13 Pannen in 14 Tagen – TEIL 1

von Gert Meyer-Jüres und Carlo Freischem

Eine Fahrt vom 13.-20.09.2020 mit Teilnahme an der Rotary-Rallye „TERZO RADUNO D’ABRUZZO” 17.-20.09.2020

Eigentlich wollten Carl Wilhelm Freischem (genannt „Carlo) und ich in diesem Jahr an der Rotary-Rallye „From Coast To Coast“ von der Adria durch die Toskana nach Rom teilnehmen. Die wurde aber wegen der Corona-Krise gestrichen, so dass wir uns für die von den Rotary-Clubs Teramo Nord Cententario, Teramo Est und Sulmona organisierte „Abruzzen-Rallye“ angemeldet haben.

Das Auto:

Ein Mercedes-Benz 220 Cabriolet A, Baujahr 1952 (W 187). Auf dem Rückweg von der Mille Migla 2019 haben wir es im Ofenwerk Nürnberg entdeckt, Carlo hat es dann im Frühjahr gekauft und über Landstraßen nach Münster gebracht. Der Vergaser machte Probleme, und nachdem eine Werkstatt im Münsterland das Auto eher „verschlimmbessert“ hat, gab er es in eine Werkstatt in Stade, die vor vielen Jahren den Motor seines MB 300 S Cabriolets perfekt hinbekomme hatte. Dort stellte man erst mal fest, dass ein Motor der späteren 220er Baureihe eingebaut war. Carlo ließ ihn gegen einen Original-Motor austauschen, und das Auto fuhr seitdem schon 5.000 km und einige Ausfahrten perfekt mit.

Zur Geschichte: der 220er wurde 1953 an einen Trierer Unternehmer ausgeliefert, der es ca. 1970 in die USA verkaufte. Ein deutscher Händler holte es ca. 1999 als Restaurierungsobjekt nach Deutschland zurück und verkaufte es zusammen mit einem weiteren, gleichen Typ an einen Nürnberger Zahnarzt, der über mehrere Jahre aus den beiden Fahrzeugen eins machte. Er verunglückte beim Segeln, so dass seine Witwe das sehr schön patinierte Fahrzeug nun anbot.

Die Hinfahrt:

Als Rentner mit Zeit hatten wir uns entschlossen, schon die Hinfahrt zum Erlebnis zu machen. Am 12.09. nahmen wir am „Business Meets Classics“-Treffen in Köln teil, das mit einer Ausfahrt zur Düsseldorfer „Classic-Remise“ endete. Das passte uns gut, denn wir wollten abends den Autozug nach Innsbruck nehmen, um dem Auto viele deutsche Autobahn-Kilometer zu ersparen. Die wollten wir lieber im sonnigen Italien abrollen. Also bestiegen wir abends in Düsseldorf den österreichischen „nightjet“ und kamen am 13.09. morgens in Innsbruck an.

13.09.:

Unser erstes Ziel war Kühtai (2.020 m üdM). Im Zug hatten wir einen Niederländer kennengelernt, der sich uns mit seinem Lancia Beta 1600 Coupé aus den frühen 1970ern spontan anschloss. Es waren die heißen Tage Mitte September, bei denen wir um die 30 Grad Außentemperatur hatten. An einer Steigung mussten wir an einer Baustellenampel warten. Das mochte das Auto gar nicht, und prompt blieben wir ausgerechnet in der engen, einspurigen Baustelle zum ersten Mal liegen. Der Motor und/oder das Benzin waren zu heiß geworden, die alt bekannte Mercedes-Krankheit der 1950er Jahre! Der Auspuffkrümmer lag sehr nah an der Benzinleitung, dadurch bildeten sich Blasen im (kochenden!) Benzin, das dann nicht mehr im Vergaser ankam. Mit Hilfe des netten Niederländers wendeten wir schiebend das Auto im Baustellenchaos, um es dann bergab-rollend mit teil-entriegelter Motorhaube schneller abkühlen lassen zu können. Mit eingeschalteter Zündung im 2.Gang die Kupplung kommen lassen, dann dreht der Motor, saugt auch Sprit an und läuft wieder. Beim zweiten Versuch kamen wir dann mit dem abgekühlten Fahrzeug auch gut durch die Baustelle, obwohl wir an der Ampel davor wieder warten mussten.

Der Niederländer war inzwischen weitergefahren und warnte uns telefonisch von Kühtai aus, er glaube nicht, dass wir die Steigungen schaffen würden. Wir wagten es trotzdem, und die zweite Panne ließ prompt nicht lange auf sich warten. Auf einer langen Steigung wurde das Auto wieder zu heiß und blieb stehen. Wir drehten es und ließen es bis St. Sigmund bergab laufen und abkühlen. Vorbei kommende Wanderer bewunderten unsere Gelassenheit. Danach schafften wir die Stelle und kamen auch bis nach Kühtai, wo wir am Jagdschloss anhielten und Erinnerungsfotos machten.

Unsere Pläne, das Stilfser- und/oder Thimmels Joch mit 2.500 m üdM zu fahren, haben wir nach diesen Erfahrungen gestrichen und sind über Ötz, Imst und Landeck Richtung Reschenpass gefahren. Nachdem wir auf dieser Strecke zum dritten mal liegen geblieben sind, haben wir uns in Mals das „Hotel zum Hirschen“ mit Tiefgarage ausgesucht und dort übernachtet.

14.09.:

Am Vorabend hatten wir der Wirtin erzählt, dass wir am nächsten Tag in eine Werkstatt fahren wollten, um die Probleme beheben zu lassen. Sie empfahl uns die Werkstatt „Stocher“ im Ort, die wir auch aufsuchten. Dort empfahl man uns den Einbau einer provisorischen, elektrischen 6-Volt-Benzinpumpe, was dann auch gemacht wurde. Bei der Testfahrt in das höher gelegene Matsch stellten wir fest, dass das Auto wesentlich flotter geworden war, aber leider immer noch bei starker Steigung stotterte und auch wieder zu heiß wurde. Oben in Matsch hatten wir die vierte Panne, deshalb beschlossen wir, noch eine Nacht in Mals zu bleiben und am nächsten Tag den schon für die Handy-Ladung eingebauten 12-Volt-Konverter für die Umrüstung der elektrischen Benzinpumpe auf 12 Volt zu nutzen. Der Monteur Stefan kannte die Probleme überhitzter Motoren vom Gokart-Fahren und hat dort eine elektrische Benzinkühlung einbaut, was wir auf die to-do-Liste für Arbeiten nach der Tour setzten.

15.09:

Mit der 12-Volt Benzinpumpe unternahmen wir wieder eine Testfahrt nach Matsch. Ergebnis: unbefriedigend, der Motor stotterte immer noch ein wenig. Also strichen wir das Stilfser Joch und setzten uns Sirmione am Gardasee als nächstes Etappenziel. Auf der Landstraßen fuhren wir bis Lana, dann aber Autobahn bis Riveretto. Die Strecke nach Riva war wegen Unfalls gesperrt, deshalb nahmen wir die Landstraße Richtung Verona, dann den Abzweig nach Lazise und kamen am See entlang bis nach Sirmione.

Die 12-Volt-Schaltung schien uns eher schlechter als 6 Volt, weil der Motor nun möglicherweise zu viel Sprit bekam. Deshalb beschlossen wir, am nächsten Tag wieder auf 6 Volt umrüsten.

16.09.:

Carlo schaffte den Rückbau der Benzinpumpenversorgung auf 6 Volt! Am 18.09. wollten wir abends zum „come together“ der Abruzzen-Rallye südöstlich von Rom in Sulmona ankommen. Nachdem wir in Südtirol einen Tag länger als geschätzt geblieben waren, planten wir die Weiterfahrt: Autobahn Modena-Bologna-Rimini, dann an der Adria-Küste bis Catolica und weiter auf der Autobahn bis Ancona.

Vor dem Hotel habe ich nichtsahnend die Fahrertür von innen verriegelt, wodurch sie sich aber von außen nicht mehr aufschließen ließ. Das war die fünfte Panne. Ein Mechaniker, den das Hotel uns empfohlen hatte, machte sie mit einem Draht wieder auf, ohne einen Kratzer zu hinterlassen. Er lehnte strikt ab, Geld dafür zunehmen, nur ein Foto von ihm mit dem Auto wollte er haben. Hat er bekommen!

17.09.:

Wir starteten in Ancona mit einer Stadtrundfahrt, um einen Eindruck von den Stränden der Adria zu bekommen und gingen erst dann auf die Autobahn, da lief der 220er wunderschön. Wir wurden mutig und nahmen bei Chiati die Landstraße, mussten aber bald hinter einem LKW den Berg hoch zockeln. Das war dem Auto zu viel, Panne Nr.6! Wir hatten keine Chance, es an der engen Stelle zu wenden, schon gar nicht zu zweit! Also ließen wir es unter Warnung des nachfolgenden Verkehrs etwa 500 m zurücklaufen, bis wir es in eine Einfahrt auf der anderen Straßenseite rollen lassen konnten. Die ging aber leicht abwärts, so dass Carlo aussteigen und mitschieben musste, um es wieder auf die Straße zu bekommen. Als es dann vorwärts rollte, bekam er die hinten angeschlagene Fahrertür in den Rücken und wäre um ein Haar gestrauchelt. Das wäre katastrophal gewesen, weil die Türe ihn zu Boden geworfen hätte und das Auto alleine bergabwärts gerollt wäre, nicht auszumalen!

Schon geübt haben wir mit Schieben gewendet und bergab laufen lassen, da sprang der Benz wieder an. Nun nahmen wir doch wieder die Autobahn bis Sulmona, mussten aber das letzte Stück zum Hotel auf die Landstraße. Aus unerfindlichen Gründen blieb das Auto 3 km vor unserem Hotel an einer Mini-Steigung wieder stehen, das war dann die 7. Panne! Ausgerechnet wieder an einer SEHR engen Landstraßenstelle! Drehen war unmöglich, also ließen wir das Auto bis zu einer Stelle mit Seitenstreifen zurück rollen. Beim Besuch der Polizei hatten wir zum Glück schon gelbe Westen an. Auch der Motor lief wieder, aber nur, bis die Polizei weg war. Also wieder warten, das nützte aber nichts. Der Vizepräsident des Rotary-Clubs kam zufällig vorbei und versorgte und mit Wasser und einer Tel.-Nr. für „den Notfall“. Wir konnten die Blasen auch nach 1 Stunde noch im Filter sehen. Carlo hatte die Idee, die Benzinpumpe wieder auf 12 Volt zu schalten. Das half dann endlich, und wir schafften es ins Hotel!

in Teil 2 (erscheint am 15.10.2020) geht es dann auf die Rotary-Rallye „TERZO RADUNO D’ABRUZZO” 17.-20.09.2020