130 Jahre Automobile in den Niederlanden? Keine Feier?? DOCH EINE AUSFAHRT!

von John H.R. Pronker und Henk Brauer

Mit dem folgenden Artikel von Henk Brauer möchte John H.R. Pronker eine Idee in die Szene tragen, ob es nicht für das 130. Jubiläum der ersten Automobilfahrt in den Niederlanden eine Gedächnis-/Memorialfahrt am Sonntag den 27. August 2023 geben sollte?!

Vielleicht fühlt sich ja JEMAND animiert, sowas zu organisieren!

Aktualisierung vom 8.2.2023: JA, es soll eine Ausfahrt für Fahrzeuge aller Marken bis Bj. 1925 organisiert werden! Weitere Infos im Mercedes-Benz OldtimerTicker, sobald verfügbar, oder Kontaktaufnahme direkt mit einem der Veranstalter: John H.R. Pronker

Aktuelle Infos zur geplanten Veranstaltung werden immer wieder auf dieser Facebookseite veröffentlicht!

 


Das erste, in den Niederlanden fahrende Automobil, fuhr auf Straßen in Venlo und kam aus Süchteln

Bei Nachforschungen zum Automobilbau und zur Fertigung der ersten kompletten und guten niederländischen Automobile durch den in Wegberg geborenen Herrn Konings aus Swalmen (ein Artikel darüber erschien im 39.
Heimat-Jahrbuch Maas und Swalm) wurde folgendes entdeckt:

Im Venloer Wochenblatt (Venloosch Weekblad) vom 8. April 1893, stand folgender Bericht:

Montag-Mittag rollte zum ersten Mal eine Kutsche mit drei Rädern, die nicht von Pferden gezogen wurde, durch den Ort. In der Kutsche saßen ein Herr aus Süchteln und zwei junge Burschen die von allen Leuten sehr bestaunt wurden. Eine Maschine, die durch Benzin in Bewegung gebracht wurde, trieb die Kutsche an. Also die Feststellung das ein, mit einem Benzinmotor betriebenes Automobil, als erstes Automobil 1896 in Arnheim fuhr, ist also widerlegt.

Es war also mit großer Sicherheit am Montag, dem 3. April 1893 (im kommenden Jahr vor 130 Jahren) als zum ersten Mal ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auf Niederländischen Straßen in Venlo fuhr und aus Suchtelen kam. Es soll zur damaligen Zeit über die Orte Dornbusch-Lobberich-Leuth und Kaldenkirchen nach Venlo gefahren sein.

Insassen waren ein Herr Freudenberg und zwei Kinder. Die Maximale Geschwindigkeit betrug 16 Km/h. Zur damaligen Zeit war es für die Menschen hier im Euregio eine Sensation und eine technische Meisterleistung.

Zeitbild

Eine Periode unserer noch sehr jungen Grenzregion (Limburg wurde erst im Jahre 1867 an die Niederlande zugefügt) waren da logischer Weise viele Kontakte. Deutschlands Industrie erblühte in der Bismarck’schen Periode ebenso stark wie das Lütticher Becken. Die industriellen Entwicklungen waren besonders durch die
Zusammenarbeit und den Austausch des Wissens, zur Herstellung bestimmter Produkte, zwischen Lüttich und Aachen sehr erfolgreich. Auch die Industrialisierung der Samt und Seiden Industrie in der Umgebung von Krefeld und Viersen war sehr erfolgreich. Mit der Steigerung der produzierten Waren mussten auch schnellere
Transportmöglichkeiten geschaffen werden. Neue Straßen mit besserer Kanalisation und neue Dampfeisenbahn. Verbindungen wurden geplant und realisiert. In der damaligen Zeit experimentierten und probierten sich im Französischen Sprachbereich (Lenoir, Panhard, Verbiest, Dion Bouton) sowie im Deutschsprachigen Bereich (Schreiner, Marcus, Otto, Daimler, Benz, Fafnir) so manche Bastler, Unternehmer, Kutschenbauer und Dorfschmiede in und am Bau von Motorfahrzeugen.

Der Benz Patent Motorwagen wird allgemein als erstes brauchbares, mit einem Benzinmotor betriebene Automobil, angesehen. Der Patentwagen Nr.3 war das erste Fahrzeug welches durch Benz in den Verkauf
gebracht wurde. Dieses Automobil hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 16 Km/h.

Das erste Automobil auf Süchtelner Straßen war im Besitz des Unternehmers Richard Freudenberg. Der Unternehmer und zugleich Beigeordnete und spätere Bürgermeister der Stadt Süchteln (1860-1864). Herr
Freudenberg, kaufte 1890 sein erstes Automobil. Freudenberg trug sehr zur Verbesserung der Infrastruktur (Straßen, Eisenbahn und Planung) bei und war auch Wortführer bei der Eisenbahn Verbindung zwischen Venlo und Viersen.

Den Beschreibungen nach glich das Fahrzeug einer dreiräderigen, in der Sommerzeit genutzten, Pferdekutsche mit einem mittig und sehr steil nach unten gehend angebrachtem Steuer/Lenker. Der Benzinmotor trieb ein großes Schwungrad an, welches die “Kutsche“ mühsam in Bewegung brachte. Der Beschreibung nach glich das Fahrzeug dem dreirädrigen Benz Patent Motorwagen Nr.3

Der Benz Patent Motorwagen Nr.3 (auf dem Foto links) – Patent Motorwagen Nr.1 (auf dem Foto rechts).

Der Hubraum des Einzylinder Motors wurde mehrere Male vergrößert, von 954 cm³ 0,9 PS der Nr.1 bis auf 1990 cm³ und 3 PS.

Das Automobil das Freudenberg im Jahre 1890 kaufte, hatte eine horizontal angeordnete Kurbelwelle mit einer liegenden Schwungscheibe. Außerdem hatte das Fahrzeug ein Getriebe mit einem Berg-Gang. Die Speichen Räder waren mit Bremsklötzen aus Holz ausgerüstet die ihre Bremskraft über stählerne Ringe nur auf die Hinterräder ausübten. Bei einer Drehzahl von 300 rpm lieferte der Motor 2,5 PS. Die Verkleidung von Motor und Antrieb bestand aus Holz. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 16 Km/h und das Automobil kostete im Jahr 1890 stattliche 3000 Reichsmark.

Richard Freudenberg genoss großes Ansehen mit seinem Automobil. Zwanzig Jahre später, also im Jahr 1910, verkaufte Freudenberg das Automobil an einen Fensterputzer aus Viersen, zu einem Preis von 50 Reichsmark. Im gleichen Jahr (1910) kaufte Freudenberg zwei neue Dürkopp Automobile,

Die Fahrt.

Die Deutschen und Niederländisch/Limburger Einwohner haben sich sicherlich über diese technische Neuheit gewundert. Die ganze Fahrt war eigentlich eine große Mutprobe, denn Bremse mit Holzklötzen auf eisernen Felgenringen bei Bergabfahrten (Süchtelner Höhen und dem Steilrand via Leuther Weg) war äußerst schwierig und riskant.

Als ehemaliger Beigeordneter und Bürgermeister von Süchteln und aktiv bei der Eisenbahn Infrastruktur Viersen-Venlo Beteiligter, war Freudenberg mit den Gegebenheiten in Venlo und dem schönen alten Rathaus gut  bekannt.

Eine überlieferte Augenzeugen-Erklärung bestätigt folgendes: „er sah einen Karren wegfahren ohne ein Pferd davor!“ Er hat ‚das Auto‘ gesehen, auf der Parade. Das stützt die Vermutung, dass Freudenberg zum Rathaus gefahren ist.

An Richard Freudenberg, den Pionier der Automobilen Geschichte und der grenzübergreifenden Infrastruktur wird durch eine nach Ihm benannte Straße erinnert. Eine größere Würdigung Freudenbergs wäre wünschenswert. In diesem Jahr, also vor 130Jahren, fuhr das erste Automobil auf Niederländischen Straßen und kam aus Süchteln. Es wäre doch sicherlich eine gute Gelegenheit, mit unseren Oldtimern, der Fahrt Freudenbergs zu gedenken.

Eventuell durch eine Memorial-Fahrt und die Enthüllung einer Gedenkplakette.