Mit der Oldtimer-Bewertung nach „System GTÜ“ bringt die Gesellschaft für Technische Überwachung eine völlig neue Produktfamilie im nichtamtlichen Bereich auf den Markt, die die Stuttgarter Prüf- und Sachverständigenorganisation auf der „Retro Classics“ der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Zum Start bietet die GTÜ allen Oldtimer-Besitzern zwei Produkte an: ein sogenanntes Kurzgutachten, das hauptsächlich zur Versicherungseinstufung für den gewöhnlichen Kaskofall dient, sowie ein detailliertes GTÜ-Wertgutachten für Kauf oder Verkauf, Schadenfall oder Restaurierungsbegleitung.
Beim Kurzgutachten nach „System GTÜ“ nimmt der auf Oldtimer spezialisierte Sachverständige eine Identifikation des Fahrzeugs vor. Danach folgt eine äußere Inaugenscheinnahme des Komplettfahrzeugs mit Messung der Lackschichtdicke sowie die Begutachtung von Unterboden, Achsen und Bremsanlage. Eine Funktionskontrolle im Stand sowie eine kurze Rangierfahrt runden das Kurzgutachten ab. Die Kosten für das Kurzgutachten belaufen sich auf ca. 150 Euro.
Beim detaillierten Wertgutachten nach „System GTÜ“ werden die Punkte des Kurzgutachtens durch eine ausführliche Sicht- und Funktionsprüfung aller Fahrzeugbaugruppen (Fahrwerk, Lenkung, Karosserie, Bodengruppe, Licht/Elektrik, Motor/Antrieb und Abgasanlage), einer Beschreibung der Fahrzeug- und Markengeschichte gemäß den Angaben des Auftraggebers zu Historie und Identität sowie durch eine aussagekräftige Probefahrt ergänzt. Eine umfangreiche Fotodokumentation rundet das detaillierte Gutachten ab. Das GTÜ-Wertgutachten beinhaltet grundsätzlich sowohl den Markt- als auch den Wiederbeschaffungswert des begutachteten Fahrzeugs. Dieses bietet der GTÜ ab 300 Euro an.
Versicherer differenzieren bei den Fahrzeugwerten nach der Art des Versicherungsfalls. Im gewöhnlichen Kaskofall ist der Marktwert des Oldtimers entscheidend. Der Wiederbeschaffungswert wird hingegen bei Haftpflichtschäden wirksam. In diesem Fall muss ein detailliertes Wertgutachten vorgelegt werden. Die meisten Versicherer verlangen detaillierte Wertgutachten ab einem Fahrzeugwert von 40.000 Euro.
Nach Einschätzung der Oldtimer-Verbände sind Wertgutachten grundsätzlich die bessere Wahl. DEUVET-Vizepräsident und Experte für Verkehrsrecht Dr. Götz Knoop rät deshalb aus langjähriger Praxiserfahrung generell zu einem detaillierten Oldtimer-Gutachten mit regelmäßiger Aktualisierung. „Damit fällt es dem Versicherer im Schadenfall sehr viel schwerer, das Gutachten anzugreifen. Der Versicherer muss konkret vortragen, an welcher Stelle er aus welchem Grund das Gutachten für falsch hält“, so DEUVET-Vize Knoop.
Je nach Versicherungsbedingungen, die dem Vertrag zugrunde liegen, besteht die Gefahr der klassischen Unterversicherung. In der Praxis heißt dies: Ist der Oldtimer zum Beispiel 100.000 Euro wert und nur mit 75.000 Euro versichert, wird die Ersatzleistung des Versicherers bereits bei einem Teilschaden um 25 Prozent gekürzt – abzüglich der Selbstbeteiligung. Schlimmstenfalls – bei einem Diebstahl oder Totalschaden – bleibt der Versicherungsnehmer in diesem Beispiel auf einem Schaden von über 25.000 Euro sitzen. „Aus diesem Grund empfehlen auch wir Assekuranzen ein detailliertes Wertgutachten und eine Versicherung zum Wiederbeschaffungswert“, sagt Ralf Stumpfernagel von der Mannheimer Versicherung Belmot.
Der GTÜ-Oldtimer-Experte begutachtet und ermittelt für das vorgestellte Fahrzeug eine Zustandsnote. Durch den GTÜ-Oldtimer-Service wird dem Sachverständigen eine Marktwertanalyse mit Vergleichspreisen von Referenzfahrzeugen zur Verfügung gestellt. Unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des konkret besichtigten Fahrzeugs und des aktuellen Marktumfelds ermittelt der Sachverständige anhand der Marktwertanalyse und der von ihm vergebenen Zustandsnote den Marktwert und den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs.
Die vom unabhängigen Sachverständigen ermittelten Punkte wie Zustand (technisch, optisch), Originalität (Baugruppen, Lack) und Echtheit (Motor- und Fahrgestellnummer, Fahrzeugpapiere), ergeben in ihrer Summe ein objektives Ergebnis für das Gutachten. Bei der Recherche zur Historie eines Fahrzeugs besitzt die GTÜ mit ihrem Oldtimer-Service ein Alleinstellungsmerkmal, da nahezu alle bekannten Test- und Fahrzeugberichte bis zurück in die Vorkriegszeit recherchierbar und abrufbar sind.
Ein wesentliches Kriterium für die Bewertung eines klassischen Fahrzeugs ist der Pflege- und Erhaltungszustand. In Deutschland haben sich hier sogenannte Erhaltungs- oder Zustandsnoten herausgebildet, die in fünf Stufen von „Note 1: Makelloser Zustand“ bis „Note 5: Restaurationsbedürftig, nicht fahrbereit, fehlende Teile“ reichen.
Für den abschließenden Part der Wertermittlung stehen dem Oldtimer-Experten die GTÜ-Marktwertanalysen zur Verfügung. Diese werden von der GTÜ ermittelt und basieren neben den deutschen Marktbeobachtungen besonders auf vergleichenden Analysen und internationalen Quellen. Die Erhebung der Marktbewegungen erfolgt über die Verkaufsmeldungen des Handels, das Angebot im gewerblichen und privaten Fahrzeugmarkt sowie internationale Auktionsergebnissen.
Bei der Auswertung kommen moderne Analyseinstrumente zum Einsatz. Die so ermittelten Marktwerte und beispielhaften Auktionsergebnisse werden dem Oldtimer-Experten in Form der GTÜ-Marktwertanalyse zur Verfügung gestellt. Letztendlich ist es aber die Aufgabe des GTÜ-Oldtimer-Experten, auf der Grundlage des tatsächlich inspizierten Fahrzeuges den Wert zu ermitteln.