Autocult hat gerade sein neuestes 1:43-Modell herausgebracht, eine andere Version des berühmten Schlör-Wagens, der die Form eines Flugzeugflügelquerschnitts hat und mit einem Mercedes 170H-Motor ausgestattet ist. Diesmal stellt das Modell die Testwagenausführung von 1942 dar, d.h. dass dem Wagen ein russischer 130 PS starker 5-Zylinder-Sternmotor vom Typ M-11 (Kriegsbeute) am Heck aufmontiert wurde.
Wie der Präsentationstext des Modells von Autocult feststellt, kann man sich angesichts der Gewichtsverteilung zwischen Fahrzeugvorderteil und -heck tatsächlich fragen, ob das Auto jemals erfolgreich von diesem Flugzeugmotor angetrieben wurde!
Sehr zur Freude für Autocult, aber nicht so sehr für uns Sammler, war das Modell innerhalb eines einzigen Tages bei Autocult ab Werk ausverkauft!!! Wer noch nicht sein eigenes Modell hat, sollte sich zu seinem Händler beeilen, in der Hoffnung, dass er noch einen übrig hat!
Und hier nun von Autocult der Text zum historischen Hintergrund des Modells: “Karl Schlör montierte mitten im Zweiten Weltkrieg eine exorbitante Turbine an seinen Versuchswagen. War sein Wagen ohne angebauten Propeller mit dem 38 PS Serienmotor des Mercedes-Benz 170 H knapp 135 Km/h schnell, so mag es auch heutzutage kaum vorstellbar sein, welches Tempo das Auto mit den zusatzlichen 130 PS der Turbine erreicht hatte oder gar hatte!
Vermutlich ist Karl Schlör zumindest einmal mit der Zusatzleistung des erbeuteten russischen Triebwerks gefahren, doch bis in unsere Tage hat hierzu keine Aufzeichnung überlebt. Falls eine Fahrt jemals stattfand, so dürfte sie bei voller Kraftentfaltung des Zusatzantriebes den aerodynamisch durchaus sehr ausgefeilten Wagen doch sehr stark an seine mechanischen Grenzen gebracht haben — zumal auch die Hecklastigkeit durch den schweren Anbau die Vorderpartie stark entlastete und sich dies auf die Fahreigenschaften äußerst negativ auswirkte. Ob sich das Fahrzeug überhaupt noch bei Geschwindigkeit jenseits von 160 km/h oder vielleicht sogar noch schneller, beherrschen ließ, sei dahingestellt. Aus dieser Überlegung heraus bleibt ungesichert, was genau Karl Schlör mit dem Anbau des voluminösen Propellers erreichen wollte.
Der 1911 geborene Ing. Karl Schlör von Westhofen-Dirmstein orientierte sich beim Bau seines Versuchswagens an Flügelkonstruktionen von Flugzeugen. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre formte der blaublütige Adlige seine Karosserie aus Aluminium über die Bodengruppe eines Mercedes-Benz 170 H. Sein damit vorgelegter Beweis, dass seine stromlinienförmige Tropfenform einen durchschnittlich 30-prozentig geringeren Benzinverbrauch als ein käuflicher Mercedes 170 H erreichte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sein Ei keinesfalls auf Gegenliebe stieß. Die Reaktion, die der damals 28jährige Ingenieur für sein Fahrzeug erhielt, enttäuschte ihn sehr. Betrachter attestierten dem Wagen, dass er ,,hässlich“ sei oder einfach ,,kein schönes Aussehen“ besaß. Trotzdem, dass zu dieser Zeit Diskussionen zum Thema Stromlinie durch die Autos und Forschungen von Wunibald Kamm oder Paul Jaray auch schon einer breiten Masse von Autointeressierten bekannt gewesen waren, konnte Karl Schlör mit seinem Wagen keine Akzeptanz erringen.“
Zusätzliche Anmerkungen: Fahrzeuge mit Propeller anzutreiben war bereits ganz am Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts der Traum von Tüftlern weltweit: zwischen 1912 und 1932 fanden vor allem in Frankreich und in Russland diesbezugliche zahlreiche Versuche statt.
Im Jahr 1915 ließ die britische Admiralität ein gepanzertes Fahrzeug mit einem Flugzeugmotor als Antrieb ausstatten.
Prototypen wurden gebaut, wie z.B. der russische „Aerosani“ von 1922.
Eine französische Werkstatt fertigte und verkaufte sogar von 1913 bis 1926 eine kleine Serie von 23 bzw. 30 solcher Autos, den „Helica“, erhältlich als offener oder geschlossene Ausführung.
Ein weiterer französischer Prototyp war der 1932 „Helicron“, der heute im Jeff Lane Motor Museum in Nashville, TN, aufbewahrt wird.
Ein amerikanischer Mechaniker aus Georgia baute ebenfalls einen eigenen, wie in einer lokalen Zeitung berichtet wurde.
Im Jahr 1938 installierte Maybach einen Flugzeugmotor an einen seiner Spohn-karossierten Luxuswagen. Der 7-Zylinder-Radialmotor hatte sogar Verstellpropeller!
Später in den fünfziger Jahren wurden einige Testwagen wie z.B. der 1953 „Aerocar“ in Argentinien hergestellt, von dem man sich sogar eine Vermarktung in den USA versprach.
Ein kleines Übel des „Aerocar“ war, dass Herrenhüte von den Köpfen und Frauenröcke in die Luft flogen. Ein wesentlich größeres Problem war, dass das Auto mit seinem ungeschützten Propeller leicht zur Lebensgefahr für Mensch und Tier werden konnte. Ein Kritiker bezeichnete damals den Wagen als: „das Auto, das Menschen mulchen könnte“ …
Und der Traum ist noch nicht ausgeträumt: letztlich wurde 1985 ein ganz modernes Propeller angetriebenes Fahrzeug in den USA gebaut, und 2008 über eBay für 10000 USD verkauft.
Mitte der 1950er und Anfang der 1960er Jahre wurden auch in der ehemaligen Sowjetunion einige Experimente mit an Autos angeflanschte Sternmotoren aus Flugzeugen durchgeführt. Sie waren auf einigen GAZ-M20-“Pobeda“-Wagen montiert, diese saßen auf festen Skiern und waren fahrbereit für die weiten und weißen Flächen Sibiriens!
Es gab von der zweiten, leicht verbesserten Ausführung dieses Wagens /Schneemobil auch ein 1:43 Modell von Kherson Modelle (Ukraine).
Anbei ein paar weitere Bilder und ein Film zum Thema, beigesteuert von unserem Stammleser Martin Schröder:
NOCH NICHT VERGRIFFEN, aber auch ohne Propeller: Der Mercedes-Benz 540K Cabriolet A (offen), Baujahr 1940. Limitiert auf 60 Stck. Preis: ugf. USD 400 bis 450 (+ Versand-kosten).