40 Jahre Assistenzsysteme von Daimler-Benz

40 Jahre Assistenzsysteme: Highlights

Partner mit vier Rädern: 1978 hält mit dem Anti-Blockier-System die Digitaltechnik Einzug ins Auto. Damit beginnt die Partnerschaft des Fahrzeugs mit seinem Fahrer über Assistenzsysteme. Diese wird seither durch weitere und immer leistungsfähigere Assistenzsysteme ausgebaut.

Vier mal vier: Der automatisch zuschaltende Allradantrieb 4MATIC wird 1985 vorgestellt – zusammen mit dem Automatischen Sperrdifferenzial (ASD) und der Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR). Die Botschaft: Das Auto denkt bei schwierigen Fahrsituationen mit.

Lange Leitung: Klassische Kabelbäume für die analoge Elektrik und Elektronik an Bord erreichen in den späten 1980er-Jahren Längen von bis zu 2.000 Metern. Damit ist 1990 Schluss. Der Mercedes-Benz 500 E (Baureihe 124) ist als weltweit erstes Serienfahrzeug mit dem CAN-Bus zur Steuergerätevernetzung ausgestattet. 1991 ist die Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 140 die erste komplette Modellreihe mit dieser Technologie.

Testsieger: Das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® hat 1995 in der
S-Klasse Premiere. 1998 wird es in der A-Klasse eingeführt, die danach selbst extreme Tests mit Bravour besteht. Mercedes-Benz führt ESP® als weltweit erster Hersteller für alle Baureihen als Serienausstattung ein. Danach reduziert sich der Anteil von Mercedes-Benz Personenwagen an folgenschweren Fahrunfällen in der Unfallstatistik um mehr als 42 Prozent.

Himmelsbeobachter: Seit Jahren schon arbeitet Mercedes-Benz mit immer größerem Erfolg an Navigationssystemen für das Automobil. Der Durchbruch gelingt, als die Daten der GPS-Satelliten für zivile Anwendungen genutzt werden dürfen. Zusammen mit der Robert Bosch GmbH entsteht das Auto-Pilot-System APS, das 1995 in der S-Klasse Premiere hat.

Gehorcht aufs Wort: Die Sprachsteuerung SBS (ab 1997 LINGUATRONIC) sorgt seit 1996 (zunächst als Sonderausstattung) dafür, dass das Auto seinen Fahrer bei der Eingabe von Navigationszielen versteht. Heute setzt die Mercedes-Benz User Experience MBUX auf das Sprachbediensystem. Auf das Stichwort „Hey Mercedes“ kommuniziert das System umfassend mit dem Fahrer.

Intelligenz macht mobil: Das Konzept Intelligent Drive bündelt 2013 zahlreiche Assistenzsysteme und macht sie durch Vernetzung noch leistungsfähiger – für die Mobilität der Zukunft. Das System wird kontinuierlich weiterentwickelt. Die neue A-Klasse Kompaktlimousine der Baureihe 177 (Kraftstoffverbrauch kombiniert 7,4–4,1 l/100 km, CO2-Emissionen kombiniert 169–108 g/km*) bringt 2018 das Fahrerassistenz-Paket erstmals in das Kompaktwagen-Segment.

Abstandhalter: Die DISTRONIC hat 1998 Premiere. Erstmals nimmt das Auto dem Fahrer das Bremsen und Beschleunigen im fließenden Verkehr ab. Dazu misst das Auto mit Radar den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Die heutige DISTRONIC PLUS bietet einen deutlich größeren Funktionsumfang.

Aufs Kommando: Immer umfangreichere Systeme im Auto brauchen eine ebenso leistungsfähige wie intuitiv zu bedienende Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. 1998 heißt die Lösung Mercedes-Benz COMAND (Cockpit Management and Data System). 2018 ist es die Mercedes-Benz User Experience MBUX, ein völlig neues Multimediasystem, das eine emotionale Verbindung zwischen Fahrzeug, Fahrer und Passagieren schafft und dank künstlicher Intelligenz lernfähig ist.

Ganze Sache: Die Philosophie der „Integralen Sicherheit“ wird seit der Jahrtausendwende bei Mercedes-Benz intensiv diskutiert. Dabei geht es um die Verbindung von aktiver und passiver Sicherheit zu ganzheitlichen Systemen. Die wichtigsten Schritte sind PRE-SAFE® im Jahr 2002 und Intelligent Drive im Jahr 2013. Für die Entwicklung des präventiven Insassenschutzes PRE-SAFE® liefert die konzerneigene Unfallforschung wichtige Erkenntnisse. Dieses Engagement von Mercedes-Benz seit 1969 setzt Maßstäbe in der Branche.

Angepasst und mitgemacht: Assistenzsysteme von Mercedes-Benz werden immer intelligenter. Lösungen mit dem Prädikat „Adaptiv“ können sich situativ anpassen. Systeme, die das Wort „Aktiv“ im Namen tragen, können in kritischen Situationen selbsttätig in den Fahrverlauf eingreifen, indem sie zum Beispiel bremsen oder die Lenkung korrigieren.

Rundumsicht: Zu den frühen Umfeldsensoren wie Radar und Ultraschall tritt die Kamera. 2012 hat die 360-Grad-Kamera Premiere, die Bilder aus vier Kameras rund um das Fahrzeug kombiniert.

Auf dem Weg in die Zukunft: Das Forschungsfahrzeug S 500 INTELLIGENT DRIVE fährt 2013 hochautomatisiert durch die Stadt und über Landstraßen auf den Spuren von Bertha Benz von Mannheim nach Pforzheim im Jahr 1888. Die Entwicklung des autonomen Fahrens, die schon in den 1980er-Jahren mit dem PROMETHEUS-Programm und Forschungen der Universität der Bundeswehr begonnen hat, kommt der Serienreife näher. Intelligent Drive heißt 2013 auch der neue Assistenzsystemverbund in den Fahrzeugen von Mercedes-Benz.

Per Knopfdruck in die Lücke: Seit der Einführung der Einparkhilfe PARKTRONIC im Jahr 1995 unterstützt das Auto den Fahrer immer besser beim Parken. Zur Perfektion führt der Remote Park-Assistent: Per Smartphone parkt er längs und quer ein.

Forschungsreisender: Ein Erprobungsfahrzeug auf Basis der S-Klasse ist 2017 und 2018 fünf Monate lang beim Intelligent World Drive in allen Erdteilen unterwegs. Die Bordsysteme lernen dabei, mit ganz unterschiedlichen Verkehrsbedingungen rund um den Globus umzugehen – ein wichtiger Schritt hin zum autonomen Fahren unter extrem unterschiedlichen Bedingungen.

Zukunftsbote: Nie war das Auto so kompetent wie heute. Und nie zuvor gab es im Kompaktwagen-Segment ein so breites Angebot von digitalen Assistenzsystemen wie in der neuen Mercedes-Benz A-Klasse der Baureihe 177 (Kraftstoffverbrauch kombiniert 7,4–4,1 l/100 km, CO2-Emissionen kombiniert 169–107 g/km*): Sie verfügt über die aktuellsten Fahrassistenz-Systeme mit kooperativer Unterstützung des Fahrers und bietet damit bei der aktiven Sicherheit das höchste Niveau in ihrem Segment mit Funktionsumfängen aus der S-Klasse der Baureihe 222 (Kraftstoffverbrauch kombiniert 14,2–5,6 l/100 km, CO2-Emissionen kombiniert 325–149 g/km*). Erstmals kann die A-Klasse in bestimmten Situationen auch teilautomatisiert fahren.

Die Zukunft mit Sicherheit und Komfort gestalten

40 Jahre Assistenzsysteme

Die Zukunft Gegenwart werden lassen: Das beherrscht Mercedes-Benz in Perfektion. Denn der Erfinder des Automobils prägt seit 40 Jahren durch die Entwicklung wegweisender digitaler Assistenzsysteme die technologische Evolution der gesamten Branche. Diese Erfolgsgeschichte beginnt 1978 mit der Einführung der Digitaltechnik im Auto durch das Anti-Blockier-System (ABS). Seither haben Assistenzsysteme die Partnerschaft zwischen Mensch und Automobil neu definiert: Das Fahrzeug kann seinen Fahrer immer umfassender und immer intelligenter unterstützen. Zu den Lösungen von Mercedes-Benz, die seither immer wieder zum Maßstab für die ganze Branche werden, zählen unter anderem das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® (1995) und der Abstandsregeltempomat DISTRONIC (1998). Die einzelnen Systeme und die Welten von aktiver und passiver Sicherheit verbinden sich dabei immer enger miteinander. Das Konzept der „Integralen Sicherheit“ hat in den 2000er-Jahren Premiere. Anfang der 2010er-Jahre debütiert das Konzept Intelligent Drive. Heute gehören dazu zahlreiche intuitive und intelligente Technologien für die Zukunft der Mobilität: Das Automobil als aktiver Partner begleitet den Menschen kompetenter als je zuvor auf dem Weg zur Verwirklichung der Vision vom unfallfreien Fahren. Und die Entwicklung schreitet weiter schnell voran, das automatisierte Fahren rückt immer näher. Schon in der zweiten Jahreshälfte 2019 werden es Mercedes-Benz und die Robert Bosch GmbH im Rahmen eines Pilotprojekts in einer Metropole in Kalifornien im urbanen Alltagsbetrieb erproben.

ABS: Die Digitaltechnik kommt ins Auto

Selbst bei einer Vollbremsung die volle Lenkkontrolle über das Auto zu behalten, weil die Räder nicht blockieren: Das ermöglicht das 1978 eingeführte Anti-Blockier-System (ABS). Mit dem System bringen Mercedes-Benz und Bosch die Digitaltechnik ins Auto. Das ist eine Sensation in einer Epoche, die noch von Elektrik und analoger Elektronik geprägt ist. Die Ursprünge des ABS bei Mercedes-Benz reichen bis in die frühen 1950er-Jahre zurück. Ende 1970 stellt das Unternehmen dann das analog-elektronische „Mercedes-Benz / Teldix Anti-Bloc-System“ vor. Es zeigt, dass das ABS-Prinzip funktioniert, ist aber am Ende noch nicht zuverlässig genug für die Serienanwendung. So wird gemeinsam mit Bosch das ABS der zweiten Generation auf Basis von Digitalelektronik entwickelt. Es wird im August 1978 vorgestellt und noch im gleichen Jahr eingeführt. Heute ist ABS in Autos so gut wie aller Hersteller weltweit eine Selbstverständlichkeit – dank der Innovationskultur von Mercedes-Benz.

Die von den ABS-Sensoren gelieferten Daten nutzen auch weitere Assistenzsysteme wie die Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR) und das Automatische Sperrdifferenzial (ASD) – erhältlich ab 1986. Es sind die ersten Assistenzsysteme, deren Software im Unternehmen selbst entsteht. 1985 hat das neu entwickelte Traktionssystem 4MATIC Premiere, ein schnell zu- und abschaltender Vierradantrieb. 1997 führt Mercedes-Benz eine neu konzipierte 4MATIC in der E-Klasse Baureihe 210 ein. Sie unterscheidet sich von der Vorgängerversion durch den permanenten Allradantrieb und das 4ETS-System (Elektronisches Traktions-System). Viele Assistenzsysteme dienen gleichermaßen dem Komfort sowie der Sicherheit, indem sie Unfälle zu vermeiden helfen oder deren Schwere mindern. Für diese Verbindung von Sicherheit und Komfort ist der Tempomat ein exzellentes Beispiel. Er ist ab 1975 für die S-Klasse sowie SL- und SLC-Modelle der Baureihe 107 in Verbindung mit Automatikgetriebe als Sonderausstattung erhältlich.

ESP®: Die Vernetzung der Systeme

Im März 1995 hat das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® in den Mercedes-Benz S-Klasse Coupés der Baureihe 140 Premiere. Es unterstützt den Fahrer in fahrdynamisch kritischen Situationen, indem es gezielt ein oder mehrere Räder abbremst und – falls notwendig – das Motordrehmoment anpasst. Daimler-Benz und Bosch entwickeln das System gemeinsam. Im Vergleich zu ABS und ASR verwendet es eine viel umfangreichere Sensorik. Dazu zählen insbesondere Lenkwinkel-, Querbeschleunigungs- und Gierratensensoren. So lassen sich zum Beispiel Schleuderbewegungen erkennen. Zum weltweiten Standard wird ESP®, nachdem es 1998 in der ersten Generation der Mercedes-Benz A-Klasse (Baureihe 168) nachgerüstet wird. Die Kompaktklasse erfüllt nun auch Extremtests besser als der Wettbewerb. 1999 rüstet Mercedes-Benz dann als weltweit erste Marke alle Personenwagenmodelle serienmäßig mit ESP® aus. Das ist ein starkes Beispiel für die Demokratisierung von in der Oberklasse etablierter Hochtechnologie über das Spektrum der Personenwagen-Baureihen hinweg. Die Erfolgsgeschichte des ESP® setzt sich bald auch bei anderen Herstellern fort. Längst ist das von Mercedes-Benz und Bosch initiierte Assistenzsystem ein weltweiter Standard. Im März 2009 entscheidet das Europäische Parlament sogar, dass ab November 2011 alle neu in der Europäischen Union zugelassenen Personenwagen- und Nutzfahrzeugtypen mit ESP® ausgerüstet sein müssen.

Die anspruchsvollere Datenverarbeitung digitaler Assistenzsysteme macht eine entsprechend leistungsfähige Signalübertragung notwendig. Die technische Grundlage dafür schafft Mercedes-Benz 1990 mit dem CAN-Bus. Der 500 E der Baureihe 124 ist als erstes Fahrzeug der Stuttgarter Marke damit ausgestattet. 1991 folgt die neue S-Klasse der Baureihe 140 und damit zum ersten Mal eine komplette Modellreihe. Das von Bosch entwickelte, serielle „Controller Area Network“-Bussystem verbindet eine Vielzahl von Steuergeräten im ganzen Fahrzeug. Das ist ein radikaler Technologiesprung gegenüber den zuvor üblichen Kabelbäumen mit Einzelverdrahtung. Deren Litzen erreichen Ende der 1980er-Jahre Gesamtlängen von bis zu 2.000 Meter und erhebliche Gewichte. So vereinfachen der CAN-Bus und später weitere Bussysteme die Vernetzung innerhalb des Fahrzeugs ganz erheblich. Ein nächster in dieser Hinsicht wichtiger Schritt ist 1997 die im Mercedes-Benz CLK der Baureihe 208 als Weltneuheit präsentierte Elektronikarchitektur. Über drei Bussysteme verbindet sie erstmals alle Steuergeräte. Eingebunden ist außerdem der elektronische Zündstartschalter mit bartlosem Schlüssel.

Mercedes-Benz stellt 1995 das Navigationssystem Auto-Pilot-System APS vor. Damit werden Ideen aus der Konzernforschung umgesetzt, die bis ins Jahr 1970 zurückgehen. Möglich wird das voll alltagstaugliche System erst, als die Signale der GPS-Satelliten (Global Positioning System) frei genutzt werden dürfen und die dazu erforderliche Großserientechnologie zur Verfügung steht. Für eine immer intuitivere Fahrzeugbedienung sorgt unter anderem das 1996 eingeführte Sprachbediensystem SBS, das seit 1997 LINGUATRONIC heißt.

DISTRONIC: Das Auto lernt sehen

1998 hat der Abstandsregeltempomat DISTRONIC als Sonderausstattung in der S-Klasse Baureihe 220 Weltpremiere. Das System überwacht mit Radar den Verkehr kontinuierlich aus drei definierten Winkeln. So lange kein Fahrzeug direkt vor dem eigenen Wagen fährt, bleibt der Tempomat in der gewählten Geschwindigkeit. Sinkt jedoch der Abstand zu einem anderen Automobil, verzögert die DISTRONIC, indem sie auf Motor, Bremse und Automatikgetriebe zugreift. Sobald die Spur frei ist, beschleunigt das Assistenzsystem wieder auf die Wunschgeschwindigkeit. Dieser Prozess läuft völlig eigenständig zunächst in einem Geschwindigkeitsbereich von 40 bis 160 km/h ab. Im Jahr 2005 erfolgt die Weiterentwicklung zu DISTRONIC PLUS, die jetzt im Geschwindigkeitsbereich von 200 km/h bis zum Stillstand operiert. Möglich macht das die Integration eines Nahbereichsradars.

In der Folge helfen immer mehr Sensoren dem Auto dabei, seine Umwelt schließlich in einem 360-Grad-Bereich und in Fahrtrichtung in immer größerer Entfernung wahrzunehmen. Dazu zählen heute unter anderem Fern-, Mittel- und Nahbereichsradare, Stereokameras, konventionelle Kameras und Ultraschallsensoren. Die ab 1995 erhältliche Einparkhilfe Mercedes-Benz PARKTRONIC beispielsweise errechnet den Abstand zu einem Hindernis mithilfe von Ultraschallsignalen. Auch die Schnittstellen zwischen Mensch und Automobil werden immer intelligenter. So erkennt das Automobil durch den 1996 vorgestellten Bremsassistenten BAS, wenn der Fahrer eine Notbremsung vollzieht und baut sofort die maximale Bremskraftunterstützung auf. Das 1998 präsentierte Anzeige- und Bediensystem COMAND (Cockpit Management and Data System) schafft eine neue Dimension der Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug.

Konzept „Integrale Sicherheit“

Insassenschutzsystem PRE-SAFE® in der Baureihe W211

Die zahlreichen Fähigkeiten, die das Automobil durch die Technologieentwicklung und -auffächerung erhält, fasst Mercedes-Benz 1999 unter dem Begriff der „Integralen Sicherheit“ zusammen. Das entsprechende Konzept wird 2005 umfassend in der Serie verwirklicht. Dazu gehören Assistenzsysteme und zahlreiche andere Lösungen für die aktive und die passive Sicherheit. Bereits 2002 setzt Mercedes-Benz zentrale Gedanken dieser Philosophie mit PRE-SAFE® um, einem System für den präventiven Insassenschutz. Möglich ist PRE-SAFE®, weil das intelligente Auto über seine Sensoren typische Anzeichen für einen drohenden Unfall erkennt. Wenn es solche Anzeichen registriert, wird PRE-SAFE® aktiv. Bleibt der Unfall aus, lassen sich die PRE-SAFE® Aktoren wieder in den Grundzustand zurückversetzten. Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zeigt eine enorme Dynamik bei der Entwicklung neuer und verbesserter Assistenzsysteme. Dazu gehören adaptive Bremslichter, Bremsassistent BAS PLUS (2005), PRE-SAFE® Bremse und Intelligent Light System (2006), Totwinkel-Assistent (2007), aktiver Park-Assistent (2009), ATTENTION ASSIST, adaptiver Fernlicht-Assistent, Spurhalte-Assistent (alle 2009) und Aktiver Totwinkel-Assistent sowie Aktiver Spurhalte-Assistent (2010). Mercedes-Benz führt diese Lösungen als Teile eines in sich stimmigen Ganzen in die Serienproduktion ein.

Intelligent Drive: Die Fahrt in die Zukunft

S 500 INTELLIGENT DRIVE

2013 fährt das Forschungsfahrzeug Mercedes-Benz S 500 INTELLIGENT DRIVE hochautomatisiert durch Städte und über Landstraßen. Die Fahrt folgt der historischen Route von Mannheim nach Pforzheim, auf der Bertha Benz im Jahr 1888 die erste Fernfahrt des Automobils unternommen hat. Damit zeigt die Stuttgarter Marke als erster Hersteller weltweit, wie das automatisierte Fahren selbst in komplexen Verkehrsräumen möglich sein könnte.

Intelligent Drive ist auch der Name der neuen Mercedes-Benz Philosophie für die Vernetzung aller Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme im Automobil. So verschmelzen Komfort und Sicherheit endgültig miteinander. Bereits 2012 stellt Mercedes-Benz wichtige Funktionen von Intelligent Drive vor. Dazu gehören unter anderem DISTRONIC PLUS mit Lenk-Assistent, BAS PLUS mit Kreuzungs-Assistent, PRE-SAFE® Bremse mit Fußgängererkennung, PRE-SAFE® PLUS mit der Detektion drohender Heckkollisionen, PRE-SAFE® Impuls, Aktiver Spurhalte-Assistent, Adaptiver Fernlicht-Assistent Plus, Nachtsicht-Assistent Plus und ATTENTION ASSIST mit erweitertem Geschwindigkeitsbereich.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung erfolgreicher Assistenzsysteme gehört zur langfristigen Strategie von Mercedes-Benz in der Sicherheitsentwicklung, mit der Vision vom unfallfreien Fahren stets im Blick. So baut die Marke das Insassenschutzsystem PRE-SAFE® unter anderem durch die weiteren Innovationen PRE-SAFE® Sound und PRE-SAFE® Impuls Seite aus. PRE-SAFE® Sound kann einen körpereigenen Mechanismus zum Schutz des Gehörs anregen. Damit spricht PRE-SAFE® erstmals eine menschliche Sensorik an. PRE-SAFE® Impuls Seite wird auf Basis von Radarinformationen aktiviert und kann den Fahrer oder Beifahrer kurz vor dem unvermeidbaren Seitenaufprall mit einem leichten seitlichen Impuls ein Stück weit von der Gefahrenzone weg nach innen rotieren.

2017 präsentiert Mercedes-Benz unter der Überschrift „Intelligent Drive Next Level“ die nächste Dimension der umfassenden Fahrerunterstützung. Enthalten sind zahlreiche neue und weiterentwickelte Assistenzsysteme. Die neue A-Klasse bietet 2018 ebenfalls die aktuellsten Fahrassistenz-Systeme mit kooperativer Unterstützung des Fahrers und kann in bestimmten Situationen teilautomatisiert fahren. Damit ist sie sicherheitstechnisch auf einem vergleichbaren Niveau wie die Mercedes-Benz S-Klasse und definiert zugleich einen neuen Standard im Segment der Kompaktwagen.

2018 geht auch der Intelligent World Drive über alle fünf Kontinente zu Ende: Fünf Monate lang unternimmt Mercedes-Benz dabei mit einem Erprobungsfahrzeug auf Basis der S-Klasse automatisierte Testfahrten im realen Verkehr. Die Fahrt in die Zukunft, hin zur Realität des vollautomatisierten und fahrerlosen Fahrens geht immer weiter. Sie führt zum Beispiel nach Kalifornien, wo Mercedes-Benz und Bosch 2019 ein Pilotprojekt für einen Großversuch mit vollautomatisierten Shuttles einrichten werden.

ABS: Das Auto wird digital

Nie war das Automobil intelligenter als heute. Und die Entwicklung schreitet schneller voran als je zuvor: In der aktuellen Mercedes-Benz Serientechnik zeigen die vernetzten Assistenzsysteme, wie das Automobil als Partner des Menschen aktiv in die Zukunft der Mobilität steuert. Dieser Technologiestand ist das Ergebnis einer einzigartigen Innovationskultur. Sie reicht zurück bis zur Erfindung des Automobils im Jahr 1886. So baut auch die 2013 vorgestellte Philosophie Intelligent Drive auf der Marken- und Technologiegeschichte von Mercedes-Benz auf. Ihr ganzheitlicher Ansatz verbindet eine Vielzahl von Assistenzsystemen, die insbesondere der Sicherheit und dem Komfort dienen. Wichtige Grundlage von Intelligent Drive ist die Historie der digitalen Assistenzsysteme. Sie beginnt vor 40 Jahren mit dem von Mercedes-Benz und Bosch entwickelten Anti-Blockier-System (ABS). Es hat im August 1978 in der S-Klasse der Baureihe 116 Weltpremiere.

Dieser Einzug der Digitaltechnik ins Automobil ist das erste Kapitel einer weltweiten Erfolgsgeschichte. Denn digitale Assistenzsysteme haben seither die Partnerschaft zwischen Mensch und Automobil neu definiert: Das Fahrzeug unterstützt seinen Fahrer immer umfassender und immer intelligenter. Maßgeblich geprägt wird dieser Innovationsprozess durch Mercedes-Benz. Die Stuttgarter Marke entwickelt – gemeinsam mit verschiedenen Partnern – in den vergangenen 40 Jahren zahlreiche Assistenzsysteme, die oft zum Maßstab für die ganze Branche werden.

Dazu zählen neben ABS unter anderem das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® (1995) und der Abstandsregeltempomat DISTRONIC, der 1998 – vor genau 20 Jahren – Premiere hat. Nicht nur die Technologie verändert sich, sondern auch der Blick auf die Fahrzeugsicherheit: Mit dem Konzept der „Integralen Sicherheit“ verbindet Mercedes-Benz Anfang der 2000er-Jahre die Welten von aktiver und passiver Sicherheit zu einem ganzheitlichen System. Daraus entwickelt sich Anfang der 2010er-Jahre das Konzept Intelligent Drive. Zu ihm gehören schon heute zahlreiche intuitive und intelligente Technologien für die Zukunft der Mobilität.

1978: Die Serienausführung des ABS wird vorgestellt

Für den Fahrer ist das 1978 vorgestellte Anti-Blockier-System vor allem ein Meilenstein der aktiven Sicherheit: Selbst bei einer Vollbremsung die volle Lenkkontrolle über das Auto zu behalten, weil die Räder nicht blockieren – das schaffen vor der Serieneinführung des ABS vor 40 Jahren nur ausgesprochen geübte Fahrer. Nun übernimmt das Fahrzeug selbst die feinfühlige Kontrolle des Bremsvorgangs – eine echte Sensation. Der Fahrer hat nun selbst während einer Vollbremsung noch die Chance, anderen Verkehrsteilnehmern und Hindernissen gezielt auszuweichen und mögliche Unfälle zu vermeiden.

Aber für die Technologiegeschichte des modernen Automobils hat ABS noch eine andere, mindestens ebenso entscheidende Bedeutung. Denn mit diesem System bringen Mercedes-Benz und Technologiepartner Bosch die Digitaltechnik ins Auto. Um die Tragweite dieser Innovation einordnen zu können, muss man sich den damaligen Stand der Serientechnik vor Augen halten: Das ABS stammt aus einer Epoche der Elektrik und der analogen Elektronik. Als echtes digitales Assistenzsystem ist es somit ein Vorreiter kommender Entwicklungen.

Die Ursprünge des ABS reichen bis in die frühen 1950er-Jahre zurück: Bereits 1953 meldet Hans Scherenberg, damals Konstruktionschef von Mercedes-Benz, ein Patent zum Verhindern des Blockierens von Fahrzeugrädern beim Bremsen an. Ähnliche Lösungen gibt es seit den 1950er-Jahren in der Luftfahrt (Anti-Skid) und bei der Eisenbahn (Knorr-Gleitschutz). Doch das auf ganz unterschiedlichen Straßenoberflächen fahrende Automobil ist ein besonders komplexes System. So müssen die ABS-Sensoren Drehverzögerungen und Beschleunigungen der Räder auch bei Kurvenfahrt, Bodenunebenheiten und starker Verschmutzung fehlerfrei registrieren.

Es braucht viele Jahre mit intensivem Wissensaustausch zwischen konzerneigener Forschung und Entwicklung sowie Industriepartnern, bis aus der Grundidee das serienfähige ABS entsteht. 1963 beginnt in der Vorentwicklung der Daimler-Benz AG ein neuer Anlauf, eigene Komponenten für ein elektronisch-hydraulisches Bremsregelsystem zu entwickeln. Ab 1966 kooperiert das Unternehmen dazu mit dem Heidelberger Elektronikspezialisten Teldix, der später von Bosch übernommen wird. Das Ergebnis hat 1970 Premiere: Hans Scherenberg, mittlerweile Entwicklungschef von Daimler-Benz, stellt das „Mercedes-Benz / Teldix Anti-Bloc-System“ den Medien auf der Einfahrbahn in Untertürkheim vor. Die Präsentation beweist, dass das Prinzip funktioniert.

Scherenberg kündigt auch die Vorbereitung der Produktion an, dämpft aber zugleich die Hoffnungen auf einen schnellen Serieneinsatz. Denn die Entwickler haben erkannt, dass eine digitale Steuerung der richtige Weg für ein großserienfähiges ABS wäre. Sie ist zuverlässiger, weniger komplex und zugleich viel leistungsfähiger als die 1970 verwendete analoge Elektronik. So wird gemeinsam mit Bosch, wo das digitale Steuergerät entsteht, das ABS der zweiten Generation als digitale Lösung entwickelt.

Die Leitung des ABS-Projekts hat bei Mercedes-Benz der Ingenieur Jürgen Paul. Er arbeitet seit 1969 bei dem Stuttgarter Unternehmen. Als Experte für Sensoren und entscheidender Entwickler für die elektronischen Assistenzsysteme wird er zum „Vater“ des ABS und den darauf aufbauenden Lösungen. Später erinnert sich Paul an den Moment des Durchbruchs in der ABS-Entwicklung: Es sei die Entscheidung gewesen, auf digitale Mikroelektronik statt auf analoge Elektronik zu setzen.

Die Umstellung braucht einige Zeit, erweist sich aber als Schlüssel zum Erfolg. Denn die Nutzung integrierter Schaltkreise ermöglicht es, in kürzester Zeit die Sensordaten an allen vier Rädern zu erfassen, zu verarbeiten und daraus die notwendige Ansteuerung der Magnetventile für das Regulieren des Bremsdrucks zu berechnen. Erprobt wird ABS auch in den Experimental-Sicherheits-Fahrzeugen (ESF) von Mercedes-Benz Anfang und Mitte der 1970er-Jahre. Und im Forschungsfahrzeug Auto 2000 ist im Jahr 1981 das nun in der Serie eingeführte ABS ebenso an Bord wie die zukunftsweisenden Systeme der elektronischen Vortriebsregelung und des Abstandsradars.

Das zur Serienreife entwickelte Anti-Blockier-System ABS wird im August 1978 vorgestellt. Erhältlich ist es zuerst als Sonderausstattung in den S-Klasse Limousinen der Baureihe 116 zu einem Mehrpreis von 2.217,60 DM. Ab August 1980 ist ABS für einen Aufpreis von 2.429,50 DM in sämtlichen Mercedes-Benz Personenwagen-Baureihen optional erhältlich. Ab Oktober 1992 wird ABS schließlich zur Serienausstattung in allen Mercedes-Benz Pkw-Modellen.

Sicherheit als Leitgedanke

Unabhängig vom Hersteller ist ABS heute in den meisten Weltregionen eine Selbstverständlichkeit. Das ist der Innovationskultur von Mercedes-Benz zu verdanken sowie den Impulsen, welche die Entwickler seit Mai 1969 aus der konzerneigenen Unfallforschung erhalten. Mit diesen systematischen Unfallanalysen leistet Daimler-Benz Pionierarbeit. Die Erkenntnisse fließen in die Entwicklung neuer Lösungen ein, und sie dienen zur Weiterentwicklung praxisgerechter Prüfverfahren und Normen.

Das Anti-Blockier-System wirkt über die konkrete Lösung zum optimalen Bremsen unter Erhalt der Lenkfähigkeit des Fahrzeugs hinaus. Denn die von seinen Sensoren gelieferten Daten nutzen auch weitere Assistenzsystemen, wie etwa die Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR), das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP®, der Bremsassistente BAS, das elektronisch gesteuerte Automatikgetriebe, der Abstandsregeltempomate DISTRONIC und viele andere mehr.

Demonstration der Antriebs-Schlupf-Regelung ASR im 560 SEL, die in fahrdynamisch kritischen Situationen auf glattem Untergrund zur Stabilisierung des Fahrzeugs beiträgt.

Die Traktionssysteme ASR und Automatisches Sperrdifferenzial (ASD) stellt Mercedes-Benz 1985 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main (IAA) vor. Es sind die ersten Systeme, deren Software vom konzerneigenen Entwicklungsbereich Elektrik / Elektronik selbst entwickelt werden. Das ASD begrenzt die Ausgleichsbewegung des jeweils anderen Rads im Differenzial durch eine Lamellensperre, sobald die Fahrzeugelektronik das Durchdrehen eines Antriebsrades registriert. Es ist direkt nach der Messe optional für alle Fahrzeuge der Baureihen 201 und 124 lieferbar, ebenso für die neuen Sechszylindertypen der S-Klasse Baureihe 126 (260 SE und 300 SE). Der Aufpreis beträgt zu diesem Zeitpunkt 1.539 DM. Serienmäßig enthalten ist das ASD in den zeitgleich präsentierten 4MATIC-Fahrzeugen der Baureihe 124.

In den Achtzylindermodellen der S-Klasse wird gleichzeitig ASR eingeführt. Dieses Assistenzsystem reduziert bei einem durchdrehenden Rad parallel zum Bremseneingriff auch das Motormoment durch gezielte Gaszurücknahme. Möglich wird diese Funktion durch das elektronische Gaspedal (EGAS), das auf Basis des Tempomaten entsteht. Beide Traktionssysteme bewähren sich besonders in Heckantriebsfahrzeugen auf glatten Straßen.

300 TD Turbo 4MATIC

Ebenfalls auf der IAA 1985 hat das neu entwickelte Traktionssystem 4MATIC für die Sechszylindertypen der Baureihe 124 Premiere. Dieser schnell zu- und abschaltende Vierradantrieb sorgt dafür, dass die vollen ABS-Funktionen und das gewohnte Fahrverhalten erhalten bleiben: Üblicherweise fährt das Automobil mit zwei angetriebenen Rädern. Bei Traktionsverlust schaltet die 4MATIC nach Bedarf in drei Stufen zunächst den Vierradantrieb, dann die zusätzliche Längssperre und schließlich die zusätzliche hintere Quersperre zu.

Beim Bremsen tritt automatisch wieder der Zweiradantrieb mit ABS-Funktion ein. Zur Regelung der einzelnen Schaltzustände erfasst das Steuergerät kontinuierlich die Drehzahl beider Vorderräder, die Gelenkwellendrehzahl hinten, den Lenkwinkel sowie über einen Kontakt am Bremsschalter den Zustand der Bremsbetätigung.

Nach der Pressevorstellung im Februar 1986 in Nordschweden kommt die Fachzeitschrift „Auto Motor und Sport“ zu dem Schluss: „Die 4MATIC bietet alle Voraussetzungen, dem vernünftigen Menschen Vorteile auf glatter Fahrbahn zu verschaffen. Abgesehen von den stets optimal verteilten Vortriebskräften und der daraus resultierenden hervorragenden Traktion zeigt der vierradgetriebene Mercedes keinerlei Schwächen beim Bremsen und im Fahrverhalten.“

1997 führt Mercedes-Benz eine neu konzipierte 4MATIC in der E-Klasse Baureihe 210 ein. Sie unterscheidet sich von der Vorgängerversion durch den permanenten Allradantrieb mit einer Drehmomentverteilung von 35 zu 65 Prozent auf Vorder- und Hinterachse. Die Differenzialsperren werden nun durch das 4ETS-System (Elektronisches Traktions-System) ersetzt, das einen automatischen Bremseneingriff bei durchdrehenden Rädern vornimmt.

Sicherheit und Komfort

Die Verwirklichung des Anti-Blockier-Systems ABS im Jahr 1978 ist ein wichtiger erster Schritt in der Entwicklung des Automobils von der durch den Menschen gesteuerten Fahrmaschine zu einem hörenden, sehenden, fühlenden, eigenständig reagierenden und künftig autonom fahrenden Mobilitätssystem. Leitgedanke dieser Entwicklung bei Mercedes-Benz ist stets das Bedürfnis nach noch größerer Sicherheit – und nach mehr Komfort. Denn die Unterstützung des Fahrers durch die Assistenzsysteme des Automobils trägt auch erheblich zu dessen Wohlbefinden bei. Unter der Perspektive der Konditionssicherheit ist das wiederum ein Kernelement der Fahrsicherheit.

Ein gutes Beispiel für diesen Zusammenhang von sicherem und komfortablem Fahren ist der Tempomat, der im Jahrzehnt der ABS-Entwicklung Premiere bei Mercedes-Benz hat. Ab 1975 ist er für die Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 116 sowie für die SL- und SLC-Modelle der Baureihe 107 in Verbindung mit Automatikgetrieben als Sonderausstattung erhältlich. Entwickelt wird der Tempomat insbesondere auf Anforderung des nordamerikanischen Markts. Aus dem P-Tempomaten mit analog-elektronischem Regler, pneumatischem Stellglied und Bowdenzug entsteht in den folgenden Jahren zunächst der E-Tempomat (elektromotorisches Stellglied) und schließlich der digitale IC-Tempomat mit integrierten Schaltkreisen.

ESP®: Die Vernetzung der Systeme

Im Mai 1995 hat das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® in den Mercedes-Benz S-Klasse Coupés der Baureihe 140 Premiere. Das neue Assistenzsystem unterstützt in fahrdynamisch kritischen Situationen, indem es gezielt ein oder mehrere Räder abbremst und – falls notwendig – das Motordrehmoment anpasst. Die ersten Entwicklungsschritte hin zu ESP® machen in den 1980er-Jahren Daimler-Benz und Bosch unabhängig voneinander: Die Vorentwicklungsbereiche der beiden Unternehmen suchen nach Lösungen, um in kritischen Fahrsituationen eine größere Fahrstabilität zu ermöglichen.

Es liegt nahe, für das ESP® auf die Technik der erfolgreichen Assistenzsysteme ABS und ASR aufzubauen. Basierend auf der erfolgreichen Zusammenarbeit bei der Entwicklung des ABS bündeln Mercedes-Benz und Bosch im Jahr 1992 ihre Entwicklungen in einem gemeinsamen Team. Die Ergebnisse der Arbeit werden 1994 unter dem Namen Fahrdynamik-Regelung (FDR) vorgestellt. Die Markteinführung erfolgt dann als Elektronisches Stabilitäts-Programm ESP® ab Mai 1995 im S 600 Coupé der Baureihe 140, das es als Serienausstattung erhält. Die gleichfalls mit V12-Motor ausgestatteten S 600 Limousinen und der SL 600 folgen ab September 1995. Ab diesem Zeitpunkt ist es zudem in den V8-Typen der S-Klasse und der SL-Klasse optional erhältlich. Ab der Markteinführung im Januar 1996 ist es dann auch für den E 420 der Baureihe 210 lieferbar.

Technologischer Maßstab für die Branche

Mercedes-Benz setzt mit ESP® einmal mehr einen Maßstab für die gesamte Branche. Der rasante Aufstieg des Assistenzsystems zum weltweiten Standard beginnt im Oktober 1997: Beim Test einer Mercedes-Benz A-Klasse der Baureihe 168 durch einen schwedischen Motorjournalisten wird bei einem abrupten Ausweichmanöver, dem sogenannten „Elchtest“, der fahrdynamische Grenzbereich überschritten, und das Kompaktfahrzeug fällt auf die Seite. Das Ereignis wirkt zunächst wie ein Rückschlag für Mercedes-Benz. Doch die Stuttgarter Marke geht die Herausforderung konstruktiv an. Die Auslieferung der A-Klasse wird für zwölf Wochen unterbrochen und das Assistenzsystem ESP® in dieser Zeit als serienmäßige Komponente nachgerüstet. Das Ergebnis überzeugt: Die A-Klasse erfüllt nun auch Extremtests besser als der Wettbewerb. 1999 stattet Mercedes-Benz dann als erste Marke alle Pkw-Modelle serienmäßig mit dem Fahrsicherheitssystem aus. Dieser Schritt hat eine branchenweite Signalwirkung.

Die Demokratisierung von in der Oberklasse etablierter Hochtechnologie über das Spektrum ganz verschiedener Personenwagen-Baureihen hinweg spiegelt sich heute in der Ausstattung der aktuellen Mercedes-Benz A-Klasse der Baureihe 177 wider. Denn die neue Kompaktklasse zeichnet sich nicht nur durch das wegweisende Multimediasystem MBUX (Mercedes-Benz User Experience) aus, sondern sie bietet auch die aktuellsten Assistenzsysteme von Mercedes-Benz Intelligent Drive mit Funktionsumfängen, wie sie auch für alle anderen Fahrzeuge bis hin zur modellgepflegten S-Klasse der Baureihe 222 zur Verfügung stehen – inklusive teilautomatisiertem Fahren in bestimmten Situationen.

Neben Gurt, Airbag und ABS hat sich ESP® seit Mitte der 1990er-Jahre als das mit Abstand wichtigste Sicherheitssystem moderner Personenwagen etabliert. Zunächst führt Mercedes-Benz als weltweit erster Hersteller das ESP® konsequent für alle eigenen Baureihen als Serienausstattung ein. Danach reduziert sich der Anteil von Mercedes-Benz Personenwagen an folgenschweren Fahrunfällen in der Unfallstatistik um mehr als 42 Prozent, bei Modellen anderer Marken dagegen nur um 13 Prozent. Diese Wirksamkeit überzeugt: Bald ziehen immer mehr Hersteller nach. Und gemäß einer EU-Verordnung müssen seit November 2011 sämtliche in der Europäischen Union neu zugelassenen Personenwagen- und Nutzfahrzeugtypen serienmäßig mit ESP® ausgestattet werden.

Das Datennetz im Automobil

Im Vergleich zu ABS und ASR verwendet ESP® eine nochmals erheblich umfangreichere Sensorik. Dazu zählen insbesondere Lenkwinkel-, Querbeschleunigungs- und Gierratensensoren. Ein Schlüsselelement für den Erfolg des ESP® ist der von Bosch produzierte Gierratensensor. Er erfasst präzise die Drehbewegungen des Fahrzeugs um seine Hochachse – so kann ESP® zum Beispiel Schleuderbewegungen erkennen. Auf der Grundlage dieser Daten errechnet das System in Millisekunden korrigierende Bremsreaktionen.

CLK Baureihe 208 mit neuer Elektronikarchitektur, drei Bussysteme verbinden erstmals alle Steuergeräte.

Komplexität und Geschwindigkeit der Datenverarbeitung machen eine entsprechend leistungsfähige Signalübertragung notwendig. Die technische Grundlage dafür hat Mercedes-Benz bereits mehrere Jahre zuvor geschaffen: Der CAN-Bus erlebt seine Weltpremiere 1990 im Mercedes-Benz 500 E (Baureihe 124). 1991 ist die S-Klasse der Baureihe 140 die erste komplette Baureihe der Stuttgarter Marke mit diesem Bussystem. Dieses Mitte der 1980er-Jahre von Bosch entwickelte serielle „Controller Area Network“-Bussystem verbindet eine Vielzahl von Steuergeräten im ganzen Fahrzeug.

Für den Fahrer ist der CAN-Bus nicht konkret greifbar. Schließlich ist er kein aktives Assistenzsystem, das ähnlich wie ABS und ESP® direkt in die Funktionen des Fahrzeugs eingreift. So bleiben die Fähigkeiten des CAN-Bus für den Kunden abstrakter als die Funktionen solcher Lösungen. Aber diese Neuerung ist für die Entwicklung der digitalen Assistenzsysteme im Fahrzeug dennoch entscheidend. Denn der CAN-Bus stellt einen radikalen Technologiesprung gegenüber den zuvor üblichen Kabelbäumen dar, die jeweils eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen Sensor und Steuergerät herstellen. Weil immer mehr elektrische und elektronische Komponenten ins Automobil kommen, erreichen die Litzen solcher hochkomplexen Kabelbäume Ende der 1980er-Jahre Gesamtlängen von bis zu 2.000 Metern und erhebliche Gewichte. Die Einführung des CAN-Bus vereinfacht die Vernetzung im Vergleich zur analogen Technik ganz erheblich. Damit legt sie das Fundament für die weitere Verknüpfung und die Einbindung neuer Systeme in der Automobilelektronik. Bis heute kommen verschiedene weitere Bussysteme dazu, welche die Vernetzung der Systeme im Auto ermöglichen.

Offen für Exzellenz

Von der Daimler-Benz Konzernforschung geht in den 1980er- und 1990er-Jahren ein immenser Innovationsschub aus. Konsequent schaut man dabei auch über den Tellerrand der etablierten Fahrzeugtechnik hinaus, holt sich Anregungen aus anderen Branchen und bei exzellenten Projekten der aktuellen Hochtechnologieforschung.

Diese Offenheit ist in der Forschungskultur des Unternehmens verankert. So heißt es 1969 im ersten „Organisationsschema des Bereichs Forschung“ der Daimler-Benz AG: „Die schnelle Entwicklung moderner Technologien, die vielseitigen Impulse, die von Atomtechnik, Luft- und Raumfahrttechnik kommen, die Möglichkeiten moderner Daten- und Informationstechnik, Politik und Verkehr, verlangen eine weit in die Zukunft vorausgreifende wissenschaftliche Bearbeitung, um so neue Technologien rechtzeitig zur Verfügung zu haben und Entwicklungen, die das Interessengebiet des Unternehmens beeinflussen, rechtzeitig zu erkennen.“

Während die Vernetzung der elektronischen Systeme dem Fahrzeug quasi ein Nervensystem gibt, erlangt das Automobil in diesen Jahren auch ein Bewusstsein für seinen aktuellen Status. Dazu gehört, dass es weiß, wo es sich befindet und welchem Weg es zu seinem Ziel folgen muss – es sind die Grundlagen des modernen Navigationssystems. Mercedes-Benz bietet eine Variante erstmals 1995 an: Das Auto-Pilot-System APS hat als Sonderausstattung in der S-Klasse der Baureihe 140 Premiere.

Das Automobil findet seinen Weg

Die Anfänge der Arbeit an einem Navigationssystem für das Automobil reichen bei Mercedes-Benz bis an den Beginn der 1980er-Jahre zurück. Bereits 1980 entsteht unter dem Namen „Routenrechner“ ein erster Entwurf für ein künftiges Navigationssystem. Das entspricht dem selbst gestellten Auftrag der Konzernforschung aus dem Jahr 1970, die „technischen Möglichkeiten für eine automatische Fahrzeugführung mittels elektronischer Leitsysteme auf Schnellstraßen“ zu untersuchen. Ausgeführt werden solche Arbeiten im Referat „Fahrzeugkybernetik“.

Einflüsse für die Entwicklung eines Navigationssystems gibt es viele: 1982 ist der Ingenieur Hermann Gaus gerade Fachbereichsleiter mit Handlungsvollmacht der Daimler-Benz Forschung geworden. Ihm untersteht auch der Bereich Elektrik / Elektronik. Anlässlich einer Besprechung mit Vertretern von Siemens präsentieren ihm diese ein Fahrzeug mit Navigationssystem mit den Worten, man müsse nur ein Ziel ins Assistenzsystem eingeben und das Auto lotse einen dorthin. Das System funktioniert tatsächlich, liefert aber noch viel zu große Missweisung, um in der Serie eingesetzt werden zu können. 1992 lernt auch der damalige neue Entwicklungschef Dr. Dieter Zetsche ein solches System kennen: Philips führt ihm einen Prototypen des Navigationssystems CARIN vor. Und Hermann Gaus lässt sich beim Unternehmen Innovative Systems in Hamburg eine auf Karten basierende Routenführung mit gesprochenen Fahranweisungen und einer im Radiogehäuse untergebrachten Navigationseinheit vorstellen.

Wie bei anderen Assistenzsystemen arbeitet das Stuttgarter Unternehmen Mitte der 1980er-Jahre auch auf dem Weg zum ersten serienmäßigen Navigationssystem mit Partnern zusammen. So gehört die „duale Zielführung“ als Teilprogramm zu dem von Daimler-Benz initiierten Forschungsprojekt PROMETHEUS (Program for European Traffic with Highest Efficiency and Unprecedented Safety). Diese einzigartige Forschungskooperation aller großen europäischen Automobilhersteller, ihrer Zulieferer und zahlreicher wissenschaftlicher Institute läuft bis 1994.

Größter Nachteil aller Systeme dieser Zeit ist, dass die Ortung nicht auf Satelliten basiert. Auch die in PROMETHEUS entwickelte Vorstufe des Navigationssystems muss ohne Satellitenhilfe auskommen. Denn diese zunächst vom Militär verwendete Technik ist zu dem Zeitpunkt noch nicht für zivile Anwendungen freigegeben. Natürlich gibt es andere Möglichkeiten der Orientierung zumindest für abgegrenzte Bereiche wie Stadtgebiete oder Autobahnen. Hier kommen unter anderem Magnetfeldsonden zum Einsatz, die allerdings unter Störeinflüssen durch die Stahlgürtel in den Autoreifen leiden.

Unter der Leitung von Hermann Gaus wird bei Daimler-Benz 15 Jahre lang intensiv an der Serienreife eines Navigationssystems gearbeitet. Der Durchbruch kommt 1995 mit dem Auto-Pilot-System APS. Die Elektronikexperten von Bosch, die mit Innovative Systems zusammenarbeiten, können zu diesem Zeitpunkt bereits eine CD-ROM mit einer digitalen Landkarte liefern. Und endlich steht auch die Satellitentechnik zur Verfügung. Weil die Nachfrage dafür insbesondere in der zivilen Luft- und Seefahrt von Beginn an sehr groß ist, sinken die Preise für die Komponenten schnell. So können GPS-Informationen und verschiedene andere Sensordaten des Automobils nun für das erste Navigationssystem von Mercedes-Benz kombiniert werden. Funktionen wie die Wahl der schnellsten oder kürzesten Route und die Integration von Verkehrsmeldungen in die Routenführung nehmen zahlreiche Eigenschaften heutiger Navigationssysteme vorweg.

Die kontinuierliche Entwicklung macht die Mercedes-Benz Navigation immer intuitiver bedienbar. Dafür ist die Sprachsteuerung SBS (ab 1997 LINGUATRONIC), die ab 1996 als Sonderausstattung erhältlich ist, ein wichtiger Meilenstein. Seit 2018 nutzt Mercedes-Benz dabei als erster Automobilhersteller weltweit auch die Technologie von what3words: Mit nur drei gesprochenen Worten wird eine weltweit absolut eindeutige Ortsangabe möglich, bis auf ein Quadrat mit drei Metern Kantenlänge genau. Hinter einer solchen, unverwechselbaren Dreiwortadresse kann der Eingang eines Restaurants liegen, ein reservierter Parkplatz am Flughafen oder eine beliebige Adresse. Mercedes-Benz hat die Technologie im Infotainment-System MBUX integriert.

DISTRONIC: Das Auto lernt sehen

In den 1990er-Jahren bringt Mercedes-Benz dem Auto das Sehen bei: 1998 hat der Abstandsregeltempomat DISTRONIC als Sonderausstattung der S-Klasse Baureihe 220 Weltpremiere. Das System überwacht über Radar den Verkehr kontinuierlich aus drei definierten Winkeln. Dabei werden die ausgesandten Impulse durch das vorausfahrende Fahrzeug reflektiert und von der DISTRONIC empfangen. Die Steuerelektronik leitet aus diesen empfangenen Signalen den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug sowie dessen Geschwindigkeit ab.

Abstandsregeltempomat DISTRONIC,

Auf dieser Datengrundlage errechnet das Assistenzsystem die Fahrbefehle, um bei aktiviertem Tempomaten einen sicheren Abstand zum vorausfahrenden Auto zu halten: Wenn kein Fahrzeug direkt vor dem eigenen Wagen fährt, bleibt der Tempomat in der gewählten Geschwindigkeit. Sinkt jedoch der Abstand zu einem anderen Automobil, verzögert die DISTRONIC, indem sie auf Motor, Bremse und Automatikgetriebe zugreift. Sobald die Spur wieder frei ist, zum Beispiel weil der Vorausfahrende abbiegt oder den Fahrstreifen wechselt, beschleunigt das Assistenzsystem wieder auf die Wunschgeschwindigkeit. Dieser Prozess läuft völlig eigenständig in einem Geschwindigkeitsbereich von zunächst 40 bis 160 km/h ab. So entlastet die DISTRONIC den Fahrer nicht nur in einer Extremsituation, wie zuvor schon ABS und ESP®, sondern dauerhaft. Das Automobil unterstützt den Menschen also im ganz normalen Fahrgeschehen bei vielen verschiedenen Aktionen und Entscheidungen.

Radar als Auge

Im Jahr 2005 erfolgt die Weiterentwicklung zur DISTRONIC PLUS, die jetzt im Geschwindigkeitsbereich von 200 km/h bis zum Stillstand operiert und damit eine deutlich erweiterte Entlastung bietet. Danach beschleunigt sie wieder automatisch auf die im Tempomaten hinterlegte Geschwindigkeit. Hinter dieser Evolution stecken wichtige Entwicklungsschritte der seit 1998 bewährten Technik: Das bisherige DISTRONIC-Radar, welches im 77-Gigahertz-Bereich und mit sehr schmalem Blickwinkel arbeitet, wird mit einem neu entwickelten Nahbereichsradar im 24-Gigahertz-Bereich und sehr breitem Blickwinkel kombiniert. Dieses erweitert nicht nur das Sehfeld des Fahrzeugs, sondern liefert zugleich Daten für andere Assistenzsysteme wie den Bremsassistenten BAS PLUS. Durch die Kombination beider Radarsysteme wird der Arbeitsbereich des Abstandsregeltempomaten auf den Bereich von 0,2 bis 150 Meter erweitert. Präsentiert wird die DISTRONIC PLUS in der 2005 eingeführten S-Klasse der Baureihe 221.

Demonstration Abstandsregeltempomaten DISTRONIC und DISTRONIC PLUS

Die immer bessere Sensorik für leistungsfähigere Assistenzsysteme ist ein Leitmotiv in der Geschichte von Intelligent Drive. Zu den Radarsystemen der ersten DISTRONIC kommen deshalb immer mehr Sensoren, mit denen das Fahrzeug seine Umwelt schließlich in einem 360-Grad-Bereich und in Fahrtrichtung in immer größerer Entfernung wahrnimmt. Dazu zählen heute unter anderem Fern- und Nahbereichsradare, Stereokameras, konventionelle Kameras und Ultraschallsensoren.

Auch die DISTRONIC hat eine lange Forschungs- und Entwicklungsgeschichte. Frühe Versuche mit radargestützter Abstandsregelung beginnen in der Konzernforschung bereits Ende der 1970er-Jahre. Erste Abstandsassistenzsysteme erprobt Daimler-Benz Anfang der 1980er-Jahre in der mittleren Baureihe 123. Der nächste Schritt ist Mitte und Ende desselben Jahrzehnts der Prototyp eines Abstandsregeltempomaten, dessen Funktionen bereits der späteren DISTRONIC ähneln. Die Stuttgarter Ingenieure entwickeln und testen das bereits auf Radar aufbauende System in S-Klasse Fahrzeugen der Baureihe 126. Während der Entwicklungsarbeiten erweist sich nicht etwa die Detektion sich bewegender Objekte, sondern das Erkennen stehender Hindernisse als besondere Herausforderung.

Parallel zur Arbeit an der späteren DISTRONIC werden auch technische Alternativen zum Radar erforscht. Im bereits erwähnten Projekt PROMETHEUS beispielsweise entwickelt Daimler-Benz die Advanced Intelligent Cruise Control. Sie arbeitet mit einem fünfstrahligen Infrarotlaser und wird im W 124 getestet. Auch wenn diese Lösung zunächst nicht in die DISTRONIC einfließt, so zahlt sich die große Bandbreite der untersuchten Sensorsysteme doch ganz erheblich für die gesamte Entwicklung der Assistenzsysteme aus. Schließlich verortet sich das Fahrzeug nicht nur bei der Funktion des Abstandsregeltempomaten im Verkehrsraum, sondern zum Beispiel auch beim Einparken. Die entsprechende Anwendung ist die ab 1995 optional erhältliche Einparkhilfe Mercedes-Benz PARKTRONIC. Sie errechnet den Abstand zu einem Hindernis mithilfe von Ultraschallsignalen. Sender und Empfänger sind in Sensoren zusammengefasst, welche in die vorderen und hinteren Stoßfänger integriert sind. So können typische Schäden durch Parkrempler auch in engen Lücken verhindert werden. Zugleich wird das Einparken durch die Unterstützung des Fahrzeugs komfortabler.

Bei der Entwicklung der DISTRONIC arbeitet Mercedes-Benz mit verschiedenen Partnern zusammen. Zu Beginn des Projekts stellt Dornier, damals eine zum Daimler-Benz Konzern gehörende Tochtergesellschaft, die Sensoren zur Verfügung. Diese arbeiten in den Prototypen ohne Beanstandungen. Für die anspruchsvolle Übertragung der Technologie in die Serie kommt es daher auch zur Kooperation mit der DASA (Deutsche Aerospace AG), in welcher Dornier 1989 aufgegangen ist. Die DASA-Sensoren arbeiten mit Technologie aus dem militärischen Bereich. Eine Herausforderung ist nach wie vor die unzureichende Detektion stehender Hindernisse. Hergestellt werden die Sensoren schließlich von TEMIC in Heilbronn. Die 1998 erfolgreich in den Markt eingeführte DISTRONIC erhält noch im selben Jahr den Daimler-Benz Innovationspreis.

Konzept „Integrale Sicherheit“: Eine ganzheitliche Philosophie

Die Mercedes-Benz Systeme und Lösungen der Fahrzeugsicherheit werden im Lauf der Jahre immer leistungsfähiger und vielfältiger. Gleichzeitig baut die Stuttgarter Marke die Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine konsequent aus. So lernt das Automobil nicht nur zu sehen und sich zu orientieren, sondern auch zu fühlen: Der 1996 vorgestellte Bremsassistent BAS erkennt, wenn der Fahrer eine Notbremsung vollzieht und baut sofort die maximale Bremskraftunterstützung auf.

Bedien- und Anzeigesystem COMAND mit Radio, Navigationssystem und CD-Spieler

Dazu kommt die immer aktivere Partnerschaft mit dem Fahrer: Das ebenfalls 1996 eingeführte Sprachbediensystem SBS (ab 1997 LINGUATRONIC) versteht die menschliche Stimme. Das 1998 auf dem Automobil-Salon in Paris präsentierte Anzeige- und Bediensystem COMAND (Cockpit Management and Data System) schafft eine neue Dimension der Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug. Und der Nachtsicht-Assistent, der 2005 in der S-Klasse der Baureihe 221 eingeführt wird, lässt den Fahrer teilhaben an der im Vergleich zum menschlichen Auge besseren Sehfähigkeit der Fahrzeugsysteme bei Dunkelheit: Infrarotscheinwerfer leuchten bei Nacht einen erheblich größeren Bereich der Fahrbahn aus, als es das Abblendlicht per Zulassungsbestimmungen darf. Die entsprechenden Bildinformationen werden von einer Kamera aufgenommen und auf dem Display des Kombi-Instruments dargestellt.

Die zahlreichen Fähigkeiten, die das Automobil durch die Technologieentwicklung und -auffächerung erhält, fasst Mercedes-Benz 1999 unter dem Begriff der „Integralen Sicherheit“ zusammen. Systeme der Fahrsicherheit unterstützen in vier Phasen: erstens während der Fahrt, zweitens bei Gefahr, drittens bei einem Unfall und viertens nach einem Unfall. Damit senkt das Automobil Risiken für den Fahrer, indem es sie erkennt, bewertet, den Fahrer davor warnt und beim Vermeiden aktiv unterstützt.

Bereits 2002 setzt Mercedes-Benz zentrale Gedanken dieser Philosophie mit einer Serienlösung um: PRE-SAFE® ist ein System für den präventiven Insassenschutz. Es hat in der modellgepflegten S-Klasse der Baureihe 220 Premiere. Darin werden Elemente der aktiven und passiven Sicherheit mit dem Gedanken verbunden, durch reversible Maßnahmen Fahrer und Passagiere vor einem potenziellen Unfall zu schützen.

Möglich ist PRE-SAFE®, weil das intelligente Auto über seine Sensoren typische Anzeichen für einen Unfall erkennt: Oft geht einem Crash eine Vollbremsung voraus, aber auch von ESP® und BAS gemeldete Fahrsituationen wie Schleudern und starkes Über- oder Untersteuern sind typische Anzeichen. Wenn PRE-SAFE® solche Anzeichen registriert, werden die elektromotorischen Gurtstraffer für Fahrer und Beifahrer vorgespannt, der Beifahrersitz in eine für den Notfall geeignetere Position gebracht und gegebenenfalls ein eventuell vorhandenes Schiebedach geschlossen. Bleibt der Unfall aus, lassen sich die aktivierten Systeme wieder in den Grundzustand zurücksetzen. Dabei gibt es Aktoren, die vollautomatisch wieder in den vorherigen Zustand zurückkehren und dann erneut aktivierbar sind. Andere Aktoren werden manuell zurückgesetzt oder vor der erneuten Einsatzbereitschaft mit einer neuen Energiequelle versehen.

Die Entwicklung von PRE-SAFE® geht auf Erkenntnisse aus der Mercedes-Benz Unfallforschung zurück. Sie zeigen, dass bei zwei Dritteln aller Unfälle vor dem eigentlichen Aufprall noch genügend Zeit für präventive Schutzmaßnahmen ist. PRE-SAFE® beginnt als aus Konzernmitteln finanziertes Neuprojekt des Forschungsbereichs. Das schafft große Freiheiten für die Ingenieure: Sie können völlig neue Technologien und Lösungen aufgreifen.

Auch nachdem sich PRE-SAFE® in der Serie etabliert hat, wird das System weiterentwickelt, ausgebaut und durch neue Elemente ergänzt. Auch der Aktive Brems-Assistent, der heute eine autonome Notbremsung bis zum Stillstand möglich macht, trägt am Anfang den Namen PRE-SAFE® Bremse. Im Lauf der kontinuierlichen Weiterentwicklung setzt Mercedes-Benz immer wieder völlig neue Konzepte als Teil von PRE-SAFE® um. Dazu gehören insbesondere PRE-SAFE® Sound und PRE-SAFE® Impuls Seite im Jahr 2016: PRE-SAFE® Sound kann den menschlichen Körper erstmals nicht nur vor den mechanischen Einwirkungen eines Unfalls, sondern auch vor den akustischen Folgen eines Crashs schützen. Dazu ertönt bei einer erkannten Kollisionsgefahr über die Soundanlage des Fahrzeugs ein kurzes Rauschsignal. Dieses Tonsignal kann den Stapediusreflex auslösen und auf diese Weise das Gehör der Insassen konditionieren. Damit spricht PRE-SAFE® erstmals eine menschliche Sensorik an.

Neue Wege geht Mercedes-Benz auch mit PRE-SAFE® Impuls Seite: Das System kann kurz vor einem unvermeidbaren Seitenaufprall Fahrer oder Beifahrer mit einem leichten seitlichen Impuls ein Stück weit von der akuten Gefahrenzone weg rotieren. Das geschieht durch Luftkammern in den Seitenwangen der Rückenlehne, die auf Sekundenbruchteile genau aufgeblasen werden.

Innovationsdynamik

Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ist von einer enormen Dynamik bei der Entwicklung neuer und verbesserter Assistenzsysteme geprägt. Dazu gehören unter anderem adaptive Bremslichter und der Bremsassistent BAS PLUS (2005), die PRE-SAFE® Bremse und das Intelligent Light System (2006), der Totwinkel-Assistent (2007), der aktive Park-Assistent (2008), der Aufmerksamkeits-Assistent ATTENTION ASSIST, der adaptive Fernlicht-Assistent, der Spurhalte-Assistent (alle 2009) und der Aktive Totwinkel-Assistent sowie der Aktive Spurhalte-Assistent (2010). Mercedes-Benz führt diese Lösungen als Teile eines in sich stimmigen Ganzen in der Serie ein.

Demonstration der bestmöglichen Verzögerung durch den Bremsassistenten BAS im SL 500 R 129

Die durchdachte Vernetzung ist wichtig. Aber es gehört auch eine sorgfältige Abwägung dazu, wie neue Assistenzsysteme sich in den Verbund der Lösungen für Sicherheit und Komfort integrieren. Die Relevanz von Innovationen für eine mögliche Einführung in die Serie können die Ingenieure der Stuttgarter Marke seit 2008 mit einem Verfahren berechnen, das vorausschauend den Nutzen neuer Sicherheitstechnologien bewertet. Dabei beziehen die Fachleute sowohl die amtliche Unfallstatistik als auch die Analyse von insgesamt rund 16.000 Verkehrsunfällen im Rahmen des deutschen Unfallforschungsprojekts GIDAS (German in-Depth Accident Study) mit ein.

Demonstration der bestmöglichen Verzögerung durch den Bremsassistenten BAS PLUS im A 200 W 177

So beruht zum Beispiel die Bewertung des Sicherheitspotenzials der Assistenzsysteme DISTRONIC PLUS und Bremsassistent BAS PLUS auf der Rekonstruktion von über 800 Auffahrkollisionen. Ergebnis der Untersuchung: Durch DISTRONIC PLUS und den Bremsassistenten BAS PLUS ließen sich rund ein Fünftel dieser Auffahrunfälle verhindern. Und bei einem weiteren Viertel der Kollisionen können die Systeme zu einer deutlichen Verringerung der Unfallschwere beitragen. Am größten, so zeigt die Forschung, ist das Sicherheitspotenzial der beiden Assistenzsysteme mit ihrer hochmodernen Radar- und Bremsentechnik auf Autobahnen. Auf Fernstraßen hat auch das 2006 vorgestellte Notbremssystem PRE-SAFE® Bremse ein hohes Wirkpotenzial. Bei akuter Unfallgefahr nimmt es in bestimmten Fällen eine automatische Teilbremsung vor und kann so die Aufprallschwere vermindern.

Intelligent Drive: Die Fahrt in die Zukunft

2013 fährt Mercedes-Benz auf den Spuren der eigenen Geschichte in die Zukunft: Das Forschungsfahrzeug Mercedes-Benz S 500 INTELLIGENT DRIVE legt hochautomatisiert die Route von Mannheim nach Pforzheim zurück – durch Städte und über Landstraßen. Damit zeigt die Stuttgarter Marke als erster Automobilhersteller weltweit, wie das automatisierte Fahren auch in sehr komplexen Verkehrsräumen möglich sein könnte.

Das ist ein wichtiger Schritt in einer langen Entwicklungsgeschichte. Denn automatisiert fahrende Autos im vergleichsweise gut beherrschbaren Autobahnverkehr hat es schon sehr viel früher gegeben. In den 1980er-Jahren beginnt beispielsweise an der Universität der Bundeswehr ein entsprechendes Projekt. Der Erfolg stellt sich 1994 ein, als zwei als Erprobungsträger eingesetzte S-Klasse Limousinen der Baureihe 140 bis zu 130 km/h schnell automatisiert auf der Autobahn fahren.

Das Forschungsfahrzeug S 500 INTELLIGENT DRIVE findet nun ganz selbstständig seinen Weg auch durch den dichten Stadt- und Überlandverkehr. Der besondere Clou: Ähnliche Systeme sind 2013 in den aktuellen Fahrzeugen der E-Klasse und S-Klasse von Mercedes-Benz verfügbar. Entsprechend betont Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars, anlässlich der Internationalen Automobil-Ausstellung 2013 in Frankfurt am Main (IAA): „Mit dieser S-Klasse zeigen wir, wo wir mit Intelligent Drive hinwollen und welch großes Potenzial in der bereits heute verfügbaren Technik steckt.“

Besondere Bedeutung hat die für die hochautomatisierte Fahrt ausgewählte Strecke: Sie folgt der historischen Route von Bertha Benz im Jahr 1888. Die Frau des Automobilerfinders Carl Benz absolviert damals die erste Fernfahrt in der Geschichte des Autos. 125 Jahre später führt dieser historische Hintergrund dazu, dass der S 500 INTELLIGENT DRIVE den Beinamen „Bertha“ erhält. Intelligent Drive ist aber nicht nur die Bezeichnung des Forschungsfahrzeugs, sondern so heißt auch die neue Mercedes-Benz Sicherheitsphilosophie, die eine Vernetzung aller Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme im Automobil zum Ziel hat. Damit verschmelzen Komfort und Sicherheit endgültig miteinander. Bereits 2013 führt Mercedes-Benz wichtige Funktionen von Intelligent Drive ein. Dazu gehören neue Lösungen ebenso wie bestehende und in ihren Funktionen wesentlich erweiterte Assistenzsysteme:

  • Die DISTRONIC PLUS mit Lenk-Assistent entlastet den Fahrer bei der Spurführung und beherrscht automatisches Staufolgefahren.
  • BAS PLUS mit Kreuzungs-Assistent kann erstmals auch Querverkehr und Fußgänger erkennen und die Bremsleistung des Fahrers verstärken.
  • Die PRE-SAFE® Bremse erkennt Fußgänger und kann bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h die Kollision durch eine autonome Bremsung vermeiden.
  • PRE-SAFE® PLUS kann nun auch eine drohende Heckkollision erkennen. Dann löst das System vorbeugende, reversible Insassenschutzmaßnahmen aus und kann das stehende Fahrzeug bei einer Heckkollision festbremsen. So können Sekundärunfälle vermieden werden.
  • PRE-SAFE® Impuls wirkt ab der Frühphase eines Frontalaufpralls, indem die Sicherheitsgurte die Frontinsassen tiefer in den Sitz ziehen. Zum Zeitpunkt der höchsten Belastung wird der eingezogene Weg dann kontrolliert wieder freigegeben. So kann PRE-SAFE® Impuls das Verletzungsrisiko erheblich reduzieren.
  • Der Aktive Spurhalte-Assistent kann Gegenverkehr und eine belegte Nachbarspur erkennen und unbeabsichtigtes Spurverlassen durch einseitige Bremsung verhindern.
  • Der Adaptive Fernlicht-Assistent Plus ermöglicht blendfreies Dauerfernlicht durch Ausblenden anderer Fahrzeuge im Fernlichtkegel.
  • Der Nachtsicht-Assistent Plus kann bei Gefahr durch Fußgänger oder Tiere in unbeleuchteter Umgebung vor dem Fahrzeug durch automatische Umschaltung der Tachoanzeige auf ein brillantes Nachtsichtbild mit Markierung der Gefahrenquellen warnen. Erkannte Fußgänger können mit einer Spotlight-Funktion angeblinkt werden.
  • Der ATTENTION ASSIST kann in einem erweiterten Geschwindigkeitsbereich vor Unaufmerksamkeit und Müdigkeit warnen, den Fahrer über seinen Ermüdungszustand und die Fahrtdauer seit der letzten Pause informieren und bietet eine einstellbare Empfindlichkeitsstufe.

Die Sensoren, welche die Daten für diese Funktionen liefern, bilden ein eng geknüpftes Netzwerk im Fahrzeug. Ein besonders wichtiger Baustein ist die Stereo Multi Purpose Camera (SMPC), die Mercedes-Benz parallel zur Präsentation von Intelligent Drive einführt. Sie erfasst querende Objekte und Fußgänger räumlich, weil ihre beiden Kameraaugen ein dreidimensionales Sehen ermöglichen. Ergänzt wird die optische Wahrnehmung durch verschiedene Radare und Ultraschallsensoren.

Die Sicherheitsexperten von Mercedes-Benz entwickeln und erproben die neuen Sicherheitssysteme auf unzähligen Testfahrten. Sie untersuchen die Wirksamkeit und Akzeptanz aber auch mit Probanden im eigenen „Moving Base“-Simulator. Mit seiner 360-Grad-Leinwand, dem schnellen elektrischen Antrieb sowie der zwölf Meter langen Schiene für Bewegungen in Quer- oder Längsrichtung gehört dieser zu den leistungsfähigsten Simulatoren in der Automobilindustrie.

Fahrt in die Zukunft

1978 beginnt bei Mercedes-Benz die Geschichte der digitalen Assistenzsysteme. In den folgenden Jahrzehnten bekommt diese Entwicklung eine immer stärkere Dynamik. Diese technologische Fahrt in die Zukunft ist heute so kraftvoll und vielfältig wie nie zuvor.

Nicht nur die Zahl der einzelnen Lösungen steigt dabei, sondern sie werden immer leistungsfähiger und vernetzen sich immer stärker miteinander. Konzentriert verfolgt werden die entsprechenden Arbeiten unter anderem in den 2016 von Daimler eingerichteten Tech-Centern a-drive (Forschungsschwerpunkt autonomes Fahren) und i-protect (Forschungsschwerpunkt integrale Sicherheit). Unter anderem geht es dabei um die Forschung an Sensoren und digitalen Entscheidungsprozessen für das autonome Fahren. Im Tech-Center i-protect sind neben dem Stuttgarter Automobilhersteller auch weitere Partner wie Bosch, die Universitäten Stuttgart, Freiburg, Dresden und Graz sowie die Fraunhofer-Gesellschaft und das Klinikum Stuttgart aktiv.

Die nächste Dimension der Unterstützung des Fahrers

Die Zukunft des autonomen Fahrens dank immer intelligenterer Automobile rückt im Jahr 2016 einen großen Schritt näher: Mercedes-Benz präsentiert unter der Überschrift „Intelligent Drive Next Level“ weitere Systeme, die eine neue Dimension der Unterstützung des Fahrers durch das Auto bedeuten. Premiere hat der Systemverbund in der Mercedes-Benz E-Klasse der Baureihe 213 (Kraftstoffverbrauch kombiniert 10,8–4,3 l/100 km, CO2-Emissionen kombiniert 246–118 g/km*). Weitere Lösungen folgen in der S-Klasse der Baureihe 222 im Herbst 2017.

Die neue Generation der Assistenzsysteme arbeitet nicht nur mit weiter verbesserten Kamera- und Radarsensoren, sondern bezieht erstmals bei Mercedes-Benz auch Karten- und Navigationsdaten direkt in die Berechnung des Fahrverhaltens mit ein. Wichtig für den Fahrer: Er erkennt jederzeit auf einen Blick, welche Funktionen aktiv sind und auf welche Situationen die Systeme gerade reagieren. Zu dieser Rückmeldung dienen unter anderem eindeutige Icons auf dem Bildschirm und im Head-up-Display. Notwendige Eingaben des Fahrers erfolgen am Lenkrad. Unter anderem sind die folgenden Funktionen Teil des Systemverbunds:

  • Die streckenbasierte Geschwindigkeitsanpassung als Teil des Aktiven Abstands-Assistenten DISTRONIC reduziert vor Kurven, Kreuzungen, Kreisverkehren oder Mautstellen die vorgewählte Geschwindigkeit vorausschauend und beschleunigt danach wieder. Auch vor dem Abbiegen an Ausfahrten oder Kreuzungen verzögert die Geschwindigkeitsanpassung bedarfsgerecht und in Abhängigkeit vom gewählten Fahrprogramm. So wird automatisiertes Fahren über längere Zeit auch auf Landstraßen Realität. Auf Schnellstraßen und Autobahnen regelt der Aktive Abstands-Assistent DISTRONIC im Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 210 km/h den Abstand zum Vorausfahrenden und hält die Spur.
  • Der Aktive Spurwechsel-Assistent unterstützt, wenn der Fahrer auf mehrspurigen Straßen im Geschwindigkeitsbereich von 80 bis 180 km/h die Spur wechseln möchte. Auf ein Antippen des Blinkers überprüft die Sensorik ergänzend zum Fahrer, ob die Nebenspur vor, neben und hinter dem eigenen Fahrzeug frei ist. Dabei wird die Geschwindigkeit anderer Fahrzeuge berücksichtigt. Befindet sich im relevanten Sicherheitsbereich kein anderes Fahrzeug, wird der Fahrer beim Spurwechsel unterstützt.
  • Der Aktive Geschwindigkeitslimit-Assistent erkennt in Verbindung mit COMAND Online über Kameras Geschwindigkeitsbeschränkungen, auch auf Schilderbrücken und bei Baustellenbeschilderung. Der Aktive Abstands-Assistent DISTRONIC regelt die erkannten Geschwindigkeitsbeschränkungen selbstständig ein.
  • Beim Staufolgefahren im Stop-and-Go-Verkehr auf Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen sind jetzt Stopps bis zu 30 Sekunden möglich, innerhalb derer das Fahrzeug automatisch wieder anfährt und dem vorausfahrenden Verkehr folgt.
  • Der Aktive Nothalt-Assistent bremst das Fahrzeug in der eigenen Spur bis zum Stillstand ab, wenn er erkennt, dass der Fahrer während der Fahrt mit eingeschaltetem Aktivem Lenk-Assistenten dauerhaft nicht mehr ins Fahrgeschehen eingreift.
  • Der Aktive Brems-Assistent mit Kreuzungsfunktion kann den Fahrer im Straßenverkehr bei der Vermeidung drohender Kollisionen mit stehenden, vorausfahrenden oder querenden Fahrzeugen sowie Personen unterstützen, wenn der Fahrer keine Aktivitäten zeigt, um die Gefahrensituation zu entschärfen. Es erfolgen eine Abstandswarnung, eine zusätzliche akustische Warnung bei erkannter Kollisionsgefahr und autonome Notbremsungen auf Fahrzeuge und Fußgänger. Sobald der Fahrer selbst bremst, erhält er eine situationsgerechte Bremsunterstützung.
  • Der Ausweich-Lenk-Assistent kann den Fahrer bei Ausweichvorgängen unterstützen, wenn Fußgänger im Gefahrenbereich vor dem Fahrzeug erkannt werden. Wenn der Fahrer das Ausweichen einleitet, bringt das System zusätzliche Lenkmomente in dieser Richtung auf. Das hilft dem Fahrer, dem Fußgänger kontrolliert auszuweichen und das Fahrzeug auf der Ausweichspur zu stabilisieren.
  • Der Aktive Spurhalte-Assistent kann den Fahrer im Geschwindigkeitsbereich von 60 bis 200 km/h vor unbeabsichtigtem Spurverlassen durch gepulste Lenkradvibrationen warnen und beim Überfahren einer durchgezogenen Linie durch einseitige Bremsung das Fahrzeug in die Spur zurückziehen. Bei einer gestrichelten Linie erfolgt dieser Eingriff nur, wenn Kollisionsgefahr auf der Nebenspur besteht, beispielsweise im Seriensystem durch Gegenverkehr.
  • Der Aktive Totwinkel-Assistent kann den Fahrer optisch und bei Blinkerbetätigung auch akustisch im Geschwindigkeitsbereich von rund zehn bis 200 km/h vor seitlichen Kollisionen mit anderen Fahrzeugen, auch Fahrrädern, warnen. Oberhalb von 30 km/h kann eine automatische einseitige Bremsung zudem im letzten Moment dabei helfen, eine seitliche Kollision zu vermeiden.
  • Der Verkehrszeichen-Assistent ermittelt durch Bilderkennung und Informationen der digitalen Straßenkarte des Navigationssystems die zulässige Höchstgeschwindigkeit und Überholverbote für den aktuellen Streckenabschnitt sowie Zebrastreifen. Dabei werden auch beschränkende Zusatzzeichen wie Geschwindigkeitsvorgaben bei Nässe oder Tempolimits nur für Lastwagen individuell berücksichtigt.
  • Die Car-to-X-Kommunikation stellt Informationen zu erkannten Gefahrensituationen im Straßenverkehr allen anderen Car-to-X-Nutzern zur Verfügung. Die Meldungen werden wie bei Live Traffic Information in der Kartendarstellung von COMAND Online angezeigt.
  • Der Aktive Park-Assistent mit PARKTRONIC und Rückfahrkamera erleichtert sowohl die Parkplatzsuche als auch das Ein- und Ausparken in Längs- und Querparklücken. Das Fahrzeug kann beim Lenken, Gasgeben, Bremsen und Gangwechsel ausstattungsabhängig unterstützen.
  • Der Remote Park-Assistent ermöglicht es, das Fahrzeug via Smartphone-App von außen vorwärts in Längs- und Querparklücken sowie rückwärts in Längsparklücken einzuparken.

Mit der Premiere der Systeme in der S-Klasse folgt Mercedes-Benz der starken Tradition dieser Oberklassefahrzeuge als Technologieführer. Doch diese Innovationen für Sicherheit und Komfort bleiben nie auf die S-Klasse beschränkt. Sie werden von Anfang an – seit der Premiere des ABS – sukzessive in das gesamte Produktprogramm des Stuttgarter Herstellers aufgenommen.

Ganz besonders macht diese Demokratisierung von Intelligent Drive im Jahr 2018 die neue A-Klasse der Baureihe 177 deutlich. Sie bietet die aktuellsten Fahrassistenz-Systeme mit kooperativer Unterstützung des Fahrers und verfügt damit bei der aktiven Sicherheit über das höchste Niveau im Segment: Erstmals kann die A-Klasse in bestimmten Situationen teilautomatisiert fahren. Assistenzsysteme wie der Aktive Totwinkel-Assistent mit Ausstiegswarnfunktion, die beim Türöffnen im Stillstand akustisch und bei vorhandenem Ambiente-Licht optisch vor Verkehrsteilnehmern im toten Winkel warnt, haben sogar in der A-Klasse Premiere.

Die Zukunft der intelligenten Assistenzsysteme gestalten

40 Jahre nach der Premiere des ABS und 20 Jahre nach dem Debüt der DISTRONIC arbeitet Mercedes-Benz weiterhin umfassend an der Zukunft der intelligenten Assistenzsysteme. Ein wichtiger Beitrag dafür ist der Intelligent World Drive über alle fünf Kontinente mit einem Fahrzeug der S-Klasse, der im Januar 2018 nach fünf Monaten auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas endet.

Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Zukunft des automatisierten Fahrens nur Wirklichkeit werden kann, wenn das Fahrzeug mit Zebrastreifen auf chinesischen Autobahnen genauso problemlos zurechtkommt wie mit dem Rechtsabbiegen von der linken Fahrspur im australischen Melbourne und mit dem Fahrverbot in unmittelbarer Nähe von anhaltenden Schulbussen in Nordamerika. Auch die Erfahrungen aus der Interaktion mit dichtem Fußgängerverkehr in Ballungsräumen auf allen Kontinenten gehören zu den Herausforderungen, die Einfluss auf das Fahrverhalten künftiger automatisierter Fahrzeuge haben werden.

Der nächste große Schritt hin zur Realität des vollautomatisierten und fahrerlosen Fahrens führt nach Kalifornien: Eine Großstadt im Silicon Valley in Kalifornien wird 2019 die Pilotregion für einen Shuttle-Service mit automatisierten Fahrzeugen sein. Verwirklicht wird das Projekt von Bosch und Daimler zusammen mit Nvidia als Zulieferer für die Künstliche-Intelligenz-Plattform. Die Fahrzeugelektronik wird in Millisekunden die gesammelten und zusammengeführten Daten der verschiedenen Sensoren auswerten (Sensorfusion) und auf dieser Basis den Fahrweg planen. Dabei führt das System hunderte Billionen Rechenoperationen in der Sekunde aus.

Als Betreiber der Testflotte und des App-basierten Mobilitätsservices ist Daimler Mobility Services vorgesehen. Das Pilotprojekt soll zeigen, wie Mobilitätsservices wie Car-Sharing (car2go), Ride-Hailing (mytaxi) und multimodale Plattformen (moovel) intelligent verbunden werden können, um so die Zukunft der Mobilität zu gestalten. Zur Entwicklung des Fahrsystems für vollautomatisierte und fahrerlose Fahrzeuge verfügen Bosch und Daimler über eine gemeinsame, in Jahrzehnten gewachsene Kompetenz. Mit ihrer im April 2017 gestarteten Entwicklungskooperation zum vollautomatisierten und fahrerlosen Fahren im urbanen Umfeld wollen Bosch und Daimler den Verkehrsfluss in Städten verbessern, die Sicherheit auf der Straße erhöhen und einen wichtigen Baustein für den Verkehr der Zukunft liefern.

Renn-ABS: Das Anti-Blockier-System im Motorsport

Mercedes-Benz Rennfahrer Roland Asch verblüfft beim Einladungsrennen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) am 18. November 1990 in Kyalami in Südafrika die Konkurrenz durch das exzellente Bremsverhalten seines AMG Mercedes Rennsport-Tourenwagens. Die Erklärung: Erstmals setzt die Stuttgarter Marke das gemeinsam mit Bosch entwickelte Renn-ABS in einem Rennen ein. Asch sichert sich die Pole Position im ersten Lauf, den er auf Platz 2 beendet. Im zweiten Lauf siegt der auch „Schwaben-Pfeil“ genannte Rennfahrer. Damit gewinnt Roland Asch mit dem Rennsport-Tourenwagen auf Basis des Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evolution II die Gesamtwertung des Rennens in Kyalami.

190 E 2.5-16 Evolution II mit Rennsport-ABS

Die Entwicklung des Anti-Blockier-Systems für Rennfahrzeuge beginnt schon bald nach der Einführung von ABS in die Serie. Einen ersten Vorgeschmack von der Wirkung des Systems bekommt Ayrton Senna im Frühjahr 1984 bei einer Probefahrt für das Eröffnungsrennen der neuen Grand-Prix-Strecke des Nürburgrings. Diese Premiere am 12. Mai 1984 wird mit einem Rennen gefeiert, das 20 Nürburgring-Champions mit 20 identischen Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 (W 201) austragen.

Statische Demonstration 190 E 2.5-16 Evolution II mit Rennsport-ABS

Senna wird das Rennen im Mai gewinnen. Doch bei der Probefahrt stellt der brasilianische Rennfahrer erst einmal erschrocken fest: „Die Bremse ist kaputt.“ Denn Senna ist noch nie zuvor ein sportliches Fahrzeug mit ABS gefahren, weshalb ihn das pulsierende Bremspedal beim ABS-Eingriff irritiert. Projektchef Gerhard Lepler beruhigt und empfiehlt: „Bleibe einfach fest auf dem Pedal.“ Senna kann sich aber nach der Überlieferung nicht wirklich mit dem Renn-ABS anfreunden. Ganz anders sieht das bei Niki Lauda aus, der 1984 zum dritten Mal Formel-1-Weltmeister wird: Als man ihm die Fahrzeugkonzeption für das Eröffnungsrennen vorstellt und das eingebaute ABS erklärt, nennt Lauda das Anti-Blockier-System „die beste Erfindung seit der Erfindung des Rades“.

Mercedes-Benz Projektleiter Lepler ist mit dem erreichten Stand des Rennsport-ABS aber noch nicht zufrieden. Nicht nur das pulsierende Bremspedal stört, sondern das ABS hat auch bei abhebenden Rädern nach Bodenwellen ein Problem. Dann nämlich registrieren die Sensoren keine Haftung mehr und signalisieren der Steuereinheit Reibungsverhältnisse wie bei Glatteis. Daraufhin wird der Bremsdruck erst drastisch reduziert und dann für den Renneinsatz viel zu langsam wieder aufgebaut. Zunächst bringt eine Feinabstimmung eine gewisse Besserung. Aber wirklich überzeugend ist schließlich die neue, zusammen mit Bosch entwickelte elektronische Regelanlage mit programmierbarem Steuergerät. So lassen sich das Pulsieren des Bremspedals beim ABS-Eingriff und das plötzliche Nachgeben bei Bodenwellen im Renneinsatz unterbinden.

Mit dieser ausentwickelten Version des Rennsport-ABS geht also Roland Asch 1990 in Kyalami an den Start. Die Fachzeitschrift „Auto Motor und Sport“ schreibt über das Rennen in Heft 25/1990: „Asch hüpfte vor Freude auf das Autodach und wurde nicht müde, die Vorzüge seines ABS-Wagens zu loben. „ABS ist unheimlich gut, ich kann mich voll aufs Fahren konzentrieren und brauche erst in letzter Sekunde auf die Bremse zu latschen.“

In der Saison 1991 rüstet Mercedes-Benz seine DTM-Renntourenwagen mit dem fortschrittlichen System aus. Für das Folgejahr kann der vom Fahrer aufzubringende Pedaldruck, der mit Einführung des ABS deutlich gestiegen war, wieder reduziert werden. Auch in den folgenden Rennjahren der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft und der International Touring Car Championship (ITC) bis zur Einstellung im Jahr 1996 gehen die Mercedes-Benz Renntourenwagen mit ABS an den Start.

In der Formel 1 wird fast zeitgleich mit der DTM ein ähnliches System eingeführt. Das System misst hier den Druck des Fahrers auf das Bremspedal und verteilt den Bremsdruck so auf die Räder, dass sie nicht blockieren. So können die Fahrer sogar am Ende einer langen Geraden aus der maximalen Geschwindigkeit voll verzögern. Mit dem Argument, dass ein mit ABS ausgerüsteter Rennwagen weniger fahrerisches Können erfordert, wird der Einsatz von ABS Ende 1993 in der Königsklasse des Rennsports verboten.

Die Chronologie der Assistenzsysteme von Mercedes-Benz

1970 Mercedes-Benz stellt das gemeinsam mit Teldix entwickelte Anti-Blockier-System (ABS) der ersten Generation für Personenwagen vor. Die Überlegungen dafür reichen zurück bis ins Jahr 1953. Damals meldet der spätere Daimler-Benz Entwicklungs-Vorstand Hans Scherenberg ein Patent „zum Verhindern des Blockierens der Fahrzeugräder beim Bremsen“ an.

1975 Für die Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 116 sowie die SL- und SLC-Modelle der Baureihe 107 ist in Verbindung mit Automatikgetriebe erstmals ein Tempomat als Sonderausstattung erhältlich. Entwickelt wird er insbesondere auf Anforderung des nordamerikanischen Markts.

1978 Mercedes-Benz stellt das gemeinsam mit Bosch entwickelte Anti-Blockier-System (ABS) der zweiten Generation vor. Ab Dezember ist die Weltneuheit zunächst für die Limousinen der S-Klasse der Baureihe 116 verfügbar. Ab August 1980 wird ABS für alle Mercedes-Benz Personenwagen angeboten.

1984 Der Reiserechner ist die erste digitale Schnittstelle zwischen Mensch und Automobil bei Mercedes-Benz. Zwölf Funktionen kann der Fahrer über eine Tastatur in der Mittelkonsole abrufen, unter anderem Durchschnittsverbrauch und -geschwindigkeit.

1985 Mercedes-Benz stellt die neuen Fahrdynamik-Systeme ASD (Automatisches Sperrdifferential) und ASR (Antriebs-Schlupf-Regelung) sowie den automatisch zuschaltenden Vierradantrieb 4MATIC vor. Zitat in der Presseinformation: „Modernste Automobilmechanik und -hydraulik in Verbindung mit intelligenter Elektronik“.

1986 Markteinführung der 4MATIC-Modelle der Baureihe 124 mit automatisch schaltendem Vierradantrieb.

1986 Beginn des Forschungsprojekts PROMETHEUS (Program for European Traffic with Highest Efficiency and Unprecedented Safety). Teilprojekte sind der intelligente Tempomat, die elektronische Zielführung und die Kommunikation der Fahrzeuge untereinander. Im Rahmen von PROMETHEUS beginnt die Zusammenarbeit von Mercedes-Benz und der Universität der Bundeswehr zur Entwicklung autonom fahrender Autos. 1994 fahren zwei
S-Klasse Limousinen der Baureihe 140 bis zu 130 km/h schnell hochautomatisiert im Autobahnverkehr.

1990 Ein weiterentwickeltes Rennsport-ABS kommt beim DTM-Einladungsrennen in Kyalami (Südafrika) am 18. November zum Einsatz. Auch 1991 bis 1996 gehen die Mercedes-Benz Renntourenwagen in der DTM und der ITC mit ABS an den Start. Ein ähnliches System wird fast zeitgleich in der Formel 1 eingesetzt, das Reglement untersagt aber ab der Saison 1994 dessen Verwendung.

1990 Im Mercedes-Benz 500 E der Baureihe 124 ersetzt erstmals der digitale CAN-Bus (Controller Area Network) den bislang üblichen Kabelbaum. Es ist ein Meilenstein für die elektronische Vernetzung des Automobils. Die 1991 erscheinende S-Klasse der Baureihe 140 ist die erste komplette Modellreihe mit CAN-Bus. Das System ist ein technologisches Rückgrat, auch des Elektronischen Stabilitäts-Programms ESP®, das 1995 vorgestellt wird.

1991 Die Parameterlenkung (serienmäßig in den Achtzylinder- und Zwölfzylinder-Varianten der S-Klasse der Baureihe 140) passt die Lenkkraftunterstützung abhängig von der Fahrgeschwindigkeit an, beispielsweise beim Einparken.

1992 ABS und Airbag sind bei allen Mercedes-Benz Personenwagen Serienausstattung.

1994 Mercedes-Benz stellt in Schweden die gemeinsam mit Bosch entwickelte Fahrdynamik-Regelung FDR vor, die ein Jahr später als Elektronisches Stabilitäts-Programm ESP® ihre Markteinführung erlebt.

1994 Elektronisches Traktions-System (ETS) als Serienausstattung der S-Klasse und SL-Klasse und Sonderausstattung der C-Klasse.

1995 Weltpremiere für das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP®. Es verhindert durch einen gezielt dosierten Bremseingriff an einzelnen Rädern und gleichzeitiges Eingreifen in die Motorsteuerung das Ausbrechen des Wagens in kritischen Fahrsituationen. Das S 600 Coupé der Baureihe 140 erhält ESP® ab Mai 1995 als Serienausstattung. Ab September folgen die gleichfalls mit V12-Motor ausgestatteten S 600 Limousinen und der SL 600. Ab dem Zeitpunkt ist ESP® optional auch in den V8-Typen der S- und der SL-Klasse erhältlich. Ab der Markteinführung im Januar 1996 ist es auch für den E 420 der Baureihe 210 lieferbar.

1995 Auf Wunsch ist die Ultraschall-Einparkhilfe PARKTRONIC lieferbar. Sie errechnet den Abstand zu einem Hindernis mithilfe von Ultraschallsignalen, die vom Hindernis reflektiert werden. Sender und Empfänger der Ultraschallsignale sind in Sensoren zusammengefasst, die in die vorderen und hinteren Stoßfänger integriert sind.

1995 Navigationssystem Auto-Pilot-System APS als Sonderausstattung für die S-Klasse der Baureihe 140. Vorarbeiten der Konzernforschung reichen bis in die Mitte der 1980er-Jahre zurück. Marktfähig wird die Lösung, weil Satellitenempfänger durch den Bedarf der zivilen Luft- und Seefahrt deutlich günstiger in der Anschaffung werden.

1995 Markteinführung des Intelligenten Regensensors, der das Wischintervall abhängig von der Frontscheibenbenetzung regelt. Die Lösung, die bereits 1991 im Forschungsfahrzeug F 100 präsentiert wurde, stammt aus den eigenen Forschungslabors des Unternehmens.

1996 Bremsassistent BAS ab Dezember 1996 serienmäßig in allen Modellen der S-Klasse und SL-Klasse. Er erkennt Notbremsungen und baut bei Bedarf automatisch die maximale Bremskraftunterstützung auf. Der Bremsweg des Fahrzeugs wird dadurch entscheidend verkürzt.

1996 Sprachsteuerung SBS (ab 1997 LINGUATRONIC) als Sonderausstattung.

1997 Nach dem „Elchtest“ einer schwedischen Zeitschrift wird die im Oktober angelaufene Auslieferung der A-Klasse für zwölf Wochen unterbrochen, um die Fahrwerksabstimmung zu ändern und das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® nachzurüsten. Mit diesen Modifikationen erfüllt die A-Klasse auch Extremtests besser als der Wettbewerb.

1997 Neue Generation der 4MATIC als permanenter Allradantrieb mit Vierrad-Traktionskontrolle 4ETS unter anderem in der E-Klasse und der M-Klasse.

1997 Eine Weltneuheit ist die im Mercedes-Benz CLK der Baureihe 208 präsentierte Elektronikarchitektur. Über drei Bussysteme verbindet sie erstmals alle Steuergeräte. Eingebunden ist außerdem der elektronische Zündstartschalter mit bartlosem Schlüssel.

1998 Premiere des Abstandsregeltempomaten DISTRONIC. Das Assistenzsystem ist ein erster Meilenstein für die Autonomie des Fahrzeugs. Auf der Basis von Radarsignalen bremst und beschleunigt das System im Bereich zwischen 40 und 160 km/h den Wagen so, dass er einen eingestellten Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Automobil einhält.

1998 Der Fahrlicht-Assistent schaltet je nach Umfeldhelligkeit das Fahrlicht automatisch ein und aus. Das entlastet den Fahrer insbesondere bei abrupt wechselnder Helligkeit, zum Beispiel bei Tunneldurchfahrten.

1998 Das Anzeige- und Bediensystem COMAND (Cockpit Management and Data System) hat in der S-Klasse der Baureihe 220 Premiere.

1999 Das Active Body Control ABC Fahrwerk mit aktivem Federungssystem hat Weltpremiere im CL Coupé der Baureihe 215. Es mindert Nick- und Wankbewegungen der Karosserie, erhöht die Sicherheitsreserven und fördert die Ermüdungsfreiheit auch auf längsten Strecken.

1999 ESP® ist in allen Mercedes-Benz Personenwagen Serienausstattung.

2002 Weltpremiere von PRE-SAFE® in der modellgepflegten S-Klasse der Baureihe 220. Das System für den präventiven Insassenschutz verbindet Elemente der aktiven und passiven Sicherheit. Grundprinzip ist der Gedanke, mit reversiblen Maßnahmen die Insassen des Fahrzeugs vor einem möglichen Unfall zu schützen.

2002 Mercedes-Benz bietet die S-Klasse und die C-Klasse zum ersten Mal mit dem intelligenten Allradantrieb 4MATIC an.

2003 Mercedes-Benz führt aktive Lichtfunktionen ein. Den Anfang macht das aktive Kurvenlicht in der E-Klasse der Baureihe 211.

2005 Bremssystem ADAPTIVE BRAKE in der S-Klasse. Die neu entwickelte Bremsanlage bietet Zusatzfunktionen, die zum Beispiel das Anfahren am Berg erleichtern und den Bremsweg bei Nässe verkürzen.

2005 Der aktive Nachtsicht-Assistent wird in der S-Klasse der Baureihe 221 eingeführt. Das System mit Infrarotscheinwerfer und -kamera macht bei Dunkelheit einen größeren Fahrbahnbereich sichtbar. Ein Bildschirm im Zentralinstrument zeigt das entsprechende Bild.

2005 Adaptive Bremsleuchten, ebenfalls in der S-Klasse Baureihe 221 eingeführt, warnen bei Notbremsungen die nachfolgenden Autofahrer durch das schnelle Blinken der Bremsleuchten.

2005 Der Bremsassistent BAS PLUS warnt den Autofahrer optisch und akustisch vor einem drohenden Auffahrunfall und berechnet automatisch den notwendigen Bremsdruck, um einen Crash zu vermeiden. Er hat in der S-Klasse der Baureihe 221 Premiere.

2005 Aktive Fahrwerkregelung Active Body Control ABC mit Seitenwindstabilisierung als Sonderausstattung (Serienausstattung im S 600).

2005 Die ebenfalls in der S-Klasse Baureihe 221 eingeführte Parkführung erfasst im Vorbeifahren bis 35 km/h die Länge einer Parklücke, zeigt an, ob der Platz zum Einparken ausreicht und gibt im Kombi-Instrument Hinweise für das Einparken. Alternativ unterstützt eine ebenfalls auf Wunsch erhältliche Rückfahrkamera den Fahrer und weist mit farbigen Hilfslinien im Kamerabild den genau berechneten Weg in die Parklücke.

2005 Weiterentwickeltes COMAND-System. Zentrales Bedienelement ist der neue COMAND-Controller auf dem Mitteltunnel. Er ermöglicht einen besonders schnellen Zugriff auf häufig benötigte Funktionen. Die vereinfachte Bedienung zunehmend komplexer Systeme trägt spürbar zur Entlastung des Fahrers bei.

2006 Richtungweisende technische Innovationen wie der aktive Nachtsicht-Assistent und das weiterentwickelte Abstandsregelsystem DISTRONIC PLUS sowie der Bremsassistent BAS Plus werden zur PRE-SAFE® Bremse mit autonomer Teilbremsung verknüpft und erweitert.

2006 Das Intelligent Light System hat in der E-Klasse der Baureihe 211 Premiere. Es umfasst fünf verschiedene Lichtfunktionen. Zum weiterentwickelten aktiven Kurvenlicht kommen die Funktionen Landstraßenlicht, Autobahnlicht, erweitertes Nebellicht und Abbiegelicht.

2007 Der als Sonderausstattung erhältliche Totwinkel-Assistent überwacht mit Radar den Bereich unmittelbar neben und hinter dem Auto. Er warnt den Autofahrer, wenn der Spurwechsel zu gefährlich ist.

2008 Der aktive Park-Assistent unterstützt den Autofahrer bei der Suche nach einem Parkplatz und beim Rückwärtseinparken. Das Fahrzeug überwacht sein Umfeld mit zehn Ultraschallsensoren und lenkt beim Einparken assistiert, der Fahrer muss unter anderem Gas geben und bremsen.

2009 Die PRE-SAFE® Bremse mit autonomer Vollbremsung baut nach der akustischen Warnung und der automatischen Teilbremsung kurz vor einem drohenden Auffahrunfall automatisch die maximale Bremskraft für eine Vollbremsung auf, wenn der Fahrer noch immer nicht reagiert.

2009 Der Aufmerksamkeits-Assistent ATTENTION ASSIST erkennt aufgrund des Lenkverhaltens typische Anzeichen von Ermüdung und starker Unaufmerksamkeit des Fahrers und warnt ihn visuell und akustisch.

2009 Der Adaptive Fernlicht-Assistent schaltet automatisch zwischen Fern- und Abblendlicht um. So steht stets die optimale Leuchtweite zur Verfügung.

2009 Der Spurhalte-Assistent warnt den Autofahrer vor einem unbeabsichtigten Abkommen von der Fahrbahn. Dazu registriert eine Kamera an der Innenseite der Frontscheibe die Fahrbahnmarkierungen und erkennt das Verlassen der Fahrspur. Der Fahrer wird über Lenkradvibrationen gewarnt.

2009 Der Geschwindigkeitslimit-Assistent erkennt über eine Kamera und intelligente Bildverarbeitung Temposchilder in Echtzeit und zeigt dem Autofahrer das aktuelle Geschwindigkeitslimit im Zentralinstrument.

2010 Der Aktive Totwinkel-Assistent und der Aktive Spurhalte-Assistent erweitern die Fähigkeiten digitaler Assistenzsysteme von Mercedes-Benz. Der Aktive Totwinkel-Assistent korrigiert die Fahrtrichtung durch Bremseingriff, wenn das Fahrzeug trotz Warnung dem Fahrzeug auf der Nebenspur zu nahe kommt. Der Aktive Spurhalte-Assistent hindert das Fahrzeug am ungewollten Überfahren durchgezogener Linien.

2011 Mercedes-Benz Assistenzsysteme bekommen immer mehr Funktionen und wachsen immer enger zusammen. Beispiele dafür sind erweiterte PRE-SAFE®-Funktionen wie PRE-SAFE® PLUS zum Schutz bei einem drohenden Heckaufprall, der COLLISION PREVENTION ASSIST und der Nachtsicht-Assistent Plus mit Spotlight-Funktion.

2012 Die 360-Grad-Kamera hat im damaligen GL und GLK Premiere. Sie macht das gesamte Fahrzeugumfeld auf einen Blick erfassbar. Dazu verbindet das System die Bilder von vier Kameras miteinander und errechnet daraus eine Ansicht, die auf dem COMAND-Display angezeigt wird.

2012 Der im damaligen GL eingeführte Seitenwind-Assistent registriert über die ESP®-Sensorik starke Seitenwindeinflüsse und unterstützt durch gezielte Bremseingriffe den Fahrer.

2013 Der Mercedes-Benz S 500 INTELLIGENT DRIVE fährt hochautomatisiert die historische Route von Bertha Benz aus dem Jahr 1888 von Mannheim nach Pforzheim.

2013 Intelligent Drive umfasst eine Vielzahl von Assistenzsystemen wie DISTRONIC PLUS mit Lenk-Assistent und Stop&Go-Pilot, PRE-SAFE® Bremse mit Fußgängererkennung, BAS PLUS mit Kreuzungsassistent, PRE-SAFE® PLUS, PRE-SAFE® Impuls, MAGIC BODY CONTROL und Adaptiver Fernlicht-Assistent Plus.

2014 Der COLLISION PREVENTION ASSIST PLUS kann bei einer Eigengeschwindigkeit von bis zu 100 km/h bei ausbleibender Fahrerreaktion eine autonome Bremsung ausführen und so die Unfallschwere senken oder sogar den Aufprall vermeiden. Bis etwa 50 km/h bremst das System auch auf stehende Fahrzeuge.

2014 MULTIBEAM LED in der CLS-Klasse. Jeder Scheinwerfer besteht aus 24 einzeln angesteuerten Hochleistungs-Leuchtdioden (LED).

2016 Neue Systeme haben 2016 in der Mercedes-Benz E-Klasse der Baureihe 213 Premiere. Und anderem gehören folgende Funktionen dazu: Aktiver Abstands-Assistent DISTRONIC mit Aktivem Lenk-Assistenten und Aktivem Spurwechsel-Assistenten sowie umfassender Fahrunterstützung bis 210 km/h und aktivem Mitlenken bis 130 km/h, Aktiver Geschwindigkeitslimit-Assistent, Aktiver Spurwechsel-Assistent, Aktiver Nothalt-Assistent, Aktiver Brems-Assistent mit Kreuzungsfunktion, Ausweich-Lenk-Assistent, PRE-SAFE® Sound und PRE-SAFE® Impuls Seite. Der Aufmerksamkeits-Assistent ATTENTION ASSIST mit einstellbarer Empfindlichkeit und der Seitenwind-Assistent ergänzen das umfassende Angebot an Fahrerassistenzsystemen.

2016 Der Remote Park-Assistent macht das Ein- und Ausparken des Fahrzeugs in Garagen und Parklücken von außerhalb des Automobils über eine Smartphone-App möglich.

2016 Die weltweit erste vollintegrierte Car-to-X-Lösung: Kommunikation des Fahrzeugs mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur über abgesicherte Cloud-Funktionen.

2017 Erweiterte Funktionsumfänge: Der Aktive Abstands-Assistent DISTRONIC und der Aktive Lenk-Assistent unterstützen den Fahrer beim Abstandhalten und Lenken jetzt noch komfortabler. Der Aktive Geschwindigkeits-Assistent passt die Geschwindigkeit in Kurven oder vor Kreuzungen nun automatisch an. Hinzu kommen ein erheblich verbesserter Aktiver Spurwechsel-Assistent sowie Zusatzfunktionen beim Aktiven Nothalt-Assistenten.

2017 MULTIBEAM LED-Scheinwerfer mit ULTRA RANGE Fernlicht ermöglichen eine extrem schnelle und präzise Anpassung des Fahrlichts an die aktuelle Verkehrssituation. Das ULTRA RANGE Fernlicht erzeugt dabei eine besonders große Reichweite für das Fernlicht.

2017 Die weiterentwickelte Ausführung der 2012 eingeführten MAGIC VISION CONTROL hat Premiere. Das adaptive Scheibenreinigungssystem passt die Waschwassermenge nun automatisch den Umgebungsbedingungen und dem Reinigungswunsch des Fahrers an. Das Wasser tritt durch beidseitig entlang des Wischerblatts integrierte Wasserführungen mit feinen, per Laserstrahl gebohrten Sprühöffnungen aus.

2017 Die Navigation des Concept EQ beruht auf der Kartenplattform HERE und bietet eine einzigartige 3-D-Ansicht. Dazu verwendet das System Bildverarbeitungstechnologie von Nvidia. Interessante Ziele werden in der räumlichen Darstellung grafisch hervorgehoben. Das Design der HERE-Karten reduziert die visuelle Komplexität, der Fahrer kann schneller die für ihn relevanten Informationen erkennen und sie besser verarbeiten.

2018 Nach fünf Monaten endet der Mercedes-Benz Intelligent World Drive auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Ein Erprobungsfahrzeug auf Basis der aktuellen S-Klasse hat eine anspruchsvolle Studienreise auf fünf Kontinenten absolviert, um bei automatisierten Testfahrten im realen Verkehr zu „lernen“.

2018 Die Mercedes-Benz User Experience MBUX ist ein völlig neues Multimediasystem, das eine emotionale Verbindung zwischen Fahrzeug, Fahrer und Passagieren schafft und dank künstlicher Intelligenz lernfähig ist. Dabei nutzt Mercedes-Benz als erster Automobilhersteller weltweit auch die Technologie von what3words: Mit nur drei gesprochenen Wörtern wird eine absolut eindeutige Ortseingabe möglich, bis auf ein Quadrat mit drei Metern Kantenlänge genau. Premiere hat MBUX mit natürlichem Sprachverstehen (LINGUATRONIC) und Aktivierung über das Schlüsselwort „Hey Mercedes“ (optional) in der A-Klasse der Baureihe 177. Die Premiere findet auf der CES in Las Vegas im Januar 2018 statt. Sukzessive wird es auch in anderen Baureihen eingeführt.

2018 Die neue Mercedes-Benz A-Klasse steht für die Demokratisierung von Technologie auf höchstem Niveau über das komplette Mercedes-Benz Modellprogramm hinweg. Sie verfügt über die aktuellsten Fahrassistenz-Systeme mit kooperativer Unterstützung des Fahrers und bietet damit bei der aktiven Sicherheit das höchste Niveau im Segment mit Funktionsumfängen aus der S-Klasse. Erstmals kann die A-Klasse in bestimmten Situationen teilautomatisiert fahren.

Biografien: Die Experten bei der Mercedes-Benz Classic Insight

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Baumann – Geboren am 11. Mai 1951 in Villingen

Karl-Heinz Baumann hat mit seinem Wirken die Sicherheitsmerkmale zahlreicher Fahrzeuge von Mercedes-Benz, smart und Maybach nachdrücklich geprägt. Zur langen Liste seiner Erfindungen und Innovationen gehören beispielsweise der automatische Überrollbügel (1989 in der SL-Baureihe R 129 eingeführt), das vorbeugende Insassen-Schutzsystem PRE-SAFE® (2002 in der S-Klasse Baureihe 220 eingeführt) und das Experimental-Sicherheits-Fahrzeug ESF 2009. Auch am Konzept der „Integralen Sicherheit“ ist er maßgeblich beteiligt. Es verbindet die aktive und passive Sicherheit zu einem ganzheitlichen System.

Baumann gehört zu jenem Typus des Entwicklungsingenieurs, der in idealer Weise Theorie und Praxis in Beruf und Berufung vereint. Er durchläuft zunächst von 1966 bis 1969 eine Lehre als Werkzeugmacher. Nach Erlangen der Fachhochschulreife absolviert er von 1974 bis Ende 1976 ein Studium der Fachrichtung Maschinenbau, Betriebs- und Fertigungstechnik, das er als Diplom-Ingenieur (FH) abschließt. Es folgt ein kompaktes Zusatzstudium an der Fachhochschule Konstanz und der Schweißtechnischen Lehranstalt in Mannheim mit der Ausbildung zum Schweißfachingenieur. Solchermaßen in Theorie und Praxis gerüstet, nimmt er im Mai 1977 in der damaligen Daimler-Benz AG seine Tätigkeit auf, und zwar in der Entwicklung von Personenwagen-Aufbauten im Bereich der Unfallsicherheit – ein Fachgebiet, das ihn nicht mehr loslassen wird.

1986 wird Baumann Gruppenleiter in der Abteilung der Karosserierohbau-Untersuchungen und verantwortet zugleich die passive Sicherheit von Personenwagen. 1994 wird er stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich des Karosserierohbau-Versuchs. 1997 wird er Senior Manager und Leiter für Strategien und Konzepte der Passiven Sicherheit sowie Kindersicherheit für die Personenwagen von Mercedes-Benz und smart. Im Lauf der Jahre ist Baumann maßgeblich involviert in die Entwicklung der passiven Sicherheit der Baureihen 126, 201, 124, 129, 140, 202, 210, 203, 170, 220 und smart.

Während seiner Berufstätigkeit gelingt es ihm immer wieder, markante Akzente zu setzen. Zweifellos zu den herausragenden Neuerungen gehört der aktive Überrollbügel für Cabriolets, 1989 im Mercedes-Benz SL der Baureihe R 129 erstmals verwirklicht. Es setzt branchenweit Maßstäbe: Mit dem unter Baumanns Leitung entstandenen Konzept des automatisch ausklappenden Überrollbügels beginnt die neue Ära des sichereren Offenfahrens. Aber auch das Konzept der Ellipsoid-Stirnwand beim SLK der Baureihe R 170 eröffnet mit einem kurzen offenen Auto eine neue Dimension der Crashsicherheit in dieser Fahrzeugklasse. Einen nicht minder großer Wurf stellt die besonders stabile tridion-Sicherheitszelle des zweisitzigen smart dar – in dieser Fahrzeugklasse eine absolute Weltneuheit.

Baumann ist nie auf einseitige Ergebnisse fixiert. Seinem Anspruch genügen nur übergreifende und multifunktionale Lösungen. Ein Ergebnis aus diesem Denken ist das 1997 erstmals skizzierte Sieben-Phasen-Konzept, das Sicherheit im Personenwagen als ganzheitliche Aufgabe in der Verknüpfung von aktiver und passiver Sicherheit sieht. Zur langen Liste von Baumanns weiteren Erfindungen und Innovationen gehören beispielsweise der alternative Energieabsorber, crashaktive Kopfstützen, das Experimental-Sicherheits-Fahrzeug ESF 2009 und integrale Sicherheitskonzepte, wie sie beispielsweise im vorbeugenden Insassen-Schutzsystem PRE-SAFE® verwirklicht sind. 2003 erhält Baumann als geistiger Vater von PRE-SAFE® von der amerikanischen Sicherheitsbehörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) den „U.S. Government Award for Safety Engineering Excellence“.

2007 wird Baumann Lehrbeauftragter der Technischen Universität Dresden und hält dort, wie auch Professor Rodolfo Schöneburg, Leiter Sicherheit, Betriebsfestigkeit und Korrosionsschutz bei Mercedes-Benz Cars, Vorlesungen zur „Integralen Sicherheit von Personenwagen“. 2011 folgt ein Lehrauftrag an der Dresden International University zum Fachgebiet „Passive Sicherheit von Personenwagen“. Für Baumann ist es immens wichtig, Erfahrung und Wissen nicht als Alleinstellungsanspruch für sich zu behalten. Es ist ihm ein vorrangiges Anliegen, bei nachwachsenden Technikergenerationen über das Vermitteln von Erfahrungen Interesse an dieser Tätigkeit zu wecken.

Der bekennende Autofahrer und aktive Gleitschirmflieger kennt Gefahren und die Grenzbereiche zu den Ernstfällen. Vielleicht ist Baumann auch gerade deshalb so erfolgreich und kreativ in der Vermeidung derselben durch präventive Maßnahmen, zum Wohle aller. Im Frühjahr 2012 geht er in den Ruhestand. Danach ist er für Daimler weiterhin als Senior Expert tätig und als Freiberufler zudem mit seinem Ingenieurbüro KHBSafetyFirst. Zu seinen Auszeichnungen gehört der „Goldene Gurt“ des Motor Presse Clubs e.V. für seine umfangreichen Verdienste auf dem Gebiet der passiven und integralen Sicherheit – zweifellos verdanken viele Autofahrer ihr Leben dem Erfindungsreichtum und der Kreativität von Karl-Heinz Baumann.

Prof. h.c. Dipl.-Ing. Hermann Gaus – Geboren am 22. Januar 1936 in Leutkirch (Allgäu)

Technik interessiert den gebürtigen Allgäuer Hermann Gaus schon früh. Bereits im Alter von 13 Jahren will er Ingenieur werden, und in den Schulferien arbeitet er in einer Landmaschinenwerkstatt mit. Er verwirklicht seinen Berufswunsch: Nach dem Abitur studiert er ab 1955 Maschinenbau an der Technischen Hochschule Stuttgart und schreibt 1960 seine Diplomarbeit über einen Leistungsprüfstand für Ackerschlepper. 1961 nimmt Gaus eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent der Universität Göttingen im Landmaschineninstitut an.

Bald wechselt der Ingenieur zu den Personenwagen. Am 15. Februar 1962 tritt Gaus in die Abteilung Konstruktion Sondergetriebe der Daimler-Benz AG ein. Wichtige Erfahrungen sammelt er bei der Entwicklung des Automatikgetriebes für den Mercedes-Benz 600 (W 100). Er überzeugt mit kreativer Gründlichkeit und steigt bis 1969 vom Konstrukteur zum Hauptgruppenleiter der Konstruktion von Steuer- und Regeleinrichtungen für automatische Pkw-Getriebe auf. In dieser Zeit beginnt für den Konstrukteur auch die Ära der Elektronik. Gaus entwirft eine elektrische Getriebesteuerung mit Relaistechnik und entwickelt diese im Austausch mit Elektronikexperten zur Transistortechnik weiter. 1971 übernimmt er die Abteilungsleitung Regelung und Steuerung automatischer Pkw-Getriebe und wird 1976 Hauptabteilungsleiter mit der Zuständigkeit für die Konstruktion automatischer Getriebe und Servolenkungen für Personenwagen und Nutzfahrzeuge.

1982 wird die Konstruktion automatischer Getriebe zwischen den Bereichen Personenwagen und Nutzfahrzeuge aufgeteilt. Gaus übernimmt als Fachbereichsleiter der Konstruktion Personenwagen die Bereiche Fahrwerk Antriebsstrang, Motorbetriebssysteme und Elektrik / Elektronik (E/E). Dieser letzte Schwerpunkt wird immer mehr zum Schlüsselbereich für Mercedes-Benz: 1985 stellt die Stuttgarter Marke die elektronischen Assistenzsysteme ASD, ASR und 4MATIC vor, die auf dem seit 1978 lieferbaren ABS aufbauen. Zwei weitere wichtige Entwicklungsschritte, die Gaus verantwortet, sind der SL der Baureihe 129 mit der elektronischen Steuerung von Dach- und Überrollbügelkonstruktion sowie die S-Klasse der Baureihe 140. Dort ergeben sich mit dem erstmaligen Einsatz des CAN-Datenbus neue Vernetzungsmöglichkeiten für Technologien der Zukunft.

Im März 1988 erhält Gaus Prokura und übernimmt die Direktion Gesamtfahrzeug im Bereich Konstruktion und Versuch. Dass er bereits zuvor in seinem Fachbereich für die Konstruktion Elektrik / Elektronik verantwortlich ist, erleichtert ihm die Arbeit als Gesamtverantwortlicher bei der Einführung zahlreicher elektronisch und digital geprägter Systeme bis Mitte der 1990er-Jahre. So initiiert er unter anderem die Entwicklung von Navigationssystemen und treibt sie bis zur Serienreife voran. Im Juli 1994 erhält Gaus die Entwicklungsverantwortung für E-Klasse und S-Klasse sowie SL und SLK. In dieser Zeit erntet er den Erfolg von ihm initiierter und begleiteter Innovationen: 1995 hat ESP® in der S-Klasse der Baureihe 140 Premiere, im gleichen Jahr erfolgt der Einsatz des ersten Navigationssystems in der Baureihe 140 als Sonderausstattung. Mit der 1998 eingeführten S-Klasse der Baureihe 220 steigt der Anteil der Elektronik im Automobil exponentiell.

Die Mitarbeiter von Hermann Gaus erleben ihren Chef als begeisterten, aber auch kritischen Elektronikfan: Bei der Entwicklung der S-Klasse der Baureihe 220 erhalten sie montags Listen mit abzuarbeitenden Fehlerpunkten, auf die Gaus bei Erprobungsfahrten am Wochenende gestoßen ist. 1998 übernimmt Gaus auf Wunsch von Mercedes-Benz Chef Jürgen Hubbert die Projektleitung und Entwicklung des Maybach. Mit der Markteinführung im Jahr 2003 schließt er das Projekt erfolgreich ab und tritt in den Ruhestand ein.

1992 übernimmt er an der Universität Stuttgart als Dozent die Nachfolge des ehemaligen Daimler-Benz Konstruktionschefs Prof. Joachim-Hubertus Sorsche. Er hält bis 2003 Vorlesungen zu den Themen Konstruktion, Konzeption und Gesamtentwurf für Aggregate und Systeme. 1998 erfolgt seine Ernennung zum Honorarprofessor der Universität Stuttgart. 2002 wird Gaus die Ehrenmedaille „Benz-Daimler-Maybach“ des Vereins Deutscher Ingenieure verliehen. Seit 2007 gehört Hermann Gaus dem Vorstand der Wilhelm und Karl Maybach Stiftung an.

Dipl.-Ing. Frank Knothe – Geboren am 24. Februar 1942 in Dresden

Frank Knothe studiert an der Technischen Hochschule in Karlsruhe und beendet das Studium im Jahr 1966 als Diplom-Ingenieur. Im gleichen Jahr tritt er in die damalige Daimler-Benz AG ein. Sein beruflicher Lebenslauf ist geprägt von einer vielseitigen Entwicklungs- und Versuchstätigkeit.

1971 wird Knothe im Fahrzeugversuch Gruppenleiter für die Sechszylinderfahrzeuge der Mittelklasse (E-Klasse Vorgänger) in der Abteilung der Fahrzeugerstmontage des Versuchs. 1972 wird er Hauptgruppenleiter und Typbegleiter der Sechszylinderfahrzeuge der Baureihen 114, 107 und 123. Immer in der Pkw-Entwicklung und im Versuch ist Knothe an verschiedenen Baureihen tätig. Ab 1978 übernimmt er die Abteilung Mittelklasse und 1984 dann die Hauptabteilung Fahrzeugerstmontage und Erprobung für alle damaligen Baureihen, also die Oberklasse (S-Klasse), Mittelklasse (E-Klasse und Vorläufer), Kompaktklasse (Baureihe 201) sowie die SL-Klasse.

Ab 1991 übernimmt Knothe als Nachfolger von Hans Werner („Langer Werner“) den Fachbereich Gesamtfahrzeugversuch, der alle Baureihen umfasst. Mit der Einführung einer neuen Organisationsstruktur erhält er 1994 als Baureihenchef die Verantwortung für die Entwicklung Gesamtfahrzeug der Produktgruppe 2, die er bis zum 31. Dezember 2006 und damit bis zu seiner Pensionierung leitet. Sie umfasst die S-Klasse, den SL und den SLK. Außerdem betreut er den SLR McLaren.

Knothe betrachtet es bis heute als Auszeichnung, zusammen mit seinem Team zahlreiche Baureihen in weiten Bereichen mit beeinflusst zu haben. Dazu gehört auch seine Überzeugung, dass insbesondere die S-Klasse seit Generationen in ihrem Segment Schrittmacher und Beispiel für Sicherheit, Fahrkomfort, Technik und Luxus ist und dass der SL als dynamischer, hochemotionaler Roadster mit Langstreckenkomfort sein Segment von Beginn an geprägt hat.

Frank Knothe beurteilt die Zeit bei seinem einzigen Arbeitgeber und in seinen diversen Teams als äußerst spannend. Die Krönung seiner Tätigkeit sind die im Herbst 2005 präsentierte S-Klasse Baureihe 221 und das CL Coupé der Baureihe C 216, das 2006 vorgestellt wird. Danach ist Knothe noch beratend bei der Abstimmung des Mercedes-Benz SLS AMG tätig.

Dipl.-Ing. Heinz Leiber – Geboren am 3. Oktober 1936 in Trossingen

Heinz Leiber entdeckt seine Begabung und Begeisterung für die Technik auf der Feinmechanikschule in Schwenningen. Er entscheidet sich für ein Studium an der Fachhochschule in Esslingen und schließt es mit einer Diplomarbeit über eine Steuerung für Elektromotoren mit Infrarotregelung ab. Im Alter von 26 Jahren tritt er als junger Diplomingenieur in die Firma Teldix in Heidelberg ein, eine gemeinsame Tochter von Telefunken und der Bendix Corporation, in den USA ein bedeutender Hersteller unter anderem von Bremssystemen. Die ersten drei Jahre beschäftigt Leiber sich mit Flugnavigationssystemen und Studien über die elektrische Miniaturhydraulik.

1965 wird die Entwicklung des Anti-Blockier-Systems (ABS) für Personenwagen, Nutzfahrzeuge und Motorräder der Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Daimler-Benz beginnt bereits 1963 mit der Entwicklung eigener ABS-Komponenten auf der Basis elektronisch-hydraulischer Regelsysteme. 1966 tritt Teldix mit einem entwicklungsfähigen System an Daimler-Benz heran, das auf schnell schaltenden Magnetventilen, Raddrehzahlsensoren und Analogelektronik basiert. 1970 präsentiert Daimler-Benz das mit Teldix entwickelte ABS, das sich jedoch als nicht zuverlässig genug für den Alltagsbetrieb und die Serienproduktion erweist. 1975 übernimmt Bosch den Geschäftszweig von Teldix inklusive vieler Mitarbeiter. Die Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz wird fortgesetzt, das Ergebnis ist das ABS auf Basis von Digitalelektronik, die zum Durchbruch führt. Weltpremiere feiert das Anti-Blockier-System 1978 in der S-Klasse der Baureihe 116.

Als Entwicklungsdirektor überträgt Bosch ihm 1978 zusätzlich die Verantwortung für Zündsysteme und das Prüffeld für Elektrik, Elektronik und Mechatronik, 1982 zudem für elektronische Getriebesteuerungen. 1985 wechselt Leiber zur Daimler-Benz AG in die Vorentwicklung. Dort wird der erfahrene, äußerst kreative und einsatzfreudige Ingenieur Fachbereichsleiter mit dem Schwerpunkt Fahrdynamiksysteme Elektrik / Elektronik (E/E) im Versuch. Ab 1988 leitet er die Konstruktion und den Versuch des Bereichs Elektrik / Elektronik mit Ausnahme der Audiosysteme und der Beleuchtung. Ab 1994 ist er nach der Neuordnung der Entwicklung nach Baureihen als Fachbereichsleiter in der Mercedes-Benz Pkw-Entwicklung mit acht Abteilungen gesamtverantwortlich für den Bereich Elektrik / Elektronik. Leiber gelingt es schnell, das Potenzial seiner Mitarbeiter so zu steigern, dass sie die umfangreichen neuen Aufgaben bei der Einführung und Verknüpfung neuer elektronischer Systeme, Sensoren und Aktuatoren erfolgreich bewältigen. Höhepunkt ist 1997 im CLK (Baureihe 208) die unter Leiber entwickelte neue Elektronikarchitektur mit drei Bussystemen und elektronischem Zündstartschalter mit bartlosem Schlüssel, eine Weltneuheit von Mercedes-Benz.

Heinz Leiber erhält für seine beruflichen Erfolge zahlreiche Auszeichnungen, für die Entwicklung des ABS unter anderem 1981 in den USA den NHTSA Safety Award des Departement of Transportation (DOT), 1982 zusammen mit seinem Mercedes-Benz Kollegen Jürgen Paul den „Professor Ferdinand Porsche“-Preis der Technischen Universität Wien, 1992 den Preis für Technik und angewandte Naturwissenschaften der Aachener und Münchener Versicherungen und 1994 den Elmer A. Sperry Award. 1997 folgt das Bundesverdienstkreuz am Band der Bundesrepublik Deutschland, 2008 die Dieselmedaille in Gold.

1996 scheidet Heinz Leiber aus der Daimler-Benz AG aus. Bis 2006 ist er beratend auf den Gebieten Bordnetz und Sensorik / Mechatronik-Systeme tätig. 1998 gründet er mit seinem Sohn Dr. Thomas Leiber, den er bis heute unterstützt, die Firma LSP Innovative Automotive Systems GmbH.

Dipl.-Ing. Frank-Werner Mohn – Geboren am 15. Mai 1957 in Essen

Das Thema Fahrsicherheit beschäftigt Frank-Werner Mohn bereits während des Maschinenbau-Studiums an der RWTH Aachen: In seiner Abschlussarbeit weist der angehende Diplom-Ingenieur in einer Simulation nach, dass ein Sattelzug beim Bremsen auf nasser Fahrbahn mit einer geänderten Kupplungsanordnung stabil und gestreckt zum Stehen kommen kann. Zu diesem Schwerpunkt passt der Berufseinstieg 1982 bei der Daimler-Benz AG als Versuchsingenieur in der Nutzfahrzeugmotoren-Vorentwicklung.

1987 wechselt Mohn in die Personenwagen-Vorentwicklung und befasst sich dort mit Fahrzeugvermessung. Nach der Neugründung des Themengebiets aktive Fahrsicherheitssysteme ist er hier insbesondere im Bereich der fahrdynamischen Regelsysteme wie ABS und dem späteren ESP® tätig. Ein wichtiger Moment ist dabei ein glimpflich verlaufender Unfall im Jahr 1989 während einer Versuchsfahrt in Schweden. Mohn setzt sich danach intensiv mit der Frage auseinander, wie sich die Fahrdynamik im Grenzbereich sicher beherrschen lässt. Seine Ergebnisse fließen in das heutige ESP® ein, erstmals 1991 dargestellt in einem Vorentwicklungsfahrzeug von Mercedes-Benz. Die Entwicklung zur Serienreife erfolgt zusammen mit Bosch in einem gemeinsamen Projekthaus. ESP® erlebt 1995 im S-Klasse Coupé der Baureihe 140 seine Weltpremiere. Knapp drei Jahre später erhält die damals neue A-Klasse diese stabilisierende Fahrfunktion serienmäßig. Danach besteht die Kompaktklasse selbst wenig realitätsnahe Ausweichmanöver wie den „Elch-Test“ mit Bravour. Heute ist ESP® ein Branchenstandard.

Zur Jahrtausendwende wechselt Frank-Werner Mohn in die Serienentwicklung. Hier widmet er sich als Fachfunktionsinhaber den vorausschauenden radar- und später kamerabasierten Fahrerassistenzsystemen. Dazu zählt der Abstandsregeltempomat DISTRONIC ebenso wie die Totwinkel- und Spurhalte-Assistenten. In dieser Zeit entwickelt Mohn unter anderem die Anhängerstabilisierungsfunktion des ESP®, die heute in zahlreichen Fahrzeugen eingesetzt wird.

Ab 2010 nutzt der Ingenieur seine Erfahrung aus der Miterfindung und Entwicklung vieler Assistenzsysteme im Testmittelbau und der Kommunikation der Assistenzsysteme für die Entwicklung von Mercedes-Benz Cars. Insbesondere konzipiert er Versuchsaufbauten und Hindernissysteme wie zum Beispiel bewegte Fußgänger-Dummys, aber auch bewegte Fahrzeugattrappen, die von Radar und Kameras äquivalent zu echten Automobilen erkannt werden. Solche innovativen Testmittel sind eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung unfallvermeidender und komfortsteigernder Assistenzsysteme.

Neben der Konstruktion und Entwicklung liegt ein besonderer Schwerpunkt in der Tätigkeit von Frank-Werner Mohn auf der Erläuterung dieser Assistenzsysteme im Rahmen von Presseveranstaltungen, Messen und Fahrpräsentationen. Seit Herbst 2017 befindet sich der Ingenieur im Ruhestand. Sein umfassendes Expertenwissen zur Funktion von Assistenzsystemen ist nach wie vor höchst gefragt.

Dr. Ir. Anton van Zanten – Geboren am 27. Juli 1940 in Kota Radja, Niederländisch-Indien, heute Indonesien

Mit 21 Jahren beendet van Zanten die Ingenieurschule in Arnheim (Niederlande) in der Fachrichtung Maschinenbau. Seine zwei älteren Brüder hatten das Interesse an Technik geweckt. Nach dem Militärdienst folgt ein Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule Eindhoven, das er 1968 mit dem Diplom abschließt. Die Abschlussarbeit beschäftigt sich auf Anregung seiner Frau, einer Ärztin, mit der Konstruktion einer Herzklappe für eine Herz-Lungen-Maschine.

Während seines folgenden Aufenthalts als Visiting Lecturer an der School of Engineering der Pahlavi Universität in Shiraz (Iran) von 1968 bis 1970 empfiehlt ihm ein amerikanischer Kollege, sich in den USA zu bewerben, um die Berufsaussichten dort und vor allem in Europa zu verbessern. So lehrt van Zanten als Teaching Assistent in den Jahren 1970 bis 1973 an der School of Engineering der Cornell University in Ithaca (New York). Dort werden die Weichen für seine spätere Erfolgskarriere gestellt: Für seine Doktorarbeit sucht er nach einem Thema mit Industriebezug und findet es im Anti-Blockier-System (ABS) für Sattelzüge. Ein funktionierendes Personenwagen-ABS hatte Mercedes-Benz ja 1970 präsentiert. Van Zanten ergreift die Chance, vertieft sich in die Problematik und promoviert 1973 über die „Optimale Regelung eines Sattelzuges“ an der Cornell University.

Van Zanten kehrt mit seiner Familie nach Europa zurück und arbeitet von 1973 bis 1977 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Rechenzentrum der Universität Stuttgart. Der Eintritt in die Robert Bosch GmbH 1977 beeinflusst sein weiteres Berufsleben deutlich: In Schwieberdingen wird er Fachreferent für die Entwicklung neuer Brems- und Motorregelsysteme. In sein Tätigkeitsgebiet fällt auch ein System, das später unter dem Namen Elektronisches Stabilitäts-Programm ESP® Weltruhm erlangen wird.

Nach wie vor ungelöst ist Ende der 1970er-Jahre die Sensordatenbasis für eine Fahrzeugstabilisierung aus dem Zusammenspiel elektronischer Systeme mit den Bremsen. 1982 schlägt van Zanten den Führungskräften bei Bosch vor, Versuche mit Gierratensensoren durchzuführen, nachdem sich Kreisel- und Beschleunigungssensoren als untauglich herausgestellt haben. Er erhält die Zusage und führt umfangreiche Versuchsreihen mit Gierratensensoren von General Electric durch. Doch wie es oft ist: Der Preis eines Sensors ist zum einen noch zu hoch, zum anderen sind die für eine Großserieneinführung in der Automobilindustrie notwendigen Mengen nicht erhältlich. Das veranlasst Bosch, eine Lizenz von General Electric für die Sensorenfertigung zu erwerben.

1988 ist die Entwicklung aus Bosch-Sicht weitgehend abgeschlossen. Was fehlt, sind Aufträge aus der Automobilindustrie. Der erste Partner findet sich in unmittelbarer Nachbarschaft: Mercedes-Benz hat ebenfalls umfangreiche Vorentwicklungen für eine Fahrzeugstabilisierung laufen, die Erfahrungen werden nun zusammengeführt. Im Mai 1992 wird auf Vorschlag des damaligen Leiters der Vorentwicklung und Aggregateentwicklung bei Mercedes-Benz, Dr. Hans-Joachim Schöpf, das gemeinsame Projekthaus für die Serieneinführung der Fahrdynamikregelung FDR, wie sie damals noch heißt, bei Bosch in Schwieberdingen eingerichtet. Anton van Zanten, seit 1989 Abteilungsleiter Entwicklung neuer Bremsregelsysteme, vertritt Bosch als Projektleiter. Sein gleichberechtigter Partner bei Mercedes-Benz ist Armin Müller, mit dem er sich später zahlreiche Auszeichnungen teilen wird.

Bis Mai 1994 arbeiten paritätisch 15 bis 30 Entwickler im Projekthaus. Unter anderem fließen auch Erfahrungen ein, die Mercedes-Benz in der Vorentwicklung unter dem Projektleiter Professor Erich Schindler gesammelt hat, in dessen Gruppe auch der Entwicklungsingenieur Frank-Werner Mohn arbeitet. Die Ergebnisse werden 1994 noch unter dem Namen Fahrdynamik-Regelung (FDR) vorgestellt. Die Markteinführung erfolgt dann ein Jahr später als Elektronisches Stabilitäts-Programm ESP®. Seine Weltpremiere erlebt das System im Mercedes-Benz S 600 Coupé der Baureihe 140. Das gemeinsame Projekthaus wird danach aufgelöst. Doch die Zusammenarbeit ist so nachhaltig, dass sich die Gruppe bis heute regelmäßig trifft.

Den ausschlaggebenden Impuls für die Großserienfertigung des ESP® gibt die Entscheidung von Mercedes-Benz im Jahr 1997, die A-Klasse serienmäßig mit dem System auszustatten. Diese Entscheidung hat für Anton van Zanten große Auswirkungen: Seine Abteilung mit 35 Personen soll aufgrund mangelnder Großaufträge reduziert werden. Doch viele Unternehmen der Automobilindustrie sind nun wachgerüttelt. In großen Stückzahlen ordern sie ESP®-Systeme bei Bosch. Der Durchbruch ist geschafft, und die Abteilung wächst sogar auf 120 Mitarbeiter.

2003 geht Anton van Zanten in den Ruhestand. Doch Ruhe bedeutet der Status nicht. Er erhält unzählige Auszeichnungen, beispielsweise 1999 den „Professor Ferdinand Porsche“-Preis der Technischen Universität Wien, 2000 den „Goldenen Dieselring“ des Verbands der Motorjournalisten e.V., 2007 den „World Prize for Road Safety, Environment and Mobility“ der Fédération Internationale de lʼAutomobile und 2016 den „European Inventor Award“. Darüber hinaus ist sein Rat in der Automobilindustrie gefragt, und zusammen mit einem Münchener Ingenieurbüro arbeitet er an der Bremse der Zukunft für autonom fahrende Autos.

Dipl.-Ing. Richard Zimmer – Geboren am 19. August 1950 in Dresden

Elektronik im Automobil prägt das gesamte Berufsleben von Richard Zimmer. Seine Eltern siedeln mit ihm 1955 von Dresden nach Fellbach bei Stuttgart über. 1965 bis 1968 absolviert er bei Daimler-Benz eine Lehre als Starkstromelektriker und ist anschließend als Betriebselektriker in der Maschinen-Instandsetzung tätig. Nach dem Erlangen der Fachhochschulreife und einem anderthalbjährigen Militärdienst bei der Bundeswehr nimmt er 1975 ein Studium an der Fachhochschule in Esslingen zum Ingenieur der Elektrotechnik auf, das er 1978 mit einer Diplomarbeit über Microcontroller abschließt. Das ist eine wichtige Weichenstellung, denn die Digitaltechnik wird sich durch das gesamte weitere Berufsleben von Richard Zimmer ziehen.

Als Versuchsingenieur kehrt er 1978 zur Daimler-Benz AG zurück. Dort ist er in der Entwicklung des Anti-Blockier-Systems (ABS) tätig, das Mercedes-Benz und Bosch gemeinsam zur Serienreife entwickeln. Richard Zimmer wird mit der Serienbetreuung der ersten digitalen ABS-Generation betreut, die im August 1978 der Weltöffentlichkeit präsentiert wird. Der Microcontroller des ABS dient als Basis für weitere wegweisende Innovationen. So baut Zimmer die Antriebs-Schlupf-Regelung (ASR) auf und arbeitet an der Entwicklung des Allradantriebs 4MATIC mit. Auch am Vierradantrieb der 1979 vorgestellten G-Klasse mit zuschaltbaren mechanischen Differentialsperren ist er beteiligt. Um das Know-how des Unternehmens abzusichern, meldet er während dieser Entwicklungszeit zahlreiche Patente an.

Eine faszinierende Aufgabe ergibt sich für ihn Ende der 1980er-Jahre. Für die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) entwickelt Richard Zimmer zusammen mit Bosch ein speziell auf den Renneinsatz abgestimmtes ABS, das im Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evolution II bei einem Einladungsrennen in Kyalami (Südafrika) am 18. November 1990 erstmalig von Roland Asch erfolgreich eingesetzt wird. Für die DTM-Renntourenwagen entwickelt Mercedes-Benz unter Zimmers Leitung die Steuerungssoftware für die verwendete Bosch-Hardware. Bosch selbst platziert das ABS in der Formel 1 und arbeitet dort mit dem Rennstall Benetton zusammen. Die besondere Entwicklungsherausforderung im Motorsport ist die vorgeschaltete Berechnungs- und Simulationsarbeit, um hier den wichtigen Einfluss der Aerodynamik auf den Bremsvorgang zu berücksichtigen, denn eine klassische Versuchstätigkeit gibt es im Rennbetrieb aus Zeit- und Kostengründen nicht. Ab 1994 schließen Änderungen der Motorsportreglements eine ABS-Verwendung aus.

Zimmer erhält in der Daimler-Benz Vorentwicklung zukunftsweisende neue Aufgaben: Mit dem Blick auf das autonome Fahren, das damals noch sehr fern am Horizont liegt, erarbeitet der Ingenieur am Computer fahrdynamische Simulationen und nimmt Versuche mit Lenkungen vor, die nicht mehr mechanisch starr verbunden sind. Die Betätigung erfolgt über beeinflussbare Stellmotoren. „Aufgeschnittene Lenkung“ nennen es die Fachleute. Später entsteht für solche Komponenten der Oberbegriff „Drive by Wire“. Sie sind eine wichtige Voraussetzung für das autonome Fahren, bei welchem die Elektroniksteuerungen auf Lenkung, Bremse und Gaspedal zugreifen.

Neue Herausforderungen ergeben sich für Richard Zimmer 1997 mit dem Wechsel zur Entwicklung von Navigationsgeräten. Dort arbeitet er unter anderem an der Nutzung von Navigationsdaten in vorausschauenden Fahrerassistenz- und Fahrerinformationssystemen. 2006 bis 2011 geht er in die USA, wo er für die Freigabe von Telematikdiensten zuständig ist. Hochhausschluchten und Parkhäuser stellen dort beispielsweise besondere Anforderungen an die Fahrzeugortung. Nach der Rückkehr sind Zimmer und sein Team in der Fahrzeugentwicklung für die Messtechnik und die nachgeschaltete Fehleranalyse der S-Klasse, E-Klasse und SL-Klasse zuständig. Für die 2016 vorgestellte E-Klasse der Baureihe 213 entwickeln die Fachleute den ersten „Functional Mock-up“ (FMU), ein frühes Modell, in dem alle Funktionen bis auf Fahrdynamikparameter fokussiert und messtechnisch erfasst sind. Probleme und Fehler können so sehr früh erkannt und eliminiert werden. Dieser FMU ist etwa ein halbes Jahr vor dem ersten fahrbereiten Prototyp funktionsbereit. Am 31. Dezember 2015 geht Richard Zimmer in den Ruhestand.


* Die angegebenen Werte wurden nach dem vorgeschriebenen Messverfahren ermittelt. Es handelt sich um die „NEFZ-CO2-Werte“ i. S. v. Art. 2 Nr. 1 Durchführungsverordnung (EU) 2017/1153. Die Kraftstoffverbrauchswerte wurden auf Basis dieser Werte errechnet.

Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem „Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und den Stromverbrauch“ neuer Personenkraftwagen entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der Deutschen Automobil Treuhand GmbH unter www.dat.de unentgeltlich erhältlich ist.


Alle Bilder zu dieser Pressemitteilung der DaimlerAG:

Diese Diashow benötigt JavaScript.