Was verbirgt sich hinter den Türchen des „Adventskalenders“?

  • Kubische Mercedes-Benz Frontlenker-Lastwagen der 1960er- und 1970er-Jahre
  • Zahlreiche Wartungsklappen sorgen für den Spitznamen „Adventskalender“
  • Mercedes-Benz Museum Close-up: Automobile, Architektur und Ausstellungsgestaltung – Nr. 4/2021

„Close-up“ – der Name der Serie des Mercedes-Benz Museums ist Programm. Jede Folge erzählt Überraschendes, Spannendes, Hintergründiges. Dazu wirft sie den Spot auf Details eines Fahrzeugs, Ausstellungsexponats oder eines Elements von Architektur und Gestaltung. Diesmal im Blick: der Mercedes-Benz LP 1513 Heizöl-Tankwagen aus dem Jahr 1974. Er stammt aus der Generation der kubischen Frontlenker-Lastwagen und trägt den Spitznamen „Adventskalender“.

Mercedes-Benz LP 1513 Heizöl-Tankwagen Bj. 1974

Nr. 4/2021: der „Adventskalender“

24 Türchen: Wo im Mercedes-Benz Museum gibt es einen Adventskalender? Natürlich im Shop. Dort können Fans der Marke in der Vorweihnachtszeit zwischen vier verschiedenen Bausätzen wählen, deren Teile hinter den 24 Türen stecken. So entstehen bis zum Fest beispielsweise ein 300 SL Coupé (W 198) oder ein Mercedes-AMG GT Coupé (C 190) – es muss ja nicht immer Schokolade sein.

Adventskalender für das ganze Jahr: Eher überraschend hingegen ist ein „Adventskalender“, der ganzjährig in der Dauerausstellung des Museums in Raum Collection 2: Galerie der Lasten zu finden ist. Es ist ein LP 1513, der in den 1970er-Jahren als Heizöllaster unterwegs ist. An der Front hat er drei Türen, dazu kommen weitere Klappen unter anderem innen im Fahrerhaus. Diese Konstruktion verhilft der ganzen Lastwagenfamilie der „kubischen Frontlenker“ zu ihrem adventlichen Spitznamen. So viele Türen wie bei einem echten Adventskalender gibt es zwar nicht – und Schokolade oder Bausätze sind natürlich auch nicht dahinter zu erwarten. Doch was steckt denn nun hinter den Türen?

Die Baureihen der kubischen Frontlenker tragen wegen der zahlreichen Serviceklappen den Spitznamen „Adventskalender“.

Kubisches Fahrerhaus: Der 1974 gebaute Heizöl-Tankwagen im Mercedes-Benz Museum gehört zur 1965 eingeführten mittelschweren Baureihe der Nutzfahrzeuge mit sogenanntem kubischem Führerhaus. Es gibt diese Lastwagengeneration mit dem Stern auch in leichter Bauweise (ebenfalls ab 1965 – als erste Produkte des damals neuen Werks in Wörth) und bereits seit 1963 in schwerer Ausführung. Optisch sind die drei Klassen unter anderem an der Scheinwerferposition zu unterscheiden: Bei den leichten „Adventskalendern“ füllen sie die gesamte Kühlergrillhöhe aus, bei den mittleren die untere Hälfte, und die schweren Nutzfahrzeuge tragen die Scheinwerfer unterhalb des Kühlers.

Kühler, Scheinwerfer und mehr: Im Kühlergrill des Heizöl-Tankwagens verbergen sich die drei prominentesten Türchen dieses „Adventskalenders“. In der Mitte öffnet sich eine unten angeschlagene Klappe, hinter der unter anderem der Kühler mit Nachfüllstutzen für das Kühlwasser zu erreichen ist. Links und rechts davon geben Türen mit senkrecht stehenden Scharnieren den Zugriff auf die Scheinwerfer – beispielsweise zum Leuchtmittelwechsel – und die Lüftungsklappen zum Innenraum der Kabine frei. Den Motor und den Einfüllstutzen für das Öl erreicht der Kraftfahrer hingegen innerhalb der Kabine: Dort befindet sich eine Serviceklappe auf dem Motortunnel zwischen den Sitzen.

Geöffnete Klappen an der Front, Aufnahme von rechts vorn.

„Lastwagen Pullman“: Der Tradition von Mercedes-Benz entsprechend, tragen die verschiedenen Varianten das Kürzel „LP“ vor der Ziffernfolge der Typbezeichnung. „L“ steht dabei für Lastwagen und „P“ (abgeleitet von „Pullman“) für einen Frontlenker. Auf 15 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht und rund 130 PS Motorleistung verweist die Ziffernkombination 1513 des Exponats im Mercedes-Benz Museum im Raum Collection 2: Galerie der Lasten. Exakt sind es 96 kW (131 PS) aus einem Reihensechszylindermotor mit 5.675 Kubikzentimetern Hubraum.

Klassische Moderne: Ergonomisch und ästhetisch weisen die kubischen Frontlenker klar in die Moderne. Ihre technische Konzeption folgt teilweise aber auch klassischen Konzepten. Das gilt insbesondere für die am Anfang fehlende Kippfunktion des Führerhauses. Das ist der Grund dafür, dass die diversen Aggregate über zahlreiche Klappen zugänglich gemacht werden.

Mercedes-Benz LP 1513 Pritschenwagen – Genrefoto aus der Pressemappe des Jahres 1968.

Das letzte Türchen: Die Produktion der kubischen Mercedes-Benz Frontlenker läuft Mitte der 1980er-Jahre aus, zuletzt werden nur noch die leichten Typen gebaut. Das Prinzip der über das Fahrerhaus verteilten Wartungsklappen hat sich da allerdings schon längst überlebt, denn bereits die späten „Adventskalender“ werden mit kippbarem Führerhaus angeboten. Und in folgenden Baureihen wie der ab 1973 produzierten „Neuen Generation“ (NG) sind die neigbaren Kabinen dann von Beginn an Standard. Sie lassen sich hydraulisch nach vorn kippen und erlauben so einen komfortablen Zugriff auf die Technik. Der LP 1513 wird von 1967 bis 1976 in 9.406 Einheiten gebaut.

Das Mercedes-Benz Museum ist täglich von Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Kassenschluss ist immer um 17 Uhr.

Anmeldung, Reservierung und aktuelle Informationen: Montag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr unter Telefon +49 711 17-30000, per E-Mail an classic@daimler.com oder online unter www.mercedes-benz.com/museum