Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagen (W 194, 1952)
- Erstes neues Wettbewerbsfahrzeug der Marke nach dem Zweiten Weltkrieg
- Kürzel SL ist von der Bezeichnung „Super-Leicht“ abgeleitet
- Leichtbau-Gitterrohrrahmen, dessen Elemente nur auf Zug und Druck beansprucht werden
- Windschlüpfige Aluminium-Magnesium-Karosserie mit einer Höhe von nur 1.225 Millimetern
- Flaches Rennwagengesicht statt klassischer, hochstehender Mercedes-Benz Kühlergrill
- Coupés mit am Dach angeschlagenen Flügeltüren
- Motor M 194 auf Basis des M 186, um 50 Grad nach links geneigt eingebaut und mit Trockensumpfschmierung
- Abnehmbares Lenkrad, um den Ein- und Ausstieg zu erleichtern
- Debüt bei der Mille Miglia in Italien mit den Plätzen 2 (Karl Kling/Hans Klenk) und 4 (Rudolf Caracciola/Peter Kurrle)
- Erfolge im Großen Preis von Bern (Dreifachsieg), bei den 24 Stunden von Le Mans (Doppelsieg), im Großen Jubiläumspreis auf dem Nürburgring (Vierfachsieg) und bei der Carrera Panamericana (Doppelsieg)
300 SL Rennsportprototyp (W 194/11, 1953)
- Reihensechszylindermotor M 198 mit Benzindirekteinspritzung
- Karosserie mit Magnesiumblechen
- Hintere Eingelenkpendelachse mit tief liegendem Drehpunkt
- Transaxle-Getriebeanordnung
- Entwicklung für die Rennsaison 1953, kommt aber wegen der Vorbereitungen für den geplanten Formel-1-Einstieg ab 1954 nicht zum Einsatz
Mercedes-Benz 300 SL (W 198, 1954 bis 1957)
- Leichtbau-Gitterrohrrahmen
- Coupé mit am Dach angeschlagenen Flügeltüren sind wegen des an den Seitenflanken hoch bauenden Gitterrohrrahmens konstruktiv notwendig
- Erste Benzineinspritzung im Viertaktmotor eines Serienfahrzeugs
- 29 Fahrzeuge des 300 SL Coupés entstehen mit einer um 130 Kilogramm leichteren Aluminiumkarosserie
- Einzelstück zu Erprobungszwecken mit GFK-Karosserie (glasfaserverstärkter Kunststoff)
- Erfolgreich im Motorsport: unter anderem Klassensieg bei der Mille Miglia 1955 (John Cooper Fitch/Kurt Gessl), Meistertitel der Tourenwagen-Europameisterschaften 1955 (Werner Engel) und 1956 (Walter Schock) sowie Klassensiege der Sportwagenmeisterschaften in den USA in der Production Class D 1955 und 1956 (Paul O’Shea)
Walter Häcker, Leiter der Mercedes-Benz Karosseriekonstruktion, bei einer Besprechung am Designmodell des Mercedes-Benz 190 SL im Maßstab 1:10 mit Mitarbeitern.
Mercedes-Benz 190 SL (W 121, 1955 bis 1963)
- Moderner Vierzylindermotor mit einer oben liegenden Nockenwelle
- Modernes Fahrwerk für hohen Fahrkomfort und große Sicherheit
- Erster offener Seriensportwagen der SL-Tradition mit versenkbarem Faltverdeck
- Bodengruppe vom geplanten Cabriolet des Mercedes-Benz 180 (W 120)
- Ausdruck neuer Produktphilosophie als Nachfolger des bisher üblichen Cabriolet A
- Karosserieentwurf von Walter Häcker an die Form des 300 SL angelehnt
- Sportversion wird in kleiner Stückzahl gebaut
Mercedes-Benz 300 SL Roadster (W 198, 1957 bis 1963)
- Einführung von Dunlop-Scheibenbremsen und Leichtmetallmotorblock ab 1961
- Sicherheitsgurte ab 1958 als Sonderausstattung erhältlich
- Hinterradaufhängung mit Eingelenkpendelachse
- Ab 1958 lieferbar als Roadster, Coupé und Coupé mit Roadsterverdeck
- Letztes Mercedes-Benz Personenwagenmodell mit separatem Rahmen
- Basis für Wettbewerbsfahrzeug 300 SLS, Siegerwagen der US-amerikanischen Sportwagenmeisterschaft 1957 in der Kategorie D (Paul O’Shea)
Mercedes-Benz SL der Baureihe W 113 (1963 bis 1971)
- Spielerisch leicht zu bedienendes Faltverdeck
- Zunächst drei Ausführungen
- Roadster mit Klappverdeck
- Coupé mit abnehmbarem Dach und Roadsterverdeck
- Coupé mit abnehmbarem Dach, aber ohne Roadsterverdeck; mehr Platz für Gepäck
- für alle drei: auf Wunsch ein Quersitz im Fond
- Ab 250 SL (1967) zusätzlich: Coupé mit Fondsitzbank
- Sechszylindermotor mit Sechsstempel-Einspritzpumpe
- Erstmals bei einem SL ist ein Automatikgetriebe erhältlich
- Sicherheitskarosserie mit steifer Fahrgastzelle und verformbaren Front- und Hecksegmenten
- Zahlreiche weitere Sicherheitsmerkmale wie entschärfter Innenraum und geknickte Lenksäule
- „Entschärfter“ Innenraum ohne harte Ecken und Kanten
- Lenkgetriebe ist aus dem crashgefährdeten Bereich vom Vorderwagen an die Stirnwand gerückt, geknickte Lenksäule mit Gelenk, um den gefürchteten Lanzeneffekt bei einem Unfall zu verhindern
- Ab 1967: Sicherheitsteleskoplenksäule und der Pralltopf im Lenkrad kommen hinzu
- Scheibenbremsen an der Vorderachse, ab 250 SL (1967) auch an der Hinterachse
- Beiname „Pagode“ wird von der nach innen gewölbten (konkaven) Linienführung des Hardtops inspiriert
- Erster Mercedes-Benz Personenwagen mit Textilgürtelreifen
- Erfolgreich im Motorsport – unter anderem mit dem legendären Sieg bei der Langstreckenrallye Spa–Sofia–Lüttich (27. bis 31. August 1963) von Eugen Böhringer / Klaus Kaiser in einem 230 SL
Foto der Teilnehmer an der 34. Rallye Spa–Sofia–Lüttich vom 25. bis 29. August 1964. Von links nach rechts: Martin Braungart, Dieter Glemser, Alfred Kling, Ewy Rosqvist, Manfred Schiek, Eugen Böhringer, Rolf Kreder und Klaus Kaiser.
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 107 (1971 bis 1989)
- Weiterentwickelte Sicherheitskarosserie
- Rahmenbodenanlage mit unterschiedlichen Blechstärken und einem daraus resultierenden sorgsam definierten Knautschverhalten
- Überschlagschutz: hochfeste A-Säulen und Frontscheibenrahmen mit eingeklebtem Glas
- Tank im aufprallgeschützten Bereich über der Hinterachse
- Spezielle Luftführung an den Türen sorgt für geringe Verschmutzung der Seitenscheiben und Seitenspiegel
- Schmutzunempfindliche Breitbandrückleuchten
- Erste SL-Generation mit V8-Motor (350 SL und 450 SL, 1971)
- Kontaktlose Transistorzündung, Bosch K-Jetronic, hydraulischer Ventilspielausgleich (1975)
- Erster SL mit Abgaskatalysator (1985)
- Magische Typenbezeichnung 300 SL lebt wieder auf (1985)
- Konstruktive Basis für die SLC-Oberklassecoupés der Baureihe C 107
- Nach großen Rallyeerfolgen der SLC-Coupés entsteht für 1981 ein (235 kW/320 PS) starkes Rallyefahrzeug auf Basis des 500 SL, das aber nicht zum Einsatz kommt
500 SL Rallyefahrzeug
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 129 (1989 bis 2001)
- Vollautomatischer Überrollbügel auch bei aufgesetztem Hardtop (Ausklappzeit: 0,3 Sekunden)
- Hochstabile Integralsitze mit komplettem Gurtsystem und elektrischen Verstellfunktionen
- Luftwiderstandsbeiwert von cW= 0,32 (mit Hardtop)
- Automatische Elektrohydraulik für das Faltverdeck
- Weltpremiere des Windschotts
- Adaptives Dämpfungssystem ADS (optional)
- Hohe Torsionssteifigkeit durch aufwendige Karosseriekonstruktion
- Erster Zwölfzylindermotor in einem SL (1992)
- SL 60 AMG (280 kW/381 PS) ist erstes AMG Modell der SL-Tradition (1993)
- Elektronisches Stabilitäts-Programm ESP® (1995)
- Neu entwickelte Fünfgangautomatik mit Wandler-Überbrückungskupplung im SL 500 und SL 600 (1995)
- Brems-Assistent BAS (1996)
- Tempomat bis hinunter auf 30 km/h (1996)
- Spitzenmotorisierung SL 73 AMG mit 7,3 Litern Hubraum (386 kW/525 PS, 1999)
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 230 (2001 bis 2012)
- Variodach mit ausgeklügelter Schwenkmechanik und nur 16 Sekunden Faltzeit
- Designdetails erinnern an 300 SL der 1950er-Jahre
- Volle Funktion des sensorgesteuerten Überrollbügels auch bei geschlossenem Variodach
- Fahrwerk mit Active Body Control ABC
- Neuartige Head-Thorax-Airbags in den Türen
- Luftwiderstandsbeiwert von cW= 0,29 (geschlossenes Fahrzeug)
- Einsatz von Leichtbaukomponenten für beste Treibstoffökonomie
- SL 65 AMG mit V12-Biturbomotor (450 kW/612 PS) ist stärkster Serienroadster der Welt (2004)
- Neues Frontdesign im Zuge der Modellpflege (2008)
- Für die Rennstrecke modifizierter SL 63 AMG als offizielles Safety-Car der Formel 1 (2008 und 2009)
Sonderausstellung „Safety Cars“ im Mercedes-Benz Museum 2015.
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 231 (2012 bis 2020)
- Karosserie und weitere Komponenten fast vollständig aus Aluminium gefertigt, bei größerem Raumvolumen ist das Fahrzeug um bis zu 140 Kilogramm leichter als die Vorgängerbaureihe
- Kofferraumdeckel als Verbundkonstruktion aus Stahl und Kunststoff
- Verbesserter Seitenaufprallschutz über massive äußere Längsträger
- Rohbaustruktur um bis zu 110 Kilogramm leichter als Vorgänger, gleichzeitig mit 20 Prozent höherer Torsionssteifigkeit
- Motoren um bis zu 29 Prozent sparsamer
- Variodach aus zweischaligen Dachelementen mit Magnesiumrahmen und Kunststoffbeplankung
- Auf Wunsch mit Glasdach und MAGIC SKY CONTROL erhältlich – mit einstellbarer Tönung und Transparenz
- Luftwiderstandsbeiwert von cW= 0,27 (geschlossenes Fahrzeug)
- HANDS-FREE ACCESS: freihändiges und berührungsloses Öffnen des Kofferraumdeckels per Fußbewegung vor einem Sensor im Stoßfänger
- Elektromechanische Direktlenkung mit geschwindigkeitsabhängiger Lenkkraftunterstützung und über den Lenkradwinkel veränderlicher Übersetzung
- Variodach mit MAGIC SKY CONTROL (Sonderausstattung): Glasdach mit über einen Schalter einstellbarer unterschiedlicher Tönung und Durchsichtigkeit
- MAGIC VISION CONTROL: adaptives Scheibenwaschsystem mit Bewässerung durch die Wischblätter
- Sonnenreflektierendes Leder für die Sitze
- Soundsystem mit Frontbasssystem
- SL 65 AMG: V12-Motor mit 463 kW (630 PS) und 1.000 Newtonmetern
Highlights
Für die Rennstrecke: 12. März 1952. Mercedes-Benz stellt auf einem Autobahnstück bei Stuttgart den Medien den 300 SL (W 194) und damit einen reinrassigen Rennsportwagen vor. Mit ihm startet die Marke wenige Wochen später in den internationalen Motorsport.
Magische Buchstaben: Das „S“ steht für „super“ und das „L“ für „leicht“ – so vermerkt es die damalige Presseinformation.
Fünf Rennen – vier Siege: Mille Miglia, 24 Stunden von Le Mans, Sportwagenrennen in Bern und auf dem Nürburgring sowie die Carrera Panamericana stehen im Kalender des ersten SL.
Debüt in New York: Rufe nach einer Serienversion des erfolgreichen Rennfahrzeugs werden laut. Mercedes-Benz reagiert und präsentiert schon 1954 den Seriensportwagen 300 SL Coupé. Und zusätzlich den komfortablen Roadster 190 SL. Der „Gullwing“ wird 1957 vom 300 SL Roadster abgelöst. Heute gilt: Jede namhafte Autosammlung hat einen oder sogar beide Typen.
Limitiert: Nur 1.400 Exemplare des begehrten Sportwagens mit den charakteristischen Flügeltüren werden gebaut. Heute erreichen die Fahrzeuge Preise deutlich jenseits von einer Million Euro.
„Pagode“: 1963 löst der 230 SL sowohl 300 SL Roadster wie auch 190 SL ab. Er überzeugt mit Sportlichkeit, Komfort und Sicherheit. Seitdem ist er wegweisend für die SL-Tradition.
Dauerläufer: Die erste SL-Baureihe mit Achtzylindermotoren ist der R 107, vorgestellt 1971. Sie wird 18 Jahre lang gebaut – das ist ein Rekord.
Hightech: Der nächste SL (R 129, 1989) ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein. Branchenprägend: Der automatische Überrollbügel schnellt innerhalb von nur 0,3 Sekunden hervor. Sogar bei geschlossenem Hardtop. Legendär sind die Zwölfzylinder-Spitzenmodelle 600 SL/SL 600 (290 kW/394 PS) sowie SL 73 AMG mit 7,3-Liter-V12-Motor und 386 kW (525 PS).
16 Sekunden: So schnell öffnet sich der SL der Baureihe R 230 der Sonne – oder schließt das Variodach bei schlechtem Wetter. Wahlweise Coupé und Roadster – ein Traum für die Kunden.
Hochleistungscoupé: Der SL 65 AMG Black Series hat 493 kW (670 PS) unter der Haube. Die Fahrzeuge aus Affalterbach sind sehr erfolgreich – fast ein Drittel aller R 230 haben AMG Motoren.
Sportler im Maßanzug: In der SL-Baureihe R 231 verwirklicht Mercedes-Benz ab 2012 die erste in Großserie gefertigte Vollaluminiumkarosserie, die rund 140 Kilogramm Gewicht einspart.
Pressestimmen
Mercedes-Benz 300 SL (W 198)
„auto motor und sport“, Deutschland, merkt in Heft 21/1955 an: „Unter den Sportwagen unserer Zeit ist der Mercedes-Benz 300 SL der kultivierteste und zugleich der faszinierendste – ein Traum von einem Automobil.“
Die britische „Autosport“ lobt in der Ausgabe vom 13. Mai 1955 nach Fahrtests: „Dieses Fahrzeug ist wirklich ein Geschoss. Und als unser Flugzeug von Frankfurt nach London flog, hatte ich ein Souvenir seiner Leistungsfähigkeit dabei: steife, verkrampfte Nackenmuskeln, eine physische Erinnerung an seine enorme Beschleunigung.“ („Truly, this car is indeed a projectile, and as our aircraft flew from Frankfurt to London I carried with me a souvenir of its performance – stiff, cramped neck muscles, a physical memento of its tremendous acceleration.“)
Auch die Hoffnung auf einen Erfolg im US-Markt geht auf: Die in den Vereinigten Staaten erscheinende Zeitschrift „Road & Track“, Ausgabe April 1955, schreibt begeistert: „Wenn ein komfortabler Innenraum mit einem bemerkenswert guten Fahrverhalten konform geht, mit geradezu unheimlicher Bodenhaftung der Räder, einer leichtgängigen und präzisen Lenkung und einer Leistung, die den besten bisher bekannten Wagen nahekommt und sie sogar noch zu übertreffen vermag, bleibt nur eins zu sagen: Der Sportwagen der Zukunft ist Wirklichkeit geworden!“ („When enclosed comfort is combined with a remarkable ride, uncanny wheel adhesion, quick steering and performance equal to or better than almost any car you can name, the conclusion is inevitable. The sports car of the future is here today!“)
Das britische Magazin „Autocar“ schreibt am 25. März 1955: „Wer noch nie in einem 300 SL gefahren ist, wird wie elektrisiert sein. Zunächst wird man sanft in den Sitz gedrückt. Doch wenn zwischen 3.500 und 4.000/min die Kraft einsetzt, fühlt es sich wie ein Raketenflug an.“ („For a passenger who has not travelled in the 300 SL before, the effect is electrifying. The occupant receives at first a mild pressing back into the seat and then, as the power comes in between 3,500 rpm and 4,000 rpm, he feels as though he is being rocketed through space.“)
Mercedes-Benz 190 SL (W 121)
Kurz nach der Präsentation des Mercedes-Benz 190 SL auf der International Motor Sports Show in New York schreibt „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 3/1954: „Der Mercedes 190 SL ist ein eleganter und schneller Tourensportwagen, der sich als ganz normales Gebrauchsfahrzeug für den Alltag verwenden lässt, aber auch die Möglichkeit bietet, auf sportlichen Veranstaltungen kleineren Stils mit Erfolg benutzt zu werden. […] Wie beim 300 SL hat Mercedes auch für dieses neue Modell auf den traditionsgeheiligten Kühler verzichtet. Die sehr harmonische Vorderpartie zeigt indes, dass man eine vornehm-distinguierte Linie sehr wohl erreichen kann, ohne die Attribute der Mode sowohl wie der Zweckmäßigkeit hintanzustellen.“
Das Magazin „Road & Track“ aus den USA schreibt im Oktoberheft 1955 in einem Fahrtest über den Mercedes-Benz 190 SL: „Herausragend am 190 SL ist ohne Zweifel seine Qualität von Konstruktion und Verarbeitung. An zweiter Stelle folgt sofort die Solidität, die er vom ersten Moment an ausstrahlt. […] Hohe Geschwindigkeiten meistert das Fahrzeug perfekt.“ („The outstanding achievement of the 190 SL is without doubt its quality in design and workmanship. But a close second is the general feeling of solidity which it immediately conveys. […] The car is at its best at high speeds.”)
Die „Automobil Revue“, Schweiz, schreibt in ihrer Ausgabe vom 14. November 1956: „Trotz seiner hohen Leistungen ist der 190 SL kein eigentlicher Sportwagen, sondern ein unkomplizierter, seriöser Reisewagen, der gleichsam mit allen vier Rädern fest auf dem Boden steht. Dank seiner beispielhaften Fahreigenschaften gehört er zu den ganz wenigen Fahrzeugtypen, mit denen man ohne Hast und bei voller Rücksicht auf den übrigen Verkehr höchste Durchschnittsgeschwindigkeiten in aller Sicherheit erreicht.“
Im Jahr 1960 veröffentlicht „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 15/1960, einen ausführlichen Testbericht zum Mercedes-Benz 190 SL: „Seinen guten Ruf verdankt der 190 SL nicht nur seinem eleganten Aussehen, sondern ebenso seiner Robustheit und Zuverlässigkeit und seinen sauberen Fahreigenschaften. Die gute Verarbeitung von Karosserie und Roadsterverdeck verdient besondere Erwähnung.“
Mercedes-Benz 300 SL Roadster (W 198)
Die „Motor-Revue“, Deutschland, veröffentlicht im Frühjahrsheft 21/1957 einen ersten Fahrtbericht. Der Tester schreibt: „Bei Verwendung der vorgeschriebenen Reifen lässt sich der 300 SL Roadster mit eingeschlagenen Vorderrädern bei Kurvengrenzgeschwindigkeiten beschleunigen und zeigt keine Neigung zum Ausbrechen. Diese lammfrommen Eigenschaften eines – je nach Achsübersetzung – 235−250 km/st schnellen Sportwagens mit bulligem Abzugsvermögen, im Prinzip auf weiche Federung und hervorragende Abstimmung zurückzuführen, machen den neuen Roadster zum leistungsfähigsten und dabei fahrsichersten Wagen, den ich bisher kennengelernt habe. Sehr beachtlich erscheint mir auch bei geschlossenem Verdeck die völlige Abwesenheit von Schwingungen, Dröhnen und Resonanzerscheinungen im Wageninnern – ebenfalls ein Erfolg der liebevollen Abstimmung von Gitterrohrrahmen, Radaufhängung und Rädern, die optimal gelöst wurde.“
Mercedes-Benz SL der Baureihe W 113
Das Fachmagazin „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 6/1963, charakterisiert den Mercedes-Benz 230 SL: „Ein Sportwagen, der 200 km/h erreicht, in weniger als 10 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und dabei den weichen Motorlauf und den Komfort eines Tourenwagens besitzt.“
Ein ausführlicher Testbericht in „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 21/1963, ergänzt: „Das Fazit: Der 230 SL ist einer der kultiviertesten Sportwagen, die es je gegeben hat. Trotzdem verdient er, zu den echten sportlichen Fahrzeugen gezählt zu werden, denn er erreicht nicht nur sportliche Leistungen, sondern ist auch so handlich und fahrsicher, wie man es von einem Sportwagen erwarten muss. […] Und schließlich: Man kann den 230 SL zwar sehr schnell fahren, aber man kann mit ihm auch das Bummeltempo einhalten, das der Straßenverkehr einem so häufig aufzwingt.“
„Road & Track“, USA, beschäftigt sich in der Ausgabe 8/1968 mit dem 280 SL: „Das Fahren ist auf jeglichen Straßen fantastisch. Die Karosserie bietet hohe Steifigkeit und Geräuschfreiheit, unabhängig vom verwendeten Dach, und die geschmeidige Federung arbeitet einfach vor sich hin, ohne das superbe Schweben des SL zu stören.“ („The ride, over all sorts of roads, is fantastic. The body is absolutely rigid and rattle-free, regardless of which top is installed, and the supple suspension just works away down there without disturbing the superb poise of the SL.“)
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 107
In einem ersten Test des Mercedes-Benz 350 SL schreibt „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 9/1971: „Als wesentliches Merkmal des 350 SL erwies sich der gute Federungskomfort, der durchaus mit Limousinen-Maßstäben gemessen werden kann: Bei langsamem und schnellem Fahren werden große Unebenheiten gut geschluckt und kleine so absorbiert, dass sie auch auf sehr schlechten Straßen nie störend in Erscheinung treten.“
Im Jahr 1986 vergleicht „Road & Track“, USA, Heft 11/1986, den bereits in seiner letzten Produktionsära befindlichen Mercedes-Benz 560 SL mit dem Cadillac Allanté und resümiert: „Legendäre Qualität ist das wichtigste Pfund von Mercedes, aber brillante Leistung und herausragendes ABS-Bremsen haben [das Fahrzeug] dieses Jahr aufgewertet. Cadillac hingegen bringt ein besseres Handling und größeren Luxus, kann aber bei Leistung und Qualität mit dem Mercedes nicht mithalten.“ („Legendary quality is Mercedes’ primary stock in trade, but brilliant performance and outstanding ABS braking have freshened it this year. Against these attributes, Cadillac brings better handling and greater luxury to bear while failing to match Mercedes’ performance and quality.“)
Über den Mercedes-Benz 300 SL schreibt „auto motor und sport“, Deutschland, in Heft 5/1986: „Auch in Kurven zeigt der [über den neuen Motor] modifizierte SL ein Verhalten, das so gar nicht zu dem passt, wie man ihn gemeinhin einzuschätzen pflegt. Mit seiner exakten Servolenkung, sehr hohen möglichen Querbeschleunigungen und nunmehr nur geringen Lastwechselreaktionen bietet der betulich wirkende Langschnauzer ziemlich genau das, was man von einem reinrassigen Gran Turismo erwartet.“
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 129
Kurz nach der Premiere des Mercedes-Benz SL 500 schreibt „auto motor und sport“, Deutschland, in Heft 16/1989: „Überhaupt ist der neue SL in seiner passiven Sicherheit von keinem Sportwagen zu übertreffen. Abgesehen von der ausgeklügelten Karosseriestruktur und den auf Wunsch erhältlichen Airbags für Fahrer und Beifahrer nimmt der automatisch ausfahrende Überrollbügel auch die Angst vor Überschlägen. Ein wenig Restangst muss wohl noch geblieben sein, denn auto motor und sport hat die Funktion nicht mit dem Ernstfall konfrontiert.“
Das amerikanische Fachmagazin „Road & Track“, Heft 3/1993, testet das Zwölfzylindermodell Mercedes-Benz 600 SL: „Fährt man den 600 SL, ist der Unterschied gewaltig. Obwohl der 500 SL alles hat, was wir von einem Mercedes erwarten (eine Zeit von 0 bis 60 Meilen/h in 6,4 Sekunden, bestes Handling und beste Sicherheit), fügt der V12 diesem Luxussportwagen noch eine weitere Dimension hinzu. Einiges davon ist reine Kraft. Die Zeit von 0 auf 60 Meilen/h fällt – nach unserer Messung – um weitere 0,4 Sekunden, aber am meisten beeindruckt das bereitstehende Drehmoment, wenn man das Vierganggetriebe einen oder zwei Gänge zurückschalten lässt. Dazu kommt eine Geschmeidigkeit – die Geschmeidigkeit von Kraft, die sich stark aufbaut und nicht einfach ausbricht, sowie das samtige Motorensummen im Hintergrund, selbst bei Vollgas.“ („Drive the 600 SL, however, and the change is dramatic. Although the 500 SL provides everything we expect from a Mercedes (a 0-60-mph time of 6.4 seconds, fine handling and safety), the V-12 just adds another dimension to this luxury sports car. Some of that is pure power. Time to 60 mph – by our watch – drops another 0.4 sec., but what impresses most is all that torque lying in wait when you kick the 4-speed down a gear or two. Add the matter of smoothness – the smoothness of power that builds strongly rather than erupts, and the aural smoothness of the engine’s hum in the background, even at full throttle.“)
In einem Testbericht schreibt „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 16/1998 über den Mercedes-Benz SL 500: „So verkörpert der Mercedes SL 500 seit neun Jahren eine hoch kultivierte Mischung aus Leistung, Sicherheit und Komfort. Zu dieser Philosophie gehört die serienmäßige Automatik ebenso wie das perfektionierte Nebeneinander von zwei Dächern.“
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 230
Zum Mercedes-Benz SL der Baureihe R 230 notiert „auto motor und sport“, Deutschland, Heft 12/2004, in einem Testbericht zum SL 500: „Viel Komfort, viel Sicherheit, die gediegene Machart, eine Prise Sportlichkeit, PS à la carte, reichlich frische Luft und dazu seit jüngstem noch ein Hardtop im Kofferraum – diese seltene Mischung sichert dem Zweisitzer eine Sonderstellung, die ihn nahezu konkurrenzlos macht.“
Die Stufen des Offenfahrens in einem Mercedes-Benz SL 350 beschreibt „autorevue“, Österreich, Heft 7/2008: „Klimastufen in den kühlen Abend: Erst hebt man die vorderen und hinteren Seitenscheiben, dann bittet man den Beifahrer, das Windschott […] aufzuklappen. Dann schaltet man vielleicht die Sitzlüftung aus und die Sitzheizung ein. Die Klimaanlage fächelt Basiswärme. Es folgt der Airscarf in drei Wärmestufen, dieses verführerische Warmluft-Nackengebläse (das man dann beim Wohnzimmer-Sofa vermisst). Schließlich bleibt noch die große Dachnummer in ihrer wunderbaren Anmut, und alles ist gut.“
Kurz nach dem Debüt des Mercedes-Benz SL 65 AMG Black Series schreibt „Road & Track“, USA, Heft 1/2009: „Wird jemand einen SL 65 AMG Black Series für den Straßenbetrieb kaufen? Vermutlich nicht. Aber wer es täte, bekäme ein Fahrzeug, das auch auf der Straße recht zivilisiert ist. Das Fahrwerk ist straff, aber nicht übertrieben. Um das unglaubliche Können des SL Black Series wirklich zu genießen, muss man auf die Rundstrecke. Seine schiere Kraft und Geschwindigkeit, zusammen mit einem das Selbstvertrauen befeuernde Handling, macht ihn zu einem der erfüllendsten Supersportwagen der Welt.“ („Will anyone buy an SL 65 AMG Black Series for street use? Probably not. But for those few who might, the car is quite civilized on the road. The ride is firm, but not overly so. To truly appreciate the incredible prowess of the SL Black Series, take the car to the track. Its sheer power and speed, together with confidence-inspiring handling, make it one of the most satisfying supercars in the world.“)
Mercedes-Benz SL der Baureihe R 231
„autorevue“, Österreich, urteilt über den Mercedes-Benz SL 500 in Ausgabe 6/2012: „Verarbeitungsqualität, Haptik und Funktionalität sind schlicht superb, selbst wenn man die allerhöchsten Maßstäbe anlegt. Der SL bleibt die kompakteste Spielart, eine Luxuslimousine zu fahren, auch wenn er in den Abmessungen innen wie außen spürbar zugelegt hat.“
„sport auto“, Deutschland, schreibt im Testbericht über den SL 63 AMG mit Performance-Package in Heft 9/2012: „Beeindruckend gelingt dem 564 PS starken SL 63 AMG die Urgewalt auf den Asphalt zu bringen. Die mit Hinterachs-Sperrdifferenzial gebotene Traktion verdient Lob.“
„Auto Zeitung“, Deutschland, in Heft 11/2016 über den Mercedes-Benz SL 400: „Den Standard für den luxuriösen, offenen Zweisitzer schlechthin setzt Mercedes seit Jahrzehnten mit dem SL. […] Doch nicht nur SL-Traditionalisten und Ästheten kommen mit dem Neuen auf ihre Kosten. Zu den technischen Verbesserungen zählen die Dachbetätigung nach dem Anfahren bis zu 40 km/h, das neue serienmäßige LED-Intelligent Light System sowie das teils optionale Arsenal an aktualisierten Assistenzsystemen von der Crashvermeidung über Spurhalte- und -wechselhilfen bis hin zum freundlichen Einparkbutler, der Parklücken findet und die Lenkarbeit übernimmt.“
Experten
Dr.-Ing. Jörg Abthoff
Dr.-Ing. Jörg Abthoff
Geboren am 10. September 1940 in Dresden
Motoren interessieren den gebürtigen Dresdner Jörg Abthoff bereits in seiner Jugend. Nach dem Abitur – zunächst in der DDR und nach der Flucht nach West-Berlin im Jahr 1958 ein zweites Mal in der Bundesrepublik – nimmt er ein Maschinenbaustudium an der Universität Hannover auf, das er als Diplom-Ingenieur abschließt. Im nächsten Schritt ergänzt er es zur Doppelqualifikation, die für seinen weiteren Berufsweg prägend sein wird: Er promoviert 1968 am Institut für Chemische Technologie und Brennstofftechnik der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld und erhält über die Tätigkeit dort fundierte Chemiekenntnisse. Das Dissertationsthema über Messung und Entstehung von Stickoxiden im Dieselmotor ist ihm und seiner späteren Laufbahn auf den Leib geschneidert – doch das ahnt niemand, denn Abgasbehandlung und -reinigung sind in der Automobilindustrie noch in den Anfängen. Es sollen die Themen für Abthoffs weiteres Berufsleben werden. Dieses beginnt er nach der Promotion zum 1. November 1968 bei der damaligen Daimler-Benz AG in der Vorentwicklung für Dieselmotoren unter der Leitung von Prof. Dr. Erwin Eisele.
Ab Mitte der 1970er-Jahre gerät der Abgaskatalysator stärker in den Fokus der Automobilindustrie – und Abthoff ist der richtige Mann zur richtigen Zeit. Mercedes-Benz vertritt mit ihm für eine hocheffiziente Abgasreinigung die Linie eines monolithischen Aufbaus, die sich nach einigen Jahren branchenweit durchsetzt. Aber es ist nicht allein die Abgasreinigung, die ihn umtreibt. Von 1977 an ist er als Hauptabteilungsleiter Motorenvorentwicklung für alle Motorenbauarten zuständig. So erhält er 1980 den Auftrag, Kontakt zum britischen Motorenhersteller Cosworth aufzunehmen zwecks Entwicklung eines Vierventilkopfs für den Motor M 102 der Baureihe 201. Im 1983 vorgestellten Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 gelangt das Aggregat zum Serieneinsatz, und im gleichen Jahr bricht das Auto auf der Kreisbahn im süditalienischen Nardò gleich mehrere Weltrekorde. Das große Leistungspotenzial dieses Motors führt Daimler-Benz auch zur Teilnahme an der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft DTM – mit großartigen Erfolgen.
Eine nächste herausfordernde Aufgabe für Abthoff ist der Aufbau eines Abgas-Messzentrums (AMZ), das 1985 eröffnet wird. Die Liste der weiteren Motoren-Highlights, die unter seiner Ägide entstehen, ist lang. Dazu zählen der V12-Benzinmotor M 120 für die S-Klasse der Baureihe 140 (1991), die Umstellung aller bisherigen Benzinmotoren auf Vierventiltechnik (1992), die Einführung der Kompressortechnik bei den Vierzylinder-Benzinmotoren (1995), der V8-Dieselmotor OM 628 (Serien-Debüt Mitte 2000 im S 400 CDI), die kompakten V12-Benzinmotoren M 137 (Anfang 2000 im S 600 der Baureihe 220 und CL 600 der Baureihe C 215) und, als Nachfolgeaggregat und mit Turboaufladung, M 275 (2002 im S 600 und CL 600).
Mitte Januar 1999 geht Dr. Jörg Abthoff in den Ruhestand. Zurückblickend ist er insbesondere auf zwei Dinge stolz, an denen er beteiligt war: die führende Rolle von Mercedes-Benz bei der Abgasreinigung und die erfolgreiche Einführung der Vierventilmotoren sowohl bei Benzin- wie auch bei Dieselmotoren.
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Baumann
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Baumann
Geboren am 11. Mai 1951 in Villingen
Karl-Heinz Baumann hat mit seinem Wirken die Sicherheitsmerkmale zahlreicher Fahrzeuge von Mercedes-Benz, smart und Maybach nachdrücklich geprägt. Zur langen Liste seiner Erfindungen und Innovationen gehören beispielsweise der automatische Überrollbügel (1989 in der SL-Baureihe R 129 eingeführt), das vorbeugende Insassen-Schutzsystem PRE-SAFE® (2002 in der S-Klasse Baureihe 220 eingeführt) und das Experimental-Sicherheits-Fahrzeug ESF 2009. Auch am Konzept der „Integralen Sicherheit“ ist er maßgeblich beteiligt. Es verbindet die aktive und passive Sicherheit zu einem ganzheitlichen System.
Baumann gehört zu jenem Typus des Entwicklungsingenieurs, der in idealer Weise Theorie und Praxis in Beruf und Berufung vereint. Er durchläuft zunächst von 1966 bis 1969 eine Lehre als Werkzeugmacher. Nach Erlangen der Fachhochschulreife absolviert er von 1974 bis Ende 1976 ein Studium der Fachrichtung Maschinenbau, Betriebs- und Fertigungstechnik, das er als Diplom-Ingenieur (FH) abschließt. Es folgt ein kompaktes Zusatzstudium an der Fachhochschule Konstanz und der Schweißtechnischen Lehranstalt in Mannheim mit der Ausbildung zum Schweißfachingenieur. Solchermaßen in Theorie und Praxis gerüstet, nimmt er im Mai 1977 in der damaligen Daimler-Benz AG seine Tätigkeit auf, und zwar in der Entwicklung von Personenwagen-Aufbauten im Bereich der Unfallsicherheit – ein Fachgebiet, das ihn nicht mehr loslassen wird.
1986 wird Baumann Gruppenleiter in der Abteilung der Karosserierohbau-Untersuchungen und verantwortet zugleich die passive Sicherheit von Personenwagen. 1994 wird er stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich des Karosserierohbau-Versuchs. 1997 wird er Senior Manager und Leiter für Strategien und Konzepte der Passiven Sicherheit sowie Kindersicherheit für die Personenwagen von Mercedes-Benz und smart. Im Lauf der Jahre ist Baumann maßgeblich involviert in die Entwicklung der passiven Sicherheit der Baureihen 126, 201, 124, 129, 140, 202, 210, 203, 170, 220 und smart.
Während seiner Berufstätigkeit gelingt es ihm immer wieder, markante Akzente zu setzen. Zweifellos zu den herausragenden Neuerungen gehört der aktive Überrollbügel für Cabriolets, 1989 im Mercedes-Benz SL der Baureihe R 129 erstmals verwirklicht. Es setzt branchenweit Maßstäbe: Mit dem unter Baumanns Leitung entstandenen Konzept des automatisch ausklappenden Überrollbügels beginnt die neue Ära des sichereren Offenfahrens. Aber auch das Konzept der Ellipsoid-Stirnwand beim SLK der Baureihe R 170 eröffnet mit einem kurzen offenen Auto eine neue Dimension der Crashsicherheit in dieser Fahrzeugklasse. Einen nicht minder großen Wurf stellt die besonders stabile tridion-Sicherheitszelle des zweisitzigen smart dar – in dieser Fahrzeugklasse eine absolute Weltneuheit.
Baumann ist nie auf einseitige Ergebnisse fixiert. Seinem Anspruch genügen nur übergreifende und multifunktionale Lösungen. Ein Ergebnis aus diesem Denken ist das 1997 erstmals skizzierte Sieben-Phasen-Konzept, das Sicherheit im Personenwagen als ganzheitliche Aufgabe in der Verknüpfung von aktiver und passiver Sicherheit sieht. Zur langen Liste von Baumanns weiteren Erfindungen und Innovationen gehören beispielsweise der alternative Energieabsorber, crashaktive Kopfstützen, das Experimental-Sicherheits-Fahrzeug ESF 2009 und integrale Sicherheitskonzepte, wie sie beispielsweise im vorbeugenden Insassen-Schutzsystem PRE-SAFE® verwirklicht sind. 2003 erhält Baumann als geistiger Vater von PRE-SAFE® von der amerikanischen Sicherheitsbehörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) den „U.S. Government Award for Safety Engineering Excellence“.
2007 wird Baumann Lehrbeauftragter der Technischen Universität Dresden und hält dort, wie auch Professor Rodolfo Schöneburg, Leiter Sicherheit, Betriebsfestigkeit und Korrosionsschutz bei Mercedes-Benz Cars, Vorlesungen zur „Integralen Sicherheit von Personenwagen“. 2011 folgt ein Lehrauftrag an der Dresden International University zum Fachgebiet „Passive Sicherheit von Personenwagen“. Für Baumann ist es immens wichtig, Erfahrung und Wissen nicht als Alleinstellungsanspruch für sich zu behalten. Es ist ihm ein vorrangiges Anliegen, bei nachwachsenden Technikergenerationen über das Vermitteln von Erfahrungen Interesse an dieser Tätigkeit zu wecken.
Der bekennende Autofahrer und aktive Gleitschirmflieger kennt Gefahren und die Grenzbereiche zu den Ernstfällen. Vielleicht ist Baumann auch gerade deshalb so erfolgreich und kreativ in der Vermeidung derselben durch präventive Maßnahmen, zum Wohle aller. Im Frühjahr 2012 geht er in den Ruhestand. Danach ist er für Daimler weiterhin als Senior Expert tätig und als Freiberufler zudem mit seinem Ingenieurbüro KHBSafetyFirst. Zu seinen Auszeichnungen gehört der „Goldene Gurt“ des Motor Presse Clubs e.V. für seine umfangreichen Verdienste auf dem Gebiet der passiven und integralen Sicherheit – zweifellos verdanken viele Autofahrer ihr Leben dem Erfindungsreichtum und der Kreativität von Karl-Heinz Baumann.
Dipl.-Ing. Uwe Hörnig
Dipl.-Ing. Uwe Hörnig
Geboren am 9. Juni 1961 in Stuttgart
Uwe Hörnig nimmt 1987 als Versuchsingenieur für Fahrdynamik bei der damaligen Daimler-Benz AG seine Arbeit auf. Als Mitglied der Pkw-Vorentwicklung Gesamtfahrzeug gehören im Verlauf seiner Tätigkeit für das Unternehmen Lenkung, Bremsen, Federung und Achsen von Neu- und Konzeptfahrzeugen zu seinem Aufgabengebiet. Wegweisend für viele Fahrzeuggenerationen sind Erkenntnisse zur Fahrphysik und deren Einfluss auf Fahrwerkskomponenten, die das Team um Uwe Hörnig in dieser Zeit gewinnt. Von 2000 bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2017 leitet er den Versuch Gesamtfahrzeug verschiedener Baureihen der S-Klasse und der Oberklasse-Coupés.
Uwe Hörnig gehört zu jenen, die sich schon in früher Kindheit sicher sind, dass sie irgendwann einmal Autos bauen werden. Verwunderlich ist das nicht. Sein Vater Rudolf Hörnig ist Entwicklungsingenieur bei Daimler-Benz und zuletzt als Vorstandsmitglied für Forschung und Entwicklung zuständig. „Da standen viele tolle Fahrzeuge der Marke vor unserem Haus. Schon als kleiner Bub saß ich spielend hinterm Steuer“, erinnert sich Uwe Hörnig. Besonders beeindruckt ihn ein dunkelblauer 300 SEL 6.3 (W 109) mit ebenfalls dunkelblauer Veloursausstattung, mit dem die Familie in einen Sommerurlaub fährt. Auch mit diversen Versuchsfahrzeugen und dem Sohn auf dem Beifahrersitz dreht Rudolf Hörnig manche Runde übers Land, so auch mit dem „Pagoden“-SL (1963 bis 1971). Das hinterlässt bleibende Eindrücke: Heute besitzt Uwe Hörnig einen Sportwagen dieser Baureihe W 113 als Klassiker.
Schon während seines Fahrzeugbaustudiums an der Fachhochschule in Esslingen, das er mit dem Titel Dipl.-Ing. (FH) abschließt, stellt Uwe Hörnig fest, dass ihn das Fahrverhalten der Autos mehr interessiert als deren Antriebsstrang. Seine Diplomarbeit behandelt die „Unterschiede im Fahrverhalten von Front- und Standardantrieb“. Dafür überprüft der Diplomand bei Mercedes-Benz den Einfluss der damals neu entwickelten Antriebsschlupfregelung ASR und fährt zahlreiche Versuche selbst. „Durch solche Regelungssysteme haben die Hecktriebler auf Untergründen mit geringen Reibwerten, beispielsweise im Winter, an Fahrstabilität gewonnen und ziehen dort mit dem Frontantrieb gleich“, lautet eine seiner Erkenntnisse.
Mit großem Interesse verfolgt Uwe Hörnig die Rallye-Einsätze des Mercedes-Benz Werksteams um 1980 unter der Leitung von Erich Waxenberger. Nach seinem eigenen Eintritt ins Unternehmen lernt er den legendären Ingenieur bei Versuchsfahrten in Schweden kennen und schätzen. Das gilt auch umgekehrt: Waxenberger unterstützt mehrfach die Laufbahn des jungen Ingenieurs. 1993 wird Hörnig Teamleiter Versuch Gesamtfahrzeug/Fahrwerk. „Die Prinzipien vieler Achssysteme heutiger Modelle wurden damals entwickelt, auch das der bis heute eingesetzten Mehrlenkervorderachse“, berichtet Uwe Hörnig aus einer Zeit, als sich die jungen Ingenieure noch viel mit unterschiedlichen Varianten von technischen Lösungen beschäftigen, die vergleichend in Fahrzeuge eingebaut werden. „In der reinen Computersimulation ohne direktem Feedback im Fahrzeug ist es nicht mehr so einfach zu erfahren, wie sich das komplexe Zusammenspiel von Fahrwerkskomponenten verhält“, sagt Hörnig.
Fahrdynamik sorgt einerseits für gutes Handling und dafür, dass ein Fahrzeug auch in kritischen Situationen stabil bleibt. Für den Ingenieur gewinnt jedoch parallel dazu das Thema Komfort eine immer größere Bedeutung. „Einen guten Fahrkomfort vom Fahrwerk bis zum Sitz zu schaffen, ist deutlich komplexer, als kompromisslos die Fahrdynamik zu optimieren“, hebt er hervor. „Einen Mercedes-Benz macht die Balance aller Eigenschaften aus. Stets mit dem besonderen Anspruch, beim Komfort immer an der Spitze zu liegen.“ Entscheidend ist am Ende jeder Fahrzeugentwicklung der Satz der Vorstände: „Dieses Auto ist jetzt ein Mercedes-Benz!“ Dieser Maßstab gilt für alle Fahrzeuge der Modellpalette und somit auch für die A-Klasse, die im Herbst 1997 auf den Markt kommt.
Nach der Markteinführung dieser ersten A-Klasse (W 168) und dem „Elchtest“ eines schwedischen Automobiljournalisten gehört Uwe Hörnig zu den wenigen Versuchsfahrern, die anschließend wochenlang Fahrwerkseinstellungen und Reifeneigenschaften testen, um das Fahrzeug auf einen noch besseren Stand zu bringen. „Wir haben viele Kilometer auf zwei Rädern verbracht“, schildert er mit einem Augenzwinkern diese intensive Zeit, „das war ganz schön anstrengend.“ Zuletzt fällt die Entscheidung, dass es ohne den serienmäßigen Einsatz des Elektronischen Stabilitäts-Programms ESP® nicht möglich ist, die Fahrstabilität der A-Klasse in extremen und sehr seltenen Fahrsituationen zu gewährleisten – was aber gleichermaßen für Vergleichsfahrzeuge anderer Hersteller gilt. Hörnigs Fazit: „Vor diesem Hintergrund hat die A-Klasse in jeder Hinsicht Gutes bewirkt, indem sich ESP® auch in unteren Fahrzeugkategorien sehr zügig durchgesetzt hat.“
Als Leiter Versuch Gesamtfahrzeug der S-Klasse und CL-Klasse fließen Uwe Hörnigs Erfahrungen in die Entwicklung mehrerer Oberklassefahrzeuge ein: in die S-Klasse der Baureihen 220, 221 und 222 und die zugehörigen Coupé-Varianten der Baureihen 215, 216 und 217. Vom Fahrverhalten über die Integration des kompletten Antriebsstrangs bis zur Wertanmutung des Interieurs muss hierbei die erlebbare Qualität in Richtung der Devise „Mercedes-Benz aus einem Guss“ abgestimmt werden. Dabei betreut Hörnig zahlreiche technische Entwicklungen, die in der S-Klasse ihre Premiere erleben. „Highlights waren für mich der Zwölfzylinder-Motor M 275 mit Biturbo-Aufladung und das Federungssystem Active Body Control“, sagt er zurückblickend. Eines zieht sich wie ein roter Faden durch sein Berufsleben: „Mein Anspruch war immer, alles in Topqualität abzuliefern – damit Mercedes-Benz die Nummer 1 bleibt.“
Dipl.-Ing. Frank Knothe
Dipl.-Ing. Frank Knothe
Geboren am 24. Februar 1942 in Dresden
Frank Knothe studiert an der Technischen Hochschule in Karlsruhe und beendet das Studium im Jahr 1966 als Diplom-Ingenieur. Im gleichen Jahr tritt er in die damalige Daimler-Benz AG ein. Sein beruflicher Lebenslauf ist geprägt von einer vielseitigen Entwicklungs- und Versuchstätigkeit.
1971 wird Knothe im Fahrzeugversuch Gruppenleiter für die Sechszylinderfahrzeuge der Mittelklasse (E-Klasse Vorgänger) in der Abteilung der Fahrzeugerstmontage des Versuchs. 1972 wird er Hauptgruppenleiter und Typbegleiter der Sechszylinderfahrzeuge der Baureihen 114, 107 und 123. Immer in der Pkw-Entwicklung und im Versuch ist Knothe als Typbegleiter an verschiedenen Baureihen tätig. Ab 1978 leitet er die Abteilung Mittelklasse mit dem Schwerpunkt der künftigen Baureihe 201. 1984 übernimmt er die Hauptabteilung Fahrzeugerstmontage und Erprobung für alle damaligen Baureihen, also die Oberklasse (S-Klasse), Mittelklasse (E-Klasse und Vorläufer), Kompaktklasse (Baureihe 201) sowie die SL-Klasse.
Ab 1991 übernimmt Knothe als Nachfolger von Hans Werner („Langer Werner“) den Fachbereich Gesamtfahrzeugversuch, der alle Baureihen umfasst. Mit der Einführung einer neuen Organisationsstruktur erhält er 1994 als Baureihenchef die Verantwortung für die Entwicklung Gesamtfahrzeug der Produktgruppe 2, die er bis zum 31. Dezember 2006 und damit bis zu seiner Pensionierung leitet. Sie umfasst die S-Klasse, den SL und den SLK. Außerdem betreut er den SLR McLaren.
Knothe betrachtet es bis heute als Auszeichnung, zusammen mit seinem Team zahlreiche Baureihen in weiten Bereichen mit beeinflusst zu haben. Dazu gehört auch seine Überzeugung, dass insbesondere die S-Klasse seit Generationen in ihrem Segment Schrittmacher und Beispiel für Sicherheit, Fahrkomfort, Technik und Luxus ist und dass der SL als dynamischer, hochemotionaler Roadster mit Langstreckenkomfort sein Segment von Beginn an geprägt hat.
Die Zeit bei seinem einzigen Arbeitgeber und in seinen diversen Teams beurteilt Frank Knothe als äußerst spannend. Die Krönung seiner Tätigkeit sind die im Herbst 2005 präsentierte S-Klasse der Baureihe 221 und das CL Coupé der Baureihe C 216, das 2006 vorgestellt wird. Danach ist Knothe noch beratend bei der Abstimmung des Mercedes-Benz SLS AMG tätig.
Prof. h. c. Dr. h. c. Peter Pfeiffer
Prof. h. c. Dr. h. c. Peter Pfeiffer
Geboren am 21. August 1943 in Dallwitz (damals Sudetenland, heute Tschechien)
Peter Pfeiffer und Automobildesign und hier ganz besonders Mercedes-Benz Design – das ist keine von Anfang an vorgezeichnete Geschichte. Pfeiffers Designerleben bei Mercedes-Benz ist zudem geprägt von zwei Paradigmenwechseln fürs Entwerfen: Tonmodelle und Computer Aided Design (CAD) haben den Designprozess in Zeitablauf und unmittelbarer Kreativität erheblich beeinflusst.
Peter Pfeiffer lebt die Pünktlichkeit der Preußen und deren Wahlspruch: „Mehr sein als scheinen.“ Er stellt sich nicht in den Vordergrund, ihm geht es in erster Linie um die Sache. Und diese wird für ihn durch die Erkenntnis geprägt: „Wenn ein Kunde vor einem Mercedes-Benz steht, soll er denken: Den will ich haben.“ Für Pfeiffer erschließt sich das Design als entscheidender Aspekt des Gesamtbildes Mercedes-Benz.
Zunächst absolviert Pfeiffer eine Ausbildung zum Porzellanmodelleur und besucht die Staatliche Höhere Fachschule für Porzellan in Selb (Oberfranken). Dann zieht es ihn in die Welt des Designs, zunächst zu Ford in Köln. Dort bleibt er fünf Jahre. Bereits 1967 erreicht ihn ein Lockruf: Der ältere Josef Gallitzendörfer, ebenfalls Franke mit ähnlichen Wurzeln in der Porzellanbranche wie Pfeiffer, ist kurz zuvor von Ford zur damaligen Daimler-Benz AG in die Designabteilung, damals noch Stilistik genannt, nach Sindelfingen gewechselt. 1968 entschließt sich der fünfundzwanzigjährige Pfeiffer ebenfalls für den Wechsel nach Süddeutschland. In Sindelfingen kommt der junge Designer und Modelleur gerade in den Umbruch vom aufwendig herzustellenden Holzmodell zum Plastilinmodell, das schneller anzufertigen ist und, ganz wichtig, kurzfristig Änderungen zulässt. Die Arbeit mit diesem Material wird von Gallitzendörfer vorangetrieben, der Pfeiffer zu seinem engen Mitarbeiter macht. Beide vereint die gemeinsame Arbeit und Erfahrung mit dem neuen gestalterischen Medium. Das erste aus Plastilin gestaltete Fahrzeug ist der Mercedes-Benz C 111.
Pfeiffer vollzieht ohne Brüche die zweite Revolution der gestalterischen Entwicklung vom Tonmodell zum CAD-Computermodell. Nach alten Zeiten sehnt er sich nicht zurück: Seine Fähigkeit, nicht im Gestern oder Heute, sondern im Morgen zu leben, ist damals bereits ausgeprägt. Essenziell für einen Designer: Nur dann kann er Fahrzeuge entwerfen, die die Marke in die Zukunft führen. Insbesondere dann, wenn viele Kunden sagen: „Den will ich haben.“ Er führt eine Schwerpunktverlagerung hin zu stärkerer Berücksichtigung der Aspekte Faszination und Emotion herbei. Ein Schlüsselfahrzeug dafür ist der Mercedes-Benz CLS. Erfolgreiche Fahrzeuge sind für Pfeiffer zudem ein Beweis für die gelungene Arbeit eines Teams, als dessen Teil er sich stets betrachtet und dessen Chef und Richtliniengeber er als Senior Vice President Design zwischen 1999 und 2008 ist.
In dieser Tätigkeit ist er weltweit verantwortlich für alle Designzentren des Geschäftsfeldes Mercedes-Benz Cars. Unter seiner Federführung entstehen unter anderem A-Klasse (Baureihe 169), B-Klasse (Baureihe 245), C-Klasse (Baureihe 203, 204), E-Klasse (Baureihe 211, 212), S-Klasse (Baureihe 221), Maybach (Baureihe 240), M-Klasse (Baureihe 164) und R-Klasse (Baureihe 251) sowie die Sportwagen SL (R 230), SLK (R 171), SLS AMG (Baureihe 197) und SLR McLaren (C 199). Auch das viertürige Coupé der CLS-Klasse (C 219) gehört dazu. Und die Nutzfahrzeuge Sprinter, Actros und Atego sind ebenfalls Teil seines Tätigkeitsfelds.
2003 wird Peter Pfeiffer für seine Verdienste um das Design mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. 2004 erhält er von der Universität für Kunst und Design in Budapest/Ungarn, den Titel Professor honoris causa, die Ehrendoktorwürde folgt im Jahr 2007 von der Technischen Universität Sofia/Bulgarien. 2007 wird Pfeiffer zudem zum Präsidenten des Rats für Formgebung (German Design Council) gewählt. 2009 gründet Peter Pfeiffer die Links der Isar GmbH in München, eine Agentur für Corporate Identity, Design und Markenstrategie.
Dr. h. c. Bruno Sacco
Dr. h. c. Bruno Sacco
Geboren am 12. November 1933 in Udine (Italien)
Bruno Sacco tritt 1958 in die damalige Daimler-Benz AG ein und ist bis 1999 für das Unternehmen tätig. Seit 1975 und bis zu seinem Wechsel in den Ruhestand ist er Chefdesigner der Marke Mercedes-Benz. Während seiner Tätigkeit folgt er stets einem Grundsatz: „Ich bin nicht Designer bei Mercedes-Benz, weil ich ‚L’art pour l’art‘ für meine Devise halte, die Kunst um der Kunst willen, sondern weil ich auch möchte, dass die Autos, die ich zu verantworten habe, erfolgreich verkauft werden.“
Saccos Liebe zu Automobilen wird von Fahrzeugen geweckt, die der französische Designer Raymond Loewy gestaltet hat. Denn im April 1951 beispielsweise besucht Sacco in Turin die dortige Automobilausstellung – und ist elektrisiert und fasziniert von Loewys Kreation des dort ausgestellten Studebaker Starlight. Das Fahrzeug ist eine Bewegungsskulptur mit stilistischen Anklängen an Flugzeuge, verbunden mit futuristischen Anleihen. Sacco ist von diesem Automobil so in den Bann gezogen, dass die Begegnung die Weichen für seine weitere Zukunft stellt. Nachdem Sacco 1951 seine Prüfung als jüngster Geometer Italiens in Udine abgeschlossen hat, zieht die Familie 1952 nach Turin. Dort besucht er die Polytechnische Hochschule.
Turin ist damals ein Schmelztiegel neuer Designideen, die aus den USA nach Europa kommen und sich dort mit italienischem Formgefühl und Eleganz zu neuen Kreationen verbinden. Pinin Farina, Nuccio Bertone, Gigi Michelotti oder Carozzeria Ghia sind neben den Automobilherstellern Fiat und Lancia die Propheten neuen Automobildesigns der 1950er-Jahre. Sacco, fasziniert von der Kreativität in der Welt der Automobilformen, entdeckt schnell die Anziehungskraft der Designateliers und wird dort zu einem häufigen Besucher. Ab Ende 1955 kann er bei Ghia Erfahrungen in der Modellherstellung sammeln – zu einer Zeit, als dort unter anderem auf Chrysler-Basis der Traumwagen Gilda entsteht oder auch der Karmann-Ghia auf Volkswagen-Basis. Sacco arbeitet mit Kapazitäten wie Giovanni Savonuzzi oder Sergio Sartorelli zusammen und profitiert von deren Erfahrung. In Turin lernt er auch Karl Wilfert kennen. Wilfert, damals bei Daimler-Benz Leiter der Entwicklung Aufbauten und damit verantwortlich für Karosseriebau und Design, lädt ihn Ende 1957 ins Werk Sindelfingen ein – und stellt den jungen engagierten Designer wenig später an. Sacco beginnt am 13. Januar 1958 in Sindelfingen seine Tätigkeit als zweiter Stilist, nach Paul Bracq, der 1957 als erster Stilist eingestellt worden ist. Es soll seine Lebensstellung sein.
Als Stilist und Konstrukteur arbeitet er unter der Leitung von Karl Wilfert, Friedrich Geiger und Béla Barényi an verschiedenen Projekten mit, beispielsweise am Mercedes-Benz 600 (W 100) und am Roadster 230 SL (W 113). Außerdem hat er die Design-Projektleitung für die damaligen Sicherheitsausstellungen sowie für die Experimentalfahrzeuge C 111 und C 111-II inne. Im Jahr 1970 übernimmt Sacco bei Daimler-Benz die Leitung der Abteilung Karosseriekonstruktion und Maßkonzeption. In dieser Zeit entstehen unter seiner Mitwirkung die ESF-Prototypen (Experimental-Sicherheits-Fahrzeuge) sowie die Mittelklasse-Baureihe 123.
Mit dem Titel „Oberingenieur“ tritt Bruno Sacco 1975 die Nachfolge von Friedrich Geiger als Leiter der Hauptabteilung Stilistik an und prägt fortan das Erscheinungsbild der Mercedes-Benz Personenwagen. Die wichtigsten Etappen dieser stetigen formalen Evolution sind der Diesel-Rekordwagen C 111-III (1978) und die S-Klasse der Baureihe 126 (1979). Im Jahr 1978 trägt das Unternehmen der steigenden Bedeutung des Designs Rechnung: Die Hauptabteilung wird zum Fachbereich aufgewertet, und Sacco wird Leiter des Fachbereichs Stilistik.
1980 präsentiert der Bereich Stilistik einige Leitlinien für das Mercedes-Benz Design auf dem „Deutschen Designertag“. Design, so heißt es dort, ist eins der führenden Elemente in der Mixtur, aus der ein erfolgreiches Auto besteht: Seine herausragenden Merkmale und seine Charakterstärke machen den Unterschied aus, wenn Autos sich in ihren technischen Qualitäten immer weniger voneinander absetzen.
Ein außergewöhnliches Beispiel aus Saccos Ära ist sicherlich die Mercedes-Benz Kompaktklasse (W 201), die neben allen technischen Qualitäten auch die Designwerte von Mercedes-Benz erfolgreich in die damals sogenannte Kompaktklasse trägt. Sacco selbst sagt, dass „der 190er das ideale Beispiel für die Verbindung von Innovation und Tradition ist, abgesehen von der S-Klasse. Der 190er war das Fahrzeug, das viele Menschen davon überzeugte, dass Mercedes-Benz zu einem Wandel fähig ist“. Gleichzeitig ist der W 201 nach dem T-Modell (S 123) und dem Geländewagen der G-Klasse (Baureihe 460) ein entscheidender Schritt zur Auffächerung der Marke in viele Segmente, die dann in den 1990er-Jahren systematisch als Modelloffensive betrieben wird. Dafür stehen etwa der SLK (R 170), die V-Klasse (Baureihe 638), die A-Klasse (Baureihe 168), der CLK (Baureihe 208) und die M-Klasse (Baureihe 163). Starke Designakzente setzen zudem Forschungsfahrzeuge wie der C 112, der F 100 (1991), der F 200 Imagination (1996) und der in jeder Hinsicht außergewöhnliche F 300 Life-Jet (1997). Und selbstverständlich ist es immer wieder die S-Klasse, welche die Marke – und die Branche – prägt. Unter Bruno Sacco sind es neben der Baureihe 126 auch die Baureihen 140 und 220.
1993 wird Bruno Sacco als Leiter Design Mitglied des Direktorenkreises des Unternehmens. In dieser Eigenschaft übernimmt er auch eine Mandatsfunktion für die Gestaltung der Produkte des Geschäftsfelds Nutzfahrzeuge. Im März 1999 übergibt Bruno Sacco nach 41 Jahren bei Mercedes-Benz die Bereichsleitung im Mercedes-Benz Design an Peter Pfeiffer.
In den Jahren seiner Tätigkeit für Daimler-Benz erhält Bruno Sacco zahlreiche persönliche Auszeichnungen. So wird er unter anderem 1985 Honorarmitglied der „Academia Mexicana de Diseño“. 1991 wird ihm der Orden „Grande Ufficiale dell’Ordine al Merito della Repubblica Italiana“ verliehen, 1993 in Turin der „Cover Award – Auto & Design“. 1994 wird er mit dem „Premio Mexico“ (Patronato Nacional de las Asociaciones de Diseño AC, Mexico) ausgezeichnet, 1994 mit dem „Apulia Award for Professional Achievement“, 1996 als „Best Designer“ und zugleich als „Designer’s Designer“ der Zeitschrift „Car“. 1997 wird ihm in Detroit der „Lifetime Design Achievement Award“ verliehen, ebenfalls 1997 der „Raymond Loewy Designer Award“ der Marke „Lucky Strike“. 2002 verleiht ihm die Universität Udine die Ehrendoktorwürde. 2006 erfolgt die Aufnahme in die Automotive Hall of Fame in Dearborn, 2007 die Aufnahme in die European Automotive Hall of Fame in Genf.