DER 1939 Vergleich – Zwei Rennwagenkonzepte stehen sich gegenüber

  • Rudolf Uhlenhaut vs. Ferdinand Porsche
  • Frontmotor vs. Mittelmotor
  • Mercedes Benz W 154 1939 vs. Auto Union Typ D 1939

Mercedes W 154 1939 beim Goodwood Revival 2012 Foto: Zwischengas

Auto Union Typ D 1939 beim Goodwood Revival 2012 Foto: Zwischengas

Über Ferdinand Porsche (1875-1951) brauche ich für die Leser/innen des Mercedes-Benz OldtimerTickers sicherlich nicht viele Worte zu machen, außer vielleicht, dass er als Cheftechniker bei Daimler-Benz (1923-1928) so berühmte Frontmotor Automobile wie die Mercedes S-Reihe konstruiert hat, die im SSKL ihren Höhepunkt erreichte.

Rolling Chassis des SSKL, der höchsten Entwicklungsstufe der von Ferdinand Porsche konstruierten Baureihe, die mit dem Typ K begann, gefolgt von den Typen S, SS, SSK Foto: Werkfoto Daimler Archiv

Dass Ferdinand Porsche als Konstrukteur durchaus Genie genannt werden darf, sollen zwei kleine Bespiele zeigen:

Beispiel 1: Am 12. Oktober 1932 erreichte das im Dezember 1930 gegründete Büro Porsche die Nachricht vom Beschluss der Sportkommission des AIACR (Internationaler Verband der anerkannten Automobil Clubs) – Vorläufer der FIA – über die ab 1934 gültige Rennformel für Grand Prix-Fahrzeuge: Maximalgewicht 750 kg ohne Kraftstoff, Kühlmittel, Öl und Reifen. Für den Rest hatte der Konstrukteur freie Hand. Hubraum, Aufladung und Kraftstoff frei! Die Herausforderung dieser erstmals in die Tat umgesetzten Gewichtsformel bestand für den Konstrukteur darin, mit den damals verfügbaren Materialien das Optimum innerhalb dieses Gewichtslimits zu erzielen.

Ferdinand Porsche fühlte sich von den Vorgaben derart angespornt, dass er mit seinem Partner und Finanzier Adolf Rosenberger bereits am 1. November 1932 die „Hochleistungsfahrzeugbau GmbH“ gründete, eine vom Konstruktionsbüro unabhängige Gesellschaft mit dem Geschäftsführer Rosenberger.

Am 15. November 1932 saßen die drei Protagonisten Ferdinand Porsche, Karl Rabe (Chefkonstrukteur) und Adolf Rosenberger zusammen und hielten auf einer Karteikarte für die „Type R“ – später Typ 22 – die „Grundlegenden Dimensionen“ eines Grand Prix-Wagens nach der neuen Formel fest. Dass diese Karteikarte überlebt hat, ist ein seltener Glücksfall, vergleichbar mit Ben Pons Skizze für den VW Transporter oder Alec Issigonis’ für den Mini.

Archiv Martin Schröder

Type R 15.11.32

Grundlegende Dimensionen Besprechung mit Dr. Porsche, Rosenberger, Rabe

a) Motor

  • 16 Zylinder V Motor, Zyl. Winkel 45 Grad, gleichmäßige Zündfolge, vollkommener Massenausgleich, Zündfolge lautet, jede Seite als 8 Zyl. 1 6 2 5 8 3 7 4, alle 16 Zyl.1 1’ 6 6’ 2 2’ 5 5’ 8 8’ 3 3’ 7 7’ 4 4’
  • maximale Drehzahl des Motors n : 4500 voll ausdrehend 6000 (entspricht Vmax 294 km/h) Gesamtvolumen des Motors V = 4358 cm³
  • Bohrung B 68mm Hub 75mm
  • V pro Zyl. 272,377 cm³
  • Verdichtungsverhältnis mit Kompressor 2 : 7
  • Kompressorfüllung für V: 8 ltr.
  • Ventile schräg Winkel 90 Grad, 2 Ventile pro Zyl., 1 Kerze pro Zyl.

Beispiel 2: Am 03. Mai 1933, also sechs Monate nach den „Grundlegenden Dimensionen“, reichte Ferdinand Porsche beim Deutschen Patentamt unter dem bescheidenden Titel „Fahrgestell für einen Rennwagen“ ein Patent ein, aus dem ich Ihnen einen Passus zitieren möchte, da er für alles Folgende von Bedeutung ist, ja, noch heute gilt:

Wie jeder große Konstrukteur war sich Porsche der Tatsache bewusst, dass – wie es in der Patentschrift heißt -: „…die Lehre, die schweren Massen eines Fahrzeugs um dessen Gesamtschwerpunkt herum geballt anzuordnen, an sich bekannt ist.“ Allerdings gäbe es kein Fahrzeug, das diese Forderung vollkommen verwirklichen würde. Auch der Nachteil, der zahlreichen auf diesem Patent aufbauenden Porsche-Konstruktionen anhaftet, nämlich „Heckschleudern“ zu sein, wurde bereits gesehen und wird in der Patentschrift marginalisierend so beschrieben: „Die Erfindung nimmt hier den Nachteil in Kauf, nicht das Ideal an Fahreigenschaften zu erreichen. Die Erfahrung hat aber bestätigt, dass die sich hieraus ergebende Einbuße vernachlässigbar ist. Dafür wird aber der ganz wesentliche Fortschritt erreicht, dass ein erfindungsgemäßes Fahrzeug unabhängig vom Füllungszustand seines Brennstoffbehälters seine Fahreigenschaften stets in gleichem Maße beibehält.“

Sehen wir uns hierzu die Draufsicht des Auto Union Grand Prix Wagens an, so erkennen wir die noch heute gültige Komponentenanordnung. Kühler, Fahrer, Tank, Motor, Differential, Getriebe.

Das Rolling Chassis des Auto Union Typ C mit der darübergelegten Konstruktionszeichnung mit der Anordnung Kühler, Fahrer, Tank. Motor, Differential, Getriebe wie bei heutigen GP-Fahrzeugen. Foto: Dietmar Riemann

Einzig die Kühler sind in modernen GP-Wagen an die Seiten verlegt worden.

Aus der Konstruktion der Type R wurde zunächst der P-Wagen und danach der Auto Union Grand Prix-Wagen.

Mercedes W 25 beim Avus-Test 1934 Foto: Heinrich Hoffmann Archiv Phil Carney

Mercedes W 25 mit Hecktank . Foto: Martin Schröder

Bei Mercedes entschied sich der Konstrukteur Hans Nibel 1934 für den Frontmotor, wodurch der Fahrer, da er weiter hinten sitzt, das Verhalten des Wagens besser kontrollieren kann. Dadurch ergeben sich aber gleichzeitig zwei gravierende Nachteile:

  1. Der Tank muss hinter dem Fahrer untergebracht werden, was zur Folge hat, dass der Wagen mit abnehmender Tankfüllung hinten immer leichter wird und entsprechend zum Übersteuern neigt.
  2. Der Fahrer sitzt über der Kardanwelle und verlagert den Schwerpunkt des Wagens nach oben.

Die Protagonisten der Mercedes-Erfolge:Rennleiter Alfred Neubauer, Rudolf Caracciola, und Rudolf Uhlenhaut. Konstrukteur der Rennwagen von 1936 bis 1955

Kommen wir nun zu Rudolf Uhlenhaut, dem nicht weniger genialen Konstrukteur, der nach dem plötzlichen Tod von Hans Nibel 1936 als 30-jähriger zum Leiter der Rennabteilung berufen wurde. Er war der erste Rennwagen-Konstrukteur, heute sagen wir Designer, der den Grand Prix-Wagen als „System“ begriffen hat, bei dem eine Interdependenz sämtlicher Komponenten besteht. Wir erleben das in der Formel 1 heute gerade mit dem Einfluss der Komponente „Reifen“.

Rudolf Uhlenhaut kam aus der PKW-Entwicklung und war dort mit der Konstruktion des später berühmt gewordenen Typs 170 betraut, des ersten Mercedes mit einem Ovalrohrrahmen, wie ihn der W 154 aufweist.

Uhlenhaut ist der Vater des Mercedes W 125, mit dem Rudolf Caracciola 1937 Europameister wurde – gleichbedeutend mit Weltmeister heute.

Den Nachteil der hohen Sitzposition erkannte er natürlich sofort und baute als Gegenmaßnahme den Motor leicht nach hinten geneigt ein, wie auf diesem Foto gut zu sehen ist.

Der Motor ist im W 125 leicht nach hinten geneigt eingebaut, um eine tiefe Sitzposition für den Fahrer und damit einen niedrigen Schwerpunkt des Fahrzeugs zu erreichen. Foto: Kurt Woerner Archiv Martin Schröder

Das Ergebnis – tiefe Sitzposition – ist auf diesem Foto sehr gut zu sehen: Jochen Maas im W 125 beim Goodwood Revival 2012. Foto: Zwischengas

Nachdem die beiden Protagonisten Ferdinand Porsche und Rudolf Uhlenhaut und die beiden Rennwagenkonzepte vorgestellt wurden, muss der Fairness halber Robert Eberan von Eberhorst eingeführt werden, ein Name, der wohl den meisten Lesern unbekannt sein dürfte. Eberan, wie er kurz genannt wurde, war der Assistent von Ferdinand Porsche, der von 1933 bis Ende 1937 den Bau der Grand Prix-Wagen bei Horch überwachte. Nachdem der Vertrag zwischen der Auto Union und Ferdinand Porsche zum 31.12.1937 ausgelaufen war, wurde Eberan als Chefkonstrukteur berufen, und der Auto Union Typ D 1938-1939 ist sein Werk, das zwar nach wie vor auf dem Patent für ein „Fahrgestell für Rennwagen“ beruht, gleichzeitig aber viele Neuerungen beinhaltet.

Sehen wir uns die beiden Rivalen zunächst einmal als komplette Wagen an.

So sieht der als W 154 bezeichnete Mercedes Silberpfeil mit der Karosserie von 1938 aus: an Schönheit und Dynamik kaum zu überbieten. Foto: Daimler Archiv

Die Öffnung für den externen Anlasser ist aus der Mitte versetzt, bedingt durch den in Längsrichtung schräg eingebauten Motor. Foto: Daimler Archiv

Bei seinem Konkurrenten, dem Auto Union Typ D sieht man deutlich Ferdinand Porsches Handschrift: die Musik hinten spielt.

Auto Union Typ D am 12. August 1979 vor Box 1 des alten Fahrerlagers am Nürburgring. Foto: Martin Schröder

Auf diesem Foto zeigt sich der Auto Union Typ D von seiner besten Seite. Foto: Martin Schröder

Im Folgenden möchte ich den Powerslide-Lesern den von Rudolf Uhlenhaut konstruierten W 154 und im Vergleich dazu die Porsche/Eberan-Lösung, den Auto Union Typ D in den wichtigsten Konstruktionsdetails erläutern.

Ab 2014 wird in der Formel 1 auf 1,5 Liter-Motoren mit Turbolader abgerüstet. Ähnlich war es ab 1938, als die Wagen von der hubraumfreien 750 kg-Formel mit ihren 6 Liter-Motoren auf 3 Liter-Motoren mit Kompressor oder 4,5 Liter ohne reduziert wurden. Also mussten die Firmen, die an der Europameisterschaft teilnehmen wollten, neue Autos für die neue Formel bauen. Außer den französischen Herstellern Talbot und Delahaye entschieden sich alle für die 3 Liter-Kompressorvariante.

Uhlenhaut und damit Mercedes blieb beim Frontmotor, Eberan und Auto Union beim Mittelmotor.
Wie wir bereits beim W 125 gesehen haben (siehe auch Powerslide Juni 2012), war sich Uhlenhaut der konstruktiven Nachteile des Frontmotors bewusst. Es gelang ihm jedoch bei der Neukonstruktion für die 3-Liter Formel, diese mit einem enormen technologischen Aufwand auszugleichen.

Erinnern wir uns an den Satz aus der Patentschrift, nämlich dass „…die Lehre, die schweren Massen eines Fahrzeugs um dessen Gesamtschwerpunkt herum geballt anzuordnen, an sich bekannt ist.“

Auto Union Typ D Rolling Chassis mit den Karosserieteilen, dem Sitz und dem zentralen Tank mit Einfüllstutzen und den Seitentanks Foto: Martin Schröder

Hier der Auto Union Typ D in einem ähnlich dem W 154 karosserielosen Zustand mit den Komponenten Lufteinlass für Frontkühler (unter der Verkleidung), Fahrersitz neben dem Schalthebel, Tank mit zentralem Einfüllteil und voll integrierten Seitentanks – dadurch keine Änderung der Gewichtsverteilung vorn/hinten bei abnehmender Treibstoffmenge -, Antriebseinheit aus Motor, Differential und Getriebe.

Sehen wir uns zunächst die Lösung der beiden Hauptnachteile des Frontmotorwagens an:
 Hohe Sitzposition des Fahrers durch die unter dem Sitz verlaufende Kardanwelle.
Der Blick von oben auf dem Mercedes W 154 zeigt den schräg nach links eingebauten Motor und den rechts angebrachten Öltank Foto: Jörg Pielmann
 Lösung Uhlenhaut: Der Motor ist in Längsrichtung leicht schräg und zusätzlich leicht nach hinten geneigt eingebaut, so dass die Kardanwelle seitlich neben dem Fahrersitz verläuft und der Fahrersitz direkt auf dem Bodenblech angebracht werden kann.
 Hecktank und damit permanente Änderung in der Gewichtsverteilung vorn/hinten.
 Lösung Uhlenhaut: Der Satteltank über den Beinen des Fahrers. Hochtechnologie Mercedes: Das gleichmäßige Entleeren wurde mechanisch geregelt.
Der über den Beinen des Fahrers angebrachte Satteltank sollte den Nachteil der sich ändernden Gewichtsverteilung bei abnehmender Tankfüllung und reinem Hecktank ausgleichen. Foto: Martin Schröder
Dieses Foto zeigt, dass Heck- und Satteltank auf einer Höhe liegen. Bei einer Teilfüllung wurde Druckluft eingesetzt, um den Satteltank zu befüllen. Foto: Daimler Archiv
Noch wichtiger das Teilbefüllen der Tanks: Wie deutlich zu erkennen ist, liegen die beiden Tanks in etwa gleicher Höhe. Das bedeutet, dass der Satteltank über den Beinen des Fahrers nur gefüllt ist, wenn der Hecktank ganz voll ist. Um auch eine Teilbefüllung und gleichzeitig die gewünschte neutrale Gewichtsverteilung zu ermöglichen, betankte Mercedes bereits 1938/9 zusätzlich mit Druckluft und beförderte so die benötigte Menge in den höher liegenden Satteltank. Daher die dicken Schläuche rechts und links vom Fahrersitz.
 Hier noch einmal die mit wesentlich weniger technologischem Aufwand auskommende Porsche/Eberan-Lösung:
Ein Alleinstellungsmerkmal aller Auto Union GP-Wagen für die mechanische Einstellmöglichkeit des Fahrwerks, heute nennen wir das Set-Up, sind die Spannbänder, mit denen alle wichtigen Teile bis bin zum Lenkgetriebe sowohl den Forderungen des Fahrers als auch einer Strecke angepasst werden konnten.
Dieses Foto zeigt einen weiteren Kunstgriff der Porsche-Konstruktion: alle für die Fahrwerkseinstellung – heute sagen wir Set-Up – notwendigen Komponenten von den Längslenkern der Hinterachse bis zum Lenkgetriebe sind mittels Quetschbändern mit dem Rahmen verbunden und mit wenigen Handgriffen einstellbar. Foto: Martin Schröder

Das mittels Quetschbändern befestigte Lenkgetriebe, dahinter der Öltank, seitlich abgeschrägt um die warme Lust abzuleiten, oben der tropfenförmige Behälter für die Bremsflüssigkeit.

Seitliche Warmluftabführung beim Auto Union Typ D Foto: Kent Caveny

Der Öltank liegt beim Auto Union im Frontteil des Wagens, beim Mercedes im Zentrum auf der rechten Seite und gleicht damit die Gewichtsverlagerung durch den schräg nach links eingebauten Motor und die links vom Fahrer verlaufende Kardanwelle aus.

Dieses Foto des W 154 zeigt den leicht nach hinten geneigt eingebauten Motor, den seitlichen Öltank und den Längslenker der Hinterachse. Foto: Jörg Pielmann

Den größten technologischen Aufwand hat Uhlenhaut zweifellos bei der Hinterachsführung betrieben.

Die Hinterachse des W 145 kann man mit Fug und Recht als technisches Kunstwerk betrachten: von links nach rechts die Längsführung, die Antriebswelle, das Transaxle-Getriebe mit integriertem Differential, links unter dem Lenkrad die Kardanwelle, das geteilte de Dion-Rohr mit dem im Gleitstein geführten angeflanschten Mittelteil. Foto: Daimler-Archiv

Wegen des Problems der Gewichtsverteilung hat Mercedes von Anbeginn das Getriebe an die Hinterachse verlegt, Transaxle. Bleiben wir bei der Hinterachse und studieren die Lösung etwas näher, so erkennen wir eine klassische De-Dion-Achse mit den Längsführungen rechts und links, den Antriebswellen und dem De-Dion-Rohr. Das angeschraubte Mittelrohr wird im sogenannten Gleitstein geführt und gibt der Hinterachse den seitlichen Halt. Da für die Federung wenig Platz blieb, konnte Mercedes nicht umhin, bei Ihrem ehemaligen Cheftechniker die Lizenz für die seitlich angebrachten Drehstäbe zu erwerben.

Das außen angebrachte Drehstab, darüber der Längslenker, über diesem das linke Verbindungsrohr vom Satteltank zum Hecktank. Foto: Jörg Pielmann

Erfordert die Hinterachse bis zu diesem Punkt schon einen enormen technologischen Aufwand, so hat Uhlenhaut für die Ausführung 1939 noch ein Detail daraufgesetzt.

Verstellhebel und Tank für die Stoßdämpfereinstellung. Foto: Jörg Pielmann

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Der hintere Stoßdämpfer mit Kühlrippen und den Einstellzylindern. Foto: Jörg Pielmann

Von den hinteren Stoßdämpfern gehen kleine Leitungen ab, und links neben dem Sitz befindet sich ein Hebel, mit dem der Fahrer bei abnehmender Tankfüllung die hinteren Stoßdämpfer hydraulisch verstellen konnte. (Koni ist also keineswegs der erste Hersteller verstellbarer Stoßdämpfer!).

Sehen wir uns nun die mit wesentlich geringerem Aufwand auskommende Eberan-Lösung an.

Die Hinterachse des Auto Union Typ D mit den Längslenkern und dem unter dem Getriebe hindurch geführten de. Dion-Rohr.

Schräglenker und Antriebswellen wie beim Mercedes, das de-Dion-Rohr wird unter dem Getriebe geführt. Setzte Uhlenhaut für die seitliche Führung die Gleitsteinlösung ein, so kommt die Eberan-Lösung mit einem Panhardstab zur Seitenführung aus, die Drehstäbe sind in den Längsrohren verlegt, die Reibungsdämpfer sind von außen verstellbar (vom de Dion-Rohr leicht verdeckt).

Hinterachse Auto Union Typ D: unter dem Getriebe hindurchgeführtes de Dion-Rohr, Seitenführung mittels Panhardstab Foto: Martin Schröder

Kommen wir zur Vorderachse: Dann sehen wie beim Mercedes eine moderne Achsführung an Dreieckslenkern, Schraubenfedern und hydraulischen Stoßdämpfern.

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Moderne Vorderachse mit Dreieckslenker, Schraubenfeder und hydraulischem Stoßdämpfer beim W 154 Foto: Jörg Pielmann

Im Vergleich dazu die Porsche-Lösung mit den drehstabgefederten Kurbellenkern.
Die klassische Porsche Kurbellenkerachse (hier am Typ C) wie sie von 1934 bis 1939 in allen Auto Union GP-Wagen und danach bei Millionen von VW-Käfern und auch den Porsche 356 eingesetzt wurde.

Foto: Deutsches Museum

Diese drehstabgefederte Kurbellenkerachse ist später im VW-Käfer und im Porsche 356 eingebaut worden. Durch die langen Schwinghebel neigte die Achse beim starken Bremsen zum Flattern, was sich negativ auf das Fahrverhalten wie auch auf die Hände der Fahrer auswirkte. Beim 16-Zylinder war es teilweise so stark, dass Fahrer mit blutenden Händen aufgeben mussten.

Um diesen Nachteil zu vermindern, hat es Eberan in der 1938er Version zunächst mit einem stark verkürzten Kurbellenker versucht, was aber ein Laborieren an Symptomen war.

Die Eberan-Lösung gegen das Flattern der Vorderräder: verkürzte Schenkellänge der Kurbellenker Foto: Martin Schröder

Für die 1939er Version wurde dann durch einen ganz einfachen Kunstgriff aus dem Kurbellenker der Übergang zum Dreieckslenker geschaffen.

Die zusätzlich angeflanschte Strebe markiert den Übergang vom Kurbellenker zum Dreieckslenker – eingesetzt seit Mitte 1939. Foto: Martin Schröder

Die Stoßdämpfung erfolgte wie beim Mercedes hydraulisch.

Hydraulischer Hebelstoßdämpfer an der Vorderachse Foto: Kent Caveny

Beide Firmen setzten V-12-Motoren mit Zweistufengebläsen ein, die 1939 ca. 480 PS leisteten.

Hier der Auto Union Typ D 1939 mit sog. nassen Kompressoren: Stufe 1 komprimiert das Kraftstoffgemisch, liefert an Stufe 2 und von dort in den Verbrennungsraum:

Beim Auto Union Typ D seitlich angebrachte Doppelvergaser liefern das Luft-/Gasgemisch in die Stuafe 1 des Rootskompressoers, von da in Stufe 2 und dann in die Zylinderköpfe. Foto: Martin Schröder

Hier die von der Anordnung her fast identische Uhlenhaut-Lösung Vergaser, Stufe 1, Stufe 2:

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Beim W 154 identische Anordnung mit dem Unterschied des liegend angeordneten Zweistufen Kompressors
Foto: Jörg Pielmann

Die Luftzufuhr erfolgte bei der Porsche/Eberan-Lösung durch eine Lufthutze über dem Fahrerkopf und ein seitlich angebrachtes Rohr.

Luftzufuhr beim Auto Union Typ D durch Öffnung über der Kopfhutze und ein seitliches Rohr. Foto: Martin Schröder

Uhlenhaut löste das Problem durch einen vor dem Kühler angebrachten Luftfänger. Damit vermied er, dass warme Luft mit größerem Volumen an die Vergaser strömte:

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Beim W 154 ist hinterm dem Kühlergrill ein Luftfänger angebracht, der kühle Außenluft an die Vergaser befördert Foto: Jörg Pielmann

Erfreuen wir uns beim Mercedes W 154 an der Hochtechnologie von 1939, so können die folgenden Bilder die vorbildliche Umsetzung der Lehre, die schweren Massen eines Fahrzeugs um dessen Gesamtschwerpunkt herum geballt anzuordnen, im Auto Union Typ D verdeutlichen:

Mercedes W 154 als Rolling Chassis Foto: Jörg Pielmann

Die Antriebseinheit des Auto Union Typ D Foto: Martin Schröder

Die Geschichte der beiden beschriebenen Wagen

Der hier vorgestellte W 154 beim Training in Monza 1938, wo er von seinem Konstrukteur Rudolf Uhlenhaut auf Herz und Nieren geprüft wurde. Foto: Corrado Millanta Archiv Martin Schröder

Der W 154 mit der Chassisnummer 189436/6 ist nicht weniger als zehnmal eingesetzt worden und hat alle Entwicklungsstufen von 1938 zu 1939 mitbekommen. Der letzte Einsatz war am 20. August 1939 in der Schweiz, zehn Tage später begann der 2. Weltkrieg, in dessen Verlauf Mercedes die GP-Wagen an verschiedene Stellen auslagerte.

Der hier beschriebene W 154 war während des zweiten Weltkriegs in Ostdeutschland versteckt. Nach dem Krieg gelangte das Fahrzeug nach Polen zu dem Schrotthändler Tabenski, der es Ende der 60er Jahre an einen belgischen Händler namens Dobbler verkaufte, von dem die Schlumpf-Brüder ihn schließlich erwarben.

Der hier abgebildete Auto Union Typ D wurde in den 30er Jahren von der Auto Union AG zu Werbezwecken an die Händler ausgeliehen, war bei Kriegsausbruch bei der Auto Union-Niederlassung in Prag, gelangte in den Besitz des Rennfahrers Pohl. Von diesem erwarb Hubertus Graf Dönhoff 1974 den Wagen über die Außenhandelsgesellschaft Artia und zeigte ihn der Öffentlichkeit erstmals beim Frankreich GP in Dijon.

Hubertus Graf Dönhoff präsentierte den aus der Tschechoslovakei exportierten Auto Union Typ D erstmals beim GP de France 1974 in Dijon Foto: Geoffrey Goddard Spitzley Archive

Auto Union Werkfoto des hier beschriebenen Wagens, der für Werbezecke an die Niederlassungen ausgeliehen wurde. Man beachte: fehlende Seitenspiegel. Foto: Auto Union AG Archiv Martin Schröder

Lord March ist es zu verdanken, dass die beiden einstigen Gegner der Silberpfeil-Periode 1934 bis 1939 ihre wichtigsten Konstruktionen im Jahr 2012 erstmals wieder für einen gemeinsamen Lauf nach England brachten. Den letzten Donington Grand Prix hatte 1938 Tazio Nuvolari gewonnen. Diesmal trafen sich die Teams von Mercedes und Auto Union zu einem Wiedersehen auf der Goodwood Rennstrecke und ließen die begeisterten Zuschauer Anblick, Sound, Geruch und Atmosphäre eines Grand Prix der Vorkriegszeit miterleben.

27.06.2013 Martin Schröder Mitarbeit Bernhard Völker

Weiterführende Literatur:

  • Karl Ludvigsen: Classic Racing Engines
  • Detaillierte Beschreibungen bedeutender Rennmotoren der Vor- und Nachkriegszeit, einschließlich der im Artikel behandelten GP-Wagen
  • 224 S., zahlreiche sw Abb., 21×28 cm,
  • Haynes Publishing 2001
  • Zu bestellen über www.eurobuch.com
  • Preise ab ca. 70 €