25 Jahre Airbag-Doppel

Stuttgart – Vor 25 Jahren führt Mercedes-Benz in der S-Klasse (Baureihe 126) den Beifahrer-Airbag als weltweit erster Hersteller in den Serienautomobilbau ein. Die Technik feiert ihre Premiere im September 1987 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main. Sie hebt das Sicherheitsnivau in Mercedes-Benz Personenwagen auf ein neues Niveau und ist damit ein weiterer konsequenter Schritt vom Wegbereiter der passiven Fahrzeugsicherheit in einer langen Reihe herausragender Innovationen.

Den weltweit ersten voll funktionsfähigen Fahrer-Airbag hat Mercedes-Benz bereits 1981 in einem Serienfahrzeug vorgestellt – ebenfalls in der S-Klasse der Baureihe 126. Das zusätzliche Rückhaltesystem (Supplemental Restraint System, SRS), bestehend aus Fahrer-Airbag und Gurtstraffer, damals noch als Gurtstrammer bezeichnet, ist als Sonderausstattung für 1525,50 DM erhältlich. Es ist das Ergebnis einer intensiven Arbeit der Konzernforschung, die Mitte der 1960er-Jahre begonnen hat. Wenn Sensoren eine Kollision feststellen, wird eine Treibladung gezündet, und der dabei entstehende Stickstoff bläht in wenigen Millisekunden einen Sack aus Spezialgewebe auf. Das so entstehende Kissen schützt den Menschen vor dem Aufprall auf dem Armaturenbrett. Während der Fahrer-Airbag im Lenkrad untergebracht ist, befindet sich der Beifahrer-Luftsack in seiner frühen Ausführung an der Stelle des Handschuhfachs. Spätere Fahrzeuge erhalten aufgrund verkleinerter und verfeinerter Airbagmodule auch wieder das Handschuhfach zurück.

Technisch folgt der 1987 präsentierte Beifahrer-Airbag dem innovativen Fahrer-Schutzsystem. Er ist ab Februar 1988 als Sonderausstattung in den Limousinen und Coupés der S-Klasse erhältlich. Bald darauf bietet Mercedes-Benz den Beifahrer-Airbag auch in der Mittelklasse-Baureihe 124 auf Wunsch an. Schon ab dem Jahr 1994 ist der Beifahrer-Airbag dann Serienausstattung in allen Mercedes-Benz Personenwagen, der Fahrer-Airbag wird bereits seit 1992 serienmäßig in allen Pkw-Typen eingesetzt. Um die Schutzwirkung durch Luftsäcke weiter zu verbessern, entwickeln die Mercedes-Benz Ingenieure in den folgenden Jahren zusätzliche Systeme wie Sidebag und Windowbag. (Nette Werbung aus der Zeit)

Forschen für die Sicherheit

Mercedes-Benz hat nicht nur die Geschichte des modernen Airbags, sondern die Entwicklung der Fahrzeugsicherheit überhaupt maßgeblich bestimmt: Dazu zählen wegweisende Innovationen wie die Sicherheitskarosserie mit gestaltfester Fahrgastzelle und Knautschzonen an Front und Heck sowie die Sicherheitslenksäule. Die Airbag-Technik erweitert das Arsenal der passiven Fahrzeugsicherheit um ein weiteres und starkes Werkzeug. Seit 1966 wird in der Konzernforschung an der Entwicklung eines Airbags gearbeitet, frühe praktische Versuche beginnen 1967.

Mercedes-Benz hat den grundsätzlichen Anspruch, die Fahrzeugsicherheit weiter zu erhöhen. Die Entwicklung des Airbags wird aber auch von Überlegungen der Vereinigten Staaten von Amerika befördert, vom Jahr 1969 an für jedes Auto ein automatisches Insassenschutzsystem vorzuschreiben. Dabei gelten Luftsäcke, die bei einem Unfall aufgeblasen werden, als vielversprechende Technik. Das entsprechende Prinzip ist schon in den 1950er-Jahren zu Patenten angemeldet worden. Wegbereiter waren hier vor allem der Deutsche Walter Linderer (Patent DE 896312 vom 6. Oktober 1951) und der Amerikaner John W. Hedrik (Patent US 2649311 vom 18. August 1953).

Doch der Weg vom Konzept zur serienreifen Technik ist steinig. Vor allem die Sensorik und die Gaserzeugung stellen die Ingenieure vor große Herausforderungen. Das zeigen die Lösungen amerikanischer Hersteller, die erste Testwagen-Flotten mit druckluftbetriebenen Airbags als Alternative zum Gurt ausstatten: Dieses Konzept führt zu schweren Verletzungen und vereinzelt sogar zu Todesfällen. Bei Mercedes-Benz gehen die Ingenieure deshalb einen anderen Weg zum „aufblasbaren Behälter in zusammengefaltetem Zustand, der sich im Falle der Gefahr automatisch aufbläst“ (so beschreibt Linderer 1951 seine Erfindung im Patenttext): Der Airbag soll die Rückhaltewirkung des Gurtes nicht ersetzen, sondern sie ergänzen. Denn eine optimale Leistung, das zeigen die Versuche, erreicht der Airbag in Kombination mit dem Sicherheitsgurt. Außerdem wird das Gas nicht unter Druck gespeichert, sondern erst im Bedarfsfall durch das Zünden einer Treibladung erzeugt.

Die Erkenntnisse der Mercedes-Benz Forschung gehen in das Patent DE 2152902 C 2 ein, das die damalige Daimler-Benz AG am 23. Oktober 1971 anmeldet. Diese Patentschrift ist ein Schlüsseldokument für die gesamte Airbag-Entwicklung bei Mercedes-Benz. Denn das Funktionsprinzip der neuen Technik ist hier bereits so ausgeführt, wie sie zehn Jahre später in der Serie umgesetzt wird: Sensoren registrieren besonders starke Verzögerungen, wie sie für Kollisionen typisch sind, und lösen den Airbagmechanismus aus. Dieser zündet eine Treibladung (damals aus Natriumazid, Kaliumnitrat und Sand), die sich bei der Explosion vor allem in gasförmigen Stickstoff sowie jeweils etwas Wasser- und Sauerstoff verwandelt.

Die Airbags für Fahrer und Beifahrer setzen sich branchenweit schnell als lebensrettende Technik durch. Da die Airbag-Module durch die kontinuierliche Arbeit der Ingenieure immer kleiner werden, können sie auch an anderen Stellen des Fahrzeugs platziert werden, um einen umfassenden Schutz auch bei seitlichen Kollisionen zu erreichen: Mercedes-Benz stellt 1993 einen Seiten-Airbag als Studie vor, 1995 kommt der Sidebag dann als Sonderausstattung zunächst in der E-Klasse auf den Markt. Weitere Innovationsschritte sind Windowbag, Head-Thorax-Seitenairbag und adaptive Airbags, die je nach prognostizierter Schwere des Aufpralls in unterschiedlichen Stufen zünden und die Fahrzeuginsassen optimal schützen.

QUELLE: DaimlerAG