In der Frühzeit des Automobils waren Türen noch Luxus bzw. erst gar nicht vorhanden. Erst mit dem Aufkommen der geschlossenen Fahrzeuge sollte sich dies ändern. Die Hersteller verfolgten dabei verschiedene Philosophien. Manche brachten die Türscharniere vorn an, manche hinten. Einzige Ausnahme war der 300 SL mit seinen legendären Flügeltüren, welche angeblich auf ein englisches Patent von 1937 zurückgehen sollen.
Die hinten angeschlagenen Türen erwiesen sich aber leider als Problembereich, denn beim Öffnen war man immer der Aufmerksamkeit der herannahenden Fahrzeuge ausgeliefert. Bei einem Crash wurde die hinten angeschlagene Tür so einfach wieder zugeschlagen und Arme, Beine oder sogar Köpfe eines im Aussteigen begriffenen Fahrers schwer verletzt oder gar abgeschert.
Aus diesem Grunde hat der deutsche Verordnungsgeber für Fahrzeuge, die ab dem 01.07.1963 erstmals in den Verkehr kamen, eine neue Vorschrift eingeführt. Ab diesem Zeitpunkt sollten alle neuen Fahrzeuge nur noch mit vorn angeschlagenen Türen eine Zulassung erhalten. Für einige Hersteller von kleineren Fahrzeugen (Fiat 500 und Glas Goggomobil) wurden noch ein, zwei Jahre Ausnahmen erteilt. Auch für einzelne Austin FX-4, besser bekannt als London-Taxi, wurden und werden noch Ausnahmen zugestanden.
Wie verhält es sich aber mit ganz modernen Fahrzeugen wie dem Mazda RX-8 oder den verschiedenen amerikanischen Pick-Ups?
Ein Blick in die EG-Richtlinie mit der Nummer 70/387/EWG lässt Klarheit aufkommen.
Dort steht, dass bei sogenannten Doppeltüren, bei denen sich jede einzelne Tür selbst verriegeln lässt, die hinteren Türen auch hinten angeschlagen sein dürfen. Allerdings bedeutet dies, dass die zuerst öffnende Tür auch dort ihre Scharniere vorne (also in Fahrtrichtung) haben muss. Es wird also immer zuerst die vordere Tür geöffnet und dann die hinten angeschlagene hintere Tür.
Deshalb können alle Fahrzeuge mit einer EG-Gesamtbetriebserlaubnis solche Türkonstruktionen wieder aufweisen, obwohl sie in Deutschland schon seit 45 Jahren eigentlich verboten sind.
Bei Fragen zu diesem und anderen Themen stehe ich, wie immer, gerne zur Verfügung.
Matthias Gerst von TÜV SÜD