Mit dem W 123 durch Italien – TEIL 4 von 4

von Stefan Röhrig

Auch im 4. und somit letzten Teil geht es mit dem W123 durch Italien (Zum Nachlesen finden Sie hier: Teil 1, Teil 2 und Teil 3):

Zeitig am Morgen marschieren wir zum Frühstück. Zuerst fällt unser Blick aus den Panoramafenstern auf eine wolkenverhangene Landschaft, doch dann klart es innerhalb von wenigen Minuten auf (IMG_3445). Unsere Überraschung ist groß, als wir endlich erkennen, wo wir gelandet sind. Das Hotel befindet sich nur wenig unterhalb einer riesigen Christus Statue auf dem Gipfel des Monte San Biagio. Jetzt erst wird uns klar, über welche abenteuerliche Straße wir im gestrigen Nebel angekommen sind. Die Straße windet sich über gewagte Brückenkonstruktionen um den Berg und sieht aus der Ferne einer Achterbahn ähnlich.

Gewagte Straßenkonstruktion in Maratea

Der Ausblick von der großzügigen Hotelterrasse über eine grüne, baumbestandene Küstenlandschaft hin zum Meer mit kleinen vorgelagerten Inseln ist wunderschön.

Blick aus dem Hotel in Maratea

Aber, keine Zeit zum Träumen, unser Tagesprogramm für heute hat es in sich. Wir fahren 40 km über die gut ausgebaute SS18 entlang der Küste durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Danach geht es landeinwärts in hügeligem Terrain, immer wieder mit schönem Blick auf das Mittelmeer. Nach weiteren 70 Kilometern erreichen wir das antike Paestum.

Poseidontempel in Paestum

Griechisches Handelszentrum 600 v. Chr.

Dabei handelt es sich um eine ehemalige griechische Handelsstadt, die später von den Römern erobert wurde. Wir nehmen uns Zeit, die drei Tempel, die sich mächtig zwischen alten Pinien auf der Ebene erheben zu besichtigen und einige Fotos zu machen.

Vor dem Heraion in Paestum

Dann fahren wir weiter in das in der Nähe liegende Salerno. An diesem Sonntag ist in der Stadt allerhand los. Viele Menschen bummeln durch die Hauptstraßen, in denen die Geschäfte geöffnet sind.

Geschäftsstraße in Salerno

Salerno – Altstadt

Wir trinken einen Kaffee in einer der zahlreichen Bars und schauen der flanierenden Menge zu. Ein kleiner Spaziergang entlang der schön ausgebauten Uferpromenade schließt diesen Kurzbesuch ab. Direkt hinter Salerno biegen wir in die Straße zur Amalfiküste ein. Bei unserer Planung hatten wir ins Auge gefasst, eventuell in einem der Orte der Halbinsel von Sorrent für ein paar Tage zu bleiben. Wegen Axel mit seinem wechselhaften Wetter und niedrigen Temperaturen  haben wir diesen Badeaufenthalt zwar aus dem Programm gestrichen, die viel gepriesene Gegend wollen wir uns aber trotzdem anschauen. Die kleine Straße entlang der Küste ist sehr schmal und äußerst verwinkelt. Entgegenkommende Busse zwingen immer wieder zum Anhalten, bei manchen Durchfahrten wundere ich mich anschließend, dass die Außenspiegel noch am Fahrzeug sind. Es gibt kaum Gelegenheit, sich diese pittoreske zerklüftete Uferlandschaft mit den steil in den Himmel aufragenden Felsen und malerischen Orten anzuschauen, so sehr muss ich mich auf den Verkehr konzentrieren.

Pittoreske Küstenlandschaft

Glück gehabt und Parkplatz erwischt

Grund ist Kostbar – jeder Zentimeter ist bebaut

Was uns absolut nicht gefällt, sind die überall an den Straßenrändern parkenden Autos. Besonders krass ist die Situation in und um den Ortschaften.

Trostloses Wetter an der Amalfiküste

Nur wenige Orte bieten Parkplätze

Man findet tatsächlich kaum Gelegenheit bzw. den Parkplatz, mal auszusteigen und in Ruhe durch eines der Örtchen zu laufen oder einen Kaffee zu trinken. Unglaublich, wie die vielen Fahrzeuge die Gegend verschandeln. Und dann fällt uns ein, dass wir ja auch ein Teil dieses Problems sind! Hinter Amalfi biegen wir in das Landesinnere ab und fahren steil bergauf nach Ravello.

Straße nach Ravello

Die kleine Stadt residiert in 350 Metern Höhe über der Küste und ist von traumhaften Gärten umgeben. Diese lassen sich nur über steile Treppen erschließen, und die Bauern müssen heute noch mit Eseln ihre Erträge aus den zum Teil tiefen Schluchten transportieren. Ravello ist voller Touristen. Mit Mühe finden wir einen Parkplatz und marschieren dann die Straße hoch durch ein kleines Stadttor in den alten Ort. Wir finden im Ort eine burgartige Villa vor, einen wunderschönen Marktplatz, einen Dom und viele, viele Souvenirläden.

Auch zu dieser Jahreszeit viele Besucher

Dom in Ravello

Alles erscheint uns vollkommen überlaufen. Nein, das gefällt uns nicht. So brechen wir nach nur kurzer Zeit auf, um zu unserem Hotel in Praiano zu fahren. Bei der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit hatten wir am Vorabend keine große Auswahl. Wenn man ein Hotel mit Parkplatz möchte, kann man mit ca. 350 Euro aufwärts rechnen, oder man begnügt sich mit einer bescheidenen Unterkunft. So sind wir ganz zufrieden mit dem kleinen, sehr einfachen Zimmer für 175 Euro. Das ganze Hotel wirkt sehr improvisiert, wie aus mehreren Häusern zusammengeschachtelt. Die Aussicht von unserer kleinen Terrasse auf die Küste ist allerdings phänomenal.

Hotel in Praiano

Blick aus dem Hotel in Praiano

Aussicht aus dem Hotelzimmer

Pünktlich zur Ankunft erwartet uns ein Gewitter. Unter den schwarzen Wolken auf der einen und dem Sonnenschein auf der anderen Seite bildet sich ein wunderbarer Regenbogen, den wir ganz schnell auf ein paar Fotos festhalten. Beim Abendessen in einem Restaurant in der Nähe erwischt uns ein weiterer Gewittersturm, der das einfach gebaute Gebäude – eine aus Fertigelementen überbaute Terrasse – in seinen Grundfesten erschüttert. Wir zeigen keine Angst nach der Devise „Wenn die anderen sitzen bleiben, tun wir das auch“ und genießen die hervorragende Fischplatte.

Schon wieder Regen, diesmal mit Regenbogen

Für heute steht als Höhepunkt die Besichtigung von Pompei auf unserem Programm. Wir setzen die Fahrt entlang der Amalfiküste fort. Über das Bergdorf Cepano durchqueren wir die Amalfi Halbinsel und erhalten bei der Abfahrt von den Hügeln einen tollen Blick auf Sorrent, Capri und den Golf von Neapel.

Die dunklen Steilklippen von Sorrent

Bereits gegen 11.00 Uhr erreichen wir Pompei. Bei der Zufahrt zur antiken Stätte wird schnell klar, dass hier alles auf den Massentourismus ausgerichtet ist. Vor den vielen Parkplätzen und Restaurants versuchen Anwerber lautstark, Kundschaft anzulocken. Wir sind geduldig, fahren bis vor den Eingangsbereich und finden in 100 Metern Nähe einen bewachten Parkplatz.

Vitamine für eine Tour durch Pompei

Das Erwerben von Eintrittskarten entwickelt sich zu einer größeren Sache. Im Nachhinein kann ich die Empfehlung aus dem Reisführer bestätigen, dass man sich Tickets besser vorab im Internet besorgt. Nur eine einzige Frau (die sich nebenbei mit jemandem anderem ausgiebig unterhält) sitzt in dem Kassenhaus, das allerdings ausreichend Platz für weitere Kassierer hätte. Ich stelle mich geduldig in die Schlange von vielleicht 30 Personen, was ja überschaubar zu sein scheint. Doch immer wieder drängen sich Leute von der Seite an den Schalter, bei denen es sich, wie wir Wartenden nach lautem Murren belehrt werden, um Tour Guides handelt, die Vortrittsrecht genießen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Dame am Schalter keine Fremdsprachen spricht, obwohl die Wahl des Tickets nicht einfach ist (Einzel-, Gruppen-, Mehrpersonen-, Tages-, Stunden-, Mehrtages-Ticket, Vergünstigungen etc.). Schließlich halten wir die beiden Tagestickets in den Händen und machen uns erwartungsfroh auf den Weg in das Ruinenfeld. Dazu müssen wir nur noch durch die elektronisch kontrollierten Drehkreuze. Diese sind jedoch nicht in Betrieb. Der Zugang wird von einer jungen, energischen Dame geregelt, die – s. o. – den Gruppen erneut Vorrang einräumt. Nach 45 Minuten können wir endlich auf das Gelände. Ich möchte mal wissen, was hier in der Hauptsaison los ist.

Touristenmassen in Pompei

Um Pompei zu beschreiben, müsste ich einen separaten Artikel verfassen. Nur so viel: Ich habe schon auf der ganzen Welt antike Stätten gesehen. Jedoch gab keine von denen einen so kompletten Eindruck vom Leben in einer 2000 Jahre alten Stadt wieder, wie diese hier.

Am Stadtrand von Pompei

Die meisten Häuser haben Mosaikböden

Das Atrium einer Villa

Säulen und Dächer sind rekonstruiert

Wandgemäldi in Pompei

Zentaur, Forum Pompei

Wenn man in der Nähe ist, sollte man sich dafür unbedingt die Zeit nehmen. Das tun wir ausgiebig.

Bronzestatue mit Blick auf die Neustadt

Am späteren Nachmittag fahren wir weiter, erst am Vesuv vorbei, dann auch an Venedig und über die SS7 weiter die Küste entlang Richtung Norden.

Auf der Küstenstraße SS7

Nach 120 Kilometern kommen wir in Gaeta an. Unser Hotel liegt etwas außerhalb der Stadt. Wir sind total überrascht, was für eine super Anlage wir vorfinden.

Schönes Hotel in Gaeta

Im Sommer muss es hier ganz toll sein! Wir wollen abends nicht mehr in die Stadt und bleiben zum Abendessen hier. Allerdings empfinden wir das Sterne-Restaurant unnötig überkandidelt, da wir in keinem der bisher besuchten Restaurants – meistens einfacher Natur – enttäuscht wurden. Als wir durch die parkartige Hotelanlage zurück zu unserem Zimmer gehen, merken wir, wie kalt es geworden ist.

Beim Frühstück am nächsten Morgen beschließen wir, dass wir uns aufgrund des anhaltenden schlechten Wetters ohne weitere große Aufenthalte auf den Weg zurück in die Heimat machen. Konsequenterweise nehmen wir deswegen heute 460 Kilometer unter die Räder. Wir bleiben weiter auf Landstraßen, so sieht man einfach mehr vom Land. Die Fahrt ist anfangs etwas monoton und wird nur durch die gelegentlichen wertvollen Beobachtungen meiner Frau unterbrochen („Hier kostet Super nur 1,59!“). Erst heute erfahren wir zufällig beim Tanken, warum der von uns bezahlte Benzinpreis des Öfteren vom auf der Beschilderung angezeigten Wert abweicht. Dort steht nämlich der Preis ohne Service. Diese Zapfsäulen befinden sich meistens hinten auf dem Rastplatz, sodass man fast automatisch die besseren Plätze anfährt, Service erhält und teilweise bis zu 20 Cent pro Liter mehr bezahlt.

Vorsicht beim Tanken, Selbstbedienung ist deutlich billiger

Da hätten wir so manchen Euro sparen können!  Auf der weiteren Fahrt durchqueren wir komplett die Region Latium, vorbei an dem alten Hafen von Rom, Ostia, und dann die super ausgebaute SS1 (E80) über Civitavecchia und Grosseto nach Siena.

Menschenleerer Strand in der Nähe von Ostia

Am frühen Nachmittag kommen wir in dieser schönen oder der schönsten Stadt der Toskana an. Unser Hotel, eine Villa aus dem 18. Jahrhundert, liegt direkt an der Porta Romana.

Porta Romana – Siena

Von hier aus ist es ein Katzensprung bis in die Stadt. Wir kennen Siena von vorherigen Besuchen, und so müssen wir uns nichts ansehen, wir können aber. Die Wahl fällt auf den Dom, der immer wieder einen Besuch wert ist.

Dom von Siena

Da um diese Jahreszeit die Stadt nicht so überlaufen ist, wie gewöhnlich, lassen wir uns in aller Ruhe von den anderen Besuchern durch dieses außergewöhnliche Gebäude treiben und bewundern vor allem die unübertrefflichen Boden-Intarsien.

Dom Rosette mit Doppeladler

Sibylle von Giovanni di Stefano

Dann schlendern wir hinüber zur Piazza del Campo, lassen uns wieder einmal vom Fonte Gaia beeindrucken (IMG_3553) und verdrehen den Nacken bei einem Blick auf den Torre del Mangia.

Fonte Gaia in Siena

Piazza del Campo, Siena

Die Sonne scheint seit langem wieder einmal, und so setzen wir uns bis zum frühen Abend in eines der Straßencafés, um den vorbeiflanierenden Menschen zuzuschauen. So hätten wir es gerne öfters gehabt. Zum Ausklang gehen wir am Abend in eine Straßenpizzeria in der Nähe des Hotels. Es gibt dort nur drei, vier kleine Tische, aber eine Riesentheke mit großen Blechen unterschiedlichster Pizzen. Der Kunde zeigt an, wieviel man von welcher Sorte möchte, der Verkäufer hinter der Theke schneidet entsprechend ab und wiegt das Ganze, um den Preis zu berechnen. Anfangs sind wir die einzigen Gäste, dort dann kommen immer mehr Leute, die ihre Portionen mit nach Hause nehmen. Später erfahren wir im Hotel, dass dieses kleine Restaurant angeblich die beste Pizza von Sienna backt. Uns hat es jedenfalls hervorragend geschmeckt.

Am Morgen überlegen wir, wie wir die Weiterreise gestalten. Um etwas mehr von der Toskana zu sehen, fahren wir eine kleine Schleife über Colle di Val d’Elsa, Volterra und San Gimignano. Die Toskana präsentiert sich von Ihrer besten Seite. Die Felder sind noch nicht abgeerntet, sodass alles im satten Grün strahlt. Da wir auf den Nebenstraßen alleine unterwegs sind, können wir in Ruhe die schöne Landschaft genießen.

Die Toskana zeigt ihr bestes Gesicht

An einem Hotel im typischen toskanischen Landhausstil machen wir Halt. Von hier haben wir einen wunderschönen Blick über die sanften, pinienbestandenen Hügel mit ihren weitläufigen Weinfeldern bis nach San Gimignano. Der Blick auf den auf einer Bergkuppe liegenden Ort mit seinen vielen Türmen wird uns als Abschied von der Toskana in Erinnerung bleiben (IMG_3572).

Nun geht es seit langer Zeit wieder mal auf eine Autostrada, um die 460 Kilometer bis Südtirol in einem Rutsch zu schaffen. Das war wohl die richtige Wahl, denn ab Modena setzt Regen ein (Axel, kennen wir ja schon), der uns in unterschiedlicher Ausprägung bis zum Ziel in Brixen begleiten wird. Wir haben mal wieder Glück mit der Hotelwahl. Das von einer Familie geführte Stadthotel ist wunderschön modern restauriert und man fühlt sich hier sofort wohl. Abends drehen wir eine kurze Runde durch die verregnete Stadt und genießen dann das Essen in einem hervorragenden Restaurant.

Den letzten Tag verbringen wir auf der uns altbekannten Strecke über den Brenner und den Fernpass zurück nach Weinstadt. Der Verkehr hält sich in Grenzen, sodass wir nach fünf Stunden zuhause ankommen.

Ein kurzes Fazit zu dieser 13tägigen Reise. Wir haben insgesamt 4.200 Kilometer zurückgelegt. Der Verbrauch für Benzin lag bei 10,5 Liter pro 100 km, Öl lediglich einen halben Liter für die ganze Strecke. Die Übernachtungskosten für wirklich gute Hotels (meistens 4*) inklusive Frühstück und Parkplatz lagen bei durchschnittlich 110 Euro (die Ausreißer in Siena und Amalfi haben den Schnitt nach oben gedrückt). Die kompletten Reisekosten betrugen ca. 3.200 Euro. Die Vielfältigkeit der touristischen Ziele im Mezzogiorno ist überwältigend. Auch wenn der Süden Italiens sehr arm ist und nach wie vor als eines der Sorgenkinder Europas gilt, empfanden wir den größten Teil der vorgefundenen Infrastruktur wie auch den Zustand der besuchten Orte überraschend fortschrittlich. Aufgefallen sind uns auch die Sauberkeit in den Stadtzentren sowie der gute Erhaltungszustand von architektonischen Besonderheiten. Alles in allem haben wir uns auf der gesamten Reise sicher und wohl gefühlt.