gilt auch seit langem für fließend gestaltete Produktionsprozesse, Organisationsstrukturen, Transportlogistik oder Kommunikation. Die Beschäiftigung mit dem Phänomen wirft aber auch die sehr aktuelle Frage auf, ob die ,,stromlinienförmige Optimierung“ bis zur lerzten Konsequenz einer zur völligen Reibungslosigkeit harmonisierten Gesellschaft ohne Ecken und Kanten reichen soll. Die Austellung, ein umfangreiches Begleitprogramm und eine reich bebilderte Publikation werfen unterschiedliche technische, historische und gesellschaftliche Blickwinkel auf das faszinierende Thema Stronlinienforn.
Das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen präsentiert in seiner technik- und designgeschichtlich orientierten Ausstellung Strom-Linien-Form (4.11.2017 bis 17.04.2017) eine Zeitreise mit rund 100 spektakulären Exponaten. Angefangen vom Rennwagen aus der Generation der berühmten Silberpfeile über Kult-Automobile, Limousinen und Weltrekordmotorrädern, Eisenbahnmodelle bis hin zu zahlreichen Ausstellungsstücken aus dem internationalen Alltagsdesign. Leihgaben kommen unter anderem aus den Sammlungen der großen Marken BMW Mercedes-Benz, Audi und Opel, ebenso wie aus Museen, wie z. B. dem Horch-Museum in Zwickau, dem Verkehrsmuseum Dresden, aus Hochschulen, Forschungsinstituten oder aus dem Privatbesitz zahlreicher Sammler und Liebhaber. Unter den Exponaten sind seltene Ausstellungsstücke wie z. B. der Horch 930 S von 1939, eine extrem seltene Stromlinien-Reiselimousine die dank ihrer aerodynamischen Form mit einer Motorleistung von 92 PS eine Geschwindigkeit von 170 km/h bei einem Treibstoffterbrauch von 18 Litern erreichte.
Eine weitere Attraktion ist auch die BMM 750, ein Originalmotorrad aus dem Jahr 1931. Mit diesem Motorrad war Ernst Henne im Windkanal der Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen um vor einem seiner Weltrekordversuche die Aerodymik der Maschine und die seines Körpers zu optimieren. Erstmals hatte ein deutsches Fabrikat den Geschwindigkeitsweltrekord für Motorräder erobert. Mit Weiterentwicklungen dieses Motorrades dominierte Henne die Jagd nach Geschwindigkeitsrekorden für die nächsten neun Jahre. Der Rekord mit diesem Motorad lag bei 256,046 km/h.
Der BMW 328 Touring Coupé gilt auch heute noch als Traumsportwagen. Ernst Henne gewann mit ihm 1936 das Eifelrennen und der Tatra 87 war in den 193oer Jahren eines der ersten in Serie gebauten stromlinienförmigen Automobile der Oberklasse. Neuere Ausstellungsstücke sind der Opel GT Dieselrekodwagen und der Mercedes C111/3 aus den 1970er Jahren.
Stromlinienform und Zeitgeist
Formvollendet und hoch elegant wirken in Friedrichshafen sogar „normale“ Haushaltsgegenstände wie Toaster, Radios, Bügeleisen, Feuerzeuge und die stromlinienförmig designte Mausefalle. Die Austellung Strom-Linien-Form und das umfangreiche Begleitprogramm widmen sich von Novenber´16 bis zum April´17 umfassend sowohl der technischen wie auch der historischen und gesellschaftlichen Dimension des Themas, bis hin zur Rolle der Stromlinienform im Nationalsozialismus. Der Schwerpunkt der großen Überblicksausstellung, die gleichermaien Technikinteressierte und Automobil-Fans und Familien, aber auch das breite Publikum der Designliebhaber anspricht, liegt auf der Zeit von den 1930er bis in die 1950er Jahre. Zur Ausstellung erscheint im Georg Olms Verlag unter dem Titel ‚Stromlinien-Form‘ eine Publikation zum Preis von 24,95 EUR, herausgegen von Horst-Dieter Görg. 15 namhafte Autoren wie Karl E. Ludvigsen, Peter Kirchberg und Jürgen Bleibler haben maßgeblich dazu beigetragen dieses 228 Seiten umfassende Werk mit über 300 zum Teil unveröffentlichten Bildern zu realisieren. Die Thematik umfasst Aerodynamik und Windkanalforschung in den letzten 100 Jahren.
Friedrichshafen: Der Zeppelin-Bau und die Windkanalforschung
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Friedrichshafen durch die Luftschiffbau Zeppelin GmbH zu einem Zentrum der Aerodynamik durch Ingenieure wie Paul Jaray und Max Schirmer. Hier stand in den 1920er Jahren einer der leistungsfähigsten Windkanäle. Techniker und Ingenieure arbeiteten aber nicht nur an Luftschiffen sondern entwickelten dort auch Automobile, optimierte Renn- und Rekordwagen, Omnibuse, Motoräder und Eisenbahnfahrzeuge. An diese Tradition knüpft die Ausstellung Strom-Linien-Form im Zeppelin Museum an.