- Im Dezember 1980 werden die ersten mit den innovativen Rückhaltesystemen ausgestatteten Fahrzeuge der S-Klasse (Baureihe 126) ausgeliefert
- Airbags sind elementare Bestandteile des integralen Sicherheitskonzepts von Mercedes-Benz
- Airbags und weitere Sicherheitssysteme haben viele Menschenleben gerettet
Die Vorpremiere findet im Dezember 1980 statt: Fahrerairbag und Gurtstraffer, ursprünglich noch als Gurtstrammer bezeichnet, sind die damals neuesten Sicherheitsinnovationen von Mercedes-Benz. Noch 1980 werden vor 40 Jahren die ersten wenigen Limousinen der S-Klasse (Baureihe 126) mit der neuen Technik ausgeliefert und bilden damit einen weiteren Meilenstein der passiven Fahrzeugsicherheit in einer langen Reihe herausragender Innovationen der Marke. Entwickelt wird der Airbag gemeinsam von der damaligen Daimler-Benz AG und Bosch. Im Januar und Februar 1981 laufen bereits mehr als 100 Fahrzeuge der S-Klasse mit den neuen Sicherheitssystemen vom Band. So beginnt der Siegeszug einer Rückhaltetechnik, die zügig eine herstellerübergreifende Verbreitung auf der ganzen Welt findet.
Die öffentliche Weltpremiere erfolgt vom 5. bis 15. Februar 1981 auf der Amsterdam International Motor Show. Nur einen Monat später präsentiert Mercedes-Benz den Fahrerairbag und Gurtstraffer auch auf dem Auto-Salon in Genf. Die Kombination aus beiden Systemen ist zunächst ausschließlich für die S-Klasse und die SEC-Coupés erhältlich und kostet als Sonderausstattung 1.525,50 DM.
Wirksame Initialzündung: Bereits 1982 sind Airbag und Gurtstraffer als Sonderausstattung für sämtliche Mercedes-Benz Personenwagen lieferbar. Bis zum Jahr 1992 wird der Fahrerairbag Serienausstattung in allen Modellen der Marke. 1994 kommt der Beifahrerairbag als serienmäßiges Sicherheitsmerkmal hinzu. Die Folgejahre bringen zahlreiche weitere Airbags, und schon lange sind diese schützenden Aufprallpolster an verschiedenen Fahrzeugpositionen ein fester Bestandteil des integralen Sicherheitskonzepts von Mercedes-Benz.
Aufprall mindern: Der schützende Luftsack entfaltet sich innerhalb weniger Millisekunden vor den Insassen. Sensoren erkennen besonders kräftige Verzögerungen, wie sie etwa bei einer schweren Frontalkollision auftreten, und lösen die Zündung einer Treibladung aus. Das entstehende Gasgemisch, damals hauptsächlich aus Stickstoff, bläst eine textile Hülle auf – den Airbag. Bestmöglichen Schutz bietet er in Kombination mit dem Sicherheitsgurt, beide zusammen dämpfen die Bewegung des vorschnellenden Oberkörpers.
Parallelentwicklung: Auch für den Sicherheitsgurt hat Mercedes-Benz vor vier Jahrzehnten eine Neuerung parat. Die Marke führt den Fahrerairbag Ende 1980 gemeinsam mit dem zunächst „Gurtstrammer“ genannten Rückhaltesystem für den Beifahrer ein. Aber bereits 1984 ist der Gurtstraffer, wie dieses Sicherheitsmerkmal nun bezeichnet wird, Serienausstattung für die Vordersitze aller Mercedes-Benz Personenwagen. Der Gurtstraffer reagiert auf dasselbe Sensorsignal wie der Fahrerairbag, das ebenfalls kontrollierte Pyrotechnik auslöst: Auch hier sorgt eine Treibladung binnen weniger Millisekunden dafür, dass der Automatikdreipunktgurt fester anzieht. Der in vielen Fällen vor dem Oberkörper eher locker geführte Gurt wird straffgezogen, Fahrer und Beifahrer werden enger an den Sitzflächen gehalten.
Innovationskette: In den Folgejahren geht die Entwicklung weiter: 1995 werden die Gurtstraffer mit Gurtkraftbegrenzern verbunden. 2002 ergänzen die Ingenieure den pyrotechnischen Gurtstraffer mit der Einführung des präventiven Insassenschutzsystems PRE-SAFE® um eine elektronische Variante. Diese ist reversibel im Gegensatz zum pyrotechnisch ausgelösten Gurtstraffer: Bleibt eine drohende Kollision aus, lockert sich der Gurt wieder.
Die Erfindung: Die Grundidee des Airbags geht unter anderem zurück auf den Tüftler Walter Lindner. Dieser spricht in den 1950er-Jahren allerdings von einem „aufblasbaren Behälter in zusammengefaltetem Zustand, der sich im Falle der Gefahr automatisch aufbläst“. Der Münchner meldet seine „Einrichtung zum Schutze von in Fahrzeugen befindlichen Personen gegen Verletzungen bei Zusammenstößen“ am 6. Oktober 1951 beim Deutschen Patentamt an. Lindner beschreibt das Prinzip eines Airbags bereits recht genau. Nur an der Umsetzung hapert es. Die technischen Voraussetzungen für die Sensorik fehlen ebenso wie jene für eine schnelle Gaserzeugung. So taugt gewöhnliche Pressluft zur Druckerzeugung nicht, weil das Aufblasen des Luftsacks viel zu lange dauert. Auch das elastische und somit sehr reißfeste Material für den Luftsack steht damals noch nicht zur Verfügung. Das ändert sich erst mit den Jahren. Mercedes-Benz greift die Airbagidee 1966 auf und unternimmt 1967 die ersten Versuche zur effektiven Gaserzeugung. Das entsprechende Patent zur „Aufprallschutzvorrichtung für den Insassen eines Kraftfahrzeugs“ (Patentschrift: DE 21 52 902 C2) meldet die damalige Daimler-Benz AG im Oktober 1971 an.
Steter Fortschritt: Nach rund 250 Unfallversuchen, mehr als 2.500 Tests mit dem Aufprallschlitten und Tausenden Versuchen mit einzelnen Komponenten bringen die Sicherheitsingenieure von Mercedes-Benz die Technik während der nächsten knapp fünfzehn Jahre zur Serienreife. „SRS Airbag“ – so ist es zunächst auf den Lenkrädern der entsprechend ausgestatteten Mercedes-Benz Modelle zu lesen. Das Kürzel steht für „Supplemental Restraint System“, übersetzt „zusätzliches Rückhaltesystem“. Denn es ergänzt den Sicherheitsgurt als primäres Rückhaltesystem. Die Pralltöpfe dieser Lenkräder fallen stattlich aus, denn sie enthalten noch eine große Stoffhülle: Die ersten Fahrerairbags haben im aufgeblähten Zustand ein Volumen von 60 bis 70 Litern. Analog ist die Entwicklung beim Beifahrerairbag. Als er 1987 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt/Main vorgestellt wird, nimmt er noch das komplette Handschuhfach ein.
Statistik: Den positiven Effekt einzelner Systeme und Maßnahmen auf das Unfallgeschehen zu berechnen, ist sehr schwierig. Doch Zahlen des deutschen Statistischen Bundesamts sprechen auch so eine klare Sprache: Im Jahr 1980 kommen im gesamten deutschen Straßenverkehr (Bundesrepublik und DDR) noch 15.050 Menschen ums Leben, 6.915 von ihnen sind Pkw-Insassen. Für das Jahr 2000 lauten die entsprechenden Vergleichszahlen 7.503 und 4.396 Menschen. Noch einmal fast zwanzig Jahre später: Das Jahr 2019 fordert in Deutschland 3.046 Verkehrstote, 1.346 davon verunglücken in einem Personenwagen. Da die Menge der Fahrzeuge auf den Straßen parallel zunimmt, erscheinen diese Zahlen besonders eindrucksvoll im Vergleich zu den Verkehrstoten, hochgerechnet auf jeweils 10.000 Fahrzeuge. Dieser Wert liegt 1980 bei 4,5, im Jahr 2000 bei 1,4 und sinkt 2019 auf 0,5.
Geringeres Volumen, höhere Sicherheit: Ohne Abstriche bei der Sicherheit werden die Komponenten des Airbags mit den Jahren immer kleiner. Das ist auch eine entscheidende Voraussetzung, um den Luftsack an anderen Stellen als im Lenkrad oder Handschuhfach unterzubringen. Dieses Ziel verfolgen die Entwickler, weil der durch die ersten Airbags abgemilderte Frontalunfall nur eines von zahlreichen Unfallszenarien darstellt. 1995 hält der Seitenairbag Einzug in die E-Klasse der Baureihe 210, der Windowbag ergänzt das umfassende Schutzsystem von 1998 an, es folgen 2001 der Head-Thorax-Seitenairbag, 2009 der Kneebag und 2013 der Thorax-Pelvis-Sidebag, der Cushionbag und der besonders kleine Beltbag, ein aufblasbares Gurtband. Die Gasgeneratoren sogenannter adaptiver Airbags zünden in der 2005 neu vorgestellten S-Klasse der Baureihe 221 je nach Unfallschwere in zwei Stufen. Die 2020 vorgestellte S-Klasse der Baureihe 223 erhält weitere Airbags. So feiern beispielsweise die Fondairbags ihre Weltpremiere. Sie nutzen 40 Jahre nach Einführung des Fahrerairbags ein komplett neues Füllkonzept mit einer Röhrenstruktur, um erstmals Frontalairbags für die beiden äußeren Rücksitzplätze anbieten zu können. Bei schweren Frontalkollisionen können sie für die angeschnallten dort sitzenden Passagiere die Belastungswerte auf Kopf und Nacken deutlich reduzieren.