Für die Technik Museen Sinsheim Speyer gibt es 2021 gleich zwei Gründe zum feiern, denn das Sinsheimer Museum wird 40 und das Speyerer Museum 30 Jahre. Geplant sind mehrere coronakonforme Aktionen, die über das Jahr verteilt an beiden Standorten stattfinden sollen. Doch das ist noch nicht alles. Auch wenn die aktuellen Schutzmaßnahmen dazu führen, dass die Museen zeitweise geschlossen sind, im Technik Museum Speyer ist dennoch einiges los. Im größten Exponat der Einrichtung, der über 100 Jahre alten Liller Halle, wird fleißig gearbeitet. Ausstellungsstücke werden aus- oder umgeräumt, Oldtimer und Orgeln mit Planen abgedeckt, es wird gestrichen, gebohrt, gehämmert oder geschraubt. Die historische Halle bekommt ein Upgrade. Das Museum nutzt die Wintermonate dazu, die Ausstellung zu modernisieren und mit neuen Konzepten noch familiengerechter zu gestalten. Obwohl die Planung die ganze Halle betrifft, will man es den Besuchern trotzdem ermöglichen, die Liller Halle zu besichtigen. Daher wird der Umbau in Etappen durchgeführt. Somit gibt es für Gäste nur wenige Einschränkungen und man kann bei den Arbeiten sogar zusehen.
Die denkmalgeschützte Liller Halle ist ein markantes Beispiel der Industriebaukunst aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Als Herz des Technik Museum Speyer hat das Gebäude schon viel erlebt. Umso wichtiger ist es, die Arbeiten mit viel Feingefühl durchzuführen. „Am Standort Speyer wurden in den letzten Jahren überwiegend neue Gebäude errichtet, wie z.B. die Raumfahrthalle oder das Restaurant Hangar 10. Solch einen aufwändigen Umbau gab es in den 30 Jahren des Museums noch nicht“ erklärt Museumsleiter Andreas Hemmer. Das Werkstatt-Team samt eigenen Schreinern und Malern ist täglich im Einsatz. Erfahrungen von Neugestaltungen gibt es aus dem Muttermuseum in Sinsheim. Dort wurde in den letzten zwei Jahren verschiedene Ausstellungen wie z.b. die American Dream Cars Collection oder die Bereiche der Blue Flame und Concorde umgebaut. Gemeinsam mit den Sinsheimer Kollegen werden nach und nach die verschiedenen Maßnahmen der einzelnen Abschnitte umgesetzt.
Die Geschichte der Liller Halle im Technik Museum Speyer
Erbaut wurde die Halle 1913 in Lesquin bei Lille (Nordfrankreich) im Auftrag der Firma Thomson (Houston, USA). Doch lange sollte sie dort nicht stehen. Als die in Speyer angesiedelten Pfalz-Flugzeugwerke 1917 daran dachten, auch sogenannte Riesen-Flugzeuge für das Militär zu fertigen, war man auf der Suche nach einer passenden Fertigungshalle. Aber woher das Material mitten in der Kriegszeit nehmen? Die Ressourcen eine neue Halle zu bauen waren zu knapp. Aus diesem Grund hielt man in den Besatzungsgebieten Ausschau und wurde in Nordfrankreich fündig. Die Halle in Lesquin wurde von den deutschen Truppen komplett demontiert, nach Speyer transportiert und wieder aufgebaut. Das fünfschiffige Gebäude hat eine Grundfläche von knapp 8.000 m² und besteht aus einer Eisen- bzw. Stahlkonstruktion, deren Gerippe mit Ziegeln fest vermauert ist. Ihr Gewicht wurde auf 700 Tonnen geschätzt. Nach ihrem Wiederaufbau im Jahr 1918 war die Halle jedoch nicht lange in deutscher Hand. Nach Ende des Ersten Weltkrieges, im Dezember des gleichen Jahres, zog das französische Militär ein und belegte die Liller Halle mit seinem militärischen Automobilpark. 1926 ging die Liller Halle und das Gelände der ehemaligen Pfalz-Flugzeugwerke wieder in Deutschen Besitz über. Von 1937 bis 1945 diente sie den neu gegründeten Flugzeugwerken Saarpfalz zur Instandsetzung und zu Herstellungsarbeiten für die deutsche Luftwaffe. Nach dem Zweiten Weltkrieg belegte jedoch wieder das französische Militär das Gelände. 1956 wurden die meisten alten Gebäude abgerissen und stattdessen Kasernenbauten für französische Soldaten errichtet. Es blieben nur das Kesselhaus, die Liller Halle und das Verwaltungsgebäude (heutiges Museum Wilhelmsbau) übrig. Von 1961 bis 1984 übernahm das erste Regiment der Spahis das Kasernengelände. Doch auch diese Ära ging zu Ende.
Fotos Technik Museum Speyer