50 Jahre: Experimentier-Sicherheits-Fahrzeug ESF 22

  • Meilenstein der Fahrzeugsicherheit von 1973 im Mercedes-Benz Museum
  • Auf Basis der Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 116
  • Wegbereiter wichtiger Innovationen in Serienfahrzeugen der Marke
  • Assistenzsysteme, Sicherheitsgurtsysteme, Airbags und Karosseriemaßnahmen

Seitenansicht des Details Schriftzug „ESF 22“

„Close-up“ – der Name der Serie des Mercedes-Benz Museums ist Programm. Jede Folge erzählt Überraschendes, Spannendes, Hintergründiges. Dazu wirft sie den Spot auf Details eines Fahrzeugs, Ausstellungsexponats oder eines Elements von Architektur und Gestaltung. Diesmal im Blick: das Experimentier-Sicherheits-Fahrzeug ESF 22 aus dem Jahr 1973.

Mercedes-Benz Museum – Raum Mythos 5

Nr. 4/2023: Experimentier-Sicherheits-Fahrzeug ESF 22

Meilenstein: Entwicklungsatmosphäre umfängt die Besucher des Mercedes-Benz Museums im Raum Mythos 5: Vordenker – Sicherheit und Umwelt. Eins der Exponate auf eigenem Podest: das Experimentier-Sicherheits-Fahrzeug ESF 22. Die große Limousine sieht der S-Klasse der 1970er-Jahre ähnlich. Doch bereits die Fahrzeugfront ist ein Ausrufezeichen der Ingenieure im Dienst der Sicherheit.

Vordenker – Sicherheit und Umwelt. Experimentier-Sicherheits-Fahrzeug ESF 22 aus dem Jahr 1973.

Vorausgedacht: Großflächig prägt Kunststoff das Fahrzeuggesicht. Das Material soll den Fußgängerschutz verbessern – so das Konzept der damaligen Entwickler. Dafür geben sie sogar den markentypischen Kühlergrill mit Chromzier auf. Sie verwenden die Front der SL-Sportwagen mit großem Zentralstern und hüllen ihn in das Prallschutzmaterial. Auch die Schweinwerfer sind davon umgeben und zudem leicht zurückgesetzt eingelassen. Die Stoßfänger sind zusätzlich energieabsorbierend ausgelegt.

Wegweisend: Anfang der 1970er-Jahre erreicht die Straßenverkehrsunfallstatistik in den westlichen Ländern einen traurigen Höhepunkt. Mit zunehmender Verkehrsdichte steigt die Zahl der Unfallopfer. Innovationen der Fahrzeugsicherheit könnten die Lage verbessern – Mercedes-Benz setzt beispielsweise mit der Sicherheitskarosserie in den „Heckflosse“-Limousinen bereits 1959 Maßstäbe. Aber nicht alle Hersteller nehmen die Weiterentwicklung der passiven und aktiven Sicherheit in den Fokus ihrer Entwicklungsarbeiten. Das amerikanische Verkehrsministerium Department of Transportation (DOT) gibt einen Impuls: Es legt das „Experimental Safety Vehicle Program“ (ESV) auf. Dieses soll herstellerübergreifend neue Standards für die Automobilsicherheit entwickeln.

Sicherheit im Vordergrund: Mercedes-Benz zeigt auf dem Genfer Auto-Salon 1974 ein Crashfahrzeug mit intakter Fahrgastzelle und das Experimentier-Sicherheits-Fahrzeug ESF 22.

ESF-Ahnenreihe: Zur Erprobung dienen die sogenannten Experimentier–Sicherheits-Fahrzeuge (ESF). Insgesamt baut Mercedes-Benz seit 1971 mehr als 30 davon. Das Mercedes-Benz ESF 22 ist das dritte öffentlich präsentierte ESF des Unternehmens. Es wird vorgestellt auf der 4. Internationalen ESV-Konferenz vom 13. bis 16. März 1973 in Kyoto (Japan). Davor haben bereits im Oktober 1971 das ESF 05 und im Mai 1972 das ESF 13 öffentliche Premieren. Zuletzt erscheint vor vier Jahren das ESF 2019 mit erneut wegweisenden Innovationen.

Mercedes-Benz Experimental-Sicherheits-Fahrzeug ESF 05, 1971.

Instrumententafel mit Airbag

Impulsgeber: Die ESF-Forschungsfahrzeuge geben wichtige Impulse für Sicherheitstechnologien. Rückhaltesysteme, entschärfte Aufprallbereiche im Innenraum, Antiblockiersystem ABS, Leuchtenwischer, Karosseriemaßnahmen – diese und weitere Innovationen haben bereits ESF 05 und ESF 13. Das ESF 22 baut darauf auf. Es verfeinert die Entwicklungen und bietet damit zusätzliche Sicherheit.

Prof. Dr. Hans Scherenberg neben dem ESF 22 bei der Präsentation anlässlich der 4. ESV-Konferenz im März 1973 in Tokio.

Technologieträger: Hinter der Fahrzeugfront kommt einem das ESF 22 bekannt vor. Richtig – es basiert auf der 1972 vorgestellten Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 116. Das unterstreicht den hohen Sicherheitsstandard der Serienfahrzeuge der Marke. Zwar werden nicht alle in den ESF erprobten Maßnahmen später auch im Modellprogramm umgesetzt. Doch es ist das generelle Ziel der Mercedes-Benz Sicherheitsentwicklung, den Kunden mit möglichst vielen dieser Technologien einen konkreten Nutzen zu bieten.

Leuchtenwischer

Zukunft endet nicht: Seit den 1950er-Jahren wird im Unternehmen die Sicherheitsentwicklung systematisiert. Die Liste der Innovationen seitdem ist lang. Sie wird nie enden: So stellen beispielsweise Elektrofahrzeuge mit ihren anderen Möglichkeiten für eine Raumaufteilung innerhalb der Karosserie wieder neue Anforderungen an Sicherheitssysteme. Die Mercedes-Benz Ingenieure entwickeln schlüssige Antworten darauf. Die Marke ist stets am Puls der Zeit – auch 50 Jahre nach der Vorstellung des ESF 22.

Sicherheitsgurt