Vergleichstest: Elektro-Neuwagen oder Youngtimer – Was ist der bessere Hobbywagen?

Versuch eines „Öko“-Vergleichs ?

Vergleichstest Smart for two electric drive (2017) gegen Mercedes 230/8 (1970)

Wenn ich mir mit meinem Sohn Max, 16 Jahre, neue oder auch alte Autos ansehe, muss ich immer wieder feststellen, dass er sich mehr für Fahrzeuge mit Elektroantrieb begeistern kann, als für Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben. Nun kann man recht schnell das Elektro-Auto als Allheilmittel für die Mobilität der Zukunft ansehen, doch wie wäre es, wenn meine Familie wirklich unseren Hobby-Drittwagen, den Strich Achter, abschaffen und dafür einen Elektrowagen anschaffen würde? Und wie sähe das dann für die Umwelt aus?

Anforderungen?

Daher habe ich mir zunächst einmal Gedanken gemacht, was ich von unserem 230/8 erwarte:

  1. Jahreslaufleistung zirka 2.000km (je nachdem wo die Sternfahrt ist). Ich addiere aber die Jahreslaufleistung unseres zweiten Klassikers dazu und gehe für den Vergleich somit von 4.000km aus.
  2. Fahrten allein oder auch mal zu zweit.
  3. Fahrten a) in die Stadt zum „Eis essen“ b) über Land zum Besuch von Treffen etc. c) Fahrten zum Stammtisch d) Fahrten zum Club-Jahrestreffen.
  4. Schrauben und Fahrzeugpflege als Ausgleich / Zeitvertreib.

Bis auf den Punkt 3.d) kann der Smart alle Anforderungen erfüllen. Das 2017er Jahrestreffen der Smart-Community fand in der spanischen Küstenstadt Salou statt… Das wären dann von meiner Heimatstadt 1.745km. Mit dem Elektro-Smart nicht zu schaffen, oder? Man bräuchte bei der meinem Fahrprofil entsprechenden Reichweite mindestens 15 Ladezyklen. Bei einer Aufladung an der normalen Haushaltssteckdose von zirka je 4 Stunden entstehen zusammen mit der reinen Fahrzeit insgesamt 3 ½ Tage für den Hinweg ohne Pausen! Nach Rücksprache mit Ralf Waitschies, 2. Vorsitzender des smart-club Deutschland e.V. und Eigentümer eines smart electric drive der Vorgängergeneration, erzählte er von seiner Anreise zum Treffen 2015 innerhalb von drei Tagen, in denen er die 1.500km, ohne Probleme bewältigte (allerdings auch mit dem optionalen 22 kW Schnelllader).

Fahreindrücke.

Zum entspannten Fahren im Strich Achter kann man viel Schreiben, mir gefällt dabei immer wieder das Platzangebot im Vergleich zur Verkehrsfläche sehr gut. Ich kann mit 1,92m Körpergröße verschiedene Sitzpositionen einnehmen und auch auf weiten Strecken immer wieder variieren um ermüdungsfrei anzukommen. Die Rundumsicht und das Abschätzen der Karosseriegröße ist wohl kaum noch zu verbessern, man hat stets einen guten Überblick und kann auch ohne jeden elektronischen Helfer zentimetergenau einparken. Einzig die Position der Außenspiegel bei der 1. Serie darf als nicht optimal angesehen werden. Das Fahrwerk bügelt auch heute noch Frostaufbrüche gut weg und selbst bei sportlicherer Landstraßenfahrt kommt nicht das Gefühl von Unsicherheit auf. Die Bremsen können mangels fehlendem Bremsassistenten mit dem heutigen Standard nicht mehr mithalten, es empfiehlt sich daher ein etwas vergrößerter Abstand bei schnellen Autobahnabschnitten.

Der smart spielt hier in ganz anderen Ligen. Der Einstieg und das grundsätzliche Raumangebot begeistern zwar, jedoch bis man die Tür schließt. Es entsteht kein Eindruck von Platzmangel, einzig die Anordnung des Türzuziehgriffs ist so miserabel, dass sich bereits nach 5km Fahrtstrecke eine Druckstelle am Unterschenkel schmerzhaft meldete. Vielleicht wird hier ja noch nachgebessert? Beim /8er hatte man seinerzeit ja auch die Armauflage nach dem Serienanlauf nochmal neu positioniert. Der kurze Radstand bringt ein leicht hölzernes und holpriges Fahrverhalten gerade auf kurzen Bodenwellen mit sich. Sportliche Landstraßenabschnitte machen mit der Beschleunigung wie am Gummiband wirklich Spaß, einzig in der Kurve bringt die hohe Sitzposition ein Gefühl des Kippens mit sich. Die Bremse mit Ihren Assistenzsystemen und dem ESP vermitteln dabei immer ausreichend Sicherheit. Schnelle Autobahnpassagen sind mangels Reichweite nicht das Metier des Smarts, auch wenn durchaus respektable 137km/h als Höchstgeschwindigkeit elektronisch ermittelt werden konnten.

Eine nette Anekdote sollte am Rande beachtet werden. Der Smart fort wo electric drive hat ein Gewichtsproblem! Fällt das Leergewicht mit 1.085kg noch sehr gering aus, ist die Zuladung allerdings ZU gering! Man darf gerade 225kg zuladen und das kann dann bei manchem Fahrer bedeuten, dass neben den beiden mitzuschleppenden Ladekabeln nur noch sehr leichte Mitfahrer/innen an Bord dürfen.

Spaß in der Garage.

Für die Baureihe W114/115 gibt es neben diversen Veränderungs- und Verschönerungsmaßnahmen aus den 1970ern mittlerweile auch immer wieder neue Entwicklungen (Airride-Fahrwerke, Felgen, etc.) und bei einem bald 50 Jahre alten Fahrzeug ist im Bereich der Wartung und Instandhaltung die/der Schrauber/in immer gefragt.
Die Fahrzeuge der Marke Smart waren von Ihrer Grundkonzeption her ja bereits für das schnelle Verändern (Austausch der sogenannten Bodypanels innerhalb 1 Stunde war angedacht) wie gemacht. Mit der ständigen Weiterentwicklung verkümmerte diese Idee immer mehr, dafür kam aber mit dem Tuner Brabus eine eigene Individualisierungslinie dazu. Der von mir getestete Wagen hatte daher bereits einige nette Veränderungen. Der Zubehörmarkt bietet aber natürlich noch erheblich mehr und gerade die verschiedenen Foren zum Thema Smart bieten hier viele Anregungen für vergnügliche Werkstattstunden.

Wie sieht es mit den Kosten aus?

Der von mir getestete smart hat einen Grundpreis (Stand 1.7.2017) von 21.940,-€. Mittels einiger Positionen aus der Sonderausstattungsliste kam er auf 29.815,-€. Beim Verbrauch kam ich bei meiner Fahrweise auf ca. 14 kWh auf 100km. Daraus errechnet sich, bei einem durchschnittlichen Energiepreis von 0,30€ pro kWh, ein Energiepreis von 4,20€ pro 100km.

Einen 230/8 oder 230.6 gibt es in den bekannten Online-Plattformen (Stand 1.7.2017) ab zirka 2.500,-€ (Restaurationsobjekt) bis zum Preis von 29.800,-€ (Spekulationsobjekt). Für den Vergleich rechne ich mit einem realistischen Preis für ein gutes Fahrzeug von 12.000,-€. Beim Verbrauch liege ich im Schnitt bei 12,5 Liter Super auf 100km, ergibt also für den Vergleich, bei einem durchschnittlichen Preis von 1,36€, einen Energiepreis von 17,-€ pro 100km.

Eine Betrachtung des Wertverlustes beim Elektrowagen bzw. Wertzuwachs beim Strich Achter habe ich mir mal geschenkt, da ich hier keine Prognose für die kommenden 10 Jahre abgeben möchte. Nur soviel, einen Elektro-Smart von 2013 gibt es bereits ab 5.500,-€ mit gerade einmal 56.000km… bedeutet nach vier Jahren ist der Wagen gerade noch ein Viertel des Neupreises (ohne Extras) wert. Mein 230/8 hat in der gleichen Zeit laut Oldtimer Markt gut ein Viertel an Wert zugelegt.

Da braucht man nicht lange rechnen um zu erkennen, dass der Wertverlust des Smarts rein rechnerisch höheren Energiekosten für den 230er nicht aufrechnen kann.

Dinge wie Motoröl und andere Schmier-/Betriebsstoffe liegen bei einer Hobbynutzung, wie von mir angenommen, im vergleichbaren Rahmen und werden daher nicht gesondert betrachtet. Was allerdings einmal ein heute noch nicht zu kalkulierendes finanzielles Risiko darstellt ist die „Abnutzung“ der Akkus im Elektrowagen, noch gibt es dafür keinen Ersatzteilpreis beim freundlichen Teiletresen!

Was sagt aber nun die Umwelt?

Das „Alt-Fahrzeug“ wurde ja bereits hergestellt, die Umwelt wurde also bereits belastet und würde man nun heute den vorhandenen Wagen verschrotten um dann ein neues Elektrofahrzeug als reines, zusätzliches Hobbyfahrzeug anzuschaffen, wäre das sicherlich der schlechteste Weg für die Umwelt.

Warum überhaupt ein Hobbyfahrzeug?

Eine objektive Beantwortung dieser Frage ist in einer Clubzeitung eines Vereins für klassische Fahrzeuge nicht einfach, haben wir uns doch alle aus den verschiedensten heraus Gründen gerade für ein besonderes Fahrzeug entschieden und meist waren dabei eher Gefühle und Stimmungen kaufentscheidend. Die Antwort: Es tut mir einfach gut! Andere Menschen haben auch mehrere Anzüge, Handtaschen oder Armbanduhren und wählen ganz nach Anlass und Stimmung das aus Ihrer Sicht gerade passende Accessoire aus. Und so ist das bei mir mit den Autos. Da ich ja immer nur gerade ein Auto fahren kann, wird die Umwelt auch nicht stärker belastet, als wenn ich nur das umweltunverträglichste Fahrzeug hätte und führe.

Was sagen die Zahlen?

Der Vergleich der Gesamtökobilanz von der Fahrzeugherstellung bis hin zur Verschrottung ist bei Fahrzeugen aus zwei total verschiedenen Zeiten nicht möglich, zu unterschiedlich sind die jeweiligen angegebenen Werte und deren spätere Interpretation.

Der Hersteller selber kann laut Antwort der Smart-Presseabteilung, vertreten durch Joachim-Frenz Kutscher, keine belastbaren Zahlen zur Herstellung des Smarts, des Antriebs (durch Renault) und der Akkueinheit bzw. der Gewinnung der Akku-Rohstoffe liefern. Schade, gerade bei einem Produkt, welches noch weniger aus finanziellen Überlegungen sondern eher um der Umwelt zu helfen gekauft wird, wären diese Zahlen doch sehr interessant!

Der Versuch einer Annäherung.

Aus den vorgenannten Punkten beschränke ich mich nach mehreren erfolglosen Versuchen an belastbares Zahlenmaterial zu kommen, auf eine Annäherung mit Zahlen aus verschiedenen Quellen, die ich versucht habe an den Smart anzupassen, und eigene Berechnungen anhand der von mir gemachten Erfahren. Das Alles ist also weder belastbar, noch wissenschaftlich fundiert!

Betrachtung über den CO2 Ausstoß beider Fahrzeuge:

Der 230/8 verbraucht 12,5 Liter/100km bei jährlich 4.000km ergibt das 1,185 Tonnen CO2 laut www.dekra-online.de/co2/co2_rechner.html .

Der Smart for two electric drive verbraucht 14 kWh/100km bei jährlich 4.000km ergibt das bei der Aufladung über Ökostrom (ca. 40g CO2 pro kWh) 0,0224 Tonnen CO2! Betreibt man das Fahrzeug aber mit dem normalen Strommix (ca. 600g CO2 pro kWh) ergeben sich 0,336 Tonnen CO2. Die Zahlen stützen sich auf www.co2-emissionen-vergleichen.de

Der Elektro-Smart schlägt dabei den Verbrenner um Längen.

Aber die Fahrzeug- und ganz besonders die Akku-Herstellung?!

Da mir keine belastbaren Zahlen geliefert werden konnten, stütze ich mich auf die „Schwedische Studie“, die momentan gerne in Diskussionen herangezogen wird (www.elektroauto-news.net/2017/schwedische-studie-co2-bilanz-umweltschaedlich). Dort spricht man von zirka 8 Jahren, die ein Tesla (mit 100 kWh Akku) genutzt werden muss, bevor er besser für die Umwelt ist, als ein vergleichbarer herkömmlicher PKW. Nun bezieht sich mein Vergleich ja auf einen Smart (17,6 kWh Akku), die Schweden haben aber auch einen Nissan Leaf mit 30 kWh Akku betrachtet und kommen da auf 3 Jahre Nutzung… alles bei einer jährlichen Nutzung zwischen 15.000 und wohl 20.000km. Bei der Hobbynutzung mit 4.000km sind wir also bei einem Blick über den dicken Daumen auch wieder bei mindestens 10 Jahren. Und dann schließt sich die Frage an, wie lange der Akku bei der von mir beschriebenen Hobbynutzung hält?

Mein Fazit.

Ein richtig schlechtes Gewissen ist bei diesen Betrachtungen nicht bei mir entstanden. Ich werde also meinen Klassiker noch nicht innerhalb der nächsten Wochen durch einen aktuellen Elektrowagen ersetzen… aber ich habe schon mal bei mobile.de nach einem Vorgänger geschaut und warum sollte man sich nicht bereits jetzt so ein Fahrzeug sichern?!