MBMC: Mercedes-Knight 16/45 PS (1920)

Mercedes-Knight 16/45 PS (1920) – mit Kardanantrieb. Chassis-Nr.: 20190 Kommissions-Nr.: 25939 Motor-Nr.: 53505

Diesen Monat präsentiert Ilario einen Mercedes-Knight 16/45 aus dem Jahr 1920. Es handelt sich um ein exquisites Modell im Maßstab 1:43 des vielleicht nicht größten und imposantesten Mercedes jener Jahre, aber eines einzigartigen Autos, das zwischen 1911 und 1924 mit einem einzigartigen Motor hergestellt wurde: dem „Knight“-Motor, einem Verbrennungsmotor, der von – Sie haben es erraten – einem Mr. Knight erfunden wurde.

Der Knight-Motor wurde in der Tat von dem aus Indiana stammenden Charles Yale Knight (1868-1940)  entwickelt, seine Besonderheit besteht darin, dass er mit Hülsenschiebern anstelle der sonst üblichen Tellerventilkonstruktion arbeitet.

Bis 1905 hatte dieser Zeitungsmann ohne jeglichem Ingenieursdiplom ein Patent angemeldet, das sich schnell zu einem der erfolgreichsten Motoren der Welt entwickeln sollte. Obwohl der Knight-Motor in den USA entstand und dort in großen Stückzahlen hergestellt wurde, war er in Europa äußerst erfolgreich und wurde dort länger produziert. Knight-Lizenzen wurden in mindestens acht Ländern erteilt, und Knight-Motoren wurden von etwa dreißig Firmen gebaut. Französische Firmen entwickelten den Knight-Motor intensiver als jede andere Nation und behielten ihn am längsten in ihrer Serienproduktion: Peugeot, Panhard-Levassor, Voisin und Mors boten ihn bis 1940 an, letztere zwei vor allem in ihren Luxusmodellen.

Was Mercedes betrifft, so erwarb die DMG bereits 1909 eine 10-Jahres-Lizenz und stellte auf dem „Salon de l’Automobile 1910“ in Paris einen Vorserien-Prototyp ihres mit einem Knight-Motor, einem Vierliter-Vierzylinder-Mercedes 16/40 PS, angetriebenen Autos vor. Die Serienproduktion des Modells begann Anfang 1911, und der Wagen, der mit verbessertem Motor in 16/45 PS umbenannt wurde, blieb bis 1924 im Programm. Dieser 16/45 PS, aus dem im Laufe der Zeit der 16/50 PS wurde, erwies sich in der Tat als ein kommerzieller Erfolg, von dem zwischen 1911 und 1924 um die 5800 Einheiten hergestellt und verkauft wurden. Er bot eine ruhige, lautlose und bequeme Fahrt mit angemessener Geschwindigkeit (bis zu 80 km/h) und war ein Auto, mit dem man stilvoll an sein Ziel kam. Könige, Geschäftsleute und Künstler u.v.a. schätzten seine Eigenschaften. Zu einem Zeitpunkt waren 80 % der Autos in der königlichen Garage von Kaiser Wilhelm II. Mercedes-Knights. Er stand auch in der Garage seines Cousins Zar Nikolaus II.; der Komponist Rachmaninow fuhr einen, usw.

Wie funktioniert ein ventilloser Hülsenschieber „Knight-Motor“? Vor- und Nachteile.

„Um es technisch genau auszudrücken: Bei ventillosen Motoren jeglicher Art erfolgt die Ventilsteuerung desmodromisch. Dieses Zauberwort sagt schon alles. Es bedeutet u. a., daß die Ventilsteuerung bei allen
Drehzahlen gleichbleibt, daß das Gewicht der beweglichen Teile und die Größenordnung dieser Bewegung nicht mehr die gleiche Bedeutung haben (und in sehr weiten Grenzen zunehmen können). Unter „ästhetischen“ Gesichtspunkten sind also alle typischen Erschütterungen völlig verschwunden. Dies gilt umso mehr, als die Stirnräder für die Verteilersteuerung entfallen. Aus mechanischer Sicht ist die Effizienz sehr hoch, was auf die unveränderliche Einstellung der Ventilsteuerung und vor allem auf die Möglichkeit zurückzuführen ist, den Gasen Austrittsöffnungen beliebiger Größe zu geben. Und schließlich das einfache und saubere Aussehen des Motors, kaum Wartung und keine Ölspritzer!

Allerdings ist die Konstruktion eines ventillosen Hülsenschieber-Motors schwieriger und daher teurer als die eines Ventilmotors. Schiebermotoren sind nur mit hohem konstruktivem und technischem Aufwand zu fertigen und ihr Betrieb stellt hohe Ansprüche an die regelmäßige Wartung. Die Schmierung z.B. muss mit äußerster Sorgfalt erfolgen. [Diese Motoren verbrauchten alle 450 (720 km) bis zu einer Imperialen Gallone (4, 50 l) Öl, da
Öl zur Schmierung der Hülsen benötigt wurde, insbesondere bei kaltem Motor. Für damalige Verhältnisse wurden sie jedoch als sehr wartungsarm empfunden].

Die äußere Einfachheit wird mit einer größeren inneren Komplexität erkauft: Es ist leicht einzusehen, dass eine einzige exzentrisch angetriebene Hülse bzw. Schublade für die Verteilung eines Viertaktmotors nicht ausreicht. Man braucht entweder zwei getrennte „Schubladen“, wie beim „Knight“, oder ein spezielles kinematisches
Steuersystem [dessen Beschreibung für die Zwecke dieses Artikels nicht von Belang ist].

Schließlich führt der kleinste Unfall dazu, dass der Motor stehen bleibt, und ins Werk zurückgeschickt werden muss. Solche Unfälle waren übrigens sehr selten, aber ängstliche Gemüter machten sich viel Sorgen darüber.“

Der gesamte Text, durch den Sie sich soeben durchgearbeitet haben, lieber Leser, ist ein Auszug aus einem Beitrag über die Vor- und Nachteile des „Knight“-Motors, der 1910 in der französischen Zeitschrift „La vie au grand air“ veröffentlicht wurde, und den wir mit freundlicher Genehmigung der „BnF“, der „Bibliothèque Nationale de France“, erhalten haben.

Im Jahr 1910 gab es noch andere Einwände. So heißt es weiter in dem Artikel aus der französischen „La vie au grand air“: „Einer der Haupteinwände gegen den ventillosen Motor ist seine Anfälligkeit. Würde der „ventillose“ Motor so lange halten wie unsere alten Ventilmotoren? Wird man ihn in seinem zehnten oder fünfzehnten Lebensjahr noch laufen sehen, so wie man alte Phönixe oder alte de Dion-Motoren laufen sieht? Das ist eine Frage, die wir erst in acht oder zehn Jahren beantworten können. Sicher ist jedoch, dass der Knight den Dewar Cup in England gewonnen hat. Dieser Cup besteht, wie wir uns erinnern, aus einem Test von 132 [*] aufeinanderfolgenden Stunden auf dem Prüfstand, nach dem der Motor wieder in ein Fahrgestell eingebaut wird und Tausende von Kilometern auf der Straße unter versiegelter Motorhaube zurücklegen muss. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes, aber schließlich sind das ja keine Betriebsjahre.

Wie mein Kollege Charles Faroux, [(1872-1957) französischer Motorsportfunktionär, Rennleiter der „24 Stunden von Le Mans“ von 1923 bis 1956] würde ich den Knight dafür tadeln, dass er noch keinen Geschwindigkeitstest unternommen hat. Die Geschwindigkeit ist das einzig wahre Kriterium, und es wäre wünschenswert, dass ein „Valveless“ sich dieser Aufgabe stellen täte, auch wenn er dabei geschlagen würde.“

Nun, diese Sorgen wurden durch eine bemerkenswerte Leistung zerstreut, nämlich die Teilnahme des belgischen
Mercedes-Vertreters Theodor Pilette am „3. Indianapolis 500-Rennen“ am 30. Mai 1913. Sein 16/45 PS starker
Mercedes-Knight [Typ:KN1034] hatte den kleinsten Hubraum aller gestarteten Wagen und schaffte es gerade mal so, sich zu qualifizieren. Dennoch beendete Pilette das Rennen nach sieben Stunden und 19 Minuten auf dem
fünften Platz, wobei er nur einen einzigen Boxenstopp für einen Reifenwechsel einlegte. Der Kraftstoffverbrauch lag übrigens bei erstaunlich niedrigen 11,8 l/100 km (bzw. 20 mpg).

Obwohl die Knight-Motoren im Bereich von 500 bis 1500 Umdrehungen pro Minute eine höhere Leistung als herkömmliche ventilgesteuerte Motoren gleicher Größe entwickelten, lag die absolute Höchstdrehzahl bei etwa 1750 Umdrehungen pro Minute, was die Fahrzeuge auf eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 80 km/h begrenzte.
Unbestrittene Vorzüge des Systems waren jedoch seine für die damalige Zeit, gute Leistungsentfaltung im unteren Drehzahlbereich sowie außergewöhnliche Laufruhe und Raffinesse, die den 16/45 PS starken Mercedes-Knight auszeichneten. Darin waren sie gleich großen ventilgesteuerten Motoren überlegen.

Viele DMG-Kunden, die diese Qualitäten der reinen Geschwindigkeit vorzogen, wurden zu überzeugten Knight-Anhängern, was zu der erwähnten 14-jährigen Produktionszeit und der beeindruckenden Zahl von circa 55800 gebauten vier -Liter-Mercedes-Knight führte.

[*] In der anschließenden Reklame spricht Daimler allerdings von 137 Stunden.

Der Mercedes-Knight 16/45 PS (1920) “mit Kardanantrieb“ Kommissions-Nr.: 25939 – Fahrgestell-Nr: 20190 – Motor-Nr.: 53505

Der Mercedes-Knight 16/45 wurde von der „Husum Motors Corporation“ in New York bei der Daimler Motoren Gesellschaft in Stuttgart bestellt, und der Wagen wurde am 8. Juli 1922 auf einen Frachter mit Ziel New York, verladen.

In der Bestellung hieß es unter anderem, dass keine Räder mit dem Wagen geliefert werden sollten, sondern „nur Radnaben für Speichenräder“. Irgendwann im Jahre 1924 erwarb der aus New York stammende Maler und Illustrator Peter Helck den Wagen. Wahrscheinlich war er der Erstbesitzer, der den 16/45 Mercedes-Knight auch für lange Jahre behielt. Am 1. April. 1987 wurde er von der Familie Helck an John C. Worth II aus Easton (Maryland) verkauft. Im Jahr 1990 befindet sich der Wagen in London und wird von dem bekannten Charles Howard verkauft.

Über einen deutschen Händler wurde der zu diesem Zeitpunkt in Ungarn befindliche Wagen schließlich 2010 von einem deutschen Sammler gekauft und ist bis heute einer seiner wertvollsten Besitztümer.

Von den 1920er bis zu den 1940er Jahren war Peter Helck als Zeitschriftenillustrator und Werbegrafiker sehr erfolgreich. Seine Aufträge betrafen häufig Industrieszenen oder Autos, Lastwagen und Lokomotiven. 1941 erwarb Helck den berühmten „Locomobile Old 16“-Rennwagen, der 1908 den Vanderbilt Cup gewonnen
hatte. (Nach seinem Tode verkaufte sein Sohn Jerry diesen Wagen an das Henry-Ford-Museum, in Dearborn, Michigan.)

In dieser Zeit malte er auch Bilder von berühmten Autorennen – seit seiner Kindheit war er ein begeisterter Fan
dieses Sports. Im Jahr 1944 malte er eine Serie von acht Bildern für die Zeitschrift „Esquire“, in denen er die Faszination und Atmosphäre von Autorennen aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nachstellte, als Automobile nicht nur ein Transportmittel waren, sondern das „Tor zu glorreichen Abenteuern und Sport“. Diese Bilder trugen wesentlich dazu bei, das Interesse am Hobby der alten Autos nicht nur bei den Abonnenten von „Esquire“, sondern auch in der breiten Bevölkerung zu fördern.

In späteren Jahren widmete er sich mehr und mehr der Kunstmalerei, und schuf Gemälde im Stile des amerikanischen Realismus. Helck wurde 1947 von der „National Academy of Design“ zum Mitglied gewählt, in Anerkennung seiner beständigen und enthusiastischen Beiträge zur amerikanischen Kunst. Seine Bilder befinden sich in vielen privaten Sammlungen und Museen, darunter das „Metropolitan Museum of Art“ in New York, das „Philadelphia Museum of Art“ und die „Congressional Library“ in Washington.

Das Modell

Ilario bringt uns ein wunderschönes 1:43 Modell dieses 16/45PS Mercedes-Knight, oder genauer gesagt Mercedes 16/45 PS mit Knight-Motor, aus dem Jahr 1920.

Dank der Unterstützung durch den jetzigen Besitzer dieses Wagens war Ilario in der Lage, ein perfektes 1:43 Modell des Tourers zu schaffen. Das ist kein leeres Versprechen: ich glaube aufrichtig, dass Ilario sich einmal mehr selbst übertroffen hat. Wenn der jetzige Besitzer dieses 16/45PS Mercedes-Knight von der unglaublichen Detaillierung und  Nachbildung von Details seines eigenen Wagens in 1:43 schwärmt, dann bedeutet das schon eine Menge!

Ich war beeindruckt von der Aufmerksamkeit, die einem bestimmten Element gewidmet wurde, das von anderen
Modellbauern leicht vergessen oder weggelassen worden wäre, nämlich der Hupe. Ilario hat sich die Mühe gemacht, alle Details der gesamten Hupenanlage im Maßstab 1:43 nachzubilden. Angefangen von der Innenseite des Wagens mit dem „Bestätigungsmechanismus“ (d.h. Gummibirne) gleich rechts neben dem Lenkrad, setzt  sich die Hupenkonstruktion mit einem Flexrohr fort, und endet unterhalb des Armaturenbretts in einem  spiralförmig gebogenen Metallrohr, das durch die Außenwand geht und mit dem Schalltrichter verbunden ist, der sich diskret zwischen der Feuerwand und dem Reserverad befindet. So geht es weiter, bis hin zu den winzigen, quasi mikroskopischen Schlössern des Koffers, der auf der  Gepäckablage am Heck des Wagens liegt. Auch der Richtungsanzeiger ist, einwandfrei nachgebildet, vorhanden!

Aber, um die zweifache Nobelpreisträgerin Marie Curie zu zitieren: „Hab keine Angst vor der Perfektion, du wirst sie nie erreichen.“

Leider ist das auch hier der Fall. Es gibt da einen Fehler, Schnitzer wäre eigentlich besser ausgedrückt. Nicht bei dem Modell selbst. Nein, dort nicht, aber auf dem kleinen Etikett auf dem Sockel, dass das Modell kennzeichnet.
Anstatt das Auto als „Mercedes-Knight“ zu bezeichnen, steht dort einfach: „M-Knight“. Autsch!! Echte Mercedes-Sammler werden es einfach mit einem Schulterzucken abtun, aber hoffentlich werden die Händler klug genug sein, das Modell nicht automatisch als „M-Knight“ anzubieten und zu verkaufen!

Das Modell selbst ist ausgesprochen schön, und das ist schließlich alles, was zählt. Objektiv gesehen ist es auf jeden Fall gleichwertig mit den EMC-Modellen. Es ist in einer offenen und einer geschlossenen Version  erhältlich, und kann bei Ilario bestellt werden, entweder über seine Website www.ilario.com oder per E-Mail: contact@ilario.com .