Der Mercedes-Benz 770 (W150) Aufbau Sodomka
Autocult hat für Masterpiece das 1:43-Modell des Mercedes-Benz 770 (W150) von 1939 mit einer Karosserie von Sodomka (ČZ) produziert. Wieder einmal hat Autocult damit ein wahres Meisterwerk geschaffen!
Ursprünglich wurde der Mercedes in der Tschechoslowakei als Kriegsbeute zurückgelassen, doch er wurde schnell wieder in Dienst gestellt. Am 1. Mai 1948, während der großen Militärparade, fuhr der damalige Verteidigungsminister (und spätere erste kommunistische Präsident) Klement Gottwald in guter kommunistischer
Tradition in seinem Mercedes 770 stehend und salutierend an der Front der aufgereihten Soldaten entlang.
Als Gottwald dann Präsident der neu gegründeten „Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik“ wurde, stieg sein Schwiegersohn Alexey Čepička, ein obskurer, aber ehrgeiziger Anwalt, der vor seiner Heirat mit Marta Gottwald, der Tochter von Klement und Marta Gottwald, ein bloßer Mitläufer in der kommunistischen Partei war, plötzlich in der Hierarchie der Partei auf. 1946 ins Parlament gewählt, wurde er 1947 zum Minister für Binnenhandel ernannt. Nach der kommunistischen Machtübernahme wurde er 1948 Justizminister, zuständig für die Verfolgung politischer Gegner, und 1950 wurde er zum Leiter der Staatskommission ernannt, die sich mit der Unterdrückung jeglicher Anzeichen von Widerstand seitens der Kirchen, insbesondere der katholischen Kirche, befasste.
In der Zeit von 1950 bis 56 war General Čepička Verteidigungsminister. Dem Historiker Karel Kaplan zufolge wurde Čepička von Joseph Stalin persönlich beauftragt, die tschechoslowakische Armee zu verstärken und auf den Einmarsch in westeuropäische Gebiete vorzubereiten. Möglicherweise bereitete er sich auf eine Invasion in Westeuropa vor, doch wie so oft bei Tyrannen, liebte er das gute Leben, das die Macht mit sich bringt.
Er ließ seinen Dienstwagen, den Mercedes 770, (es ist nicht ganz klar, ob es 1948 oder 1950 war) zu dem berühmten Karosseriebauer Jozef Sodomka schicken. Dort erhielt der Wagen eine modernere Karosserie, die dem Zeitgeschmack entsprach, wobei viele Originalteile des Wagens wiederverwendet wurden. Nach seiner Fertigstellung sah er zwar nicht mehr wie ein Mercedes-Benz 770 aus dem gehassten kapitalistischen Westen aus, dennoch bot er den ganzen Luxus dieses Wagens…
Tatsächlich waren alle Spuren des Mercedes-Sterns, sei es auf der Motorhaube, auf den Radabdeckungen oder auf dem Armaturenbrett, sorgfältig entfernt worden. Auf den Instrumenten waren sogar die Mercedes-Sterne durch filigrane fünfzackige Sterne ersetzt worden.
Als nächstes sehen wir den neu umgebauten Wagen bei der Militärparade am 1. Mai 1952, mit einem roten Stern in der Mitte des Kühlergrills.
Der Stern von General Čepička hingegen begann 1953 nach dem Tod seines Schwiegervaters und dem Tod von Josef Stalin in Moskau schnell zu verblassen. Zum Sündenbock für den Personenkult um Gottwald gemacht, wurde er 1956 aus allen Funktionen entlassen, und zum Leiter des staatlichen Patentamtes „befördert“. Nachdem er 1959 einen Herzinfarkt erlitt, trat er in den Ruhestand. Schließlich wurde Čepička 1963 wegen seiner Rolle in den 1950er Jahren aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. In völliger Vergessenheit geraten, starb er 1990 im Alter von 80 Jahren in der Kleinstadt Dobříš, 40 km südlich von Prag gelegen.
Der Mercedes-Paradewagen setzte jedoch seine Karriere fort, und wurde als Staatswagen für besuchende Präsidenten, Würdenträger, und internationale Machthaber eingesetzt, unter anderem auch Nikita Chrustschow 1964.
Heute ist der Mercedes 770 (W150) mit Aufbau von Sodomka im Nationalen Technischen Museum in Prag zu sehen, direkt unter der Nase eines tschechischen Jettrainers vom Typ Aero L39…
Kleiner Nachtrag: Obwohl der Mercedes 770 mit Sodomka Aufbau manchmal als der präsidiale Staatswagen von Klement Gottwald bezeichnet wird, war Gottwald’s offizieller Wagen ein Škoda VOS.
Tatsächlich wurden 100 dieser Wagen hergestellt, und kamen 1950 zum Einsatz. Einer, für den Präsidenten, war gepanzert, die anderen nicht. Bilder, die Gottwald bei irgendeiner Parade mit diesem Škoda VOS zeigen, gibt es reichlich.
Für den technisch interessierten Leser sei erwähnt, dass das Fahrgestell von AZNP (Škoda), der Aufbau vom ab 1950 verstaatlichtem Sodomka, nun “Karosa“ genanntem Karosseriewerk, der Motor (6 Zyl, Typ N4TA) von den Praga-Werken, und das Interieur von Tatra stammte. Das Ganze wurde von Škoda im Werk Mlada Boleslav zusammengebaut. VOS steht übrigens für: „Vládní Obrněný Speciál“, bzw:“Regierung-Gepanzert-Spezial“. Besagter Wagen steht heute im ŠkodaMuseum in Mlada Boleslav.
In der Nähe (in Vratislavice) befindet sich ebenfalls das Ferdinand Porsche Geburtshaus.