Die Lederhaube: Karosserie für den Kopf

  • Schutz vor allem gegen den Fahrtwind
  • Heute ein elegantes Accessoire beim Fahren offener Klassiker früher Epochen
  • „33 Extras“: Exponate der Automobilkultur im Mercedes-Benz Museum

Motorsport und Kopfschutz: Die Lederhaube aus der Serie „33 Extras“ im Raum „Mythos 7: Rennen und Rekorde“ des Mercedes-Benz Museums erinnert an die Anfänge der Fahrerkleidung.

Was haben Lederhaube, Benzinflasche und Wunderbaum gemeinsam? Es sind drei von „33 Extras“, die in der Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums den Blick auf faszinierende Details der Mobilitätsgeschichte lenken und Automobilkultur lebendig werden lassen. Eine dieser Geschichten widmet sich der eng anliegenden Lederhaube, wie sie Rennfahrer und sportlich ambitionierte Privatleute vor einem Jahrhundert tragen.

3/33: Die Lederhaube

Roland Asch macht sich bereit für eine Fahrt mit einem Mercedes-Simplex

1 – Innovation: Heute mag die Lederhaube ein wenig skurril erscheinen. Aber im frühen 20. Jahrhundert ist sie ein äußeres Merkmal des hohen Innovationstempos der Fahrzeugtechnik und der Kühnheit der Fahrer. Denn durch die rasante Weiterentwicklung des Automobils wächst dessen Höchstgeschwindigkeit kontinuierlich: Maximal 16 km/h sind es beim Benz Patent-Motorwagen aus dem Jahr 1886. 1901 erreicht der Mercedes 35 PS bereits formidable 75 km/h, und die Kopfhaube ist längst ein notwendiger Schutz. 1909 durchbricht schließlich Victor Hémery auf der englischen Brooklands-Bahn mit dem Benz 200 PS Rekordwagen („Blitzen Benz“) erstmals in Europa die Marke von 200 km/h.

2 – Moderne: Neben dem Automobil prägt das Flugzeug die Mobilität der Moderne im frühen 20. Jahrhundert. Von dessen Piloten stammt die Idee für eng anliegende Lederhauben, die gegen Wind und Witterung schützen.

Mit einfachem Kopfschutz: Christian Lautenschlager auf Mercedes 140 PS Grand-Prix-Rennwagen

3 – Systemlösung: Die Lederhaube ist ein durchdachtes Ausrüstungselement: Verbreitet ist die Variante mit aufknöpfbarem Ohrenschutz, um nach Bedarf mehr Umweltgeräusche wahrnehmen oder sich stärker abzuschotten zu können – so wie bei der Lederhaube aus den 33 Extras im Mercedes-Benz Museum, die im Raum „Mythos 7: Rennen und Rekorde“ ausgestellt ist. Ergänzt wird sie fast immer durch eine Brille mit Gummizug zum Schutz der Augen.

4 – Offenheit: Die Konjunktur der Haube spiegelt die Geschichte der Automobilkarosserie wider. Denn bis in die1920er-Jahre hinein sind offene Fahrzeuge weit verbreitet. Erst ab dann wird die geschlossene Karosserie bei privaten Fahrzeugen zum Standard. Die Lederhaube ist damit quasi in der Frühzeit ein kleiner Karosserieersatz, der sich um den Kopf schmiegt. Und die Schutzbrille ist die körpernah getragene Alternative zur Windschutzscheibe.

Rennfahrerkleidung der frühen Zeit

5 – Stil: Zunächst ist der Hauptzweck der Lederhaube der Schutz gegen Naturgewalten. Aber schnell wird sie ein stilvolles Accessoire des engagierten Automobilisten – als Erkennungsmerkmal des Sportfahrers und „Herrenfahrers“.

6 – Evolution: Die Lederhaube begleitet die ersten Jahrzehnte des Motorsports. Bis Ende der 1930er-Jahre wird sie von Rennfahrern getragen, oder diese nehmen das Pendant aus Baumwolle. Starke Kopfverletzungen kann die Haube bei einem Unfall natürlich nicht verhindern. Und so setzt sich im Motorsport ab den 1950er-Jahren der Helm durch.

Mit Halbschalenhelm: Juan Manuel Fangio

7 – Sicherheit: Der Helm wird laufend verbessert. Erst tragen die Rennfahrer eine Halbschale, weiterhin mit Leder oder Baumwollstoff an den Seiten als Ohrenschutz. Dann kommt der Jethelm auf, der die Ohren mit überdeckt. Schließlich wird der Vollvisierhelm zum Standard, der den Kopf vollständig umschließt – inklusive optimierter Passform, ausgefuchstem Luftmanagement für den Piloten und eingebauter Funkanbindung.

8 – Integration: Ende der 1990er-Jahre binden die Konstrukteure den Helm immer stärker in die Gesamtaerodynamik des Rennwagens ein – er wird als Bestandteil des Rennwagens betrachtet. Und das 2003 eingeführte System „Head And Neck Safety“ (HANS) verbindet Helm und Fahrzeug über den Sicherheitsgurt. Das schützt den oberen Bereich der Wirbelsäule bei einem Unfall vor starken Verletzungen.

9 – Komfort: Auch bei offenen Personenwagen von Mercedes-Benz haben zahlreiche Innovationen das Erbe der Lederhaube angetreten. In Roadstern und Cabriolets mit dem Stern bieten Windschott, AIRSCARF oder AIRCAP offenen Fahrgenuss mit hohem Komfort und unabhängig von Wind und Temperatur.

Hightech-Kopfschutz: Helm von Maro Engel

10 – Classic: In der Szene der automobilen Klassik mit ihren faszinierenden Veranstaltungen lebt die Lederhaube weiter. Denn sie gehört oft zum Outfit von Fahrern früher historischer Automobile. Und dann gibt es natürlich die Verwegenen, die auch bei kühleren Außentemperaturen alle Systeme ausschalten und wie ehedem durch die Welt fahren: mit offenem Dach und selbstverständlich mit Lederhaube.